All-In-One ist im Lifestyle-HiFi des 21. Jahrhunderts oft ein zwingendes Kaufkriterium, dabei aber audiophilen Maßstäben gerecht zu werden, gelingt bei weitem nicht allen Herstellern. Gelingt es Naim mit dem Uniti Nova PE?
Alles in Einheit
Am 7. Juli 1945 hatte die Familie Vereker aus Oxford zweierlei Grund zu feiern. Zum einen unterzeichneten Vertreter NS-Deutschlands in Reims die bedingungslose Kapitulation. Zum anderen wurde ihr Sohn Julian Charles Prendergast Vereker geboren. Sein Ur-Großvater John Vereker hielt den Adelstitel des 6. Viscount Gort und machte sich als hochrangiger Militär in den beiden großen Kriegen zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts um den Rang des Feldmarschall verdient. Entsprechend privilegiert und angesehen war die Familie Vereker in der Nachkriegszeit, was Julian Vereker jedoch nicht davon abhalten sollte, recht rebellische Züge zu entwickeln. Dennoch gereichte es dem jungen Julian zu einer ganz ansehnlichen Ausbildung, welche zunächst in einem Studium am Technical College in Liverpool und am College of Aero and Automobile Engenieering in London kulminieren sollte.

Dort erhielt Vereker die Möglichkeit, sich seiner ersten großen Leidenschaft vollends hinzugeben: dem Motorsport. Er gründete die Firma Coburn Improvements und modifizierte einen Mini 850 S, mit welchem er über mehrere Saisons hinweg erfolgreich Rennen bestritt. Im Jahr 1967 nahm er an insgesamt 23 Rennen statt, von welchen er ganze 16 gewann und in den verbleibenden sieben einen Platz auf dem Treppchen erlangte. Dieser Erfolg veranlasste ihn, seine Rennfahrerkarriere auf dem Zenit zu beenden und sich mit dem Erlös aus dem Verkauf seines Wagens seiner zweiten großen Leidenschaft zuzuwenden: der Audiotechnik. Zunächst widmete er sich dabei der Reproduktion von Tonaufnahmen auf 8-mm-Film. Unzufrieden mit den aufgrund des geringen Angebots hohen Materialpreisen erfand er bald eine Maschine, welche imstande war, bis zu knapp 2000 Kilometer Band pro Jahr zu perforieren.
Pioniersmentalität
Ende der 1960er nahm er als Gefälligkeit die Live-Performance einer befreundeten Rockband auf und zeigte sich schnell erschüttert von der enttäuschenden Qualität des damals verfügbaren Equipments. Einer seinerzeit vorherrschenden Ansicht nach, klangen ohnehin alle verfügbaren elektroakustischen Gerätschaften gleich: gleich schlecht. Vereker glaubte jedoch fest daran, dass hier und da technische Variationen durchaus einen Unterschied machen könnten. So begann er, selbst auf die Suche zu gehen und experimentierte mit verschiedensten Bauteilkombinationen und Schaltungstopologien. Sein zunächst größter Feind hieß dabei Verzerrung. Ein akustisches Phänomen, welches es in langen Monaten unermüdlichen Erfindergeists zu eliminieren galt. Der erste Verstärker mit dem Namen Naim Audio ging schließlich 1971 über den Ladentisch. In nur wenigen Jahren hatte sich Vereker eine solch bestechende Expertise angearbeitet, dass er 1973 den großen Auftrag des Rundfunktunternehmens Capital Audio erhielt, 24 quasi Aktivlautsprecher für deren Betrieb zu fertigen.
Die offizielle Gründung von Naim Audio war perfekt und man zog aus dem Hobbykeller in einen ansehnlichen Renaissance-Bau im Stadtzentrum. Von nun an sollte es steil bergauf gehen. Über ganz Großbritannien wuchs innerhalb kürzester Zeit ein dichtes Netzwerk unabhängiger Händler, denen man etwa die Vorstufe NAC 12 oder die NAP 2000 Endstufe förmlich aus den Händen riss. Dabei zeigte sich Mr. Vereker selbst von seiner wohl äußerst britischen Seite und wusste in der Öffentlichkeit mit selbstironischem Marketing in Monty-Python-Manier aufzufallen.
Schnell avancierte das Unternehmen zu einem der namhaftesten HiFi-Hersteller der Insel und wurde sogar mit dem Queen’s Award, der höchsten Auszeichnung des Landes für Unternehmen, ausgezeichnet. Mittlerweile ist Naim stolzer Träger drei dieser Auszeichnungen und Julian Vereker, der leider im Jahr 2000 mit nur 54 einem Krebsleiden erlag, bekam mit dem Titel „The Most Excellent Order of the British Empire” einen Ritterorden verliehen. Naim verkauft sich mittlerweile weltweit und stellt seit 15 Jahren die Audio-Ausstattung der Luxus-Automarke Bentley her.

Naim Uniti
Vor nunmehr 15 Jahren präsentierte Naim ein Gerät, das seinerzeit durchaus bahnbrechend war. Der Naim Uniti der ersten Generation verband die damals noch taufrische Welt des Streamings mit einem CD-Player und einem Stereovollverstärker. Dieser folgte der Tradition des legendären Naim Nait, den man zum fünfzigsten Jahrestag im vergangenen Jahr übrigens neu auflegte. Einen ausführlichen Bericht dazu finden Sie hier oder in der Retro-HiFi-Spezialausgabe der AUDIO TEST (Nr. 01/24). Seit diesem ersten Launch im Jahr 2009 ist freilich viel passiert. So hat Naim mittlerweile eine ganze Reihe von Geräten mit dem Namen Uniti präsentiert.
Einige davon, wie den UnitiQute, den Superuniti oder zuletzt die Kombination aus Uniti Core und Uniti Star, hatten wir bei Likehifi.de auch bereits auf dem Prüfstand. Nun haben wir mit dem Uniti Nova PE einen weiteren Vertreter dieser Linie, und wie der Name schon verrät, das jüngste Modell des Herstellers bei uns im Testlabor. Auch der Naim Uniti Nova PE versteht sich dabei als All-In-One-Streamingverstärker. Eine Produktkategorie, die mittlerweile ein Stück weit zum Kerngeschäft des Herstellers gehört und sich auch bei vielen anderen Herstellern von HiFi-Elektronik größerer Beliebtheit erfreut.
Uniti Nova PE
Beim Uniti Nova PE handelt es sich um ein elegant gestaltetes Stück HiFi, wobei Naim ganz klar die Formsprache der Uniti-Linie aufgreift. Das von einer schmalen Aussparung abgesetzte dunkle Gehäuse aus resonanzarmem gebürsteten Aluminium ist gleichsam schick wie robust in seiner Verarbeitung. Während der linke Part des Korpus lediglich dem Firmenlogo ein Zuhause bietet, beherbergt die rechte Seite das hochauflösende 5 Zoll LC-Display mit benachbarten Druckschaltern, sowie einem USB- und einem Klinke-Anschluss und einen ausladenden taktilen Drehwahlschalter. Diese Aufmachung ist uns bekannt und wusste bereits bei vorangegangenen Modellen der Uniti-Kollektion zu punkten. Das abgesetzte Gehäusedesign verleiht dem Uniti Nova PE eine beinahe schwerelose Anmutung. Ein Eindruck, der auch ob der seitlichen Kühlrippen verstärkt wird. Ganz unmissverständlich formuliert Naim mit diesem ästhetischen Ansatz den eigenen Anspruch, nicht nur elektroakustisch höchsten Standards zu entsprechen, sondern auch selbstbewusst und modern aufzutreten.
Ausstattung
Diese Dualität wird bei einem Blick ins Innere des Uniti Nova PE besonders deutlich, denn als Herzstück der Signalvermittlung kommt hier ein Wandlerchip von Burr Brown zum Einsatz. Dieser weiß Signale von einer gestochen scharfen Auflösung von bis zu 384 kHz bei 32 Bit zu prozessieren. Dabei lassen sich alle gängigen Formate von WAV bis DSD verarbeiten. Auch zu diesem Zweck spendierte Naim dem Uniti Nova PE einen 40 Bit starken SHARC DSP. Auf diesem stellt eine hauseigene Software unter anderem 16-faches Oversampling und verschiedene digitale Filterstufen zur Verfügung, um dem Lifestyle-Faktor des Alleskönners auch eine ordentliche Fachkompetenz an die Seite zu stellen.
Somit ermöglicht Naims Uniti Nova PE nicht nur Streaming und die Kopplung von lokalen Netzwerkquellen, sondern auch den Zugriff auf physische Speichermedien wie USB-Speicher oder SD-Karten. Bis zu 20000 Titel können vom Uniti Nova PE gelesen und in Naims hauseigener App angezeigt werden. Externe Quellen können freilich auch mit dem Uniti Nova in Verbindung gebracht werden. Tatsächlich offeriert Naim neben zwei Cinch-Eingängen sogar zwei 5-Pol-Inputs! Digital lässt sich zwischen drei Koaxial-Inputs und zwei optischen Eingängen wählen. Hat das eingegebene oder auch intern gestreamte Signal einmal die Wandlerstufe passiert, kommt eine Verstärkerschaltung vom Typ Class-AB zum Einsatz. Diese gibt das Signal mit einer Nennleistung von 80 Watt pro Kanal bei einer Ausgangsimpedanz von 8 Ohm an die Lautsprecher weiter.

Uniti Nova PE ist ein echter Hingucker
Usability
Der Uniti Nova PE wäre freilich kein gebührender Vertreter des Hauses Naim, verfüge er nicht über die ganze Bandbreite modernster Anwendungsangebote. Dazu gehört die Möglichkeit, den Uniti Nova PE in ein Multiroom-System einzubinden. Ein Anwendungsbereich, der aus vielen audiophilen Lebensrealitäten des 21. Jahrhunderts nicht mehr wegzudenken ist. Genauso gibt es die üblichen Verdächtigen an implementierten Clients, namentlich etwa Spotify Connect, Tidal, Chromecast und AirPlay 2. Daraus lässt sich treffend ableiten, dass Naim den Uniti Nova PE tatsächlich universell ansprechbar ausgeführt hat.
Sowohl der Google Assistant als auch Apple Siri wohnen in dem schicken Universal-Künstler und lassen den Nutzer von deren umfangreichen Kompetenzen profitieren. Außerdem ermöglichen die proprietären Formate von Google und Apple auch die Kopplung weiterer Geräte, wie etwa Quellen und Lautsprecher über die Google Home App, beziehungsweise die Apple Home App. Da sollte kaum ein Wunsch unerfüllt bleiben. Und falls doch, stehen ja immer noch die herkömmliche Netzwerkimplementierung nebst Roon Ready zur Verfügung. Ebenso wie der HDMI-Arc-Kanal, der den Unitiv Nova PE zum klangstarken Verwalter eines AV-Systems qualifiziert.
Preis und Verfügbarkeit
Der Naim Uniti Nova PE ist für 6.499,00 EUR beim autorisierten Fachhändler erhältlich.
Datenblatt Naim Uniti Nova PE
Allgemein | |||
Geräteklasse | Streaming-Verstärker | ||
Hersteller | Naim | ||
Modell | Uniti Nova PE | ||
Preis (UVP) | 6.499 Euro (Paar) | ||
Preiskategorie | Luxusklasse | ||
Maße (B/H/T) | 43,2 × 9,5 × 26,5 cm | ||
Gewicht | 13 kg | ||
Informationen | www.naimaudio.com | ||
Technische Daten* | |||
Unterstützte Streaming- dienste | AirPlay 2, Chromecast, Tidal, Spotify, Roon Ready | ||
Maximale Signalauflösung | 384 kHz /24 Bit | ||
Stromverbrauch | Normalbetrieb: 140 W Stand-by: <0,5 W | ||
Eingänge | 1 BNC, HDMI, USB-Ex- tern, 2 × Cinch, 2 ×Ko- axial, 2 × Optisch, 2 × DIN 5-Pol, 2 × USB-A | ||
Ausgänge | 1 × 3,5 mm-Kopfhörer, 1 × Banenenstecker, 1 × Subwoofer/Vorstufe, 1 × 4-Pol |
*Herstellerangaben
Webseite: www.naimaudio.com
Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 05/2024
► Lesen Sie hier: Test: HiFi Rose RS520 – All in One Streaming-Verstärker

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