Test: Cambridge Audio Evo 75 All-in-One Streaming-Verstärker Review Amplifier

Test: Cambridge Audio Evo 75 All-in-One Streaming-Verstärker

Cambridge Audio begleitet unsere Arbeit bei LikeHiFi schon seit einigen Jahren. Immer wieder erwies sich der Hersteller als famoser Verbinder. Mit der neuen EVO-Serie möchte man nun die eigenen Standards ein Weiteres mal überbieten. Wir haben den Cambridge Audio Evo 75 All-In-One Streaming-Verstärker zum ausgiebigen Test in den Hörraum geladen.

Eine Brücke über Zeit und Raum

Kaum eine Stadt transportiert allein durch den Klang ihres Namens so viel wissenschaftlichen Forschergeist wie das im Osten des Vereinten Königreichs gelegene Cambridge. So zählen namenhafte Persönlichkeiten wie Isaac Newton, Stephen Hawking und Alan Turing zu den berühmtesten Alumni des weltbekannten King’s College. Ludwig Wittgenstein studierter seinerzeit an Cambridges Trinity College. Aber auch Künstler und Künstlerinnen wie Silvia Plath, Douglas Adams und Pink Floyd-Gründungsmitglied Syd Barrett sind Kinder der Stadt, um welche sich über die Jahrhunderte folglich allerlei Legenden entsponnen. So sagt man von der Mathematikerbrücke, welche im 18. Jahrhundert zur Überquerung der Cam als reines Steckprinzip entwickelt wurde, dass es Studenten des nahegelegnen King’s College etwa 100 Jahre nach ihrer aus Neugier durchgeführten Dekonstuktion nicht gelang, sie nach erfolgreicher Demontage wieder zusammenzufügen, ohne schließlich doch auf stabilisierende Schrauben zurückzugreifen. Wieder rund 100 Jahre später sollen Studierende über Nacht auf rätselhafte Weise einen VW-Bus auf dem Dach der Universitätsbibliothek geparkt haben, den Feuerwehr und Abschleppdienst angeblich erst zwei Tage später in Einzelteilen herunterbekommen haben sollen.

Diese Geschichten gehören zumindest zum Standardreportoire sichtlich stolzer Stadtführerinnen und illustrieren dennoch treffend die Unmenge intellektueller Energie, welche der Stadt am Nullmeridian innewohnt. Und da jedes physikalische Gesetz erst mittels wissenschaftlicher Erkenntnis aus der Spähre der Magie in jene der Natur überführt wurde und noch immer wird, könnte es kaum besser passen, dass das King’s College, sowie das St. Johns College in Cambridge als Drehort für Harry Potters Zauberakademie Hogwarts dienten.

Test: Cambridge Audio Evo 75 All-in-One Streaming-Verstärker Review Amplifier
Partizipativ: Wir können zwischen zwei verschiedenen Seitenpanels wählen

Tradition verbindet

All diese Assoziationen aus Kunst und Natur, Geschichte und Fortschritt schwingen mit, wenn wir den Namen Cambridge hören. Von daher war es nicht nur bloßer Lokalpatriotismus, sondern auch ein marketingtechnischer Geniestreich, dass eine Gruppe junger College-Absolventen ihre Hightech-Firma letztlich Cambridge Audio nannten. Das war 1968, dem Jahr, in dem die Beatles ihr legendäres „White Album“ veröffentlichten und einen weiteren popkulturellen Beitrag zum ersten großen britischen HiFi-Boom leisteten. Auch hier lässt sich die schon im Stadt- und Firmennamen genannte Brücke als perfekte Metapher lesen für das Bestreben der zu dieser Zeit noch jungen HiFi-Tüftler. So wie die Mathematikerbrücke die Cam überquert, möchte man ein Brücke schlagen zwischen der Band im Studio und dem Fan zuhause. Eine elektroakustische Brücke über die schonungslose Flüchtigkeit zeitbasierter Kunst. Eine Brücke über den reißenden Strom der (Musik-)Geschichte. Auch in der Redaktion von LikeHiFi.de verlassen wir uns dabei übrigens auf zwei Geräte aus dem Hause Cambridge Audio. So leistet uns vor allem der Netzwerkplayer CXN Silver schon seit einigen Jahren großartige Dienste und überbrückt anfängliche Gräben zwischen unserer Redaktions-Audiothek und neuen Testgeräten. Dabei hätten sich die Gründerväter des Unternehmens in den Sechzigern natürlich nicht träumen lassen, in welche Richtung sich die Bedürfnislage des Marktes im 21. Jahrhundert hinentwickelt. Jedoch sagt das Unternehmen auch selbst, dass Fortschritt nie ohne Veränderung passieren kann. Und bisher schaffte es Cambridge Audio bisher stets bravourös, die handwerkliche Tradition mit der technischen Kompetenz und wissenschaftlichen Neugier zusammenfließen zu lassen.

Test: Cambridge Audio Evo 75 All-in-One Streaming-Verstärker Review Amplifier
Effektiv: Zwei koaxiale Drehwahlschalter für Lautstärke- und Quellenwahl

Cambridge Audio Evo 75 – Streaming-Verstärker

Wenn ein Unternehmen über ein halbes Jahrhundert hinweg dicke Wurzeln in der HiFi-Branche schlägt, muss man durchaus davon ausgehen, dass Intuition und Innovationsgeist auch weiterhin Früchte tragen. Im Hause Cambridge Audio heißen die jüngsten Früchte auf den Namen „Evo“. Evo wie Evolution. Wie sollte es auch anders sein, schließlich studierte auch Charles Darwin in der Stadt an der Cam. Mit der neuen Evo-Kollektion wollen die Engländer von Cambridge Audio nun schließlich die Evolution der High Fidelity einen Schritt weiterbringen und präsentieren zunächst mit zwei All-In-One-Verstärkern, sowie dem Kompaktlautsprecher Cambridge Audio Evo S ein hochwertiges rundum sorglos Paket, welches wohl noch dieses Jahr um den Evo CD erweitert werden soll – aus welchem wir uns jedoch erstmal den neuen Universalgelehrten Cambridge Audio Evo 75 zur Konsultation gebeten haben.

Dieser zeigt uns gleich allein durch seine formsprachliche Ausführung, dass Cambridge Audio die Geräte der EVO-Kollektion nicht als im Hintergrund agierende Strippenzieher, sondern als selbstbewusste Protagonisten eines hochwertigen HiFi-Arrangements konzipiert hat.

Test: Cambridge Audio Evo 75 All-in-One Streaming-Verstärker Review Amplifier
Während der große Bruder Evo 150 noch einen symmetrisch Eingang, eine Phonovorstufe und einen zweiten Speaker-Ausgang offeriert beschränkt sich der Evo 75 auf das Wesentliche, wobei wir hier nichts missen. Schließlich gibt es ja eine umfangreichere Option

First Impression

So kommt der Cambridge Audio Evo 75 nicht in der üblichen Rackbreite von knapp 48 Zentimeter (cm) daher, sondern ist mit 31 cm deutlich schmaler. Die eleganten Seitenpanels aus Echtholz zeigen auch klar an, dass sie nicht versteckt werden wollen. Ganz im Gegenteil: Die Seitenverkleidungen sind tatsächlich nur magnetisch am Gehäuse fixiert und können gegen graphitfarbene Elemente ausgetauscht werden. Der zweite große Hingucker des ansonsten sehr minimalistisch gestalteten Cambridge Audio Evo 75 sind die beiden ausladenden koaxialen Drehwahlschalter an der Frontseite des Gehäuses. Ein großer schwarzer Regler übernimmt hier die Lautstärkeregelung, ein haptisch überaus ansprechender Aluminiumring ermöglicht die Quellenwahl direkt am Gerät. Daneben finden wir kleine, unauffällige Drucktaster zur weiteren Menünavigation. Besonders erfreulich ist der satte 6,8 Zoll große Bildschirm, welcher auch bei einigen Metern Abstand zum Gerät sehr deutlich anzeigt, was gerade vonstatten geht. Tatsächlich war die Größe des Bildschirms bisher stets ein kleines Manko bei Geräten dieses Herstellers, da man etwa vom Sofa aus nur noch schlecht bis gar nicht erkennen konnte, was gerade auf dem Bildschirm kommuniziert wird.

Ausstattung

Anschlusstechnisch finden wir an der Front des Gehäuses lediglich einen 3,5 mm-Klinkenausgang für Kopfhörer, während die eigentlichen Verbindungsmöglichkeiten natürlich ander Gehäuserückwand zu finden sind. Hier verfügt der Cambridge Audio Evo 75 neben dem Lautsprecherausgang auch über einen Pre- und einen Subwoofer-Out, sowie einen analogen Hochpegeleingang (Cinch) und zwei digitale Eingänge (Koaxial und Optisch). Außerdem lässt sich ein externes Speichermedium via USB, sowie ein TV-Gerät via HDMI mit dem Cambridge Audio Evo 75 koppeln. Der große Bruder Cambridge Audio Evo 150 verfügt übrigens noch über einen weiteren Hochpegeleingang symmetrischer Natur, sowie einen USB-B-Slot, einen weiteren optischen Eingang und eine integrierte MM-Phonovorstufe. Außerdem würde sich hier ein zweites Lautsprecherpaar anschließen lassen. Über den für einen Netzwerkplayer obligatorischen Ethernet-Anschluss verfügen selbstverständlich beide Geräte.

Test: Cambridge Audio Evo 75 All-in-One Streaming-Verstärker Review Amplifier
Der Form wegen ist dem Evo auch eine Fernbedienung beigefügt, uns genügt die App

Namensgebend sind bei beiden Evo-Modellen die Verstärkerleistungen, welche die Amps auf die Bühne bringen. So verfügt der Cambridge Audio Evo 75 eben über zwei effiziente Class-D Hypex Ncore Endstufen von je 75 W Ausgangsleistung an 8 Ohm. Bei einem Gerät dieser Gattung allerdings von mindestens ebenso großer Wichtigkeit ist die Wandlersektion. Hier vertraut Cambridge Audio auf einen DAC des Typs Sabre ES9016K2M des Herstellers ESS. Dieser hochleistungstarke Wandler beruht auf der von ESS patentierten 32-Bit-Hyperstream-Architektur und dem Time Domain Jitter Eliminator und gilt daher zu den gefragtesten Chips seiner Art. Im Kontext der neuen EVO-Kollektion ermöglicht er den unkomplizierten Umgang mit allen gängigen Formaten von Mp3 bis DSD 256 bei einer Dnyamic Range von 128 dB und einer Total Harmonic Distortion von stattlichen -110 dB.

Usability

Sowie wir den Cambridge Audio Evo 75 Streaming-Amp das erste mal einschalten, erscheint direkt das Logo der hauseigenen Straming-App StreamMagic. Diese in Cambridge Audios aktuellem Londoner Hauptquartier entwickelte Software ist quasi die Frontend-Entsprechung des StreamMagic-Moduls welches als Hardware-Platine bereits seit 2011 die zentrale Netzwerkeinheit der Player des Herstellers darstellt. Wir haben die App natürlich bereits installiert und sind daher sofort einsatzbereit. Gerät und Software gehen sehr schnell an den Start und sind nach wenigen Augenblicken einsatzbereit. Freilich offenbaren sich bei einem kurzen Rundgang durch die App noch allerhand weitere Funktionen, welche wir, um ehrlich zu sein, nicht erstmal „On Device“ ausgecheckt haben. So stolpern wir, wie sollte es anders sein, erstmal über die Möglichkeit der Anbindung aller populären Streaming-Clients wie Spotify, Tidal und Roon Ready. Aber auch Airplay 2, Chromecast und MQA sind hier vertreten. Ein auszeichnendes Feature, welches wir tatsächlich selten sehen, ist der Bluetooth-Ausgang des Cambridge Audio Evo 75. Klar, über Bluetooth Musik reingeben ist mittlerweile ein alter Hut. Aber dass wir über Bluetooth Kopfhörer oder Lautsprecher ausgangsseitig an den Streaming-Amp koppeln können, finden wir recht besonders.

Test: Cambridge Audio Evo 75 All-in-One Streaming-Verstärker Review Amplifier
Die visuelle Ausgestalltung des On-Board-Menüs ist überaus attraktiv gehalten

Nach den ersten paar Minuten an Gerät und App lässt sich bereits festhalten, dass die langjährige Erfahrung des Herstellers (Cambridge Audio zählt ja quasi zu den Pionieren in Sachen Streaming) bei Ausgestaltung und Funktionalität des User-Interfaces voll zum Tragen kommt. So funktioniert die ganze Interaktion nicht nur flüssig und stabil, sondern offeriert auch immer wieder clevere Funktionsdetails. So lassen sich etwa gewisse Quellen oder Streamingdienste aus der Anzeige ausblenden, um so die Anzeige wirklich auf das individuell benötigte Material zu reduzieren. Die Anzeige auf dem Display des Cambridge Audio Evo 75 ist obendrein wirklich gestochen scharf und zum Glück wirklich auf die wesentlichen Informationen reduziert. Soll heißen, dass uns neben den üblichen Metadaten und Coverfoto nur Uhrzeit, Transportstatus und File-Format in serifenloser Schrift angezeigt werden. Bei Quellenwahl und Lautstärkeregelung legt sich dann eine grafische Ebene über die Titelanzeige, was wir auch sehr schön gelöst finden.

Cambridge Audio Evo 75 im Soundtest

Damit wir endlich laut werden können, verbinden wir den Evo 75 von Cambridge Audio mit einem Paar Elegance G120 von Revox und dem Subwoofer Deep Blue 12, deren ausführlichen Testbericht Sie übrigens in der vorangegangenen Ausgabe der AUDIO TEST oder demnächst hier auf www.LikeHiFi.de nachlesen können.

Um zunächst in der Tradition der Namensgebenden Universtitätsstadt zu bleiben, beginnen wir den Test mit Pink Floyd. Die Scheibe „A Saucerful of Secrets“ soll es sein. Das zweite Album der Band und das letzte mit Syd Barrett, welcher ja selbst in Cambridge geboren wurde. Das Album erschien übrigens ebenfalls im Jahr 1968, also dem Jahr, in dem auch Cambridge Audio seine ersten Gehversuche unternahm.

Wir streamen das Album über eine angeschlossene USB-Festplatte, welche sich in der StreamMagic-App im Handumdrehen anwählen und durchsuchen lässt. Die Lektüre des Albums stellt schnell unter Beweis, dass sich Cambridge Audio beim Evo 75 nicht nur auf die User Experience konzentriert hat, sondern auch einen überaus musikalischen Vollverstärker geschaffen hat. Der Sound ist lebendig und vollmundig, übersetzt mittlerweile ja historischen Aufnahmen mit viel Sorgfalt in die Gegenwart, ohne den analogen Charm des Albums verletzen. Der Amp gibt sich extrem impulsfreudig und dynamisch und verzichtet auf jegliche Artifizierung des authentischen Sounds der späten 60er Jahre.

Aber so richtig zum Glänzen kommt der Cambridge Audio Evo 75 dann doch erst bei hochfideleren Aufnahmen, etwa bei „Laughing Stock“ von der ebenfalls englischen und für uns nicht weniger ikonischen Band Talk Talk. Etwa beim Titel „Ascension Day“ tritt der Cambridge Audio Evo 75 mit einer kristallklaren Hochauflösung hervor. So werden beispielsweise Drums und Kontrabass in all ihrem organischen Reichtum feinster Nuancen übersetzt und der Drive auf Gitarre und Orgel besticht durch äußerst plastische Timbres. Gleichzeitig lässt präsentiert der EVO einen ausgezeichneten Raum, in dem nichts Gefahr läuft, innerhalb des Mixes zu verschwinden.

Tatsächlich schieben sich während der Performance des Cambridge Audio Evo 75 die technischen Aspekte der Kette weit in den Hintergrund und lassen uns der Musik direkt und unmittelbar begegnen. Dem Zeitgeist folgend hat Cambridge Audio mit dem Cambridge Audio Evo 75 einen wirklich ausgezeichneten Alleskönner geschaffen, welcher mit Leichtigkeit und ohne jegliche narzisstische Anwandlung eine Brücke schlägt zwischen uns und unserer Lieblingsmusik.

Preis und Verfügbarkeit

Den All-In-One Streaming Verstärker Cambridge Audio Evo 75 gibt es im autorisierten Fachhandel zum Preis von 1.999 Euro (UVP) zu kaufen.

Weitere Informationen: www.cambridgeaudio.com

Anmerkung: Dieser Text erschien erstmals in Ausgabe 05/2021 der AUDIO TEST.

▶ Lesen Sie hier: Test vom Cambridge Audio Edge A Stereovollverstärker – Livin’ on the Edge

AUDIO TEST Ausgabe 03/2024 HiFi Review kaufen Magazin

+++ Die neue AUDIO TEST Ausgabe ab 23. März 2024 im Handel oder ganz einfach und bequem nach Hause bestellen:www.heftkaufen.de/audio-test

Oder gleich ein Abo abschließen und das Heft pünktlich und direkt frei Haus liefern lassen:
www.heftkaufen.de/abo-audio-test +++

Fazit
Cambridge Audio spielt mit dem EVO 75 all seine Erfahrung aus und präsentiert einen klangstarken und spielfreudigen Netzwerkplayer höchster Güte. Ein ausgeklügeltes User Interface trifft hier auf zwei mal 75 Watt Hubraum. Vor allem das fast 7 Zoll große Display stellt in Sachen Bedienbarkeit eine große Verbesserung dar.
Wiedergabequalität
95
Ausstattung/Verarbeitung
80
Benutzerfreundlichkeit
90
Preis-/Leistungsverhältnis
80
Leserwertung61 Bewertungen
38
Vorteile
hervorragende Funktionalität
kraftvoller Sound
Nachteile
keine
90
Gesamtergebnis

Bildquellen:

  • Cambridge Audio Evo 75 Detail: Auerbach Verlag
  • Cambridge Audio Evo 75 Detail: Auerbach Verlag
  • Cambridge Audio Evo 75 Detail: Auerbach Verlag
  • Cambridge Audio Evo 75 Detail: Auerbach Verlag
  • Cambridge Audio Evo 75 Detail: Auerbach Verlag
  • Cambridge Audio Evo 75 Detail: Auerbach Verlag