Test: Transrotor Bellini – High End Schallplattenspieler

Nach dem Strato Nero dürfen wir endlich wieder einen Transrotor in unserer Redaktion begrüßen. Der Transrotor Bellini wurde zur diesjährigen HIGH END vorgestellt und weiß Tradition und Moderne zu verbinden.

Transzendenz des Hörens II

Transformation, Transparenz, Transport – die lateinische Vorsilbe „Trans“ bedeutet zu deutsch so viel wie „über“ oder „durch“ und markiert stets Prozesse und Zustandsveränderungen, wobei etwa Transzendenz sogar mit Übernatürlichkeit konnotiert ist. Auf ihre Weise übernatürlich sind hingegen auch die Transsibirische Eisenbahn oder der Transatlantikflug historisch repräsentativ für technologisch bahnbrechende Grenzgänge. Meilensteine unserer Zivilisation, bei denen es dem Menschen gelang, weit über seine naturgegebenen Fähigkeiten hinauszuwachsen und das vermeintlich Unmögliche Wirklichkeit werden zu lassen. Wenn wir dieses lexikalische Assoziationsspiel nun in Richtung unseres Fachgebiets engführen, landen wir schnell bei einem Unternehmen, dessen Kreationen sich problemlos ebenso mit den eben gefundenen Attributen beschreiben lassen: Transrotor.

Die Plattenspieler der Edelschmiede aus Bergisch Gladbach haben allein ob ihrer musikalischen Berufung stets etwas Prozesshaftes, etwas Wesensveränderndes. Echte Vinyl-Passionisten werden sofort unterschreiben, dass die Performance eines Transrotor-Systems auch immer etwas Übernatürliches innewohnt, zumal gute Musik an sich ja ab und an schon nicht von dieser Welt zu sein scheint oder uns zumindest für eine Weile die Welt vergessen lassen kann. Und dass Transrotor wie kaum ein anderer Hersteller hochfideler Phono-Laufwerke zur technologischen Avantgarde zu zählen ist, steht ja wohl ohnehin außer Frage. Bei LikeHiFi.de haben die Phono-Experten von Transrotor ihre beinahe konkurrenzlosen Kompetenzen bereits einige Male unter Beweis gestellt und in keinem der bisher absolvierten Tests ein Endergebnis von weniger als 92 Prozent eingefahren.

Test: Transrotor Bellini
An der Tonarmbasis des Bellini lassen sich nicht nur Gegengewicht und Tonarmhöhe, sondern auch das Anti-Skating wird im Lager selbst magnetisch bewerkstelligt

Werdegang des Jochen Räke

Doch wer hinter Transrotor, einem Unternehmen, das so einige Global Big Player mühelos an die Wand spielt, einen großen Konzern im Gewerbegebiet am Stadtrand vermutet, der irrt. Vielmehr entspricht das Firmenanwesen Transrotors der beschaulichen Manier eines klassischen Familienunternehmens mit überschaubaren Fertigungsstätten auf demselben Gelände des Privatwohnsitzes von Familie Räke.

Jochen Räke, der Transrotor seinerzeit aus der Taufe hob, befindet sich dieser Tage selbst gewissermaßen in einer Art Transformation, da er in einigen Jahren den wohlverdienten Ruhestand antreten und die Geschäfte vollends an seinen Sohn Dirk übertragen wird. Dabei blickt Räke Senior allerdings auch auf eine lange und abwechslungsreiche Laufbahn zurück, auf der ihm auch das eine oder andere mal Fortuna zur Seite stand.

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Zunächst machte Jochen Räke, der schon früh eine Affinität für Funktechnologie hegte, auf Geheiß der Eltern eine Ausbildung zum Landmaschinenbauer. Eine Tätigkeit, die, wenn überhaupt, nur mäßig seiner Leidenschaft entsprach. Jedoch lernte er hier das Technische Zeichnen, später eine unverzichtbare Fähigkeit. Seine eigentlichen Vorlieben konnte er anschließend ausleben, als er nach der Grundausbildung des Wehrdienstes beim Bund eine Fortbildung zum Funker spendiert bekam. Hinzu kam, dass er, in jener Zeit in Münster stationiert, regelmäßige Ausflüge ins Hamburger Nachtleben seine große Leidenschaft für Musik entfachten. Live-Musik so viel das Herz begehrt – das war das Hamburg der 1960er Jahre. Die Erfahrungen, die er unter anderem im legendären „Star-Club“ sammelte, motivierten ihn, anschließend an die Zeit bei der Bundeswehr beim britischen PA-Hersteller Goodman anzuheuern. Dort wusste er bald, dank seines Talents, auf kreative Weise feine Optimierungen vorzunehmen und sich das Vertrauen von Vorgesetzten und Kundschaft zu erarbeiten.

Dennoch folgten zunächst Anstellungen in der HiFi-Abteilung eines Kölner Karstadts sowie einem Münchner Fachgeschäft. Aufregende Zeiten, wie Räke sagt. Durchaus nachvollziehbar, waren doch die späten 1960er Jahre die aufkeimende Blütezeit des HiFi. Auch bei Goodman nordete man sich auf den neu aufstrebenden Markt ein, übernahm einige Vertriebskunden und holte schließlich Jochen Räke zurück ins Boot. Dieser verkaufte nun als deutscher Vertriebsleiter mit dem Mitchell Transcriptor seinen ersten Schallplattenspieler. Auch hier durfte der leidenschaftliche Tüftler mit dem Einverständnis des Herstellers einige Optimierungen vornehmen, welche Mitchell aufgrund der großen positiven Resonanz schon bald in die Serienfertigung übernahm.

Schließlich sah sich Räke 1976 motiviert, die Marke Transrotor, eine Namensvariation des Transcriptor, aus der Taufe zu heben. Dabei genoss er weiterhin das Vertrauen der Briten, von denen er weiterhin sowohl mechanische als auch elektronische Komponenten bezog. Gehäuse und Chassis hingegen wurden seinen Vorstellungen und Wünschen entsprechend in Köln gefertigt. Der Beginn einer unvergleichlichen Erfolgsgeschichte, die auch die große „Vinyldepression“ mit aufkommen der CD in den 1980er Jahren überstehen sollte.

Test: Transrotor Bellini
Ein schwerer Drehwahlschalter an der Frontseite des Netzteils lässt zwischen den bei- den Rotationsgeschwindigkeiten umschalten. Entsprechend leutchten Dioden auf

Transrotor Bellini

Auf der vergangenen HIGH END trafen wir schließlich Jochen Räkes Sohn Dirk, welcher mittlerweile federführend die Geschicke Transrotors leitet. Dieser hatte unter anderem den neuen Protagonisten des Plattenspieler-Produktprogramms im Gepäck, welcher just erst dieser Tage in den Handel kam: der Transrotor Bellini. Freilich klingeln den meisten Deutschen erstmal die Ohren, sobald etwas italienisch klingt. Woher genau der neue High-Ender seinen Namen hat, lässt Transrotor dabei bisher noch nicht durchblicken. Eine Reminiszenz an den Fußballspieler Hilderaldo Bellini, welcher als erster brasilianischer Mannschaftskapitän 1958 den Coupe Jules Rimet in die Luft strecken durfte? Oder geht es um den süßen Cocktail aus Prosecco und püriertem Pfirsich? Oder ist es am Ende gar eine Hommage an die Girlband der späten Neunziger, die es tatsächlich auch in den letzten Jahren immer mal wieder versuchten?

Wir sind bei derlei Namensvettern eher skeptisch und vermuten, dass sich Transrotor beim Namen eher am berühmten italienischen Opernkomponisten Vincenzo Bellini orientierte. Zumal der Produktname durch seinen italophonen Sprachklang auch unweigerlich an Schönheit erinnert. Und die ist auch bei diesem Laufwerk von Transrotor inbegriffen. Der Bellini kommt, im Direktvergleich mit anderen Vertretern der jüngeren Generationen, mit einer beinahe konventionellen Formensprache daher. So erinnert der Bellini mit seiner rechteckigen und scharfkantigen Zarge zunächst optisch an Transrotors Bestseller Classic. Die Basisplatte ist dabei aus Acrylglas gefertigt und wird von drei massiven hochpolierten Säulen getragen. Hinten links findet in einer Aussparung der solitäre Motor Platz, welcher seinerseits unter einer Abdeckung verschwindet. Ihm gegenüber ist traditionell die Tonarmbasis verbaut, auf welcher in der Ausführung unseres Testmusters der hauseigene TRA 9 Tonarm samt Figaro Moving Coil-Tonabnehmer fußt. Inklusive der schlichten, aber hochwertig verarbeiteten Abdeckhaube kommt der Transrotor Bellini so auf einen Marktwert von 15000 Euro.

Ausstattung

Die Zarge ist mit einem magnetisch entkoppelten Tellerlager ausgestattet, welches dem Laufwerk den Beinamen TMD verleiht. Die magnetische Entkoppelung ist dabei ein raffinierter Trick, um unvermeidbaren Gleichlaufschwankungen des Antriebs entgegenzuwirken. Denn durch die Entkopplung bekommt das eigentliche Tellerlager etwas Spiel, welches leichte Ungleichmäßigkeiten kontert. Auf diesem TMD-Lager ruht der mit neun Kilogramm schwere Plattenteller aus Aluminium und zusätzlicher resonanzarmer Kunststoffeinlage. Angetrieben wird dieser via Kunststoffriemen vom bereits erwähnten Motorblock. Dieser wird wiederum von Transrotors Netzteil Konstant M1 Reference mit Strom versorgt.

Der für ein Netzteil verheißungsvoll gestaltete Block aus Aluminium ist mit dicken Kühlrippen versehen und verfügt am Frontpanel über einen schweren Drehwahlschalter, über welchen sich die Rotationsgeschwindigkeit des Bellini festlegen lässt. Für die Feinmotorik zeichnet sich bei unserem Testmuster der legendäre Tonarm TRA 9 aus Transrotors eigener Fertigung verantwortlich. Dieser ist bei uns aus einer verchromten Aluminiumlegierung gefertigt, wobei das Tonarmrohr tatsächlich aus zwei ineinandergeschobenen Rohren besteht. Die Höhenverstellung ist dabei genauso an der Tonarmbasis fein justierbar wie das magnetische Antiskating. Je nach Systemgewicht fungieren außerdem austauschbare Messingteile als Gegengewicht. Die Verkabelung ist ebenfalls von höchster Materialgüte, denn hier kommt Reinsilber zum Einsatz. Namentlich sind das Kabel vom Typ Seven Stream aus dem Hause van den Hul. Unser Testmuster arbeitet mit Cinch-Anschlüssen, wobei der TRA 9 übrigens auch mit XLR-Ausstattung erhältlich ist.

Der werksseitig vorinstallierte MC Figaro ist als Low Output-MC im Magnesium-Korpus konstruiert. Bei ihm kommt eine Diamantnadel mit dem so genannten Vital-Line-Schliff zum Einsatz, für welche der Hersteller eine Auflagekraft von 1,5 bis 2 g empfiehlt.

Test: Transrotor Bellini
Von Werk aus erreicht uns der Transrotor Bellini mit dem TRA9 Tonarm, welcher sei- nerseits mit dem Figaro MC ausgestattet ist

High End

Wir testen den Transrotor Bellini im Zusammenspiel mit dem Phono-Vorverstärker Aria MK3 von Rega, dem Audionet WATT Vollverstärker und einem Paar Bowers & Wilkins 805 D4 Signature Kompaktlautsprecher. Die Berichte zu Vorstufe und Lautsprechern können Sie übrigens auch in diesem Heft nachschlagen.

Musikalisch widmen wir uns zuerst unserer absoluten Referenzscheibe für Plattenspielertests: „Spirit of Eden“ von Talk Talk. Die anspruchsvolle Kombination aus nuancenreichen Timbres, Mikrodynamiken und räumlicher Staffelung ist auf diesem Album schlichtweg genial realisiert worden. Und freilich ist Transrotors Bellini hier ein kongenialer Spielpartner. Nicht das noch so kleinste Detail bleibt hier in den Rillen verborgen. Wir hören das sanfte Zittern in den Bläsern, das feine Strumming der Gitarren, wir hören förmlich jedes einzelne Körnchen im Shaker.

Die Wessex Studios, in denen nicht nur Talk Talk, sondern unter anderen auch Queen, King Crimson, Pete Townsend und Tina Turner arbeiteten, wird vom Transrotor bis auf die letzte Ecke in unseren Hörraum übersetzt. Der erste Titel der B-Seite „Inheritance“ startet mit geraden Achteln auf dem Ride, mit Besen gespielt. Mit welcher Brillanz der Transrotor nicht nur das Blech selbst, sondern vor allem auch die feinen Transienten des Anschlags sowie der Hallfahne übersetzt, ist wirklich übernatürlich, transzendent eben. Die schillernde Hammond B3 fügt sich da nicht ein, sondern scheint einfach oberhalb der Becken Platz zu nehmen. Genau so wie die Stimme Mark Hollis. Alles scheint auf diesem Ride-Becken zu sitzen wie auf einem fliegenden Teppich.

Auch beim deutlich zeitgenössischer produzierten „Goliath“ von Woodkid macht der Transrotor einen phänomenalen Eindruck. Die gesamte Schwere des Pathos, welche Woodkid gern monumentalen Besetzungen und apokalyptisch treibenden Rhythmen anlegt, wird vom Bellini mit größter Sorgfalt transportiert. Die Bässe sind satt, aber nicht zu dominant. Der Subbassanteil der Bass Drumm sorgt somit für den perfekten Punch, ohne etwa Synthbass und Bläser zu maskieren.

Transrotor hat es schon wieder getan. Der Bellini ist ein weiteres Referenzmodell der Extraklasse, welches der Hersteller sich zwar einiges kosten lässt, doch dafür ist eine Anlage in Transrotor-Technik auch eine Anlage fürs Leben. Denn selbst nach dreißig Jahren kann man in Bergisch Gladbach noch Laufwerke des Herstellers überholen lassen.

Bellini: Preis und Verfügbarkeit

Den Transrotor Bellini Schallplattenspieler gibt es in der Komplettausführung (inkl. TRA 9 Tonarm, Tonabnehmer MC Figaro und Konstant FMD Netzteil) zum Preis von 15.000 Euro Euro (UVP) im autorisierten HiFi-Fachhandel zu kaufen.

Webseite: www.transrotor.de

Ausstattung Transrotor Bellini

Allgemein
GeräteklassePlattenspieler
HerstellerTransrotor
ModellBellini
Preis (UVP)15.000 Euro
PreiskategorieLuxusklasse
Maße (B/H/T)46 x 16 x 40 cm
Gewicht14 kg
Informationenwww.transrotor.de
Technische Daten*
Tonabnehmer montiertFigaro MC
Motorseparate Motoreinheit
AntriebRiemen
Steuerung manuell

*Herstellerangaben

Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 07/2023

▶ Lesen Sie hier: Test vom Transrotor Strato Nero Plattenspieler

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Fazit
Der Transrotor Bellini ist ohne Frage ein absolutes Exzellenzmodell der Platten- spielerfertiung. Optisch kommt das Lauf- werk in traditionellem Design daher und wird dennoch durch modernste, techni- sche Raffinessen wie TMD-Laufwerk und konzentrischen Tonarmrohren dem Zeit- geist gerecht. Klanglich reißt der Bellini so einige Messlatten. Herausragendes Timing, spektrales Feingefühl und eine überragende räumliche Natürlichkeit sorgen hier für höchsten Vinyl-Genuss.
Wiedergabequalität
98
Ausstattung/Verarbeitung
100
Benutzerfreundlichkeit
100
Preis/Leistung
80
Leserwertung0 Bewertungen
0
Vorteile
extrem plastischer Sound
bestmögliche Verarbeitung
Nachteile
keine
97
Gesamtergebnis