Tetsuya Itani, CTO Chief Engineer Technics Interview

Interview: Warum HiRes den Technics SL-1200 Plattenspieler gerettet hat

Wir haben Tetsuya Itani, CTO und Chief Engineer von Technics, auf der HIGH END 2019 in München getroffen. Der Chefentwickler ist maßgeblich an der erfolgreichen Renaissance der japanischen Kult-Marke beteiligt gewesen. 

Das ganze Interview als Video

Was es auf dem Weg der Wiedergeburt so alles für Schwierigkeiten gab und warum ausgerechnet der digitale HiRes-Boom den legendären Technics SL-1200 Plattenspieler gerettet hat, verrät Herr Itani gleich selbst. In der zweiten Hälfte des Gesprächs lernen wir etwas mehr über ihn persönlich und wir werfen gemeinsam mit ihm einen Blick in die Zukunft und die technologische Ausrichtung der Marke Technics. Wenn euch dieses Video gefällt, vergesst nicht unseren Kanal zu abonnieren, doch jetzt erst mal viel Spaß und gute Unterhaltung beim Interview.

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Für das Video stehen Untertitel auf Deutsch und Englisch zur Verfügung.

Unser Gespräch mit Tetsuya Itani, CTO und Chief Engineer von Technics

Lassen Sie uns bitte noch einmal kurz darüber sprechen, wie Technics wiederbelebt wurde.

Okay, also im Jahr 2010 gab es relativ weitreichende organisatorische Veränderungen bei Panasonic. Zuvor waren Video und Audio zwei verschiedene Abteilungen. Und nun wurde das zusammengelegt. Ich war in der Video-Abteilung und arbeitete an den qualitätsorientierten Produkten. Zu dieser Zeit bat mich der Leiter der Division, die Jungs aus der Audio-Abteilung zu unterstützen. Weil bei Panasonic das Audio zu gewöhnlich geworden war. Nichts für qualitätsbewusste Menschen. Man dachte sich also, dass eine solche Maßnahme für Panasonic Audio gut wäre. Dass es ein Anfang sein könnte. Also habe ich mit unseren Ingenieuren daran gearbeitet die Klangqualität zu verbessern. Wir konnten natürlich auch bei der Vermarktung helfen. Wir begannen mit einem kleinen Kompaktsystem, dem SC-C PMX 5. Das war eigentlich ziemlich gut und wurde auch gut angenommen auf dem europäischen Markt. Das hat unseren Ingenieuren damals natürlich Mut gemacht. Also sind wir eine Qualitätsstufe höher gegangen, dem PMX 9. Der konnte bereits HiRes. Genau zu dieser Zeit begann die größere Verbreitung von HiRes und die Qualität wurde wirklich gut. Das Format wurde auch besser verfügbar. Wir dachten also: Das ist eine gute Chance ein Geschäft in Richtung Qualität auszurichten. Und dabei reden wir zunächst erst mal nur davon „Wie man Technics als Marke wiederbelebt.“

Panasonic PMX 9 HiFi Technics
Das PMX 9 Kompaktsystem von Panasonic konnte bereits HiRes und war der Startschuss für den Restart von Technics

Würden Sie sagen, dass die Wiederaufnahme bei Technics eher in den wachsenden HiRes- und High End-Möglichkeiten begründet ist, nicht so sehr dem wiederaufleben der Vinyl-Leidenschaft? Liegt der Fokus hierbei eher auf der digitalen, als auf der analogen Seite?

Zu dieser Zeit von der ich gerade sprach, fokussierten wir uns auf das Digitale. Es gab keine Technologien für das Analoge mehr. Das war ein großes Ding, ein großes Problem für uns. Also haben wir erst mal digital angefangen. Aber wir wussten natürlich, dass wenn wir den Restart von Technics bekanntgeben, dass es erwartet wird. —- Und dabei kam noch eine ganz Menge, was wir nicht erwartet hatten auf uns zu. Wir mussten uns also unweigerlich der Frage stellen „Wie können wir die Plattenspieler reproduzieren?“

Was war schwieriger, die Menschen mit dem Know-how zu finden, oder das Werkzeug und die Maschinen in Betrieb zu setzen?

Da wir hauptsächlich aus Digital-Menschen bestanden, hatten wir die Motortechnologie und die Motorsteuerungstechnologie nicht und auch keinen passenden Tonarm. Hochwertigste Mechaniken. Und wir hatten auch keine Ingenieure für die Analogseite. Also haben einige von den „alten Jungs“, vielleicht um die 80 zu dieser Zeit, uns versprochen zu helfen, wenn wir sie unterstützen. Speziell in den zwei Feldern: Dem Motor und dem Tonarm.

Sie haben also Unterstützung aus der Technics-Vergangenheit und Firmengeschichte?

Ja. Im Falle der Motorsteuerung haben wir sogar den Mitarbeiter gefunden, der damals den SP-10 mkII entwickelte, ja und bei den Tonarmen den Ex-Ingenieur der am alten SL-1200 gearbeitet hat.

Welche Technics-Geräte nutzen Sie denn persönlich Zuhause?

Zur Zeit nutze ich einen SL-1200 GAE und ich habe mir vor kurzem einen SL-1000 bestellt. Und ich haben auch einen ST-G30, den Netzwerk-Server.

Technics ST-G30 Musikserver Server Music HiFi
Der ST-G30 Musikserver von Technics

Was hören Sie musikalisch am liebsten?

Eigentlich viele Genre. In den letzten 10 Jahren habe ich hauptsächlich Klassik genossen. Ich habe ein paar Stücke der Berliner Philharmonie wirklich lieben gelernt.

Also hauptsächlich Klassik?

Im Moment schon. Ursprünglich bin ich mit einer Form von Rock-Musik aufgewachsen. Beatles, Led Zeppelin oder Queen. Und wir hatten auch etwas Popmusik aus den USA. The Carpenters oder Simon & Garfunkel.

Was ist es, was Sie mit Technics verknüpft? Gibt es einen „Technics-Moment“, einen ersten, prägenden Kontakt?

Meinen ersten Kontakt hatte ich, als ich noch zur Junior Highschool ging. Zu dieser Zeit hatte mein Vater ein komplettes Stereo-Set von Technics gekauft. Ich war natürlich schwer beeindruckt davon damals. Und als ich Stundent an der Universität war, wie soll ich es sagen, wir nannten es „Arbeit“ auf japanisch, da hatte ich eine Nebenjob und habe etwas Geld verdient. Davon habe ich dann meine ersten Audio Systeme gebaut. Sehr, sehr einfache Systeme. Den Verstärker hatte ich selber gebaut und den Lautsprecher auch, aber damals konnte ich noch keine Tuner oder Player bauen und habe mich für einen Technics Tuner entschieden. Es war ein ST-8600 glaube ich. Und ich wollte natürlich unbedingt den Technics-Plattenspieler, der aber leider damals zu teuer war für mich.

Konnten Sie sich, zu dieser Zeit schon, vorstellen später mal für ein Unternehmen wie Technics zu arbeiten?

Als ich bei Panasonic anfing, hoffte ich, dass ich zu Technics komme. Mein erster Job war ein CD-Player von Technics. Das war natürlich großes Glück für mich.

Was ist die aktuelle Ausrichtung in der Technics-Forschung? Das Analoge zu perfektionieren oder in eine digitale Zukunft zu wachsen? Wo sehen Sie den Schwerpunkt?

Wenn wir nur über das reine Quell-Medium sprechen, glaube ich persönlich, dass beides – analog und digital – in Zukunft koexistieren werden. Analog wurde schon mal totgesagt und hat sich wieder erholt. Ich glaube, dass es sehr, sehr stark ist. Es ist nicht das große Ding am Markt, aber es hat Stabilität. Naja, und digital sowieso. Im Falle von digitalen Medien wird sich das Format sicherlich von etwas Physischem hin zum Internet oder einer anderen Übertragungstechnologie entwickeln. Ich denke im Falle von Technics werden wir beide Ebenen verfolgen, analog und digital parallel zueinander.

Wie glauben Sie, wird ein HiFi-System in 10 oder 20 Jahren aussehen?

Ich glaube da sprechen wir von zwei Typen. Weil die einen, wir nennen Sie die „HiFi-Menschen“, relativ konservativ sind. Wenn Sie mal 20 Jahre zurück schauen, gibt es da keine große Veränderung. Diese Menschen haben also 20 Jahre später vermutlich immer noch den selben Geschmack, richtig? Im Gegensatz dazu gibt es den Typ Mensch, der seine Musik mit einem, wie soll ich es sagen, lieber mit einem unsichtbaren System hören möchte.

Gibt es auch sowas wie Kooperationen von Panasonic und Technics in Form von beispielsweise Fernsehgeräten? Oder wird Technics entkoppelt von den Bild-Technologien bleiben?

Das glaube ich nicht. Wir haben erst vor kurzem einen TV vorgestellt, den wir „Tuned by Technics“ nennen. Um genau zu sein hat unser Ingenieur in diesem Fall mit den TV-Mitarbeitern daran gearbeitet die Klangqualität der großen Bildschirme, speziell der OLED-Systeme zu verbessern. Die technischen Erkenntnisse, das Know-how und die Technologien von Technics können also die Entwicklung der Panasonic AV-Produkte unterstützen.

Bevorzugen Sie eher digital oder analog?

Ich denke beides. Beide Seiten bedienen unterschiedliche Arten von Freude beim Hören.

Tetsuya Itani, CTO Chief Engineer Technics Interview
Wir trafen Herrn Tetsuya Itani, CTO und Chief Engineer von Technics, auf der HIGH END 2019 in München

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Bildquellen:

  • SC-PMX9_Gallery3_WOC_20130819: Panasonic
  • st-g30-mainvisual: Technics
  • Tetsuya Itani, CTO und Chief Engineer von Technics im Gespräch: Bildrechte beim Autor