Audionet Watt Amplifier Verstaerker Test Review

Test Klassiker: Audionet WATT – High End Vollverstärker

Das Berliner Unternehmen Audionet versteht sich nicht als bloßer Hersteller von HiFi-Geräten. Der Anspruch lautet hier, mit wissenschaftlichen Grundlagen die Möglichkeiten der Physik auszureizen und alles aus der Musik herauszuholen. Dass die neue Scientist-Reihe, nach Ikonen der Elektrophysik benannt, darf man dabei gerne als selbstbewusstes Statement sehen. Wir blicken zurück auf dieses Verstärker-Highlight im Rahmen unserer beliebten „Test Klassiker“ Rubrik.

Anmerkung: Dieser Testbericht erschien bereits im Jahr 2018 in AUDIO TEST Ausgabe 05/2018.

Was soll da noch kommen?

Die Namen André-Marie Ampere, Max Planck, Werner Karl Heisenberg und James Watt sind Ihnen bestimmt ein Begriff. Diese vier Physiker ebneten in ihrer Zeit durch bahnbrechende Entdeckungen den Weg ins Technologiezeitalter, ja sogar in die digitalisierte Welt der Gegenwart.

Von uns im Jahr 2018 als selbstverständlich angesehene Technologien wären ohne diese vier genialen Erfinder nicht denkbar, auch HiFi-Elektronik gäbe es in der uns heute bekannten Form wohl kaum. Dass das Berliner Unternehmen Audionet gleich vier seiner Geräte, nämlich die Scientist-Serie, nach diesen Persönlichkeiten benennt, ist daher zweifelsfrei zu allererst als Hommage zu verstehen.

Es zeugt allerdings auch von einem gewissen Selbstverständnis, einem hohen Anspruch an die eigene Arbeit. Und diesen hohen Anspruch hat Thomas Gessler auch an die Firma Audionet, welche er vor nunmehr zwanzig Jahren ins Leben rief. Sich stets selbst übertreffen, HiFi-Elektronik ständig neu denken und durch das Zusammenbringen von Musikalität und Wissenschaft immer wieder neue Maßstäbe setzen – das sind die Motoren des Unternehmens.

Audionet Scientist Serie

In Ausgabe 02/18 der AUDIO TEST konnten wir das besten Gewissens unterschreiben. In unserer Redaktion war damals der Stereovollverstärker Audionet SAM zu Gast. Abgesehen von seiner immensen Musikalität begeisterte uns das Gerät vor allem wegen seines überaus raffiniert konzipierten und sehr penibel umgesetzten Schaltungsaufbaus.

Die Auswahl der verwendeten Bauteile und deren sorgfältige Verarbeitung waren beinahe pedantisch darauf ausgelegt, dem Signal ein möglichst störungsfreies und hocheffizientes Arbeitsumfeld zu schaffen. Für die aktuelle Ausgabe stellte uns Audionet ein Mitglied seiner Scientist-Reihe zur Verfügung, bei welchem dem Hersteller nach eigener Aussage im Vergleich zum SAM ein Quantensprung gelungen sein will.

Audionet WATT Test Stereo-Vollverstärker
Durch das Lüftungsgitter der Verstärkers leuchten rote LEDs, welche auf dem Motherboard des WATT verbaut wurden. Optisch erhält der WATT dadurch eine Nuance Analogcharme.

Erinnern wir uns an das erstklassige Testergebnis das Klangboliden SAM, so erscheint uns das doch nur schwerlich überhaupt möglich. Doch jetzt steht er da – Audionets Stereovollverstärker WATT, der nun darauf wartet, genaustens von uns inspiziert zu werden.

Audionet WATT

Die Gestaltung des WATT spricht ganz klar Audionets Formsprache. Das Gehäuse aus gebürstetem Aluminium in hellbronze kommt ohne Schnörkel aus, Schraubfixierungen sind auf den ersten Blick nicht zu entdecken.

Das Frontpanel wird dominiert von einem schlichten LCD-Display und einem darunter zentriert angeordneten Drehregler. Eine Status-LED und vier Druckschalter sind außerdem an der Vorderseite angebracht, des weiteren finden wir dort lediglich den Firmenschriftzug und den Gerätenamen eingraviert.

An der Rückseite befindet sich das fast schon monolithisch verarbeitete Anschlussterminal. Neben den Lautsprecher-Buchsen zählen wir hier lediglich vier Eingänge, was wir völlig ausreichend finden. Für Phonoliebhaber ist ein Input vorgesehen, obendrauf gibt es zwei Eingänge für Stereo-Cinch und einen Stereo XLR-Anschluss.

Audionet WATT Test Stereo-Vollverstärker
Auf Qualität statt Quantität bedachte sich Audionet bei der Ausstattung des Anschlussterminals des WATT. Bi-Wiring ist durch den Verstärker nicht möglich, aber allzu oft findet diese Konfiguration sowieso keine Verwendung beim Endverbraucher.

Die Polklemmen der Lautsprecheranschlüsse kommen übrigens von Furutech, einer in Tokyo ansässigen High-End-Werkstatt. Mittig montierte Audionet einen 6,3 mm Kopfhörer-Ausgang und den Netzanschluss. Dessen zentrale Lage ist etwas ungewöhnlich aber im Hinblick auf den symmetrischen Schaltungsaufbau im Innern einfach mal eine gute Idee.

Blick ins Innere

Den wollen wir uns natürlich auch vor Augen führen. Dazu müssen wir jedoch erst den geschlitzten Gehäusedeckel abnehmen. Dieser hat eine Stärke von satten sechs Millimetern, Front- und Rearpanel sind sogar zwölf Millimeter dick. Wenn das mal keine sorgfältige Abschirmung ist…

Auch bei einem Blick auf das Interieur selbst kann man den Berlinern höchste Sorgfalt attestieren. Die Schaltung des Audionet WATT unterliegt einer überaus streng ausgeführten Doppel-Mono-Architektur. Kurze Signalwege dominieren das Bild, wobei die Innenverkabelung durchweg aus golddotiertem Reinstsilber gefertigt ist.

Anzumerken ist darüber hinaus, dass man dem WATT im Vergleich zum SAM neu konzipierte Vor- und Endstufenmodule gönnte, welche die maximale Ausgangsleistung von 568 (!) Watt gewährleisten. Eine große Anzahl WIMA-Kondensatoren dominierte jedoch bereits bei SAM die Innenansicht. Die zur kraftvollen Verstärkung benötigte Energie bezieht unser aktueller Prüfling von zwei gekapselten Ringkerntrafos, die mit jeweils 700 Voltampere allemal ausreichend Energie zur Verfügung stellen sollten.

Analog- und Digitalsektion des Verstärkers werden übrigens getrennt voneinander mit Strom versorgt, sodass es auch hier nicht zu Interferenzen kommen kann.

Janz WATT feines…

…würde man in Berlin, dem Heimatort von Audionet wohl sagen. „Waking Up…“ heißt es derweil auf dem LCD-Display, sowie wir den Verstärker einschalten. Dabei leuchtet ein roter Schimmer aus den Lüftungsschlitzen des Gehäusedeckels. Dieser soll wohl etwas an den urig analogen Charme von Röhren erinnern.

Verbunden haben wir das Gerät zum einen mit dem CXN Silver Netzwerkplayer von Cambridge Audio als Zuspieler und zum anderen mit einem Paar Contour 30 aus dem Hause Dynaudio. „Kashmir“ heißt der Song, welcher nun herausfinden soll, was Audionets neuer Stereovollverstärker WATT so unter der Haube hat.

Beim Aufdrehen der Lautstärke kommen wir erstmals in den wahren Genuss des Drehschalters, welcher beim Audionet WATT Verstärker übrigens nicht nur das Volumen, sondern auch die Menüsteuerung bewerkstelligt. Und das möchte man am liebsten den ganzen Tag lang tun, denn haptisch haben wir so etwas wirklich noch nicht erlebt.

Audionet WATT Test Stereo-Vollverstärker
Auch die massive Fernbedienung zeugt von hoher Wertigkeit.

Über eine Magnetrastung arbeitet der Drehschalter sehr präzise und federt bei jeder Justierung minimal nach, als gebe er eine feinmotorische Rückmeldung an den Benutzer. Herrlich! Daher fühlen wir uns fast genötigt, das haptische Vergnügen gleich etwas auszureizen und fahren die Bude gleich in die Vollen auf.

Volle Leistung: Mit dem Watt im Klangtest

Jedoch wird schnell klar, dass der WATT mehr Leistung zu bringen vermag, als wir ohne Gehörschutz zu ertragen in der Lage sind. Als stünden wir direkt vor der Bühne, schmettert uns dieser Klassiker der Rock-Historie entgegen. Laut und muskulös, aber dennoch transparent und räumlich klar differenziert. Druckvoll geben die Drums ein stoisches Fundament, die leger, fast kaltschnäuzige Gitarre gibt sich wunderbar im Duett mit den Streichern.

Dabei erweist sich der Audionet Vollverstärker als ungemein impulsstark, Robert Plants unverkennbare Röhre knallt in der Bridge immer wieder in voller Inbrunst in den Mix. Genau so sind die Akzentuierungen des weltberühmten Themas meisterlich dargestellt, selten bringt ein Verstärker so feine dynamische Abstufungen auf die Bühne.

Es wird jazziger

Machen wir jedoch weiter mit etwas zurückhaltenderem. „Don’t Know Why“ von Norah Jones, dem Liebling so vieler HiFi-Präsentationen soll es sein. Dieser Titel lebt von Details. Von Timbre und Emotionalität. Bei der mit Besen gespielten Snare hat der Audionet WATT pro Schlag unzählige feine Ausschläge zu übersetzen. Meist klingt das schlicht nach weißem Rauschen.

Der WATT schafft es jedoch, dieses akustische Granulat mit sehr viel Feingefühl zu transportieren. Als könnte man die einzelnen Borsten des Besens zählen. Auch die subtilen Rolls erklingen sauber unterscheidbar und liebevoll. Widmen wir uns der Stimme von Mrs. Jones, so wissen wir einmal mehr, warum sie auf jeder Messe immer wieder zu hören ist.

Ihre Stimme zu reproduzieren ist eine Aufgabe, welche jedes HiFi-System zu bewerkstelligen weiß. Aber das feine Timbre ihres Gesangs originalgetreu zu übersetzen, mit genau diesem authentischen zarten Hauch, ist nicht gar nicht so einfach.

Ein Vorzeigeverstärker

Hat man es mit einer Gerätekette von Top-Qualität zu tun, so kann man diese auch mal mit dieser Kompetenz angeben lassen, sich zurücklehnen und genießen. Und genau das tun wir gerade mit größtem Vergnügen. Denn Audionets Vorzeigeverstärker WATT weiß genau, was zu tun ist, um ein wirklich großartiges Hörerlebnis zu bereiten.

Glückwunsch an Thomas Gessler und sein Team, welchem es gelungen ist, die Messlatte noch ein kleines Stück höher zu hängen. Vielleicht kein Quantensprung, schließlich ist der SAM schon eine Klasse für sich aber doch eben eine andere Liga.

Audionet WATT Test Stereo-Vollverstärker

Preis und Verfügbarkeit

Den Audionet WATT Stereovollverstärker gibt es zum Preis von 12.500 Euro (UVP – Stand: 2018) im Fachhandel oder direkt auf Anfrage bei Audioent zu kaufen. Farbausführungen: Classic (silber) oder Ultra (hellbronze).

Webseite: www.audionet.de/maschinen/watt

Ausstattung

Allgemein
GeräteklasseStereovollverstärker
HerstellerAudionet
ModellWATT
Preis (UVP)12.500 Euro
KategorieLuxusklasse
Maße (B/H/T)43 x 13 x 45 cm
Gewicht25 kg
Informationenwww.audionet.de
Technische Daten*
SchaltungTransistor
Leistung lt. Hersteller568 W
Stromversorgungk.A.
Eingänge3 x Cinch, 1 x XLR
AusgängeStereo Bananenstecker

*Herstellerangaben

▶ Lesen Sie hier: Test Klassiker: AVM Ovation PA8 Vorverstärker & AVM Ovation SA8.2 Stereo-Endstufe

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Fazit
Was soll man da noch sagen... Audionets neuer Stereovollverstärker WATT ist ganz klar ein Gerät der Superlative. Nicht nur elektrotechnisch sondergleichen verarbeitet, sondern auch musikalisch ein Gerät von höchster Güte. Man merkt ganz klar, dass hier jeder konzeptionellen und baulichen Entscheidung präzise Berechnungen zugrunde liegen, nichts dem Zufall überlassen wurde. Zwar ist der Verstärker mit einem Marktwert von stolzen 12.500 Euro ganz klar ein High End Luxusgerät. Aber wer wirklich das Bestmögliche aus seiner Musik rausholen möchte, wird es nicht bereuen, auf den WATT von Audionet gespart zu haben.
Wiedergabequalität
100
Ausstattung/Verarbeitung
99
Benutzerfreundlichkeit
99
Preis/Leistung
90
Leserwertung201 Bewertungen
11
Vorteile
sehr massives Gehäuse ohne sichtbare Schraubenfixierung
konse­quenter Doppel-Mono-Aufbau
ausgezeichneter Klang
Nachteile
keine
99
Gesamtergebnis

Bildquellen:

  • Audionet_Watt_Amplifier_Verstaerker_Test_Review_01: Auerbach Verlag (alle)