Music Hall ersetzt seit nunmehr gut 5 Jahren die Plattenspieler von Thorens im Vertrieb von Reichmann AudioSysteme. Das brachte vor allem erst mal neue Potenziale und frische Energien in den liebevoll kuratierten Vertrieb von erlesenen HiFi-Geräten. Wir freuen uns ebenso auf die Begegnung mit dem US-amerikanischen Hersteller Music Hall und dem Test vom Oberklasse Plattenspielermodell mmf-9.3.
Bei einer guten Flasche Vinyl
Man kann schon sagen, dass ein kleiner Ruck durch die hiesige HiFi-Landschaft ging, als Jürgen Reichmann seinerzeit verlauten ließ, sein Vertriebsunternehmen Reichmann AudioSysteme und dessen langjähriger Partner Thorens würden von nun an getrennte Wege gehen. Der neue Eigentümer hat die Kooperation mit der Szene-Ikone aus dem Schwarzwald aufgegeben – obwohl gerade Jürgen Reichmann der Marke Thorens in Deutschland wieder zu ihrem Glanz verholfen hat.
Unter der Vielzahl der Plattenspielermarken, die auf den Analog-Spezialisten Reichmann AudioSysteme herangetreten sind, sollte es der Name Music Hall sein, der durch Reichmann auf dem deutschen Markt im Bereich Plattenspieler vertreten wird. Denn dieser wollte sich partout auf keinen zweiten Lautsprecherhersteller neben Triangle und keinen zweiten Verstärker-Experten neben Musical Fidelity einlassen – Konzentration auf das Wesentliche eben.
Music Hall fertigt seine technisch anspruchsvollen Vinyl-Systeme wie auch EAT und Pro-Ject bei unseren Nachbarn in Tschechien. Dem Betrieb um Firmengründer Roy Hall (der übrigens auch Essays veröffentlicht), wurde auf dem europäischen HiFi-Parkett bisher noch nicht allzu viel Aufmerksamkeit zuteil. Dies – so kann man sich wohl sicher sein – wird sich mit Jürgen Reichmann als Vertriebspartner bald ändern, bzw. hat es dies bereits getan.
Music Hall
Im April 1985 gründete Roy Hall das in Anlehnung an seinen Namen und die authentische Akustik von Konzertsälen Music Hall getaufte Unternehmen. Der Betrieb sitzt auf Long Island, New York und zählt neben Roy Hall selbst, der etwas humoristisch den Titel „President for Life“ trägt. Und da gibt es nicht wenig zu tun, denn neben Produkten der eigenen Geräte-Kollektionen obliegt Music Hall in den USA der Vertrieb von bekannten europäischen Herstellern wie zum Beispiel Creek oder Goldring.
Jedoch liegt für uns natürlich der Hauptaugenmerk auf einem Produkt aus dem Hause Music Hall selbst. Und wir müssen zugeben, dass wir etwas gespannt sind, was Jürgen Reichmann uns bei seinem Besuch in der Redaktion mitgebracht hat. Denn es ist kein Geheimnis, dass Reichmann selbst ein großer Phono-Passionist ist.
„Musik von der Vinyl-Schallplatte zu hören, ist mit das schönste im Leben“ schreibt uns Reichmann in unser musikalisches Stammbuch. Diese Leidenschaft teilt er mit Roy Hall, welcher sich seit über vierzig Jahren mit der Technik von Schallplattendrehern beschäftigt und dem mit dem Testmuster, das nun vor uns steht, laut Jürgen Reichmann ein Meilenstein der Vinyl-Kultur gelungen ist.
Der Music Hall mmf-9.3
Bevor wir den Schallplattenspieler mmf-9.3 von Music Hall jedoch ausprobieren dürfen, erklärt uns Jürgen Reichmann, mit Buntstift und Zettel bewaffnet, erst einmal worauf bei einem Phonosystem zu achten ist und wie Roy Hall die vielen Schwierigkeiten beim Bau eines Plattendrehers zu bewältigen sucht – natürlich am Beispiel des mitgebrachten Music Hall mmf-9.3.
Bei jedem Schallplattenspieler besteht ein großes Risiko für klangliche Verunreinigung in der Einstreuung externer Schwingungen, wie bereits Trittschall sie ausüben kann. Daher hat, neben einem übertragungsarmen Stand auf Spikes, vor allem die Gehäuse-Konstruktion des Plattenspielers hohe Priorität.
Beim Music Hall mmf-9.3 Plattenspieler finden wir einen Korpus, welcher durch eine dreilagige Bauweise den Plattenteller vom HiFi-Rack entkoppelt. Drei MDF-Chassis sind dabei durch dämpfende Sorbothane-Teile miteinander verbunden, ohne dass sie miteinander fixiert wurden. Durch das bloße Aufliegen auf Sorbothane dringen Schwingungen somit nicht von den drei Füßen des Plattenspielers zur Platte selbst durch.
SPI-Technologie
Die von Roy Hall als Markenzeichen eingetragene SPI-Technologie (Split Plinth Isolation Technology) integriert quasi ein Rack in den Plattenspieler, welches durch einen so genannten „Troubleshooter“ von der eigentlichen Zarge des Drehers entkoppelt wird.
Ebenso wie der Motor, welcher zur Vermeidung Einfluss nehmender Vibrationen ausgelagert ist und elegant auf einer gedämpften Basis in einer Aussparung des Plattenspielers positioniert wird. Eine weitere, den Klang schonende Besonderheit des Motors ist, dass dieser von Netzspannung und Netzfrequenz unabhängig arbeitet, da er durch einen integrierten Sinusgenerator die Versorgungsspannung neu generiert.
Ansteuern lässt sich der Motor mit einem einzigen Knopf, welcher den Motor startet und zwischen den beiden Geschwindigkeiten 33 1/3 und 45 Umdrehungen pro Minute wählen lässt. Seine Energie überträgt der ausgelagerte Motor einzig und allein über den Rundriemen an den Plattenteller.
Plattenteller aus Acrylglas
Dieser Plattenteller ist aus gedämpftem Acrylglas gefertigt, sodass die Verwendung der beigelegten Filzmatte eigentlich obsolet ist. Der Teller selbst läuft auf einem Inverslager. Hier gilt es bei der Installation des mmf-9.3, Vorsicht walten zu lassen, denn die aus Sinterbronze gefertigte Lagerbuchse des Acryltellers läuft auf einer polierten Keramikkugel, welche zu bersten droht, wenn man den Teller unachtsam auf das Laufwerk knallen lässt. Aber wer bei der Einrichtung eines 2.200 Euro teuren Plattenspielers ohne entsprechendes Fingerspitzengefühl vorgeht, ist auch ein wenig selbst Schuld.
Doch zurück zum Gerät, denn es steht noch die Erwähnung der eigentlichen Klangbrücke des mmf-9.3 aus: dem Tonarm. Bei diesem handelt es sich um einen kardanisch gelagerten Karbonarm von 9 Zoll Länge.
Die konische Form des Tonarms vermeidet dabei das Aufkommen stehender Wellen. Interessant ist die vorbildlich tiefer gelegte Montage des Gegengewichts. Denn über die dadurch entstehende gemeinsame Linie zum Tonabnehmer und der Nadel verfügt der Tonarm über verbesserte Hebelkräfte, was besonders bei der Wiedergabe welliger Platten von Vorteil ist.
Die Tonarmbasis ist selbstverständlich höhenverstellbar, sodass Tonarm und Plattenteller parallel zueinander laufen können. Gegen einen Aufpreis ist der mmf-9.3 übrigens mit dem Eroica LX MC Tonabnehmer des Britischen Hauses Goldring bestückt erhältlich.
Vitalität und Strahlkraft
Im Falle unseres Tests ist dies natürlich gegeben. Ganz der Vorführer, legt Jürgen Reichmann ein paar seiner liebsten Scheiben auf. Wagner ist dabei und Strawinski. Dabei bereitet der mmf-9.3 sehr schnell Freude durch ein sehr kraftvolles und mutiges Aufspielen. Die reinste Musikalität strömt uns entgegen.
Dabei zeichnet das System eine schöne Bühne von großer Tiefe, eine Decca-Aufnahme von Verdis „La Traviata“, festgehalten durch Chor und Orchester der Accademia die Santa Cecilia Rom im Jahr 1954 gewinnt an so beeindruckender Weite, sodass wir erst gar nicht bemerken, dass es sich hier um eine Mono-Produktion handelt.
Eine der Lieblingsscheiben des Autors kommt nun auf den Teller: „Spirit of Eden“ von Talk Talk. Hier entfaltet der mmf-9.3 seine große Liebe für Details. Die reich an Texturen produzierte Eröffnung „The Rainbow“ erklingt mit all ihren Feinheiten und dem ganzen Spektrum der ihr innewohnenden Dynamik.
Mit Music Hall hat man im Schwarzwald bei Reichmann Audiosysteme wirklich einen guten Partner gefunden. Wenn Sie planen die in Kürze die Mitteldeutschen HiFi-Tage zu besuchen, so legen wir Ihnen wirklich nahe, Jürgen Reichmann einmal kennenzulernen und selbst einer Präsentation des Music Hall mmf-9.3 Plattenspielers beizuwohnen. ■ Text: Alex Röser, Stefan Goedecke
Preis und Verfügbarkeit
Den Music Hall mmf-9.3 Schallplattenspielers gibt es zum Preis von 2.199 Euro (UVP, Stand: 2023) im Fachhandel zu kaufen. Der Vertrieb läuft in Deutschland über Reichmann Audiosysteme.
Webseite: www.reichmann-audiosysteme.de
Ausstattung
Allgemein: | |
Geräteklasse | Plattenspieler |
Preiskategorie | Oberklasse |
Hersteller | Music Hall |
Modell | mmf-9.3 |
Preis (UVP) | 2.199 Euro (Stand: 2023) |
Maße (B/H/T) | 46,5 × 19 × 34 cm |
Gewicht | 18 kg |
Technische Daten (lt. Hersteller): | |
Medium | Vinyl |
Tonabnehmer | MC (optional mit Goldring EROICA LX) |
Motor | 15 V DC |
Antrieb | Riemen |
Steuerung | Manuell |
Anschlüsse | Cinch |
individ. Klangeinst. | keine |
A/D-Konverter | keine |
Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 08/2018
▶ Lesen Sie hier: Test: Music Hall mmf 5.3 Plattenspieler, Musical Fidelity M3si Vollverstärker, Triangle Esprit Gaia EZ Standlautsprecher
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Bildquellen:
- Music_Hall_mmf-9.3_Plattenspieler_Test_Review_01: Auerbach Verlag (alle)