Test: Technics SL-1200GAE Plattenspieler: Heißbegehrtes Sammlerstück im Test

Nachdem der legendäre Technics Plattenspieler SL-1200/1210 seit dem Jahr 2010 nach über 30 Jahren nicht mehr produziert wird, freuen sich seine Anhänger, dass er ab diesem Sommer in einer neuen und verbesserten Version wieder zu kaufen sein wird. Knüpft er an die Erfolge der Vergangenheit an?

Vor zehn Jahren konnte man einen neuen Technics für sage und schreibe circa 600 Euro ergattern. Die heutigen Preise für ein Neugerät aus der alten Produktion kosten etwa das Vierfache. Nachdem die Produktion im Jahr 2010 eingestellt wurde, ging ein Raunen durch die Wohnzimmer und Clubs, denn der SL-1200 hat sich seinen Ruf als robustester Plattenspieler zu Recht erarbeitet. Nach Jahren des Wartens ist es nun endlich so weit. AUDIO TEST ist eines der ersten Magazine in Deutschland, die den neuen Technics SL-1200GAE testen dürfen. Das führte dazu, dass sich die halbe Belegschaft um das Paket drängte, weil jeder zu den wenigen Auserwählten gehören wollte, die die Legende bisher live gesehen haben. Das Anhängsel GAE beschreibt die Limited Edition, die ab diesem Sommer für 3.499 Euro zu erhalten sein wird. In Japan, wo der Verkauf bereits gestartet wurde, waren alle 300 innerhalb einer halben Stunde ausverkauft. Im Winter erscheint dann die Standardausführung. Diese hat dann die Modellbezeichnung SL-1200G. Früher leuchtete die Lampe in Rot, beim neuem Modell in blau. Das ist optisch fast der einzige Unterschied. Oder? Weit gefehlt. Als 2014 die Planung für eine Neuauflage begann, hat man festgestellt, dass bis auf die Abdeckhaube nichts mehr aus der Produktionsstrecke, die bis 2010 genutzt wurde, vorhanden war. Daher ist das Gerät von Grund auf neu konstruiert worden. So entstand mit dem SL-1200GAE ein vollkommen neuer Plattenspieler auf der optischen Basis seines Vorgängers. Die Neuauflage bleibt genauso klassisch-puristisch wie die erfolgreiche Vorlage: Es besitzt einen klassischen Phono-Ausgang, weitere Anschlussmöglichkeiten sieht der Dreher nicht vor. Auf einen eingebauten Phonoverstärker und USB-Ausgang wurde verzichtet. Da ohnehin im audiophilen Bereich jeder seinen eigenen Verstärker, ob nun Transistor oder Röhre, verwendet. Beim Mixen und Mischen der Musik in Clubs hat man oft die Geschwindigkeiten des Musikstückes mit Hilfe des Pitchs (± 8%/16%) geregelt, um die Übergänge zwischen den Titeln anzupassen. Hat man den Pitchregler verwendet, genügt ein kurzer Druck auf den „Reset“-Knopf und die Solldrehzahl wird automatisch wiederhergestellt, die mit der Strobo-Lampe am Einschaltregler überprüft werden kann.

Geschützt mit einer erhöhten Seitenwand – der Ausdrehregler. Auch leuchten jetzt alle LEDs in Blau, statt wie früher in Rot
Geschützt mit einer erhöhten Seitenwand – der Ausdrehregler. Auch leuchten jetzt alle LEDs in Blau, statt wie früher in Rot

Innenleben

Die Neuauflage wird durch aufwändige Verbesserungen optimiert. Das auf 1200 Exemplare limitierte Modell hat einen Magnesium-Tonarm, der für eine höhere Eigendämpfung sorgt. Die Dämpfungsfüße sind höhenverstellbar und besitzen eine Füllung aus Silikon-Kautschuk. Das Serienmodell bekommt einen Aluminium-Tonarm und die Standfüße eine „normale“ Gummi-Füllung. Beide Ausführungen haben einen Direktantriebsmotor ohne Eisenkern. Selbst die kleinsten Motorvibrationen werden durch einen Mikroprozessor ausgeglichen. Der SL-1200GAE besitzt einen Zwillingsrotor, der die Lagerbelastung reduziert und ein hohes Drehmoment aufrecht erhält, so dass einem audiophilen Hörgenuss nichts mehr im Wege steht. Die voll digitalisierte Motorsteuerung ist sogar per USB-Anschluss, der unter dem Plattenteller vorhanden ist, update- und servicefähig. Sie schafft es, den schweren, nichtmagnetischen, dreischichtigen Plattenteller in weniger als einer Sekunde auf 33 Umdrehungen pro Minute zu bringen. Das Gewicht sorgt für einen hervorragenden Gleichlauf und reduziert dadurch unerwünschte Resonanzen. Eine Platte aus Messingdruckguss ist fest mit einer Aluminiumdruckgussplatte verbunden. Die Unterseite ist mit einem vibrationsabsorbierenden Gummi verkleidet. Die Gehäusekonstruktion ist dabei vierschichtig angelegt. Die Deckplatte ist zehn Millimeter dick und besteht aus strichgeschliffenen Aluminium und ergänzt die Dreischicht-Konstruktion des SL-1200MK5. Diese bestand aus Aluminumdruckguss, Faser-Matrix-Verbundwerkstoff (BMC) und schwerem Gummi.

Der Plattenteller mit seiner Messingplatte glänzt golden und vermittelt mit dem silbrigen Aussehen ein hochwertiges Gesamtbild
Der Plattenteller mit seiner Messingplatte glänzt golden und vermittelt mit dem silbrigen Aussehen ein hochwertiges Gesamtbild

Audiophile Qualität

Qualitativ will sich der Technics- Plattenspieler wieder an der Spitze der Beliebtheitsskala der Nutzer festsetzen. Und so bringt er mit einem hochempfindlichen und für den audiophilen Bereich geeigneten Tonabnehmer, wie dem Goldring G1042, auch einen fantastischen Klang zu Gehör. Wir haben passend zur Neuauflage tief in unserer Plattenkiste gekramt und uns für ein Revival der Musik der 80er Jahre entschieden. Die Bässe unserer Musikbeispiele erklingen dabei durchweg kraftvoll, was unter anderem durch den Direktantrieb möglich wird. Ganz souverän werden alle von uns aufgelegten Platten wiedergeben. Der Technics spielt dabei unglaublich ruhig. Bei „Destiny“ von Jennifer Rush, drückt der E-Bass und Jennifers Stimme ertönt brilliant. Die Gitarrenklänge mischen sich dazu wunderbar mit dem Schlagwerk. Hier kommt jeder Ton zur Geltung und nicht einer wird vom Technics verschluckt. Bei „It Must Have Been Love“ von Roxette, wo jeder Schlag des Drumsets mit einer Deutlichkeit erklingt, spielt er bewundernswert auf. Selbst hier erklingt das Gitarrenmotiv präzise und man hört jeden Seitenanschlag und die dazugehörenden Obertöne.

Die Höhe, das Auflagegewicht für die Nadel, die Stärke des Antiskating sind die drei klassischen Einstellungsmöglichkeiten
Die Höhe, das Auflagegewicht für die Nadel, die Stärke des Antiskating sind die drei klassischen Einstellungsmöglichkeiten

„The Show Must Go On“, eine der letzten Gesangsaufnahmen von Freddy Mercury mit der britischen Gruppe Queen, lässt den Künstler in unserem Hörraum wieder auferstehen. Freddy Mercurys Krankheit war bei den Aufnahmen schon sehr weit fortgeschritten, so dass nicht klar war, ob er überhaupt noch in der Lage sein würde, das Lied zu singen. Nach einem Wodka wurde es dann eine der besten Gesangsaufnahmen seiner Karriere. Die Synthesizerklänge vermitteln gleich am Anfang einen heroischen Einstieg in die Musikballade. Brain Mays Gitarrenriffs erklingen atemberaubend. Ab der dritten Minute, als Freddys Stimme zum Höhepunkt ansetzt, hört man ihn deutlich sagen: Auch wenn ich nicht mehr singen sollte, lasst die Show weitergehen! Gänsehautfeeling pur! Mit einer Aufnahme von „Dies irae“ aus Verdis Requiem, die oft auch als dramatische Filmmusik verwendet wird, wollen wir den Test beschließen. Der SL-1200GAE gibt die scharf konturierten, extrem unterschiedlichen Einzelbilder mit einer großartigen musikalischen Sprachkraft wieder. Durch den Bilderreichtum wird der Technics komplett gefordert, aber kann ohne Probleme den dramatischen Bogen schließen. Alle von Verdi heraufbeschworenen musikalischen Empfindungen werden mit einer Perfektion wiedergegeben, die ihresgleichen sucht und den Plattenspieler auch für audiophile Hörer der klassischen Musik interessant macht. Am liebsten würden wir noch Wochen mit unserem Test verbringen, denn der Technics SL-1200GAE macht pure Freude. Die Neuauflage des SL-1200 ist Technics durchweg gelungen. Wir glauben, dass auch er wieder zu einem der begehrtesten Turntables aufsteigen wird.

Fazit

Heißbegehrt und lange erwartet. Es hat sich gelohnt. Technics schafft es wieder, mit einem robusten und qualitativ hochwertigen Plattenspieler an die vorherigen Erfolge anzuknüpfen. Optisch ist er etwas moderner gestaltet, aber man sieht ihm seine Herkunft an. Zwar ist die Limited Edition mit 3 499 Euro nicht ganz günstig, aber Fans der alten Modellreihe werden sich die Hände reiben und sich ein Exemplar der Neuauflage ergattern wollen. Sie sollten schnell sein, die 1 200 zum Verkauf stehenden Modelle werden schnellen Absatz finden. Wir sagen Danke für ein Stück wiederbelebte Musikgeschichte!

Die Limited Edition wird mit einem eingelassenen Emblem gekennzeichnet. Unser Modell stammt aus der Vorproduktion (No. 0000)
Die Limited Edition wird mit einem eingelassenen Emblem gekennzeichnet. Unser Modell stammt aus der Vorproduktion (No. 0000)
Fazit
Wiedergabequalität
94
Ausstattung/Verarbeitung
87
Benutzerfreundlichkeit
100
Preis/Leistung
90
93