Dr. Sound: Netzteiltechnologien erklärt

Dr Sound Netzteiltechnologien: Die Netzteiltechnologie wird von Sachkundigen geschätzt und in vermeintlich audio­philen Kreisen vielfach falsch gedeutet. Renommierte High-End-Hersteller haben die Vorurteile gegenüber neuen Technologien mittlerweile überwunden. Wir stellen die zwei alternativen Netzteiltechnologien näher vor.

Unter Spannung

In Deutschland hat die Netzspannung einen üblichen Effektivwert von 230 Volt (V). Im Vergleich zu den in den USA üblichen 110 V ist die Netzspannung mehr als doppelt so hoch. Der Grund: Mit einer höheren Spannung kann mehr Energie bei einem geringeren Stromfluss übertragen werden. Doch je höher der Strom in Ampere (A) durch ein Kabel fließt, des­to größer wird auch die Verlustleistung durch Wärmeumwandlung in der Leitung und an den Kontaktübergängen, da der elektrische Widerstand seinen Tribut zollt. Es hat also einen physikalischen Grund, weshalb Hochspannungsleitungen genutzt werden, um über Hunderte von Kilo­metern Spannungen von 380 000 V zu übertragen. Andererseits existieren auch geschichtlich gewachsene und wirtschaftliche Hintergründe für den Unterschied zwischen USA und Bundesrepublik.

Jedes Gerät der Audioelektronik verfügt über ein Netzteil – warum ist das so?

Die eingangs beschriebene hohe Netzspannung ist für die normalen Audioanwendungen viel zu hoch. Das erste Glied der Netzteilkette ist also der Transformator. Seine Funktion liegt darin, die an der primärseitigen Spule anliegende Netzspannung meist in eine niedrigere Spannung umzuwandeln, die dann an der sekundärseitigen Spule abgegriffen werden kann. Die magnetischen Eigenschaften des Wicklungskernes bedingen die Energieübertragung zwischen den Spulen. Der physikalische Vorgang der Induktion verursacht die Energieübertragung an die sekundär­sei­tige Spule. Dieser Umwandlungsprozess – die „Transformation“ – ist neben dem mechanischen Aufbau des Kerns, der entweder als sogenannter M-Schnitt, L-Schnitt oder Ringkern ausgeführt ist, auch vom Windungsverhältnis der Spulen abhängig. Das Windungsverhältnis von primärseitiger und sekundärseitiger Spule steht in einem berechenbaren Verhältnis, genauso wie der Querschnitt des Spulendrahtes. Diese Verhältnisse bestimmen die Leistungs­übertragung am Trafo. Die Wicklungsart und die magnetischen Eigenschaften des Kernschnittes bestimmen maßgeblich den Wirkungsgrad der Energietransformation.

Das konventionelle Netzteil im Prinzip

Alles, was am Transformator passiert, findet im Bereich der Wechselspannung und -ströme statt. Eine Übertragung von Gleichspannungspotenzialen bzw. Gleichströmen ist durch das Trafoprinzip bedingt nicht möglich, weil sein physikalisch-induktives Ver­halten hier eine Sperrwirkung aufbaut.

Die Schaltungen der Audiotechnik arbeiten mit Betriebsspannungen, die Gleichspannungen bezogen auf ein Potenzial von 0 V benötigen. Sie erhalten ein negatives Vorzeichen bei Elektronenüberschuss und ein positives Vorzeichen bei Elektronenmangel. Auch die hier fließenden Gleichströme verhalten sich so zum Potenzial 0 V.

Ein typisches Netzteil mit Ringkerntrafo (unten im Bild), Gleichrichterbrücken (in der Mitte) und Ladekondensatoren (rechts im Bild)

Erreicht werden diese gleichgerichteten Spannungen und Ströme durch eine Gleichrichterschaltung. Dazu nutzt man in der Elektrotechnik das elektronische Bauteil mit dem Namen Diode. Die einfachste Schaltung besitzt nur eine Diode. Ein typischer Brückengleichrichter, auch Grätz-Brücke genannt, besteht aus vier Dioden. Die Diode lässt nur eine Halbwelle einer Wechselspannung passieren, eine antiparallel geschaltete Diode lässt die andere Halbwelle passieren. Dies ist möglich, weil die Diode nur eine Flussrichtung für Elektronen ermöglicht. Die beiden Halbwellen befinden sich nun auf einer Ebene hintereinander, damit bilden sie ein Spannungsniveau, das nicht mehr wie eine Wechselspannung zwischen positiver und negativer Polarität wechselt. Damit dieses Spannungsniveau aus den beiden Halbwellen aber überhaupt nutzbar wird, werden Kondensatoren damit aufgeladen.

Diese geben mit zeitlicher Verzögerung an einem Lastwiderstand ihre Ladung wieder ab. Aus der Wechselwirkung von Aufladung und zeitlich verzögerter Entladung ist nun das Spannungsniveau nach dem Kondensator viel weniger von den beiden Halbwellen geprägt. Eine sogenannte gesiebte Gleichspannung ist messbar. Diese weist eine gewisse Restwelligkeit aufgrund der Ladezyklen des Kondensators auf. An diesem Punkt setzen zusätzliche Schaltungen zur Spannungsregulierung ein, um den Betrag der Restwelligkeit noch mehr zu reduzieren. Der nun folgende Aufwand richtet sich ganz danach, welchen Stromfluss man dem Netzteil bei einer konstanten Spannung entnehmen möchte. Ein Audioverstärker z. B. benötigt kurzeitig sehr hohe Ströme, um besonders tieffrequente Bassimpulse an die Lautsprecher zu liefern. Dabei darf die Spannung nicht im Takt des Impulses absinken, sonst entstehen Verzerrungen in der Endstufenschaltung, die hörbar sind. Auch Lautsprecher, deren Scheinimpedanzen frequenzabhängig stark schwanken, können die Signalkette Endstufe–Netzteil stark belasten.

Das Schaltnetzteil im Prinzip

Schaltnetzteile (SNT) können bei sorgfältiger technischer Planung einem konventionellen Netzteil im Wirkungsgrad überlegen sein. Das heißt, dass sie bei der Leistungsübersetzung aus dem öffentlichen Energienetz in die Betriebsspannung der Baugruppen für Audio­geräte geringere Energieverluste aufweisen und dabei weniger Raum und Masse einnehmen. Sie können aber auch Nachteile mit sich bringen, wenn sie hochfrequente Störstrahlungen in andere Baugruppen einstreuen oder im Nachregelverhalten bei hohen Stromanforderungen mit Spannungssprüngen reagieren. Die Problematik liegt dabei in der Regelschleife der Pulsweitenmodulation (PWM). Dies ist eine Schaltungstechnik, die vom Prinzip her auch in digitalen Audioendstufen zum Einsatz kommt. Wenn man es von der praktischen Seite betrachtet, ist es einfacher, ein konventionelles Netzteil mit analogen Spannungsreglern und analogen Regelschleifen zu realisieren, denn ein solches ist im elektrischen Verhalten einfacher zu beherrschen und ungleich stabiler in der Lastausregelung.

Trotzdem gibt es viele schaltungstechnische Lösungsansätze zur Realisierung verschiedener SNT-Anforderungen, die sich vor allem in der Anforderung der Leistungsübertragung unterscheiden. Wenn man das einfachste Grundprinzip eines sogenannten Sperrwandlers für einfache Ansprüche betrachtet, bekommt man einen Einblick in dessen Komplexität: Als erster Unterschied wird die Netzspannung nicht wie bei einem konventionellen Netzteil in eine niedere Spannung transformiert, sondern über einen Gleichrichter in ein Gleichspannungspotenzial gewandelt. Danach wird sie durch einen Schalttransistor (meistens Feldeffekttransistor, FET) mit einer hohen Schaltfrequenz von ca. 16 Kilohertz (kHz) bis weit über 600 kHz geschaltet. Damit wird die akustische Hörbarkeit des Vorganges verdeckt. Das eigentlich Wichtigste ist nun der Speichertransformator, der im Aufbau etwas anders ist als ein normaler Trafo, denn dieser besitzt keinen Luftspalt im Magnetkern, da die magnetische Energie vom Wicklungskern direkt übertragen wird. Der Speichertransformator, auch Speicherspule genannt, nutzt den Luftspalt im Magnetkern zur Zwischenspeicherung magnetischer Feldenergie. Erreicht wird dies, indem der Schalter S (Schalttransistor) die Spule L1 mit sehr hoher Frequenz an- und ausschaltet.

Dieses Sperrwandlerprinzip zeigt stark vereinfacht die Art und Weise, wie die Energie aus dem öffentlichen Netz in eine galvanisch getrennte Betriebsspannung für Endverbraucher gewandelt wird

Dabei wird zwischen den Schaltzyklen die Energie an Spule L2 übertragen. Aufgrund der hohen Schaltfrequenz entsteht ein fast kontinuierlicher Energiefluss. Reguliert wird diese Übertragung durch folgende Bauteile: Die Diode D übernimmt immer dann eine polungsabhängige Sperrwirkung (positives Spannungspotenzial liegt an Kathode an) gegen einen Stromfluss durch Spule L2, wenn der Transistor einschaltet und in der Spule L1 ein Magnetfeld aufbaut. Für diesen Zeitpunkt wirkt der Kondensator C als Energiespeicher. Die hohen Frequenzen bedingen leider Energieverluste in Form von Wärme am Schalttransistor und an der Diode. Sie erlauben aber auch die Verwendung kleinerer Speicherspulen. Die Anforderungen an den Kondensator C sind ebenfalls sehr hoch aufgrund der Erhitzung durch die hohen Schaltzyklen. Hier eignen sich nur hochfrequenzstabile Low-ESR-Elektrolytkondensatoren.

Das Bild zeigt eine einfache Version eines aufgebauten Sperrwandlers. Links unten befinden sich der Schalttransistor und die Speicherspule, in der Mitte befindet sich der Schaltkreis, der den Schalttakt steuert. Rechts im Bild sind die Dioden und der Kondensator zu sehen, die die Netzspannung gleichrichten

Da die Energieübertragung bis zu diesem Punkt der Schaltung noch recht rudimentär ist und hohe Spannungsspitzen auftreten, die zur Zerstörung nachfolgender Bauteile führen, ist eine Regelung notwendig. Zu diesem Zweck besitzt die Speicherspule Mess­windungen, auf denen eine Hilfsspannung induziert wird, die proportional zur Energieübertragung an der Speicherspule ist. Diese Spannung wird mit einer Referenzspannung ständig ver­glichen und von der Steuerelektronik ausgewertet. Die Steuerelektronik reguliert nun die Schaltfrequenz des Schalttransistors auf der Seite von Spule L1 und damit die Energie­übertragung. Feinere Regulierungen finden gleichzeitig auf der Seite von Spule L2, der Sekundärseite, statt. Dies ist ein simpler Überblick zur Funktions­weise eines Schaltnetzteils nach dem Sperrwandlerprinzip, das eine galvanisch getrennte Spannung sowie eine Leis­tung bis 250 Watt (W) zur Verfügung stellen kann. Ein Eintakt-Durchflusswandler-Prinzip dagegen ist für mehrere Hundert Watt einsetzbar, ein Halbbrücken-Durchflusswandler bis zu 1000 W. Die sogenannten Halbbrücken- bzw. Vollbrücken-Gegentaktwandler können sogar mehrere Kilowatt Leistung umsetzen.

Bildquellen:

  • TRANSFORMATOR: Bild: Auerbach Verlag
  • IMG_0084: Bild: Auerbach Verlag
  • konventionelle_Netzteil: Bild: Auerbach Verlag
  • DIODE_ELKO: Bild: Auerbach Verlag
  • Schaltnetzteil: Bild: Auerbach Verlag
  • IMG_0187: Bild: Auerbach Verlag
  • einstieg: Bild: Auerbach Verlag