Tonband – High End vom Band Reel To Reel Tape Band Machine
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Hintergrund: Tonband – High End vom Band

Ist das Tonband nicht längst tot? Falsch: Heute besinnt man sich wieder seiner außergewöhnlichen Klangeigenschaften. So ist es vermehrt wieder die Krönung einer hochwertigen High-End-Anlage und sorgt für unvergessliche Klangerlebnisse.

Die Bandmaschine kann exzellente Arbeit leisten und dabei für Hörerlebnisse sorgen, die nicht einmal von der Schallplatte befriedigt werden können. Diese alte Technik versteht es sogar, noch mehr aus modernen Digitalaufnahmen herauszuholen. Aber woran liegt das?

Geschichtlicher Rückblick

Das Tonbandgerät, früher auch Magnetophon genannt, feiert heuer seinen achtzigsten Geburtstag. Auf der Berliner Funkausstellung 1935 stellte AEG mit dem „K1“ das erste mit Bändern arbeitende Tonbandgerät vor. Bereits zuvor gab es Geräte, die auf einen Stahldraht aufzeichneten, sich aber wegen unzähliger Mängel nicht durchsetzen konnten. Das K1 arbeitete mit einer Bandlaufgeschwindigkeit von 1 m/s und ließ Aufnahmen von bis zu 20 Minuten am Stück zu. Sein Frequenzgang war mit maximal 6 kHz noch bescheiden. Seiner raschen Weiterentwicklung hat es das Tonband zu verdanken, dass es bereits ab 1938 in den deutschen Rundfunkstudios (Modell K4) zunehmend zum Einsatz kam. Einen Meilenstein in der Tonaufzeichnung stellte das 1943 vorgestellte K7 dar. Es verfügte erstmals über einen Zweispur-Tonkopf und ließ Stereo-Aufnahmen zu, was der Reichssender Berlin auch reichlich nutzte und hunderte hochwertige Stereo-Aufnahmen von Konzerten herstellte. Ein Teil davon hat den Krieg überlebt und versetzt uns noch heute mit seiner nicht nur für damalige Verhältnisse erstklassigen Tonqualität in Erstaunen. Ab den 1950ern wurden Tonbandgeräte für den Heimgebrauch angeboten. Wenige Jahre später folgten erste Stereo-Modelle, die bereits die noch heute gültigen HiFi-Kriterien mit links schafften. Seine Blütezeit erlebte das Tonband während der sechziger und siebziger Jahre, danach wurde es allmählich vom Kassettenrekorder verdrängt. Dieser war zwar auch ein Tonbandgerät, erlaubte aber wegen des in ein Gehäuse eingebauten Bands eine komfortablere Bedienung. An die Audioqualität eines großen Spulentonbandgeräts konnte das Kassettendeck jedoch nie aufschließen. Ende der Achtziger liefen die letzten Tonbandmaschinen vom Band. Der einzigartigen Qualität von Geräten von Revox oder Studer ist es zu verdanken, dass sie bis heute unter HiFi-Enthusiasten heiß begehrt sind.

Analoge Vollendung

Das Tonband stellt die Krönung der analogen Tonaufzeichnung dar. Sie liegt der verwendeten Bandlaufgeschwindigkeit und beschriebenen Bandfläche zugrunde, was insbesondere für die im High-End-Bereich üblichen 38 cm/s und Halbspurtechnik zutrifft. Bei ihr werden besonders viele Magnetpartikel entsprechend der zu speichernden Toninformationen auf dem Band ausgerichtet, wobei jedes noch so kleine akustische Detail Berücksichtigung findet und das krasse Gegenteil von Datenkompression, die ja immer auch einen Verlust von Informationen darstellt, bedeutet. So sorgt das Tonband für vollendete Wiedergabe. Kein Wunder also, dass es bis weit ins CD-Zeitalter als Ausgangsmaterial zur Plattenproduktion diente. Egal ob Studioalben oder Live-Mitschnitte – sie alle wurden zunächst auf Band aufgenommen und daraus Masterbänder erstellt. Womit das Tonband lange Zeit an erster Stelle noch vor der CD und Schallplatte stand. Damit vereint es alle klanglichen Vorzüge, die Liebhaber der Schallplatte so sehr schätzen. Da die LP aber nur eine Kopie des Bands ist, klingt sie auch schlechter als das Original – also als das Band. Gleiches trifft sinngemäß auch auf zumindest ältere CD-Veröffentlichungen zu.

Tonbandmaschinen

Es ist kein Geheimnis, dass die letzten Tonbandmaschinen vor etwa 25 Jahren die Fabrikshallen verlassen haben. Womit wir es im wahrsten Sinne des Wortes mit Oldtimern zu tun haben. Spezialfirmen haben sich auf die Restauration dieser alten Schätze spezialisiert. Unter ihren fachkundigen Händen entstehen in liebevoller, bis ins kleinste Detail führende Handarbeit wieder „neue“ Maschinen, die höchsten Anforderungen, sowohl was den Betrieb als auch die Wiedergabe betrifft, erfüllen. Keine Frage, dass sich so etwas nicht mit kleinem Geld realisieren lässt. Womit man für eine restaurierte Bandmaschine durchaus einen mittleren vierstelligen Euro-Betrag veranschlagen muss. Dafür bekommt man aber auch richtig viel geboten. Denn die restaurierten Geräte entstammen durchweg der Spitzenklasse ihrer Zunft, die von Herstellern wie Ferrograph, Nagra, Revox oder Studer geprägt sind. Diese stellten schon in den Siebzigern und Achtzigern das Maß der Dinge dar und repräsentieren es noch heute. Bei ihnen handelt es sich durchweg um Halbspur-Geräte, die mit der Profi-Standardgeschwindigkeit von 38 cm/s arbeiten, je nach Modell zusätzlich aber auch 19 oder 9,5 cm/s unterstützen.

Tonbandmaschinen harmonisieren übrigens vortrefflich mit moderner Technik. Es spricht nichts dagegen, sie gemeinsam mit einem Mediaplayer an einem High-End-Verstärker zu betreiben. Zudem sind sie so etwas wie ein Eyecatcher, wie etwa eine alte, kostbare Vase. Beide vereinen Zier und Funktionalität.

Stichwort: Geschwindigkeit

Die Vorschub-Geschwindigkeit des Bands bestimmt die Aufnahmequalität. Masterbänder in Tonstudios wurden durchweg mit 76 cm/s aufgenommen. Im Rundfunk waren 38 und 19 cm/s üblich. Für Heimanwendungen kamen meist 9,5 cm/s und für Sprachaufnahmen 4,75 cm/s zum Einsatz. Sie erlaubten längere Spielzeiten pro Bandseite und senkten damit gleichzeitig die Bandkosten. Allerdings wurden längere Spielzeiten auf Kosten der Aufnahme- und Wiedergabequalität erkauft. Die meisten Tonbandgeräte hatten zwei bis drei Geschwindigkeiten an Bord. Womit man selbst entscheiden konnte, ob für eine Aufnahme eine möglichst hohe Wiedergabegüte oder lange Spielzeit gefordert war. HiFi-Freaks nutzen bevorzugt 38 cm/s, da sie für das natürlichste Klangbild und eigentlich nicht mehr wahrnehmbares Rauschen sorgt. Auch 19 cm/s liefern noch ausgezeichnete Klangerlebnisse. Darunter steigt das Bandrauschen aber merklich an und auch der gespeicherte Frequenzbereich sinkt.

Auf Kompatibilität achten

Tonbandmaschinen lassen sich in zwei Kategorien, nämlich Halb- und Viertelspur-Geräte, einteilen. Halbspur-Geräte sorgen für die beste Tonqualität, da sie für einen Audiokanal die halbe Bandbreite nutzen. Mit einem Halbspur-Gerät lässt sich ein Band in Mono in beiden Richtungen bespielen. In Stereo kann es nicht umgedreht werden. Viertelspur-Geräte besitzen je zwei Tonspuren pro Laufrichtung. Wird ein Band in Stereo bespielt, kann es einmal umgedreht werden. In Mono hat es sogar vier Seiten. Wobei man in einer Laufrichtung stets aus zwei Aufnahmen auswählen kann. Aufgrund der Anordnung der vier Spuren können in Viertelspur-Technik aufgenommene Bänder nicht auf Halbspur-Maschinen abgespielt werden. Da zudem nicht jedes Gerät alle Geschwindigkeiten unterstützt, kommt es auch darauf an, ob man ein fremdes Band abspielen kann.

Tonband – Neu entdecken

Ein Tonband ist nicht nur Labsal für die Ohren, sondern auch eine wahre Augenweide. Ein Band hören, will zelebriert werden. Dazu haben wir uns für Gershwins Rhapsody in Blue entschieden, die es als Kaufband gibt. Zunächst ist die volle Spule auf den linken Teller zu legen und das Band einzulegen. Wobei es über Umlenkrollen am Tonkopf vorbeizuführen ist. Weiter ist das Band an der leeren Spule zu fixieren. Idealerweise so, dass es dabei nicht zerknittert wird. Erst nachdem die benötigte Geschwindigkeit und der Aufnahmemodus, bei uns Halbspur Stereo, eingestellt wurden, wird der Steuerknüppel auf Wiedergabe gestellt. Nahezu lautlos beginnen sich die beiden Spulen mit 38 cm/s zu drehen. Zunächst absolute Stille. Und dann erklingt wie aus dem Nichts das temperamentvoll gespielte Klaviersolo zu Beginn der Rhapsody in Blue, gefolgt vom mit aller Wucht einsetzenden Orchester. Rasend schnell zieht uns die Aufnahme mitten ins Geschehen. Der alte Spirit der Tonbandmaschine nimmt uns voll und ganz ein, sorgt für Lebendigkeit, Authentizität und räumliche Darstellung. Er umgarnt uns mit wärmenden, wohltuenden Klang, beschneidet aber auch nicht die ungebremste Wucht des aufbrausenden Orchesters. Jedes noch so unscheinbare akustische Detail wird glasklar wiedergegeben. Das, was vom Band weg unsere Ohren erreicht, lässt sich selbst mit Superlativen kaum beschreiben. Bei geschlossenen Augen meint man sich im Konzertsaal und das Gebotene hier und jetzt live zu erleben. Kein Gedanke daran, dass das „nur“ ein Tonband ist. Ähnlich bewegende Aufnahmen kennen wir von heute üblichen digitalen Audio-Speichermedien nur von Einspielungen neuren Datums. Das Aufnahmedatum der auf der Tonbandmaschine liegenden Rhapsody in Blue ist auf der Rückseite der Band-Aufbewahrungsbox aufgedruckt: 15. Dezember 1958! Also 57 Jahre alt und doch so neu.

Bespielte Bänder

Die einzigartige Performance kommt nicht von ungefähr, sondern ist einer kleinen österreichischen Spezialfirma zu verdanken, die sich auf 1 : 1-Kopien analoger Masterbänder spezialisiert hat. Dazu kommt nicht nur erlesenes Equipment zum Einsatz. Jeder Überspielvorgang wird zudem peinlichst überwacht. Auf jeder Spule verrät ein Aufkleber, um welche Kopie es sich handelt und wann sie hergestellt wurde. Die in Handarbeit erstellten Kopien stehen klanglich weit über dem, was wir von einer Schallplatte erwarten dürfen. Im laufend erweiterten Programm unserer im burgenländischen Neusiedl am See ansässigen Firma finden sich zahllose Perlen zeitloser Einspielungen der Genre Jazz, Big Band, Blues und Klassik. Neben dem höchsten Augenmerk an Aufnahmequalität wird selbstverständlich auch auf erstklassiges Bandmaterial und hochwertige Spulen geachtet. Um solche Bänder wiedergeben zu können, braucht es eine der großen Halbspur-Bandmaschinen, die 26,5-cm-Spulen aufnehmen und für diese Klasse üblich, mit 38 cm/s wiedergeben.

Unbespielte Bänder

Hochwertige Studio-Magnetbänder sind nach wie vor als Neuware im darauf spezialisierten Fachhandel zu erstaunlich niedrigen Preisen erhältlich. Zum Teil werden alte, noch unbespielte Bänder auch auf Versteigerungsplattformen angeboten. Damit steht nichts im Wege, eine Bandmaschine nach Lust und Laune zu nutzen. Egal, ob es um die Wiedergabe gekaufter Bänder geht, oder man selbst zum Beispiel Live-Events aufnimmt.

Keine Randerscheinung

Klar geben im 21. Jahrhundert Multimedia-Player und allgemein digitale Medien im High-End-Sektor den Ton an. Dennoch sind analoge Bandmaschinen der Spitzenklasse und vor allem bespielte Bänder mit herausragenden Einspielungen keine unbeachteten Nischenprodukte mehr. Wie wir uns selbst auf der diesjährigen High End vergewissern konnten, ist das Interesse an solchen Geräten und Aufnahmen unerwartet groß. Und, worauf es besonders ankommt, sie werden auch wirklich gekauft. Alleine das zeigt uns, dass die Tonbandmaschine längst nicht am Ende ihrer Tage angelangt ist. Deshalb wünschen wir ihr zum achtzigsten Geburtstag, dass sie noch viele Freunde finden möge und uns mit ihrem einzigartigen Sound noch sehr lange begleiten wird.

Anmerkung: Dieser Artikel erschien zuerst im HiFi-Magazin AUDIO TEST.

 

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