Technik
Quasi der gesamte Körper, inklusive des 35 Millimeter dicken Plattentellers, ist aus verwindungssteifem Flugzeugaluminium gefräst. Dabei wurde über eine Präzisions-CNC-Fräse eine Genauigkeit von 2-tausendstel Millimetern erreicht, dass sind 2 Mikromillimeter (μm). Zum Vergleich: Die Dicke eines durchschnittlichen Haares beträgt 1 μm. Diese Genauigkeit führt unter anderem dazu, dass das Einsetzen der Achse in die dauergeölte Hülse aus Lagerbronze mehrere Minuten in Anspruch nimmt, da der Wandabstand so gering ist, dass sich die Luft schwer tut sich herauszupressen. Einmal eingetaucht, dreht sich die Achse im Lager ohne die geringste Spur eines Spiels und dennoch so leicht, als hätte sich zwischen den Bauteilen ein Kapillar-Vakuum aufgebaut. Wer möchte, holt sich mit diesem Plattenteller also auch gefühlte NASA-Qualität ins Wohnzimmer.
Der Seismograph ist kein Plattenspieler von der Stange, dass sollte mittlerweile klar sein. Es handelt sich eher um handgefertigte Einzelanfertigungen, aufwendig eloxiert und veredelt. Der massive Korpus besteht aus zwei Platten, wobei nur die obere die Bauteile trägt und die untere die Füße stabilisiert und versteift. Sollte sich bei diesem 35 Kilogramm-Koloss dann doch noch irgendwo eine Restresonanz verstecken, so ist der gesamte Körper darauf ausgelegt alles so sauber und schnell wie möglich auf die drei Standfüße abzuleiten. Diese sind zusätzlich als Spikes ausgeführt. Abgerundet wird der grobe Teil des Seismograph durch eine der Grundfläche entsprechenden Granitplatte. Die Füße sind ganz bewusst nicht höhenverstellbar ausgeführt, denn jedes unnötige Gewinde stellt eine Schwachstelle für ungewollte Schwingungen dar. Wer also keinen geeigneten Unterbau hat, der sich noch dazu in perfekter Waage befindet, sollte vom Seismograph Abstand nehmen. Nicht umsonst ist ein Seismograph ein Gerät, was selbst kleinste Erschütterungen des Bodens erspürt und aufzeichnet. Aber Herr Spitaler will keine Erschütterungen aufzeichnen, sondern Emotionen wiedergeben und dafür bietet der souveräne Dreher die perfekte Bühne. Ein maßgeblicher Teil dieser Bühne befindet sich unterhalb des Vinyls, ein ebenso wichtiger oberhalb.
Im Idealzustand gibt es den Seismograph mit zwei Jelco-Tonarmen, jeweils 12 Zoll lang. Zwei deshalb, weil man dann zum Beispiel zwei verschiedene Tonabnehmersysteme installieren kann. Geläufig ist eine Mono/Stereo-Kombination, so auch in unserem Testfall. An einen Arm hängt eine Audio-Technica AT33 Mono-Cartridge, interessant für die alten Platten, welche tatsächlich noch in Mono gepresst wurden. Und am anderen Arm hängt eine Etsuro Erushi Stereo-MC, welche dem Seismograph in der Preiskategorie in nichts nachsteht. Das belegt einmal mehr, dass ab einer gewissen Qualitätsstufe jedes Quäntchen mehr an Perfektion exponentiell im Preis bemerkbar wird. Aber um den Preis soll es uns nicht gehen, wir wollen endlich wissen, wie sich diese Kombination nun anhört. Doch halt, bevor es losgehen kann, müssen wir uns noch einmal kurz am Riemen reißen und selbigen aus Silikon am Tellerrand entlang zum Motorblock spannen.
Der schwere Synchronmotor wird frei in ein Loch inmitten des Chassis gestellt. Dadurch ist garantiert, dass Motorvibration und Nadel sich niemals kennen lernen werden. Ein externes Netzteil mit nicht mehr als genau einem Schalter unterstreicht den pragmatischen Minimalismus des Gesamtkonzepts. Und dann dreht er los. So gleichförmig, dass wir nur an den vorbeifliegenden Fingerabdrücken an der Seite des Tellers erkennen, dass er sich überhaupt dreht.
Bildquellen:
- SoReal-Audio Seismograph: Bildrechte beim Autor
- SoReal-Audio Seismograph: Bildrechte beim Autor