HD Vinyl Insolvenz Loibl Interview

Update Rebeat-Insolvenz: Günter Loibl (CEO) zum Aus und der Zukunft von HD-Vinyl

Nach unserer kürzlichen Meldung über die Insolvenz von Rebeat Innovation und dem damit verbundenen Aus für HD-Vinyl, konnten wir heute mit Günter Loibl, dem CEO & Founder der Firma sprechen. Wie geht es mit der HD Vinyl weiter und was waren die Ursachen fürs Aus?

Eigentlich klang die Idee von Rebeat und der HD-Vinyl so einfach: Mittels modernster Digitaltechnik ein 3D Modell einer Schallplatte erstellen. Dieses Modell dann mit einem Laser in ein Keramikmaster brennen und damit Schallplatten pressen, die unserem heutigen Vinyl in Spieldauer, Lautstärke und auch Detailtreue überlegen sind. Doch diese Idee der High Definition Vinyl war dann doch nicht so einfach umzusetzen, wie gedacht. Rebeat, das Unternehmen hinter der HD Vinyl musste kürzlich Insolvenz anmelden.

Das Aus der HD Vinyl: Was passierte bei Rebeat Innovation?

Analog schlägt digital

Um eine Schallplatte zu pressen, braucht es ein Master von dem eine Pressmatritze (eine Art Negativ der Schallplatte) erstellt wird (► lesen Sie hier unseren Report aus dem Plattenpresswerk). Die Pressmatritze presst den Presskuchen (ein gummiartiger Klumpen aus PVC) zu einer Schallplatte. Um das Master zu erstellen, ritzt eine Schneidemaschine in eine Lackfolie – eine mit Lack beschichtete Aluminiumscheibe – die „Musik“ ein. Die Schneidemaschine ist also eine Art umgedrehter Plattenspieler. Statt Musik aus der Rille zu erzeugen, ritzt sie die eingespeisten Töne mit einem Schneidstichel als Rille in die Platte.

Die bekanntesten Schneidemaschinen stammen dabei von Neumann und haben heute einen legendären Ruf. Dass dieser Ruf nicht unbegründet ist, musste auch Rebeat Innovation feststellen. Wie uns Günter Loibl (CEO & Founder von Rebeat) mitteilte, arbeiten die analogen Neumann-Schneidemaschinen mit einer Genauigkeit von unter einem Nanometer.

Günter Loibl CEO Rebeat hd vinyl
Günter Loibl (CEO) von Rebeat stand uns
Rede und Antwort (Bild: hdvinyl.org)

Zum Vergleich: Die besten Chiphersteller kommen aktuell auf 3 Nanometer Genauigkeit. Das bedeutet, Rebeats Idee, dass Master rein digital zu erstellen und das in besserer Qualität als mit der analogen Technik, funktionierte nicht. „Die digitale Technik ist noch nicht so weit, um die erforderliche Genauigkeit zu erreichen“, gibt Günter Loibl in unserem Gespräch ganz offen zu.



Ein weiteres Problem: Die Presswerke

Eigentlich wollte Rebeat Innovation nur den Keramikstempel für die Produktion der HD-Vinyl fertigen, der dann den PVC-Klumpen zu einer Schallplatte presst. Doch leider sahen und sehen die Presswerke das anders. Einen anderen Stempel zu verwenden, stellt neue Anforderungen an die Presse. Diese vorzunehmen, dazu waren aktuell die meisten Presswerke nicht bereit.

Förderung eingestellt

Die FFG ist die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft, die Start-ups in Österreich unterstützt. Das tat sie auch bei Rebeat Innovation, aber eine Anschlussförderung kam leider nicht zustande, weshalb Rebeat Innovation jetzt die Reißleine zog – bzw. ziehen musste.

Doch Günter Loibl und sein Team machen weiter

Das Ende einer Idee, bedeutet noch lange nicht das Aus für die Sache an sich.

„Ich bin ein Kämpfer und lasse mich nicht so schnell unterkriegen. Und immerhin haben wir in den letzten 6 Jahren jede Menge Know-how und Wissen erarbeitet, was wir in Zukunft nutzen wollen.“

(Günter Loibl im Gespräch mit AUDIO TEST)


Laser analog steuern

Auf Basis dieser Erfahrungen und des Wissens, wollen Loibl und sein Team weitermachen. Ihre Idee ist es, den Fertigungsprozess des Masters zu optimieren. Dazu wollen sie alle Schritte, die nicht die Aufzeichnung des Audiosignals betreffen, digitalisieren. Sie wären damit immer 1:1 reproduzierbar.

Das Schneiden der Rille in den Master soll analog geschehen, aber mit einem entscheidenden Unterschied zum bisherigen Verfahren: Statt eines Schneidestichels soll ein Laser zum Einsatz kommen. Und wie geschrieben, dieser wird analog gesteuert, genau wie der sonst übliche Stichel in einer Schneidemaschine. Das hat den Vorteil, dass man auch sehr hohe Frequenzen in den Master einschneiden kann.

„Ein herkömmlicher Stichel würde dabei überhitzen und abbrennen. Das kann mit einem Laser nicht passieren.“ so Günter Loibl.

Außerdem kann das Pre-Delay (Vorecho der vorhergehenden Rille) beim Laserschnitt eliminiert werden. Weitere Optimierungen sind ebenfalls möglich, würden aber den Rahmen dieses Artikels sprengen.

Mithilfe von 3D-Software wird aus der Audiodatei eine Schallplattenlandschaft. Diese ist später Vorlage für einen Spezial-Laser. Dank des Modells können viele Schallplattenprobleme korrigiert werden, so kann zum Beispiel ein Tangentialfehler behoben werden. (Bilder: Rebeat)

Test des Verfahrens im Herbst 2022

Der erste große Test dieses Verfahrens – einige kleinere gab es bereits – soll im Herbst 2022 stattfinden. Günter Loibl freut sich sehr darauf, das hörten wir in unserem Gespräch deutlich. Gelingt dieser Test wollen er und sein Team weitermachen, um dann doch noch den Traum von HD-Vinyl zu verwirklichen.

Wir von AUDIO TEST drücken auf jeden Fall die Daumen und dass nicht ohne Eigennutz. Denn eine neue Evolutionsstufe des Vinyls eröffnet allen Fans vom analogen Klang neue Möglichkeiten Musik zu entdecken.

Mehr Infos unter: www.hdvinyl.org

► Lesen Sie hier: HD Vinyl gefloppt – Rebeat meldet Insolvenz an

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Bildquellen:

  • Günter Loibl – CEO Rebeat (HD-Vinyl): Rebeat Innovation