Test: Vincent KHV-200 Hybrid Kopfhörerverstärker (Tubeline)

Jede Generation seit der Genese der Elektroakustik hat ihren eigenen Sound. Diese individuellen Ästhetiken zu verbinden, ist durchaus nicht einfach. Dem Hybrid Kopfhörerverstärker KHV-200 von Vincent gelingt es.

Töne der Überzeitlichkeit

Vincent gilt landläufig als großer Experte für die Fertigung von Röhrenverstärkern, wobei man jedoch feststellen muss, dass er freilich auch bei Transistorenschaltungen auf langjährige Erfahrung zurückgreifen und entsprechende Kompetenzen aufrufen kann. Somit hat der Hersteller eben auch so einige Hybriden im Sortiment, zu denen unser Testmuster, der KHV-200, zählt. Maßgeblicher Impulsgeber bei der Entwicklung war dabei Diplom-Ingenieur Frank Blöhbaum, welcher bei Vincent immer wieder eine federführende Rolle einnimmt und darüber hinaus sogar diverse Patente hält.

Der Vincent KHV-200 ist also mit einer hybriden Schlatungstopologie versehen, sodass der Headphone-Amp neben den Transistoren auf zwei Pentoden vom Typ E180F und eine ECC82-Doppeltriode vertraut. Letztere ist dabei in einem abgeschirmten Kämmerchen untergebracht und kann hübsch ausgeleuchtet durch ein kreisrundes Guckfenster bestaunt werden – das Markenzeichen des Herstellers.

Der hybride Schaltungsaufbau des KHV-200 dient vor allem der flexiblen Anwendbarkeit des Verstärkers. Denn während Lautsprecher mit einer Impedanz von entweder 4 Ohm oder 8 Ohm recht überschaubare Anforderungen an die Ausgangsleistung eines Verstärkers haben, sieht das bei Kopfhörern schon ganz anders aus. Hier reicht das Spektrum von etwa 16 Ohm bis 600 Ohm! Einige Ausnahmen weisen sogar noch höhere Widerstände auf.

Der Vincent KHV-200 Kopfhörerverstärker gibt sich nicht zimperlich und sollte in der Lage sein, mit den meisten herkömmlichen Geräten umgehen zu können. In den zwei umschaltbaren Gain-Stufen kommt der Amp somit auf eine Nennleistung von -2,66 Dezibel (dB) im Low Gain und 13,64 dB im High Gain. Ausspielen kann die Endstufe das Signal entweder über eine 6,3-Millimeter-Klinkenbuchse oder sogar einen vierpoligen XLR-Ausgang. Außerdem verfügt der KHV-200 über einen dezidierten Pre-Out in Cinch-Format. Eingangsseitig lassen sich ebenfalls via Cinch zwei Kanäle bespielen.

Ein sehr klangstarkes Paar: Der Focal Celestee Over-Ear und der Vincent Kopfhörerverstärker KHV-200 ergeben wirklich ein kongeniales Duett.

Hervorzuheben ist außerdem die wirklich hochwertige Verarbeitung des Kopfhörerverstärkers, der in einem soliden Metallgehäuse in Silber oder Schwarz vertrieben wird. Die Drucktaster an der Front sind von ebenso ansprechender Haptik wie die beiden Drehwahlschalter für Balance und Lautstärke, die ob ihres schwerfälligen Drehmoments besonders einladend ausgestaltet sind.

Mit Feingefühl

Wir testen den KHV-200 von Vincent mit dem französischen Over-Ear-Fabrikat Celestee aus dem Hause Focal ( hier im Test). Den Anfang machen wir mit dem Italienischen Cantautore Paolo Conte. „Come Di“ ist unverkennbar durch flotte Gitarren- und Piano-Staccati, sowie die verspielt tänzelnden Besen auf den Drums.

Hier fällt gleich auf, mit wie viel Fingerspitzengefühl der Prüfling zu Werke geht. Sehr fein nuanciert kommen die zarten Transienten zur Geltung, während Walking Bass, Bläser und vor allem die Stimme des Großmeisters mit einer markanten analogen Wärme interpretiert werden. Die Bässe sind schön druckvoll, bleiben gleichzeitig jedoch schön akzentuiert und trennscharf. Dem Sound bleibt dabei stets genug Luft zum Atmen, nie wirkt das Klangbild gestutzt oder überladen.

Auch beim Album „Soundtracks: Dämonen“ von Apparat besteht dieser sehr gute erste Eindruck. So öffnet sich bei „Joel“ eine träumerische Klangwelt von wunderbarer Plastizität, sowie das führende Arpeggio von Drums und elegischen Synth-Partien kontextualisiert wird.

Bei hoher Lautstärke haben wir ab und an das Gefühl, dass der Verstärker doch etwas Kontrolle über die Ausformulierung der tieferen Bänder aus der Hand gibt, jedoch würden wir nicht soweit gehen zu sagen, es finge an zu dröhnen. Schließlich müssen wir ohnehin wieder in etwas umgänglichere Pegel zurückkehren.

Endgültig überzeugen kann uns der KHV-200 schließlich mit Beethovens „Pathetique“, gespielt von Arthur Rubinstein. Die Aufnahme – welche der Aufnahmequalität nach zu schließen, fünf Minuten nach Erfindung des Mikrofons entstand – strahlt umgehend einen solchen Zauber auf uns aus, den wir kaum zu beschreiben wissen.

Es scheint uns, als gingen wir auf eine Zeitreise, denn tatsächlich passt das Knistern und Rauschen auf der Aufnahme ganz wunderbar zur analogen Wärme des Amps. Ganz zu schweigen von Rubinsteins unvergleichlicher Interpretation dieser wunderschönen Sonate.

Webseite: www.vincent-tac.de

Ausstattung Vincent KHV-200

Allgemein
GeräteklasseKopfhörerverstärker
HerstellerVincent
ModellKHV-200
Preis (UVP)1.150 Euro
PreiskategorieOberklasse
Maße (B/H/T)21 × 8,5 × 27,7 cm
Gewicht3,6 kg
Informationenwww.vincent-tac.de
Technische Daten*
SchaltungHybrid
Eingänge2 x Stereo-Cinch
Ausgänge6,3 mm-Klinke, 4-Pol XLR, 1 × Cinch Stereo Pre Out, 1×Cinch Stereo Rec Out

*Herstellerangaben

Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 05/2022

▶ Lesen Sie hier: Test vom Vincent SV-700 Vollverstärker

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Test: Vincent KHV-200 Hybrid Kopfhörerverstärker (Tubeline)
Fazit
Der Transistor-Röhren-Hybrid KHV-200 bringt alles mit, was einen erstklassigen Kopfhörerverstärker ausmacht: Intelligente Schaltungstopologie, langlebige Verarbeitung und Mut zum Sound. Der Amp weiß sowohl uralte Aufnahmen ohne viel Low End, als auch hochmoderne und vollspektrale Titel mit Mut zu eigenem Sound zu interpretieren. Die unverkennbare Röhrenwärme ist jedes Mal ein Fest.
Wiedergabequalität
90
Ausstattung/Verarbeitung
70
Benutzerfreundlichkeit
90
Preis/Leistung
80
Leserwertung25 Bewertungen
52
Vorteile
toller Sound
sehr gute Verarbeitung
Nachteile
keine
85
Gesamtergebnis

Bildquellen:

  • : Auerbach Verlag