Album des Monats: Björk – Debut (1993)

Kaum zu glauben, dass es bereits 30 Jahre her ist. Die isländische Sängerin Björk brachte am 5. Juli 1993 ihr erstes Soloalbum heraus, welches als Meilenstein der Musikgeschichte gilt. Passend zum Titel des Albums feierte sie damit ihr „Debut“ in unserem Album des Monats, obwohl das nicht ganz stimmt…

Björks Musik war für die frühen 1990er Jahre alles andere als typisch. Geboren als Björk Guðmundsdóttir in der isländischen Hauptstadt Reykjavík begann ihr Werdegang wenig ruhig, eher polarisierend. Bereits im frühen Alter verschlug es ihre Aktivisten-Familie in eine Kommune. Björks Stiefvater war Gitarrist und setzte den Grundstein für ihren späteren musikalischen Weg. Im Alter von sechs Jahren lehrte man ihr Gesang, Flöte und Klavier.

Durch einen glücklichen Zufall schaffte es Björk im Alter von elf Jahren erstmals ins isländische Radio. Ihre Musikschule Barnamúsíkskóli Reykjavíkurs endete damals einen Mitschnitt der Coverversion „I Love to Love“ des Tina Charles Klassikers an den Sender Radio One, sodass die kleine Björk über Nacht zum Radiohit wurde.

An diesen Erfolg wollte sie direktanknüpfen. Als eine Plattenfirma ihr 1977 kurzerhand einen Vertrag anbot, willigte sie ein und produzierte damals noch mit ihrem Stiefvater Musik. So entstand Björk erstes Album, welches sie einfach nur „Björk“ betitelte. Die mittlerweile 12-jährige wurde durch weitere Coverlieder und Kindersongs auf der ganzen Insel berühmt, doch sollte der internationale Erfolg bis dato noch ausbleiben.

Keine Grenzen

Im Alter von 14 Jahren gründete Björk ihre erste eigene Mädchen-Band „Spit and Snot“. Geprägt von der Punk-Szene in den späten 1970er Jahren, entdeckt sie darin ihre Experimentierfreudigkeit. Das Extreme war ihr gerade recht und auch später in „Debut“ klar herauszuhören.

Björk hat das Talent, komplett gegensätzliche Genres miteinander zu kombinieren und bewegte sich nach ihrer Punk-Zeit in Richtung Jazzrock, später in Gothic und Indie. Durch dieses Erkunden der eigenen Grenzen, entwickelte sie ihren unvergleichlichen Gesangstil.

Nach der Geburt ihres Sohnes im Jahr 1986 gründete Björk die Erfolgsband „The Sugarcubes“, die sich stilistisch in Richtung Alternative-Rock bewegten. Mit deren erster Single „Ammæli“ (Geburtstag) erreichten sie sofort Kultstatus und den Durchbruch in England und USA. Es folgten neue Verträge mit Plattenfirmen und Alben, bis sich Björk im Jahr 1992 von der Band löste und ihre Solo-Karriere beginnen wollte. Björk beteiligte sich – neben der Zugehörigkeit in The Sugarcubes – bereits in zahlreichen weiteren Band-Projekten.

Durch ihren Umzug nach London und ihrer Liebe zu Jazz nahm sie mit einer Bepop-Band das Album „Tríó GuðmundarIngólfssonar“ in isländischer Sprache auf. Es folgten weitere Alben, wie „Island“ von HÖH oder „Ex:El“ von 808 State, denen sie ihre Stimme lieh. Durch diese Zusammenarbeit wuchs in Björk auch das Interesse an elektronischer House-Musik.

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► Hören Sie hier auf dem Streamingdienst Qobuz in das gesamte Album rein: Björk – Debut

Und dann kam „Debut“

„Debut“ ist Björks verspielte und charmante Ode an die Pop-Kultur der damaligen Zeit. Zusammen mit dem britischen Produzenten Nellee Hooper (u.a. Massive Attack) bringt sie im Juni 1993 erst die Erfolgssingle „Human Behavior“ und kurze Zeit später das Album „Debut“ heraus.

Die Isländerin bringt darin Songs unter, die sie bereits als Jugendliche verfasst hat. Aber auch Stücke, die von der abwechslungsreichen Musik, die sie bis hierher machte, geprägt sind. Das Album wurde von Kritikern äußerst gut aufgenommen und verhalf ihr zum internationalen Durchbruch. Es verkaufte sich fast fünf Millionen Mal und wurde vom New Musical Express als „Album des Jahres“ betitelt. In England erreichte „Debut“ Platin-Status.

Das Hauptmerkmal ist Björks atemberaubend schöner Gesang, der dem Album diesen speziellen Touch verlieh. Man darf auch nicht die immens estilistische Abwechslung übersehen, die dieses Album für die Hörer bereithält.

Björk besitzt ein Händchen für Arrangements. Sie schafft es immer wieder ihre Songs unterhaltsam zu gestalten. Gute Beispiele sind dafür die Songs „One Day“ und „Come To Me“, die den Hörern mit lieblich schweifenden Melodien den restlichen Aufbau versüßen. Auch der Song „Venus As A Boy“ gibt mit exquisit ausgewählten Samples einiges an Arrangement her.

Zudem ist er, mit über 42 Millionen Streams auf Spotify, der meistgespielte Song Björks. Ihm folgt „Human Behavior“ mit über 39 Millionen Streams. Mit „There‘s More To Life Than This – Live At The Milk Bar Toilets“, „Violently Happy“ und „Big Time Sensuality“, hat Björk – passend zur damaligen Zeit – kultige House-Versionen zum Tanzen in den Clubs parat.

Eine auffallend gute Diskografie

„Debut“ kann demnach als gelungener Start für die noch immerwährende Karriere Björks bezeichnet werden. Danach schaffte es die Isländerin mit der ihr eigenen, charmanten Art immer weitere Glanzstücke zu ihrem musikalischen Kosmos hinzuzufügen.

Die zweifache Mutter hat neben ihrem Erfolgsalbum „Debut“ auch noch etliche weitere interessante musikalische Ereignisse zu verzeichnen. Was viele nicht wissen: Björk wirkte im Schaffensprozess von zahlreichen berühmten Musikgrößen mit. So zum Beispiel bei Madonnas Album „Bedtime Stories“. Hier komponierte Björk die gleichnamige Single zum Album.

Eine weitere Platin-Auszeichnung in den USA und Top 2 der britischen Charts sollte mit dem darauffolgenden Album „Post“ im Jahr 1995 folgen.1997 entwarf die Musikerin mit etlichen bekannten Namen wie Mark Bell von LFO, Eumir Deodato und Howie B das Album „Homogenic“. Gemeinsam schufen sie eine sehr emotionale Platte, die die extrovertierte Seite Björks zeigte.

In „Vespertine“ aus dem Jahr 2001 stellt Björk eine kulturelle Seite von sich vor, indemsie Experimentalgruppen (z.B. Matmos) oder Klänge von Thomas Knak mit Harfenmusik von Zeena Parkins und ein Kammerorchester zusammen bringt. 2003 feierte Björk mit einem Greatest-Hits-Album das 10-jährige Jubiläum von „Debut“.

2004 setzte sie einen weiteren Meilenstein in ihrer Kariere: bei den olympischen Sommerspielen in Athen performte Björk ihren Song „Oceania“ und entfaltete ihr über 900 m² langes Kleid auf der Bühne zu einer Weltkarte. Dass Björk weiterhin relevant bleiben kann, beweist sie mit der Beständigkeit an Alben, die sie kontinuierlich herausbringt. Über die Jahre entstehen: „Médulla“ (2004), „Volta“(2007), „Biophilia“ (2011), „Vulnicura“ (2015) und „Utopia“ (2017). Mittlerweile ist Björk bei ihrem zwölften Studioalbum „Fossora“ (2022) angekommen.

Was es bedeutet, innovativ zu sein

Björk schafft es immer wieder mit Kreativität und Eigenwillen herauszustechen. Dabei versteht sie es keinerlei Erwartungshaltung zu erfüllen. Sie beschreitet neue Wege und ist z. B. an Soundtracks für zahlreiche Filme beteiligt gewesen oder hat selbst in Filmen mitgespielt. Zum Beispiel schuf sie den Soundtrack für den Kunstfilm „Drawing Restraint 9“.

Ihr Album „Post“ wurde zudem neu gestaltet und mit ungehörtem Audio-Material als Longplayer „Telegram“ auf den Markt gebracht. Dass ihr die Aktivistin im Blut steckt, beweist sie mit etlichen Spendenaktionen. Als 2004 die Tsunami-Katastrophe geschah, gründete Björk das Projekt „Army of Me-Xes“. Damit rief sie auf ihren Erfolgshit „Army of Me“ zu remixen um die Erlöse an UNICEF zu spenden.

Sie pflegt Beziehungen in die Kunstwelt und gestaltet sowohl Touren als auch Videos in Kooperation mit den vielfältigsten Köpfen unserer Zeit. Diese Innovationen machen ihre Werke stets unvorhersehbar und halten das Gesamtkunstwerk Björk am Leben.

Gerade ist Björk übrigens wieder auf Tournee und sie wird im November auch in Deutschland zu Gast sein. Die „Cornucopia“ Tour ist dabei eine Kombination aus den zwei neuesten Alben „Utopia“ und „Fossora“. Fans dürfen sich jetzt schon auf unvergessliche Shows freuen! ■ Text: Vivien Gröger

Bjork Debut Vinyl Cover

Björk – Debut – Tracklist

1. „Human Behaviour“

2. „Crying“

3. „Venus as a Boy“

4. „There’s More to Life Than This“

5. „Like Someone in Love“

6. „Big Time Sensuality“

7. „One Day“

8. „Aeroplane“

9. „Come to Me“

10. „Violently Happy“

11. „The Anchor Song“

Erscheinungsdatum: 5. Juli 1993

Label: One Little Indian / Elektra

Spielzeit: 48:26 Minuten

Formate: CD, LP, MC, Minidisc, Digital (Download, Streaming), DVD

Webseite: www.bjork.com

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Bildquellen:

  • Bjork_Debut_Vinyl_Cover: Auerbach Verlag
  • dqMRNJC3: Auerbach Verlag