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Album des Monats: Radiohead – OK Computer

Es gehört zweifelsohne zu den wichtigsten Musikalben der späten Neunziger Jahre und wird auch heute noch aufgrund seines Einflusses von Kritikern und Fans weltweit gefeiert: “OK Computer” von Radiohead. Am 21. Mai 1997, also vor ziemlich genau 25 Jahren ist die Platte erschienen. Dieser Meilenstein der Popgeschichte ist für uns das "Album des Monats" im Juni.

Die 1990er Jahre gelten als die Blütezeit des Britpop. Zu den ganz großen Namen zählen Blur, Oasis oder Radiohead. Besonders Letztgenannten gelang es die Geschichte der Rockmusik entscheidend zu beeinflussen. Radiohead, das sind Thom Yorke (Gesang, Rhythmusgitarre, Piano), Jonny Greenwood (Lead-Gitarre, Keyboard), Colin Greenwood (E-Bass, Keyboard), Ed O’Brien (Gitarre, Backgroundvocals) und Phil Selway (Schlagzeug, Backgroundvocals). In ihrem Gründungsjahr 1985 nannten sich die fünf Briten noch On a Friday (angeblich, weil sie immer nur an Freitagen probten).

Erst seit dem Titel „Radio Head“ von Talking Heads kennen wir die Gruppe unter ihrem heutigen Namen. Dieser Songtitel inspirierte die Gruppe um Thom Yorke zum Namen, mit dem sie sie ihre größten Erfolge feierten. Radiohead. Ganz ohne Zweifel markiert das Album, welches wir heute als Album des Monats vorstellen, einen Meilenstein in der Rock- und Popgeschichte. Unter Kritikern gibt es zu „OK Computer“ eigentlich keine zwei Meinungen.

Radiohead in Produktion

Der Weg dahin verlief allerdings etwas steinig. Denn schon der Produktionsprozess gestaltete sich mitunter sehr schwierig. Es kam zu Unterbrechungen und Schaffenspausen, um sich neu zu sortieren. Auch eine großzügige finanzielle Unterstützung vom Label Parlophone wurde dankbar angenommen, um das Projekt weiter zu finanzieren. Mit dem Soundspezialisten Nigel Godrich produzierten Radiohead zunächst den Song „Lucky“, der sich zwischen Glück und Leid wunderbar in das Album eingliedert. Danach verzettelte sich die Band in Details und vernachlässigte ihr Songwriting.

Währenddessen fanden Radiohead einen Ausweg in Liveaufnahmen. Aus dieser Phase kamen vier Titel auf das Album. Darunter fällt der überirdische Closer „The Tourist“. Im dramatischen Refrain des Songs dreht sich alles um die Entschleunigung des zu hektisch und zur Belastung gewordenen Alltags. Ein Thema, welches 25 Jahre später wohl nicht an Aktualität verloren hat. Auch „No Surprises“ beschäftigt sich mit gesellschaftlichen Verhältnissen und entstand ebenfalls auf den gemeinsamen Sessions.

Doch vor der Arbeit im Studio gingen Radiohead erstmal auf Tournee. Ganz nebenbei entstand dabei „Exit Music (For A Film)“ für die Schlussszene von Romeo & Julia. Der mystisch gespenstische Sound passt mit Thom Yorkes Falsett-Gesang unglaublich gut zum klassischen Drama. Das ist die pure Verzweiflung Julias über den Verlust ihres Geliebten. Mit Jonny Greenwoods am Keyboard können die Hörer ihre Ohnmacht förmlich greifen.

„Exit Music (For A Film)“ sollte tonangebend für das gesamte Album werden. Nicht verwunderlich also, dass die Briten nach ihrer Tournee im St. Catherines Court in Bath, einem düsteren Gewölbe aus der Antike, Gesangsspuren für ein Take aufnahmen. Obwohl die flirrenden Klänge Greenwoods eine mysteriöse Grundstimmung erzeugen, lebt die Platte nicht von einer durchgehenden Thematik. Deshalb ist „OK Computer“ allen Vermutungen zum Trotz auch kein Konzeptalbum.

Album des Monats: Radiohead – OK Computer Bandfoto 1997
Aufnahme von Radiohead aus dem Veröffentlichungsjahr von „OK Computer“, 1997. (Foto: Danny Clinch / Beggars Group)

In den Canned-Applause-Studios in Didcot spielte man schließlich die Tracks unter Livebedingungen ein und im Juni 1997 lag „OK Computer“ dann endlich in den CD-Regalen. Von einer Schallplatten-Renaissance war nämlich vor 25 Jahren noch wenig zu spüren, die Compact Disc dominierte die Verkäufe bei physischen Tonträgern. Musikalisch unterscheidet sich die Platte recht stark von ihren Vorgängern, die noch Britpop-Alben im klassischen Sinn waren. Jetzt setzten Radiohead mehr auf elektronische Effekte wie Filter und Rauschen. Die beiden nachfolgenden Alben „Kid A“ und „Amnesiac“ haben diesen Ansatz dann konsequent weiterentwickelt.

Die aus heutiger Sicht populärsten Songs sind wohl zweifelsohne „No Surprises“ und „Karma Police“. Das lässt sich relativ schnell anhand der Streaming-Statistiken erkennen. „Subterranean Homesick Alien“ und das an die Band vergangener Tage erinnernde „Electioneering“ verblassen dagegen etwas. Sie punkten allerdings bei intensiverer Auseinandersetzung mit ihrer Vielschichtigkeit.

OK Computer – Ein voller Erfolg

Für Radiohead war „OK Computer“ ein enormer Erfolg. Kommerziell befindet sich die Band rückblickend auf dem Höhepunkt ihres Schaffens. Auch wenn viele sicher noch auf radikalere Alben verweisen werden, ist „OK Computer“ doch einzigartig. Fans wie Kritiker schätzten die Platte sehr. Ende des Jahres 1997 erhielten Radiohead den Grammy für das „Best Alternative Music Album“. Sie konnten die Platte bis heute mehr als 5,5 Millionen Mal verkaufen. Eine Nominierung für das beste britische Album bei den Brit Awards 1998 sollte folgen, doch man musste sich The Verve (“Urban Hymns”) geschlagen geben.

„OK Computer“ leitete eine stilistische Verschiebung des britischen Rock weg vom Britpop hin zum melancholischen, atmosphärischen Alternative-Rock ein. Heute ist diese Art als Spielart des Indie-Rock weit verbreitet. Im Jahr 2014 wurde das Werk von der Library of Congress in das Nationalarchiv als „kulturell, historisch oder ästhetisch bedeutsam“ aufgenommen.

Viele Musikfans sind der Meinung, dass „OK Computer“ das beste Album der letzten 25 Jahre sei. Laut einer Umfrage der britischen Musikzeitschrift „Q“ veröffentlichten zwischen 1986 und 2011 kein Künstler oder keine Band eine herausragendere Platte. Auf Platz zwei landete „Nirvana“ mit „Nevermind“, dicht gefolgt von Oasis mit „Morning Glory?“ Ebenfalls in die Top 5 der besten Alben des letzten Vierteljahrhunderts schafften es Oasis mit „Definitely Maybe“ und die Arctic Monkeys mit „Whatever People Say I Am“.

Nur den Geschmack der Amerikaner trafen Radiohead kurioserweise seinerzeit nicht auf Anhieb. Ganz im Gegensatz zu den Briten, die ihr Herz sofort an das neue Album der Band aus Oxford verloren. In den USA gaben im Jahr 1997 andere Künstler den Ton an. Ihren Durchbruch über dem großen Teich feierten Radiohead erst mit dem weitaus progressiveren Nachfolger „Kid A“ (2000), der in den USA sogar besser ankam als in UK – wenn man sich an den Verkaufszahlen orientiert.

Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass „OK Computer“ auch heute noch in jede gut sortierte Vinylsammlung gehört. Ob zum 25. Jubiläum eine Neuauflage erscheint, ist uns bisher nicht zu Ohren gekommen. Anlässlich des 20. Jubiläums dieses Meisterwerkes erschien 2017 allerdings eine Wiederveröffentlichung unter dem Namen „OK Computer OKNOTOK 1997 2017“. Die Boxed Edition mit einer CD, drei Schallplatten, Hardcover-, Notiz- und Skizzenbuch und Kassette ist auch heute noch erhältlich und dürfte so ziemlich jeden Fan zufriedenstellen.

Sammler und Vinyl-Liebhaber sollten sich ganz klar auf die Schallplatte konzentrieren. Für alle anderen gibt es die Jubiläumsausgabe selbstverständlich auch als hochwertigen Download. Alle Formate beinhalten das Hauptalbum, B-Seiten und die drei unveröffentlichten Tracks „I Promise“, „Man Of War“ und „Lift“. Für eine Top-Soundqualität und Authentizität wurden sämtliche Songs von den originalen Analog-Tapes remastert.

Album des Monats: Radiohead – OK Computer Vinyl
OK Computer – für uns in der Redaktion immer wieder eine gern gehörte Platte mit Klangreferenz. Für die Original UK Pressung aus dem Jahr 1997 (Label: Parlophone) zahlt man im Schnitt 293 Euro (Quelle: Discogs). Wir geben uns auch mit der gut klingenden Nachpressung auf XL Recordings zufrieden.

Radiohead – OK Computer – Tracklist:

1. Airbag

2. Paranoid Android

3. Subterranean Homesick Alien

4. Exit Music (For A Film)

5. Let Down

6. Karma Police

7. Fitter Happier

8. Electioneering

9. Climbing Up The Walls

10. No Surprises

11. Lucky

12. The Tourist

Erscheinungsdatum: 21. Mai 1997 (Japan); 16. Juni 1997 (UK)

Label: Parlophone/EMI (UK); Capitol (USA)

Spielzeit: 53 Minuten

Formate: CD, LP, Kassette, Minidisc, UHQCD, Download, Streaming

Webseite: www.radiohead.com

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Bildquellen:

  • radiohead-ok-computer-band-photo-1997-02: Danny Clinch / Beggars Group
  • radiohead-ok-computer-vinyl: Auerbach Verlag
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