Neat Acoustics ist für seine kompakten und sehr gut konstruierten Lautsprecher bekannt. Dabei wird immer viel Wert auf eine hohe Klangqualität gelegt. Ob die auch bei der wiederbelebten Neat Elite Classic Standbox realisiert werden kann?
What You Neat
Bob Surgeoner war und ist Musiker. Blues, Rock, Jazz, Folk, Country und Bluegrass bot und bietet er auf der Bühne und im Studio dar. Doch irgendwie gelang es nicht, den Klang, den er als Musiker so gut kannte, auch ans Mischpult zu holen. Selbst die hochgelobten Studiomonitore der BBC gaben nicht das Klangerlebnis her, was Surgeoner suchte. Deshalb gründete er 1989 die North Eastern Audio Traders oder kurz: Neat. Mit dieser Firma wollte er endlich Lautsprecher realisieren, die Musik so wiedergeben, wie Musikerinnen und Musiker sie hören und wie sie im Studio klingen muss, um sie richtig abmischen zu können.
1991 kam dann das erste eigene Lautsprechermodell, die Neat Petite, auf den Markt kam. Diese beeindruckende Schöpfung wurde über 6 evolutionäre Stufen hinweg gepflegt und blieb bis 2016 ein fester Bestandteil des Neat-Sortiments. Dann, im Jahr 2021, überraschte die Firma mit dem Jubiläumsmodell Petite 30, von dem nur 100 Paare hergestellt wurden. Im Jahr 2022 folgte die Petite Classic. Beide Lautsprecher-Modelle wurden schnell zu Publikumslieblingen. Da ist es kein Wunder, dass Neat jetzt nachlegt, und zwar mit den Standlautsprechern Neat Elite Classic.
Rückblick auf die Elite
Die Neat Acoustics Elite wurde bis 2016 produziert, wobei die Original Elite schon 1998 das Licht der Welt erblickte. Diesem Lautsprecher folgten eine SE-Version im Jahr 2003 und die SX-Edition im Jahr 2008. Ähnlich wie bei der Petite Classic behält die neue Version der Elite die äußeren Abmessungen des Originalmodells bei, verfügt jedoch über aktualisierte Treibereinheiten und eine vollständig neu gestaltete Frequenzweiche.
Das hat sich geändert
Die neue Classic-Version nutzt dieselbe Bass-Mitteltöner-Einheit wie der hauseigene R3-Konuslautsprecher von Neat. Wir erinnern uns, dieser wird auch in der Flaggschiff-Produktlinie Ultimatum verwendet. Für die oberen Frequenzen ist der Air-Motion-Tweeter (AMT) aus der Petite Classic verantwortlich. Dieser Tweeter kommt von Dayton Audio und ist mit einer Capton-Membran und verfügt über eine Oberfläche von 8,91 cm².
Die Frequenzweiche ist eine minimalistische Schaltung mit 6 dB (LF) und 12 dB (HF) pro Oktave, die hochwertige Luftspulen und Polypropylen-Kondensatoren von Jantzen verwendet. „Alle Frequenzweichenkomponenten wurden speziell für den Elite ausgewählt. Die Neat-Entwickler haben etwa vier verschiedene Kondensatormarken angehört, bevor sie sich für Jantzen entschieden haben“, verrät uns Andreas Sehlhorst vom deutschen Neat-Vertrieb Bellevue Audio. Zudem erfahren wir von ihm, dass es „im kompletten Signalweg keine Steckverbindungen gibt. Alle Chassis, die frei verdrahteten Frequenzweichenbauteile und die Terminals sind aufwendig miteinander verlötet.“

Design
Direkt nach dem Auspacken fällt auf: die Neat Elite Classic sind echt kompakte Standlautsprecher. So messen sie in der Breite 20 Zentimeter und der Tiefe nur 18 Zentimeter. Ihre Höhe inkl. Basis liegt bei 91 Zentimetern. Jeder Lautsprecher wiegt dabei 13 kg. Die angenehme Größe plus das zurückhaltende Design macht die Elite weniger auffällig als die meisten Standlautsprecher. Wir können sie uns sehr gut in einem gemütlichen Zimmer vorstellen oder in einem modernen Büro. Doch auch hier bei uns im großen 40 qm Testraum sehen sie sehr gut aus.
Was uns weiterhin ins Auge springt, ist die Bodenplatte der Elite Classic. Zwischen ihr und dem Gehäuse sind 1,9 Zentimeter hohe Abstandshalter montiert. Unter der Platte finden wir Spikes mit circa 2,2 Zentimeter Höhe. Damit sind die Elite doppelt vom Boden entkoppelt und stehen sehr sicher. Zudem ist dieser doppelte Aufbau des Fußes wichtig, da der Bassreflexausgang der Elite Classic nach unten abstrahlt. Laut Neat soll das zu einer sauberen, definierten und rhythmischen Basswiedergabe beitragen.
Da wir schon vom Bassreflex reden: auf der Rückseite der Neat Speaker finden wir eine weitere Ventilationsöffnung. Die sorgt in diesem Fall für einen noch volleren Klang, da hier zusätzliche Bassarbeit verrichtet wird, allerdings nicht ganz so tief wie die am Fuß. Wer klanglich etwas eingreifen möchte, kann diese Öffnung mittels beigelegter Schaumstoff-Stopfen verschließen. Das haben wir beispielsweise gemacht, als wir die Elite Classic direkt an die Wand stellten. Das Soundbild wurde in diesem Fall klarer.
Gehäuse
Das Gehäuse der Neat Elite Classic besteht aus MDF. Das wird in der gesamten Neat-Reihe verwendet – mit Ausnahme der „Ultimatum“-Reihe, die Multiplexschichtholz aus Birke nutzt. Wenn MDF richtig gedämpft wird, ist es eines der besten Materialien für Lautsprechergehäuse, da es sehr beständig und zuverlässig ist.
Die Seitenwände der charmanten Standlautsprecher sind 12 Millimeter und die Front ist 15 Millimeter dick. Die bitumengedämpften Seitenwände haben eine sehr geringe Energiespeicherung, während die Front eine starke und stabile Plattform für die Treibereinheiten bietet. Die Chassis werden übrigens mit M4 Stahlschrauben verankert, welche durch die Frontplatte mit T-Muttern langzeitstabil gekontert sind.

Handfertigung in England
Was wir auf keinen Fall vergessen wollen zu erwähnen ist, dass die Elite Classic in der Fabrik von Neat im nordenglischen Barnard Castle von Hand montiert wird. Das ist wichtig, denn tatsächlich wird jedes Paar wird von einer Person zusammengesetzt und getestet. Das sorgt für eine gleichbleibende Qualität bei allen Arbeitsschritten. Nach der Montage werden alle Neat Classic Lautsprecher gegen ein Referenzpaar getestet. Somit ist sichergestellt, dass jedes Paar auch wirklich so klingt wie dieses Referenzpaar.
Technik
Wie allein schon durch unsere Artikelbilder ersichtlich, sind die Neat Elite Classic als 2-Wege-Bassreflexlautsprecher konstruiert. Sie haben eine Empfindlichkeit von 86 dB pro 1 Watt und eine nominale Impedanz von 8 Ohm, mit einem Minimum von 5 Ohm. Dies macht sie zu einer guten Wahl für eine breite Palette von Verstärkern.
Die empfohlene Verstärkerleistung liegt im Bereich von 25 bis 150 Watt, was bedeutet, dass sie sowohl mit leistungsstarken Verstärkern als auch mit kompakteren Modellen gut zurechtkommen. Ihr Frequenzbereich liegt zwischen 25 Hz bis 22 kHz im geschlossenen Raum. Damit sollten diese Lautsprecher eine erstaunliche Bandbreite bieten, die sowohl tiefe Bässe als auch klare Höhen abdeckt.
Aufstellung
Jeder Raum hat eine einzigartige akustische Signatur aufgrund seiner Größe, Form, Materialien und Einrichtung. Diese Faktoren beeinflussen, wie Schallwellen reflektiert, absorbiert und gestreut werden. Um die bestmögliche Klangqualität zu erzielen, müssen Lautsprecher so platziert werden, dass sie die Raumakustik berücksichtigen. Das ist HiFi-Grundwissen. Deshalb verbringen wir Redakteure bei AUDIO TEST und Likehifi.de auch immer viel Zeit damit, die bestmöglichen Positionen für unsere Testobjekte zu finden.
Glücklicherweise ist der Aufstellort bei den Neat Elite Classic kein großes Problem. Sie sind tatsächlich relativ unempfindlich gegenüber ihrem Standort. Ob wir sie nun gerade in den Raum schallen lassen oder direkt auf unseren Sitzplatz ausrichten, macht wenig Unterschied. Sicher ist die direkte Ausrichtung auf den Hörplatz das Optimum, aber oft sitzen wir ja nicht genau dort bzw. mehrere Leute sind im Raum. Da soll der Klang ja nicht nur an einem Ort gut sein.
Deshalb sind die Neats so konstruiert, dass sie praktisch überall gut klingen. Und falls sie etwas zu kräftig werden, hilft der beigelegte Stopfen für die rückseitige Ventilationsöffnung ungemein. Deshalb sind wir bei den Elite Classic schnell sehr zufrieden mit ihrem Standort, denn sie machen es uns echt einfach.

Soundtest Musik
Generell fokussieren sich Neat Lautsprecher auf eine möglichst genaue und natürliche Wiedergabe von Musik. Dabei gehen sie aber nicht analytisch zur Sache, wie etwa jene Lautsprecher, die von Technikern entworfen werden – bei diesen stehen klar Daten und Messungen im Fokus. Das lässt solche Lautsprecher meist kühl und teilnahmslos klingen. Neat kommt aber wie eingangs erwähnt aus der Musiker-Ecke. Wenn echte Musiker einen Lautsprecher entwerfen, dann setzen sie den Schwerpunkt genau auf das: die lebendige und mitreißende Wiedergabe des Sounds.
Das beweisen die Neat Standlautsprecher als wir etwa Jazzstandards interpretiert von Nina Simone und Michael Bublé hören. Das Abbild der Instrumente und Vocals ist wahnsinnig raumfüllend. Die komplexen Arrangements und subtilen Nuancen nebst dem Hall werden präzise und super klar herübergebracht. Die Bühne ist hervorragend breit und ragt weit in unseren Hörraum hinein.
Dieses Gefühl, was andere Lautsprecher manchmal hervorrufen, als wäre eine Wand im Zimmer, hinter der sich die Musik abspielt, das kennen die Elite Classic überhaupt nicht. Sie verwandeln den Raum des Hörers kurzerhand in den Jazzkeller oder das Studio, indem Bublé oder Simone gerade mitsamt Band musizieren.
Die ausgewogene Klangsignatur mit dem sehr gut temperierten und doch beeindruckenden Bass lässt uns staunen, was diese „kleinen“ Standlautsprecher alles draufhaben. Auf die Idee, dass sie unseren Testraum nicht beherrschen könnten, weil sie vielleicht etwas zu klein dimensioniert sind, kommen wir zu keinem Zeitpunkt.
Strawinsky
Nach dem Ausflug in die Jazzszene machen wir uns an Strawinsky. Es ist Zeit für den Feuervogel und den „Tanz der Jungen Mädchen“ aus der Frühlingsweihe. Wie wir es bereits bei den Jazzstandards erleben durften, vollbringen die Neats genau dieses Wunder wieder. Wir hören nicht nur die Musik, wir spüren sie. Wie erleben das Konzert als wären wir wirklich dabei. Wir sehen genau, wo die Musikerinnen und Musiker sitzen. Wir erleben, wie sie Noten blättern oder auf ihren Stühlen hin- und her rutschen.
Der Konzertsaal wird lebendig und baut sich um uns herum auf. Das ist ein fantastisches Erlebnis, was einem nur ganz wenige Lautsprecher erlauben. Die Neat Elite Classics gehören dazu. Dabei sei erwähnt, dass sie sich trotz aller Lebendigkeit niemals anschicken, Details zugunsten der Spiellust zu vernachlässigen. Sie bleiben immer eng am Material, aber eben nicht mit analytischer Kühle, sondern mit großer Freude am Klang.
Verstärkervergleich
Jetzt schließen wir die Neat Elite Classic Standboxen an Verstärker verschiedenen Kalibers an. Sie laufen an einem Luxus-Gerät (Class AB), an einem Mittelklasse Amp mit Class-D-Schaltung und an einem volldigitalen Verstärker. Mit allen Geräten kommen sie prima klar. Sie geben den typischen Sound des jeweiligen Gerätes exakt wieder, verkrümmen sich aber dabei nicht.
Zudem stellen wir fest, dass sie gern mit potenteren Amps zusammenarbeiten. Ist die Leistung geringer, müssen wir den Lautstärkeregler doch ganz schön hochdrehen. Hier macht sich der relativ geringe Wirkungsgrad der Elite Classic bemerkbar. Aber das ist auch das einzige Manko, was wir bei diesen Standlautsprechern aus England sehen.
TV und Film
Da der Verfasser dieses Testes ein großer Film- und Serienfreund ist, werden die Elite Classic auch als TV-Lautsprecher „missbraucht“. Hier zeigt sich, dass sie auch dort brillieren. Sie geben Stimmen derart plastisch wieder, dass man selbst den „Nuschelhelden“ schlechthin, Till Schweiger, versteht. Und das will schon was heißen. Auch sonst trennen sie wundervoll die Soundkulisse von den Stimmen, ohne das Gesamtbild zu vernachlässigen.
Zudem sind die Atmosphären wie Vogelzwitschern oder der Wind in den Bäumen greifbar, fast so, als ob wir einer Dolby Atmos Wiedergabe lauschen würden. Das ist schon sehr beeindruckend und zeigt, dass wirklich gute Lautsprecher nicht nur Musik wiedergeben können. Sie geben einfach allen Tönen die Lebendigkeit, die wir brauchen, um Spaß an ihnen zu haben.
Preis und Verfügbarkeit
Die Neat Elite Classic Standlautsprecher sind beim spezialisierten Fachhändler für 3.898 Euro das Paar erhältlich.
Datenblatt Neat Elite Classic
Allgemein | |||
Geräteklasse | Standlautsprecher | ||
Hersteller | Neat Acoustics | ||
Modell | Neat Elite Classic | ||
Preis (UVP) | 3.898,00 Euro (Paar) | ||
Preiskategorie | Mittelklasse | ||
Maße (B/H/T) | 20 × 90 × 18 cm | ||
Gewicht | 13 kg | ||
Informationen / Vertrieb | www.bellevueaudio.de | ||
Technische Daten* | |||
Arbeitsweise | passiv | ||
Bauform | 2-Wege-Bassreflex | ||
Frequenzverlauf | 25 Hz− 22 kHz | ||
Empfindlichkeit | 86 dB/1 Watt | ||
Raumempfehlung | von 20 m² bis 40 m² | ||
individuelle Klangeinst. | nein | ||
Ausgänge | Klemme/Stecker |
*Herstellerangaben
Webseite: www.neatacoustics.com/elite-classic/
Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 08/2023
▶ Lesen Sie hier: Test: Neat Acoustics Iota Xplorer Standlautsprecher – All you need is Neat

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Bildquellen:
- Neat Elite Classic – Titel: Auerbach Verlag