Austrian Audio trägt das Statement bereits im Namen. Nach der für Fans der Marke AKG traurigen Übernahme durch Samsung, wird in Wien die Fahne des Traditionsunternehmens unter neuem Namen weiter hochgehalten. Wir waren neugierig, ob der Referenzkopfhörer Austrian Audio The Composer und der dazugehörige Kopfhörerverstärker Full Score One dem ehrwürdigen Erbe gerecht werden können und habe beide Produkte zum Test in die Redaktion bestellt.
Der Gesang des Phönix
Als goldenes Zeitalter des HiFi gelten gemeinhin bekanntermaßen die 1960er und 70er Jahre, als unzählige kleine Tüftler in ihren Kellern und Garagen mit kleineren und größeren Basteleien Grundsteine für teils international ungemein erfolgreiche Unternehmensgeschichten legten. Bowers & Wilkins, Technics, KEF, Canton – you name it. Dieser Generation verdanken wir viele der ganz großen Namen der Branche.
Allerdings gibt es freilich auch die Pioniere. Die Wegweiser, die Hersteller der ersten Stunde. Elektroakustik-Dino Elac allen voran, Denon, Sennheiser und auch die österreichische HiFi-Koryphäe AKG gehören freilich dazu. Letztere betrat bereits im Jahr 1947 die Bühne als Akustische und Kino-Geräte-Gesellschaft. Als viele andere heute nicht mehr wegzudenkende Hersteller in den 60ern und 70ern das Licht der Welt erblickten, durfte AKG bereits ob einer staatlichen Auszeichnung das Österreichische Staatswappen im Geschäftsverkehr anführen.
In den 1980er Jahren war das Unternehmen bereits so gewachsen, dass AKG nicht mehr nur mit der Fertigung eigener Produkte, sondern auch mit Vertrieb anderer Hersteller wie Marantz und Revox beschäftig war. Sowohl in Privatanwendung als auch im professionellen Segment gehörte AKG nun schon lange zu den renommiertesten und bestverkauften Marken der gesamten Branche.
Legendäre Geräte wie etwa der offene Kopfhörer K 240 sind noch heute in jedem gut ausgestatteten Tonstudio anzutreffen. Für die Salzburger Festspiele 1955 entwickelte AKG sogar ein Mikrofon einzig den Ansprüchen Herbert von Karajans entsprechend.

Renaissance
Desto lauter war der Knall, als Mutterkonzern Harman 2017 – der AKG 1993 für den Preis von einem symbolischen Schilling erwarb – bekanntgab, im Zuge der Übernahme durch Samsung alle Standorte AKGs in Österreich zu schließen. Die Schließung des Werks in der Laxenburger Straße in Wien mit der Entlassung aller 130 Angestellten markierte das Ende einer Ära.
Als europäischer Premiumhersteller gehört AKG der Geschichte an und existiert nunmehr lediglich als prominente Marke im Portfolio eines fernöstlichen Tech-Giganten und dient dort der marketingtauglichen Aufwertung eigener Produktlinien.
Ein Tatsachenkomplex, den nun freigestellte Mitarbeitende des so traditionsreichen Unternehmens nicht tatenlos hinnehmen wollten, woraufhin sie Austrian Audio aus der Taufe holten. Wie der Phönix aus der Asche konnte Austrian Audio direkt an die anspruchsvolle Qualität AKGs anknüpfen. Wie soll es auch anders sein, wenn sich 22 Mitarbeitende aus Produktentwicklung und Management von AKG zusammentun und all ihre Erfahrung und Expertise verbinden.
Dabei ist es Austrian Audio jedoch ein dringendes Anliegen, nicht in der Vergangenheit zu verharren, sondern der Zukunft zugewandt dem großen Erbe österreichischer HiFi-Kunst zu neuen Höhen zu verhelfen.
Dabei wird es freilich allerhöchste Eisenbahn, dass die Wiener Schmiede auch mal auf Likehifi.de mit einer ausführlichen Besprechung Aufmerksamkeit erfährt, was wir mithilfe des Premium-Kopfhörers Austrian Audio The Composer und dem audiophilen Kopfhörerverstärker Full Score One endlich angehen möchten.
Austrian Audio Full Score One
Mit dem Full Score One offerieren die Österreicher einen hochwertigen Kopfhörerverstärker Made in Austria. Der knapp anderthalbtausend Euro schwere Kopfhörer-Amp ist als diskreter, komplett analog geschalteter Verstärker konzipiert und macht bereits vor dem ersten Ton einen vielversprechenden Eindruck.
Das äußerst robust ausgeführte, dennoch gleichzeitig elegant abgerundete Aluminium-Gehäuse wird frontseitig durch ein leicht abgesetztes Bedien-Panel komplettiert. Hier finden wir zwei Klinken-Outputs und hinter einer edlen, schiebbaren Blende einen Vierpol-Anschluss. Ganz rechts befindet sich ein schlichter, aber haptisch wie optisch überaus ansprechender Drehregler zur Lautstärkeeinstellung. Gegenüberliegend sind zwei schwerfällige Drucktaster versenkt.
Einer schaltet das Gerät ein und aus, der andere aktiviert Austrian Audios proprietäre True Transient Technology. Diese bezeichnet ein eigenes diskret aufgebautes Schaltungskonzept, dass die Reaktionsschnelligkeit des Amps von 6 µs auf unglaubliche 0,25 µs erhöht, um vor allem hochfrequente Transienten impulsschnell wiederzugeben. Dafür verzichtet dieses diskrete Schaltungskonzept auf jegliche integrierte Schaltkreise im Signalpfad.
Die vollsymmetrische Verstärkerschaltung mit einer kaskodierten Paralleldifferenzverstärkereingangsstufe und einer Dreifachausgangsstufe ist in Class-B-Manier gefertigt und gibt sich daher alles andere als wählerisch bei der Wahl des angeschlossenen Kopfhörers. Von hochsensiblen 10 Ohm-Wandlern bis zu rigiden 300 Ohmern treibt der Full Score One alles an, was ihm vorgesetzt wird.
Eingangsseitig lässt sich der Kopfhörerverstärker entweder asymmetrisch via Cinch oder symmetrisch via XLR ansteuern.

Austrian Audio The Composer
Freilich empfehlen die Wiener für ein optimales Austrian Audio Erlebnis eine Zusammenstellung aus dem Kopfhörerverstärker Full Score One und ihrem Premium-Referenzkopfhörer The Composer. Eine Empfehlung, der wir selbstverständlich sehr gerne nachgehen.
Sowie wir den Composer aus dem eleganten Holzkoffer heben, spüren wir direkt das hochkarätige Erbe, von dem Austrian Audio profitieren darf. Der nur aus besten Materialien und ohne Makel verarbeitete offene Kopfhörer gefällt direkt ob seiner leichten und gleichzeitig überaus stabilen Konstruktion. Die von einem feinmaschigen aber robusten Gitter geschützten, dreh- und neigbaren Ohrmuscheln werden dabei nur von kleinen Verbindungsbrücken fixiert, die auch die Anschlüsse des Composers beherbergen. Diese sind als kleine Bananenstecker ausgeführt, und veredeln den Gesamteindruck des Kopfhörers zusätzlich.
Auch ein Blick auf die technische Ausstattung des Austrian Audio Composers schmälert diesen Eindruck kein Stück. Als Treiber wurde dem Modell eine neu gestaltete Variante von Austrian Audios Hi-X-Wandler spendiert. Dieser vertraut auf einen 49 Millimeter messenden Treiber mit einer Diamond like Carbon beschichteten Membrankuppe. Angetrieben von einem Ringmagnetsystem mit N52-Magneten verspricht diese Konstruktion einen verbesserten Luftstrom und nimmt die Bewerkstelligung des stärksten Magnetfelds seiner Klasse in Anspruch.
Besonderen Tragekomfort verspricht der Hersteller zum einen ob des geringen Gewichts des Austrian Audio Composers von lediglich 385 Gramm und dank der weichen ledernen Ohrpolster und dem leichten Kopfriemen. Dieser lässt sich freilich auf verschiedene Kopfgrößen anpassen. Hier gefällt uns der von Austrian Audio eingerichtete Mechanismus, der ob eines fixierten Rasters nicht Gefahr läuft, sich selbstständig zu verstellen.
Es gibt ja Modelle, die nach längerem Tragen dem Ruf der Schwerkraft folgen und regelmäßig nachjustiert werden wollen, was durchaus auf die Nerven gehen kann. Der Austrian Audio The Composer macht hier also alles richtig. Bei einer Impedanz von 22 Ohm kommt der Kopfhörer übrigens auf einen überzeugenden Frequenzgang von 5 Hz – 44 kHz. Die maximale Nennbelastbarkeit des Kopfhörers gibt der Hersteller mit 160 Milliwatt an.

Kongeniales Duo
Wir beginnen den praktischen Teil dieser ersten Besprechung von Austrian Audio mit unserem Album des Monats „Purple Rain“ von Prince and The Revolution. Direkt beim ersten Titel „Let’s Go Crazy“ besticht die Kombo aus Kopfhörer The Composer und Kopfhörerverstärker Full Score One mit einer wirklich herausragenden Räumlichkeit. Es kommen beinahe Atmos-Gefühle auf, so verblüffend mehrdimensional ist die spatiale Staffelung der einzelnen Stimmgruppen.
Während die kurzen perkussiven Versatzstücke wirklich weit vom Rand des Stereopanoramas her erklingen, steht die Rhythmusgitarre zunächst tief im Raum direkt neben den Synths. Noch davor ist das Schlagzeug positioniert. Zwischen Princes Lead Vocals und uns schieben sich nur die Backings. Bei „Take Me with U“ verstärkt sich dieser Eindruck. Schlagzeug und Vocals sitzen direkt vor uns, Synthies und Streicher tief eingerückt und abrundend flankiert von Gitarre und Chor.
Beim namensgebenden Superhit des Albums rückt nun die Gitarre an die Stelle der Drums, die neben Prince in einen wunderbar transparenten analogen Hallraum gehüllt werden. Dabei brilliert das kongeniale Duo aus Amp und Kopfhörer auch dank einer wirklich ausgezeichneten Abstimmung.
Besonders hervorheben lässt sich diese anhand des fabelhaften Falsetts von Radioheads Frontman Thom Yorke. Bei „Exit Music (For a Film)“ sind die feinen Transienten seiner Stimme präzise herauszuhören. Vom Glottisschlag bei „Wake“ bis zum Labiallaut bei „Sleep“ – die Transparent Transient Technology des Full Score findet beim Composer wirklich einen kongenialen Partner, der jedes noch so kleine Detail haarfein nachzubilden versteht.
Dabei kommt auch die fein schimmernde Obertonstruktur der Akustikgitarre wunderbar zur Geltung. Gerade mit dem Einsatz der staubtrockenen Drums lässt sich jede Kette der Snare beinahe einzeln nachempfinden, genauso wie jede einzelne Schwingung des knarzig schneidenden Sägezahn-Oszillators des Basses.

Gesang des Phönix
Schließlich wollen wir jedoch auch ein symphonisches Werk konsultieren. Das Adagietto aus Mahlers fünfter Sinfonie, gespielt von den Berliner Philharmonikern unter der Leitung des großen Herbert von Karajan scheint uns ideal. Das Duo aus Wien zeigt sich hier unfassbar feinsinnig und macht seinem Namen alle Ehre: der Composer verarbeitet das Material des Score (zu Deutsch: Partitur) mit viel Fingerspitzengefühl. Nicht nur die spektrale und spatiale Abstimmung des Duetts zeugt von großer Musikalität.
Im melancholischen Adagietto brilliert die Kette auch ob ihres herausragenden dynamischen Talents. Die wogenden Lautstärkevariationen, welche Karajan dem Orchester abgewinnt, transportieren Composer und Full Score mit solch einer Hingabe, dass es schlicht zum Träumen einlädt. Selbst kleinste Variationen wissen die beiden problemlos zu übertragen. Der Klang des Duos ist dabei stets ausgewogen und präzise.
Für uns stand bereits vor dem Test außer Frage, dass wir es bei einem Debüttest der Kopfhörer-Referenzkette Austrian Audios mit einem außergewöhnlich audiophilen Setup zu tun bekommen. Dass die Österreicher jedoch aus dem Stand eine Referenzklasse attestiert bekommen, ist freilich per se ein herausragendes Gütesiegel.
Preis und Verfügbarkeit
Der Austrian Audio Referenzkopfhörer The Composer und der Headphone-Amp Full Score One sind für 2.499 Euro (The Composer) und 1.499 Euro (Full Score One) beim Fachhändler oder direkt bei Austrian Audio erhätlich.
Anm. d. Red.: Der Austrian Audio Full Score One Kopfhörerverstärker erreichte in unserem Test eine Gesamtwertung von 92 % und „ausgezeichnet“.
Datenblatt Austrian Audio The Composer
Allgemein | |||
Geräteklasse | Kopfhörer | ||
Hersteller | Austrian Audio | ||
Modell | The Composer | ||
Preis (UVP) | 2.499 Euro | ||
Preiskategorie | Luxusklasse | ||
Maße (B/H/T) | 21,5 x 20 x 9 cm | ||
Gewicht | 385 g | ||
Informationen | www.austrian.audio | ||
Technische Daten* | |||
Arbeitsweise | passiv | ||
Bauform | Over-Ear, offen | ||
Frequenzverlauf | 5 Hz – 44 kHz | ||
Verbindung | Kabel | ||
Anschlüsse | Vierpol, Klinke | ||
Impedanz | 22 Ohm | ||
Ohrpolster | Leder |
*Herstellerangaben
Webseite: www.austrian.audio
Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 05/2024
► Lesen Sie hier: Test: Vincent KHV-200 Kopfhörerverstärker

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Bildquellen:
- Austrian_Audio_The_Composer_Test_01: Auerbach Verlag
- Austrian-Audio-The-Composer-Headphone-Test-Reviewl: © Austrian Audio (alle)