Pro-Ject A1

Test: Pro-Ject A1 (Automat) – Vollautomatischer Schallplattenspieler

Der erste Vollautomat von Pro-Ject wird von Analog-Fans natürlich mehr als sehnsüchtig erwartet und die Produkt-Ankündigung aus dem Februar schlug in der HiFi-Szene entsprechend hohe Wellen. Doch kann der Plattenspieler A1 die hohen Erwartungen erfüllen?

Pro-Ject Audio Systems hat nun wirklich mutige Anfangstage hinter sich. Immerhin gründete Heinz Lichtenegger im Jahre 1991 eine Firma, die sich dem Bau von Plattenspielern verschrieben hat. Wir wiederholen gern noch einmal die Jahreszahl: 1991! Das war die Zeit, in der nahezu jeder voraussagte, dass die Schallplatte bald stirbt und es in der Musikwelt nur noch CDs bzw. digitale Tonträger geben wird. Wie wir alle wissen war dies ein Irrtum. Das Vinyl führte zwar eine Weile ein Nischendasein, doch aus der Nische erwuchs eine kraftvolle Pflanze, die heute in vielerlei Zimmern Ableger hat. Mit verantwortlich für die Renaissance der Schallplatte ist sicherlich auch Pro-Ject Audio Systems. Die Österreicher bauen nämlich Plattenspieler, die analoges HiFi nicht zum unerschwinglichen Luxusgut machen, sondern hochwertigen Musikgenuss zum sehr fairen Preis für jedermann ermöglichen.

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Genau in diese Kerbe schlägt der Pro-Ject A1. Der erste vollautomatische Schallplattenspieler von Pro-Ject wurde im Februar 2022 vorgestellt. Die eingefleischten Vinylfreunde wissen wahrscheinlich bereits, dass die Produktion des A1 durch das relativ junge Joint-Venture der Audio Tuning Vertriebs GmbH aus Wien und der Alfred Fehrenbacher GmbH + Co KG aus St. Georgen im Schwarzwald bewerkstelligt wird. Die Schwarzwälder bauten ja bis September 2021 die originale Dual-Marke. Da es aber auch Dual-Schallplattenspieler aus Taiwan gibt, entschloss man sich umzusatteln und die Marke Dual fallenzulassen. Stattdessen wird jetzt die Marke Rekkord etabliert. Im Zuge der Kooperation wurde ebenfalls vereinbart, dass Alfred Fehrenbacher die neuen Pro-Ject Produkte der Automat-Serie herstellt und dazu gehört eben der A1. Somit ist der Vollautomat das beste Beispiel für eine deutsch-österreichische Kooperation. Wie die klingt? Wir finden es gleich heraus.

Pro-Ject A1 Anschlusskabel
Der Pro-Ject A1 wird mit einem fest montierten, halbsymmetrischen RCA-Kabel von hoher Qualität geliefert. Pluspunkt, da in dieser Preisklasse eher unüblich.

Aufbau des Pro-Ject A1

Unsere Stamm-Leserinnen und -Leser wissen sicherlich, dass der Aufbau und das Setup eines Plattenspielers selbst für erfahrene Analog-Hasen mit einigen Herausforderungen verbunden sein kann. Doch dieses Mal müssen wir kein Wort der Anstrengung über den Aufbau des Plattenspielers verlieren. Wir können uns den mühseligen Aufbau nämlich sparen. Plattenspieler aus der Verpackung nehmen, Staubschutzhaube aufstecken und fertig. Ja wirklich! Kein Riemenspannen, kein Aufsetzen des Plattentellers, kein Ausbalancieren des Tonarms, kein Einstellen der Auflagekraft und so weiter. Klar, für den wahren Vinyl- und Analog-Fan gehören eben diese Prozesse auch zum Ausleben der Leidenschaft Plattenspieler. Doch gerade wer einfach nur ganz zwanglos Schallplatten hören möchte wird sich über eine derart einfache Installation freuen. Und wir begrüßen dies ebenso.

Das Einzige, was wir beim Aufbau beachten müssen, ist der Anschluss des Pro-Ject A1 an den Verstärker. Der Pro-Ject besitzt nämlich einen internen Vorverstärker. Deshalb bitte mit dem AUX-Anschluss verbinden und nicht mit dem Phono-Eingang. Wer allerdings seinen eigenen Vorverstärker verwenden will, der kann den internen Phono-Vorverstärker am A1 deaktivieren. Dazu nehmen wir die Filzabdeckung vom Plattenteller und drehen eines der größeren Löcher so weit, dass ein winziger, grauer Schalter in silberner Fassung zu sehen ist. Diesen schalten wir um und der Phono-Vorverstärker ist deaktiviert. Übrigens hat der Pro-Ject A1 einen MM-Tonabnehmer verbaut. Es handelt sich dabei um den Ortofon OM 10. Ein wirklich guter Universal-Abnehmer, der in der Kombination mit dem super leichten Tonarm zu Höchstform aufläuft.

Pro-Ject A1 Schalter Phonovorstufe
Hier ist der Schalter unter dem Plattenteller zu sehen, mit dem der interne Phono-Preamp deaktiviert oder aktiviert werden kann.

Tonarm, Chassis, Plattenteller und Headshell

Zunächst ist der Pro-Ject A1 für einen Plattenspieler wirklich leicht. Er wiegt nur 5,6 Kilogramm. Dass das keineswegs etwas über seine Klangqualität aussagt, erläutern wir gleich. Kommen wir erstmal zum Holzchassis. Dieses wurde so konstruiert, dass es gerade ausreichend Platz für das gesamte Innenleben des Plattenspielers bietet. Unnötige Hohlräume werden damit vermieden. Da das Chassis im Verhältnis zum Volumen eine hohe Masse hat, reduzieren sich ungewollte Resonanzen.

Der Plattenteller besteht aus Aluminium und hat auf der Innenseite einen Dämpfungsring. Damit erhöht sich wiederrum sein Gewicht und Resonanzen werden reduziert. Zudem ist er hoch präzise gedreht und ausgewuchtet.

Der Aluminium-Tonarm misst 8,3-Zoll und ist ultraleicht. In Kombination mit dem Ortofon OM 10 Tonabnehmer kann das ganze System außergewöhnlich schnell agieren und soll damit Transienten und Mikrodynamik perfekt wiedergeben.

Die Headshell ist ebenfalls sehr leicht. Sie besteht aus kohlefaserverstärktem Polymer und ist extrem stabil und steif. Dank des Verbundmaterials ist die interne Dämpfung von Resonanzen bestens sichergestellt.

Pro-Ject A1 Steuerung
Beim Tonabnehmer des Pro-Ject A1 handelt es sich um einen Ortofon OM 10. Dieses kleine „Universalgenie“ läuft in Kombination mit dem superleichten Tonarm zu Höchstform auf.

Automatik

Nun stehen Automatik-Schallplattenspieler bei einigen Vinyl-Fans im Verdacht einer eher „wackeligen“ Wiedergabe. Begründet darin, dass diese mehr Teile verbaut haben, um die Automatik umzusetzen. Genau diese „Mehrteile“ sollen dann für ungewollte Vibrationen sorgen. Bei all unseren getesteten Automatik-Schallplattenspielern konnten wir einen derartigen Effekt allerdings noch nie feststellen. Die renommierten Plattenspieler-Hersteller scheinen also diesen negativen Einfluss der Automatik im Griff zu haben – sofern es diesen überhaupt gibt.

Pro-Ject geht beim A1 vollkommen auf Nummer sicher. Nach dem Absenken des Tonarms auf die Schallplatte wird die Automatik entkoppelt. Das bedeutet, die eigentliche Wiedergabe läuft identisch zum manuellen Schallplattenspieler. Somit ist rein mechanisch jeder negative Einfluss auf die Laufruhe ausgeschlossen.

Bedienung des Pro-Ject A1

Die Bedienung des A1 Vollautomaten von Pro-Ject ist ein Traum. Wir legen eine Schallplatte auf, ziehen den Hebel auf „Start“ und das war es auch schon. Der Rest läuft automatisch. Der Plattenteller beginnt zu rotieren, der Tonarm bewegt sich über die Einlaufrille der LP, senkt sich ab und die Wiedergabe startet. Am Ende der Schallplatte hebt sich der Tonarm, fährt zurück auf die Gabel und der Plattenteller stoppt die Rotation. Das ist gerade dann von Vorteil, wenn Mann oder Frau die Angewohnheit hat, beim Musikhören einzuschlafen. Soll ja vorkommen bei später Stunde, entspannter Jazz-Musik und einem Gläschen Wein. Bei einem manuellen Schallplattenspieler würde die Nadel am Ende der Wiedergabe munter auf der Auslaufrille tanzen und sich entsprechend abnutzen. Bei der Automatik passiert das nicht.

Neben der Langspielplatte mit 33 1/3 Umdrehungen pro Minute beherrscht der Pro-Ject A1 auch die Wiedergabe von Singles mit 45 Umdrehungen pro Minute (RPM). Hierbei fiel uns allerdings ein kleiner Kritikpunkt auf. Da Singles einen Durchmesser von 17,5 Zentimeter haben, statt den 30 Zentimetern einer LP, bewegt sich der Tonarm entsprechend weit auf den Plattenteller. Spielen wir allerdings eine 30 Zentimeter messende Schallplatte mit 45 RPM ab, dann geht der Tonarm in die Mitte der Schallplatte. Die Wiedergabe startet also nicht am Anfang. Maxi- und Remix-Platten haben nämlich meist ein LP-Format, werden aber mit 45 RPM abgespielt. Wenn wir solche Alben auflegen, müssen wir demnach den Tonarm manuell über den Anfang der Schallplatte bewegen. Oder wir starten die Wiedergabe mit 33 1/3 Umdrehungen und schalten dann auf 45 RPM um, wenn die Nadel sich auf die Platte gesenkt hat.

Eine Wiedergabe mit 78 RPM ist mit dem Pro-Ject A1 Plattenspieler nicht möglich. Was allerdings für die meisten Nutzerinnen kein Problem sein sollte, da diese Geschwindigkeit ohnehin nur für Schellack-Platten und Decelith-Schallplatten genutzt wird und zudem einen anderen Tonabnehmer bzw. Nadel erfordert.

Pro-Ject A1 Steuerung
Selbst absoluten Vinyl-Anfängern erschließt sich die Bedienung des Pro-Ject A1 mit dem ersten Blick.

Echte Laufruhe

Der Gleichlauf des Plattenspielers ist perfekt, auch wenn er ein ziemliches Leichtgewicht ist. Das tut der Laufruhe aber überhaupt keinen Abbruch. Plattenteller und Antrieb sind perfekt aufeinander abgestimmt. Wir hören kein Leiern oder andere Unstimmigkeiten. Zudem ist der Motor an sich praktisch nicht wahrzunehmen. Sind die Lautsprecher ausgeschaltet, hören wir nur die Nadel, welche gerade den Sound abnimmt. Das ist echt bemerkenswert für einen Schallplattenspieler, der gerade mal 400 Euro kostet.

Sound des Pro-Ject A1

Im ersten Durchgang testen wir den Pro-Ject A1 Plattenspieler ohne internen Vorverstärker. Wir nutzen stattdessen den Phono-Preamp unseres Rotel-Verstärkers. Und was wäre ein Plattenspielertest ohne Norah Jones’ Album „Come Away with Me“? Der Pro-Ject fährt die LP wirklich sehr weich ab. Bleibt dabei immer klar und detailliert. Es klingt voll und genau so, wie wir es von einem hochwertigen HiFi-Schallplattenspieler erwarten und kennen. Beim Album „Intervention“ von Lavine Hudson fasziniert uns der Originalklang. Will heißen: Es erschallt, wie die Alben in den späten 1980ern eben klangen – genial!

Richtig überrascht sind wir dann, als wir den internen Verstärker des Pro-Ject A1 Schallplattenspielers aktivieren und ihn mit dem CD-Eingang unseres Rotels verbinden. Das Klangbild wird feiner und noch detaillierter als vorher. Die Mitten sowie Höhen zeichnen sich weich und trotzdem naturgetreu ab. Der Bass ist kräftig und voll. Bei einigen, gerade sehr poppigen Titeln könnte er für unseren Geschmack an der ein oder anderen Stelle vielleicht noch etwas mehr bouncen. Aber das ist wie gesagt Geschmackssache und wir können hier auch mit dem Bass-Regler des Verstärkers nachhelfen.

Generell macht es aber riesigen Spaß jede Art von Musik, ob nun Jazz, Pop oder Klassik mit dem Pro-Ject A1 zu hören. Besonders, wenn wir Aufwand und Nutzen betrachten. Wir haben hier immerhin einen „nur“ 400 Euro teuren vollautomatischen Schallplattenspieler vor uns, bei dem wir uns wirklich nur noch um eine saubere und vernünftige Schallplatte kümmern müssen. Darüber hinaus macht er alles allein und das mit einer Klangqualität, die an dreimal so teure Geräte – ohne Automatik – erinnert. Da können wir eindeutig sagen, der A1 von Pro-Ject ist das best-klingende Beispiel für eine deutsch-österreichische Kooperation.

Preis und Verfügbarkeit

Der Pro-Ject A1 Plattenspieler kostet 400 Euro und ist bei den bekannten Fachhändlern erhältlich.

Webseite Hersteller: www.project-audio.com/de/produkt/a1/

Webseite Vertrieb: www.audiotra.de/plattenspieler/pro-ject-a1

Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 04/2022.

▶ Lesen Sie hier: Test: Pro-Ject Debut PRO Plattenspieler mit Pick it Pro Tonabnehmer

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Fazit
Den Pro-Ject A1 als Einstiegs-Plattenspieler zu bezeichnen, wäre höchst unfair. Denn „Einstieg“ klingt nach „ausreichend für Leute, die keine Ahnung haben“. Das ist bei dem A1 allerdings beileibe nicht der Fall. Es handelt sich um einen Vollautomaten mit perfektem Gleichlauf und hervorragendem Klang – besonders mit dem internen Phono-Vorverstärker. Er meistert alle Musikrichtungen spielend leicht und macht das Hören von Schallplatten zu einem wahren Vergnügen.
Wiedergabequalität
91
Ausstattung/Verarbeitung
93
Benutzerfreundlichkeit
100
Preis/Leistung
80
Leserwertung2 Bewertungen
81
Vorteile
Laufruhe und Detailtreue
hochwertiges Anschlusskabel verbaut
Höhen und Mitten sehr ausgewogen
Nachteile
Bass könnte bei sehr poppigen Titel gern kraftvoller sein
92
Pro-Ject A1

Bildquellen:

  • Pro-Ject A1 Anschlusskabel: Auerbach Verlag
  • Pro-Ject A1 Schalter Phonovorstufe: Auerbach Verlag
  • Pro-Ject A1: Auerbach Verlag