Test: Canton A 65 – Standlautsprecher (3-Wege)

Es gibt so Leute, die machen keinen großen Hehl um ihren Geburtstag. Familie Canton gehört nicht dazu. Denn die lieben es einfach, sich selbst zu beschenken, wie mit der 3-Wege Standbox A 65, die wir im Test hatten.

Sanfter Riese

Erst neulich folgten wir der Einladung Cantons, um in deren Produktionsstätten im hessischen Weilrod das fünfzigste Jubiläum des Unternehmens zu feiern. Zwischen den Gipfeln des Taunus Mittelgebirges versammelten sich geladene Gäste aus Industrie und Presse, sprachen ihre Glückwünsche aus und kamen in den Genuss exklusiver Führungen durch die Labore und Werkstätten des Traditionsunternehmens.

Bei der Gelegenheit hätte uns Chefentwickler Frank Göbl zur Verabschiedung am liebsten noch ein Paar des neuen Standlautsprechers A 65 in den Kofferraum gehievt. Angesichts des beschaulichen Ladevolumens des Redaktionskombis und dem wirklich hünenhaften Formats eines A 65 ein leider aussichtsloses Unterfangen.

Die drei 22 Zoll Tieftöner der Canton A65 sind für eine optimale Bassarbeit ausgelegt und operieren bis zu einer Frequenz von 180 Hertz

Pünktlich zum fünfzigsten Geburtstag hat sich Canton nämlich wieder einmal selbst ein Geschenk gemacht. Erst zum 45. Jahrestag präsentierten die Hessen mit dem Jubiläumslautsprecher A 45 das erste Modell der Online Exklusiv-Kollektion. Der profilierte sich schnell zu einem echten Kassenschlager. Im Rekordtempo machte das Unternehmen daraus auch eine aktive Wireless-Variante, den Smart A 45. Kurz darauf kam der Passivlautsprecher A 55 heraus. Mittlerweile umfasst die Online Exklusiv-Serie sogar ein ganzes 5.1.2-Heimkino-Setup mit Dolby-Atmos-Kompetenz. Beide Modelle des A 45 und auch den A 55 hatten wir bereits im Test und durften die Prüflinge mit ausgezeichneten Zeugnissen wieder in den Taunus zurückschicken (siehe AUDIO TEST Ausgaben 07/18, 06/17 & 02/20).

Allein ob des großen Erfolgs der Online Exklusiv-Speaker ist es von daher keine große Überraschung, dass Canton es sich nicht nehmen lässt, auch zum runden Geburtstag ein Jubiläumsmodell ins Leben zu rufen.

Canton A 65

Besagter Standlautsprecher A 65 ist dieses Geburtstagsgeschenk. Für jemanden, der die Kreationen des Herstellers kennt – und schließlich war Canton bereits 37 mal mit Tests in diesem Magazin vertreten – wird sofort merken, dass das neue Flaggschiff der Online Exklusiv-Serie allein vom Format her im Vergleich zu anderen Modellen ziemlich aus der Reihe tanzt. Der Neuling ist allein aufgrund seiner Gehäusetiefe von 53 Zentimetern (cm) außergewöhnlich ausladend. Dabei ist der Speaker mit Sockel 121 cm hoch und 40 cm breit. Insgesamt kommt der Canton A 65 auf eine sehr stolze Masse von 65 Kilogramm (kg) und ist somit ohne helfende Hände unmöglich zu entpacken und aufzustellen.

Im wahrsten Sinne des Wortes ins Gewicht fällt beim A 65 freilich zunächst das recht massereiche Gehäuse. Gefertigt ist der Korpus aus hochverdichteten Faserplatten (HDF). Diese sind nicht nur selbst ziemlich dickwandig, sondern natürlich auch in mehreren Schichten lackiert. Canton offeriert hier übrigens zwei Farbausführungen: mattweiß und schwarzer Pianolack. Zusätzlich zu den Außenwänden kommt noch eine aufwändige Innenaussteifung, welche dem A 65 zu seiner hohen Stabilität verhilft. Diese ist bekanntlich unabdingbar für eine ehrliche und impulsschnelle Performance.

Zwar wirkt der Speaker durchaus monolithisch wenn er einmal im Schweiße des Angesichts aufgestellt wurde. Jedoch nicht erdrückend und noch immer viel zurückhaltender als andere Schallwandler dieser Gewichtsklasse. Dies liegt vor allem an den elegant gerundeten Gehäusekanten, die nicht nur einen Weichzeichner auf das Erscheinungsbild des Lautsprechers legen, sondern zusätzlich das Abstrahlverhalten des A 65 Standlautsprechers verbessern.

Mit satten 24 Karat sind die Schraubklemmen des langzeitstabilen Anschlussterminals vergoldet. Die Schraubklemmen können Kabel mit Querschnitten von bis zu 10 mm2 fassen.

Die inneren Werte

Natürlich ist das stolze Kampfgewicht des Canton A 65 nicht ausschließlich auf sein Gehäuse zurückzuführen, denn ganze fünf Treiberchassis zieren das Frontpaneel des 3-Wege-Lautsprechers. In zeitlos schicke Seamless Diamond Cut Aluminiumringe, wie wir sie bereits von anderen High-Shelf-Modellen Cantons kennen, sind die markanten homogen gewölbten, aus einem Gemisch aus Aluminium, Keramik und Wolfram gefertigten Membranen eingespannt. Das Mitteltonchassis am Kopf des Speakers vertraut dabei auf einen Treiber von 17,4 cm Durchmesser, während sich für den Tiefton gleich drei Membranen von 22 cm Durchmesser verantwortlich zeichnen. In scheinbarer D’Appolito-Manier zwischen Tief- und Mitteltönern sitzt der im Durchmesser 2,5 cm messende Hochtöner aus Aluminium Oxyd und Keramik.

Nur scheinbare D’Appolito-Anordnung deshalb, weil dafür beide den Hochtöner rahmenden Treiber an dessen Wirkungsbereich heranreichen müssten. Die drei Tieftöner operieren jedoch nur bis 180 Hertz (Hz), von wo an die Mitteltöner bis 3000 Hz aufspielen. Insgesamt kommt der Canton A 65 Lautsprecher somit auf einen beachtlichen Frequenzumfang von submarin tiefen 18 Hz bis hin zu 40 kHz. Verbunden sind die einzelnen Baugruppen des A 65 mit Cantons hochwertiger Verkabelung vom Typ Cantolink 600. Die Strippen haben einen Querschnitt von 2 x 5 mm² und gehören zum Premiumsegment aus Cantons Produktkatalog. Entwickelt wurden die Cantolink 600 übrigens für Canton von der Kabelmanufaktur In-akustik.

Mit einer Musikbelastbarkeit von 750 Watt (W) und einem Wirkungsgrad von 88,5 Dezibel (dB) ist der A 65 zumindest laut Datenblatt schon mal ein echtes Kraftpaket. Die vom Hersteller kommunizierten Werte entsprechen hier schonmal dem wuchtigen Auftreten des Schallwandlers.

Mit ordentlich Schub

So monolithisch der A 65 unter optischen Gesichtspunkten vielleicht auch daherkommen mag – entsprechend temperamentvoll weiß der Lautsprecher auch aufzutreten. „Sponsored By Destiny“ von der schwedischen Electropop-Band Slagsmålsklubben etwa mag unseren Hörraum nach nur wenigen Sekunden so richtig einzuheizen. Was der Speaker bereits auf den ersten Blick ersichtlich an Hubraum mitbringt, übersetzt er eins zu eins in eine sehr temperamentvolle und durchaus clubtaugliche Darbietung. Die stoisch stampfende Kick-Drum wird vom Schallwandler sehr scharfkantig, also wunderbar impulsschnell und mit einem deutlich spürbaren Druckpunkt im Raum platziert.

Zwischen die Viertel legt sich geschmeidig der Bass Synthesizer, dessen prägnante Sidechain-Kompression vom A 65 ebenso reaktionsschnell übersetzt wird wie die Kick selbst. Als dann die für Slagsmålsklubben typischen Arpeggi ausbrechen, können wir uns wirklich kaum mehr auf dem Sofa halten. Der Sound des neuen Canton Flaggschiffs ist so mächtig, dass wir uns fast einen größeren Hörraum wünschen. Und das kommt wirklich selten vor. Am liebsten wäre da gerade ein dunkler, in Nebel und Stroboskoplicht getauchter Kellerraum. Denn was unser Testmodell hier abliefert hat wahrlich Diskoambitionen.

Schaf im Wolfspelz

Doch Cantons mächtiger A 65 Lautsprecher kann auch ganz anders. Dies stellt er eindrucksvoll unter Beweis, sowie wir via Tidal HiFi Plus das erst kürzlich und pünktlich zu seinem 71. Geburtstag auf Milan Records erschienene Album „12“ von Ryuichi Sakamoto in Master-Qualität streamen. Sakamoto, der nach seiner erfolgreichen Krebstherapie ursprünglich gar kein Album produzieren, sondern sich einfach „von Klängen überfluten lassen“ wollte, hat schließlich mit „12“ doch ein wunderbares, atmosphärisches Werk geschaffen. Hier greifen traumhaft irreale akustische Texturen, sanfte Klavier-Miniaturen, sphärische Klangfelder und teils aber auch düstere Synthesen ineinander. Prägnant ist dabei Sakamotos schwerer Atem, der fast auf jedem Titel deutlich zu hören ist. Beinahe, als wolle der Komponist den Hörenden deutlich machen: „Ich lebe!“. Außerdem sind alle zwölf Titel – bis auf eine Ausnahme – ausschließlich mit jeweils einem Datum aus den Jahren 2021 und 2022 betitelt. Auch das erscheint wie eine Ode an jeden erlebten Tag.

„12“ zeichnet sich also vor allem durch detailreiche klangliche Strukturen aus, welche mit enormem Fingerspitzengefühl behandelt werden wollen. Und das gelingt Cantons A 65 zweifelsohne hervorragend. Nach der kraftvollen Clubeinlage gerade und auch ob seines Erscheinungsbildes ist es fast ein wenig verblüffend, wie viel Grazie der 65 kg schwere A 65 aufs Parkett zu legen weiß.

Der im Durchmesser 2,5 Zentimeter starke Hochtöner besteht aus Aluminium-Oxyd- Keramik und arbeitet bis zu einer Frequenz von 40 kHz.

Nehmen wir etwa „20220302 – Sarabande“. Das Stück lebt nicht nur von seiner Sakamoto-typischen jazzigen Elegie, sondern vor allem von den deutlich hörbaren Filz-Dämpfern, die sich jedes Mal, wenn Sakamoto das Pedal tritt, hörbar von den Saiten heben. Wie ein weiteres Zeichen der Lebendigkeit. Sakamoto selbst hören wir in dieser Aufnahme kaum atmen. Dafür atmet der Flügel umso mehr. Der Odem des Klaviers – ein Geräusch, welches so diffizil zu übersetzen ist, da es sich fast ausschließlich oberhalb der 1 kHz-Marke abspielt und dennoch so voll und reichhaltig ist. Immerhin werden hier über 100 Saiten nur minimal in Schwingung versetzt. Übersetz das erstmal originalgetreu. Zweifelsfrei ist es hier unabdingbar, das Stück in bestmöglicher Auflösung zu hören, was via Online Stream von Tidal schon mal gegeben ist.

Aber auch der Speaker selbst muss sich hier natürlich ordentlich ins Zeug legen, um dieses feine Ereignis so authentisch wie möglich in Schwingung zu übersetzen. Man kann förmlich hören, mit welcher hohen Konzentration der A 65 hier zu Werke geht. Und es gelingt ihm bravourös. In lupenreiner Klarheit tritt jeder einzelne Pedaltritt zu Tage. Dabei eröffnet der Lautsprecher gleichzeitig einen akustischen Raum, der die Grenzen unseres Hörlabors um ein Vielfaches zu überschreiten scheint. Bei „20220404“ etwa, wo wir einmal mehr den fantastischen Klang des Pedals präsentiert bekommen, entschweben die Obertöne des Klaviers in einer mystisch diffusen Hallfahne, welche nicht aus den Lautsprechern, sondern tatsächlich aus dem Raum zu kommen scheint. Eine akustische Illusion, die man als Schallwandler, für den gerade mal knapp 3000 Euro pro Stück aufgerufen werden, erstmal stemmen muss.

Typisch Canton

Es ist einfach immer wieder erstaunlich, dass Canton stets auf ein Neues gelingt, sich selbst zu übertreffen und dabei grundeigenen Prinzipien treu zu bleiben. Mit dem neuen Flaggschiff der Online Exklusiv-Kollektion A 65 haben sich die Weilroder echt ein Denkmal gesetzt das – wieder mal – deutlich teurer klingt und aussieht, als es tatsächlich ist. Der A 65, der nach seinem Nettogewicht benannt worden zu sein scheint, macht auf den ersten Blick einen für Canton eher ungewohnt wuchtigen Eindruck und weiß diesem Erscheinungsbild auch durchaus gerecht zu werden. Sein Volumen verhilft dem Speaker tatsächlich zu einer wirkmächtigen Physikalität, mit der er die Grenzen des gesundheitlich vertretbaren auszureizen weiß. Aber auch chirurgisches Fingerspitzengefühl hat Canton seinem Neuling an die Hand gegeben, mit der selbst feinste klangliche Texturen – wie etwa Transienten – akustischer Architekturen extrem originalgetreu nachempfunden werden können. Der Canton A 65 ist schlichtweg ein weiteres Meisterwerk Weilroder HiFi-Kunst! ■ Text: Artur Evers

Preis und Verfügbarkeit

Die Canton A 65 Standlautsprecher gibt es zum Preis von 5.9989 Euro (Paarpreis, UVP) als „Online Exclusive“ nur direkt bei Canton zu kaufen. Farbausführung: schwarz high gloss, weiß seidenmatt.

Webseite: www.canton.de

Ausstattung Canton A 65

Allgemein
GeräteklasseStandlautsprecher
HerstellerCanton
ModellA 65
Preis (UVP)5.998 Euro (Paar)
PreiskategorieOberklasse
Maße (B/H/T)40 x 121 x 56 cm
Gewicht65 kg (pro Stück)
Informationenwww.canton.de
Technische Daten*
Arbeitsweisepassiv
Bauform3-Wegebox, Bassreflex
Frequenzverlauf18 Hz – 40 kHz
Leistung750 W
Verbindung zur QuelleKabel
Raumempfehlungvon 20 m² bis 50 m²
individuelle Klangeinst.
EingängeBi-Wiring, Bi-Amping,

*Herstellerangaben

Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 02/2023

▶ Lesen Sie hier: Test: Canton Karat GS Edition

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Test: Canton A 65 – Standlautsprecher (3-Wege)
Fazit
Mit dem wuchtigen Lautsprecher-Bo- liden A 65 hat sich Canton wirklich ein gelungenes Geschenk gemacht. Der 65 kg schwere Schallwandler versteht es ebenso muskulös aufzuspielen wie er auftritt, weiß aber auch sanftere Saiten aufzuziehen. Dabei ist der Speaker wie gewohnt von herausragender Verarbei- tung und auch in Sachen Preis-/Leis- tungsverhältnis für ein Fabrikat „Made in Germany“ schlicht unschlagbar.
Wiedergabequalität
96
Ausstattung/Verarbeitung
100
Benutzerfreundlichkeit
90
Preis/Leistung
90
Leserwertung20 Bewertungen
64
Vorteile
vielseitiger lebendiger Sound
exzellente Verarbeitung
Nachteile
keine
95
Gesamtergebnis

Bildquellen:

  • Canton A 65 Standlautsprecher Test 03: Auerbach Verlag
  • Canton A 65 Standlautsprecher Test 04: Auerbach Verlag