Ritueller Sommerregen
Ab einem gewissen Umfang einer Plattensammlung wird die Pflege des schwarzen Goldes für viele Liebhaber nicht nur interessant, sondern im Sinne des Kulturerhalts für nachkommende Generationen natürlich auch notwendig.
Die gekauften Schätze in der originalen, eingeschweißten Verpackung zu belassen, kommt einfach für die wenigsten in Frage, denn so wäre – abgesehen vom Werterhalt – der Sinn einer akustischen Information verloren. Und da Vinyl ein elektromechanisches Verfahren darstellt, welches sich nicht im Vakuum, sondern in mehr oder minder Feinstaub belasteten Wohnzimmern stattfindet, sind antistatische Bürsten und Tücher nur der Anfang. Selten werden die Scheiben mit Handschuhen angefasst, wenngleich den meisten Hörern bewusst ist, dass man die Oberfläche möglichst nicht mit den blanken Händen berühren sollte. Welche Vorkehrungen auch immer getroffen werden, irgendwann ist eine genutzte Schallplatte der Realität ausgesetzt und demnach schmutzig, fettig, staubig. Kein Wunder also, dass es genau für diesen Fall einige Reinigungsmethoden am Markt gibt, die sich wachsender Beliebtheit erfreuen. Eine davon möchten wir genauer vorstellen. Es handelt sich dabei um die halbautomatische Schallplattenwaschanlage RCM der Marke Watson’s. RCM steht dabei für Record Cleaning Machine. Halbautmatisch deshalb, weil die mitgelieferte Reinigungsflüssigkeit händisch auf die Platte aufgetragen und aufgebürstet wird. Das, was automatisch abläuft, ist das Drehen der Schallplatte und das Absaugen durch den gefederten Nasssauger. Die Reinigung einer Schallplatte wird dadurch nicht zu einem Kinderspiel, aber mit etwas Übung zu einem wirklich ergebnisorientierten Ritual, dass es sich zu zelebrieren lohnt.
Das Ritual
Zuerst wird die zu reinigende Platte auf den Plattenteller gelegt und mit dem Schraubverschluss darauf fixiert. Dieser hält nicht nur das Vinyl auf Position, sondern schützt darüber hinaus auch das Label vor der Feuchtigkeit. Im Lieferumfang enthalten sind, neben der eigentlichen Maschine und einer Bedienungsanleitung, ein Reinigungskonzentrat und eine Reinigungsbürste. Das Konzentrat müssen wir zunächst mit destilliertem Wasser verdünnen. Ein Liter destilliertes Wasser kostet wenige Euro und ist zum Beispiel an Tankstellen oder im Baumarkt erhältlich. Über einen Kippschalter versetzen wir den Teller in Bewegung. Nun können wir die Reinigungslösung auftragen. Anschließend verstreichen wir die Reinigungslösung mit der Bürste gleichmäßig über der Platte. Wir gönnen der Reinigungsflüssigkeit einen Moment um zu wirken. Dabei werden Staub, Fett und Schmutzpartikel in der Spezial-Chemikalie gebunden, die wir im nächsten Schritt einfach absaugen können. Die abgesaugte Flüssigkeit wird rückseitig in eine abgeklemmten Schlauch abgeführt, wo wir sie auch wieder ablassen können.
Der Effekt
Schon die optische Inaugenscheinnahme zeigt deutliche Unterschiede zwischen der verunreinigten und der sauberen Seite. Klanglich wird es jedoch noch wesentlich interessanter. Wir erleben ein deutliches Aufatmen der Musik. Das Knistern ist natürlich nicht komplett weg, was ja auch ein wenig den Reiz der Platte zerstören würde, aber das Klangbild wird deutlich klarer. Die Knackfrequenz sackt rapide in sich zusammen, die Musik erhebt sich wie die Luft nach einem erfrischenden Sommerregen. Platten, von denen wir immer gedacht haben sie seien abgespielt, entpuppen sich als audiophile Schätze voller Tiefe und Räumlichkeit.
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Anmerkung: Dieser Testbericht erschien erstmalig in der Printausgabe von AUDIO TEST Ausgabe 4/2018.
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Bildquellen:
- Watscon’s RCM Bedienelemente: Bildrechte beim Autor
- Watscon’s RCM Ablass: Bildrechte beim Autor
- Schallplatte Vinyl Beilage: Auerbach Verlag
- Watson’s RCM: Bildrechte beim Autor