Test: Wilson Audio TuneTot

Test: Wilson Audio TuneTot – High End Kompaktlautsprecher

Pünktlich zum Saisonstart freuen wir uns auf eine Premiere hier bei Likehifi.de: Der US-Amerikanische Premium-Hersteller Wilson Audio steht für extravagante High-End Lautsprecher der Luxusklasse und ist mit dem Kompaktlautsprecher Wilson Audio TuneTot zum ersten Mal bei uns im Test unser Gast. Der TuneTot ist im übrigen einer der letzten Lautsprecher, die Entwicklerlegende und Firmengründer Dave Wilson höchstpersönlich selbst noch angehört und abgenickt hat.

In David A. Wilsons Biografie, welche nach seinem Tod vor zwei Jahren erschien, notierte seine Frau Sheryl Lee 18 „Gebote“, welche ihr Mann und sie auf einem Road Trip im Jahre 1966 im Bezug auf ihr äußerst erfolgreiches Geschäftsleben erdachten. Das letzte und ausschlaggebendste dieser Liste lautet: „Sei authentisch und exzellent!“. Eine klare Ansage, welcher das Ehepaar Wilson bis zu seinem ruhmvollen Abgang von der HiFi-Bühne treu zu bleiben wusste. Seit nunmehr 46 Jahren zählt Wilson Audio zu den absoluten Premium-Herstellern US-Amerikanischer HiFi-Kultur. Dabei kam Firmengründer David A. Wilson der zweite nicht ohne Umwege zur Elektroakustik. Denn der gebürtige Kalifornier machte seinen ersten akademischen Abschluss in den Sechzigern in den Fachrichtungen Zoologie und Chemie – denkbar weit entfernt von High Fidelity. An der Uni traf er auch seine spätere Frau und Geschäftspartnerin. Doch bevor die beiden 1974 in die HiFi-Branche einstiegen, sollte sie noch einige Jahre als High School-Lehrerin arbeiten, während er einen zweiten Abschluss in Molekularbiologie machte und für den Pharma-Riesen Phizer zu arbeiten begann.

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Ein Überflieger

Jedoch hegte David Wilson schon seit seiner Kindheit eine große Leidenschaft für die Musik und begann während seiner Arbeit für Pfizer, sein großes Hobby HiFi zu professionalisieren und wagte es schließlich 1977, gänzlich darauf umzusatteln. In dieser Zeit war Wilson übrigens selbst als HiFi-Journalist tätig. Für diverse US-Amerikanische Fachzeitschriften schrieb der Wissenschaftler Berichte und Testreviews wie diesen hier und machte sich damit schnell einen Namen in der Szene. Tatsächlich eilte ihm als Redakteur der Ruf voraus, äußerst plastische und inhaltlich fundierte Rezensionen zu verfassen. Kein Wunder, denn Wilson war nicht nur ein passionierter Tüftler sondern galt gleichzeitig als leidenschaftlicher Leser mit einem hervorragenden Gedächtnis. Die meisten Ambitionen steckte Wilson jedoch in die Elektroakustik.

Zum einen ob seiner Faszination für Musikaufnahmen (von denen er auch gern selbst welche herstellte) und zum anderen eben wegen seiner schnell auf einige Beliebtheit stoßenden Lautsprecher. So extravagant wie Wilsons Lebensstil (er machte nie einen Hehl aus seiner Vorliebe für alte und vor allem schnelle Autos), so außergewöhnlich sind seit jeher auch die Lautsprecher aus seiner Feder, deren Formensprache durchaus dem Design eines Ferrari entlehnt zu sein scheint. Der individuelle und äußerst futuristische Look eines Wilson-Lautsprechers liegt vor allem in der kantigen modularen Bauweise begründet. So verfügen vor allem die Standlautsprecher von Wilson Audio über mehrteilige Gehäusekonstruktionen, welche jedem Treiber einen eigenen Korpus spendiert. Diese können dann mithilfe von Schienen und Stellschrauben individuell auf die Anforderungen des Hörenden hin angewinkelt und feinjustiert werden. Das Flaggschiff aus dem Hause Wilson, der gigantomanische WAMM Chronosonic, kommt da mit seinen fünf verstellbaren Chassis und den insgesamt sechs einzeln ansteuerbaren Treibern auf eine Höhe von über zwei Metern – und einen Marktwert von knapp 700.000 Dollar… Somit nicht mehr nur optisch der Ferrari unter den Lautsprechern!

Test: Wilson Audio TuneTot
Der TuneTot Stand ruht auf massiven Spikes und entkoppelt den Wilson Audio TuneTot somit bestmöglich vom Untergrund um auf den Klang Einfluss nehmende Erschütterungen zu egalisieren

Wilson Audio TuneTot – High-End Kompaktlautsprecher

Wir wollen Wilsons Debüt in der AUDIO TEST und hier auf Likehifi.de jedoch deutlich zugänglicher Gestalten und haben daher – vorerst – von einem Test des Wilson WAMM Chronosonic dankend abgesehen. Stattdessen ließ uns Audio Reference, in Deutschland und Österreich für den Vertrieb von Wilson-Speakern zuständig, einen deutlich kleineren, aber nicht minder prominenten Vertreter aus Wilsons Produkt-Portfolio zukommen: den Kompaktlautsprecher Wilson Audio TuneTot samt ISOBase TuneTot Stand. Allein der Lautsprecher stellt ökonomisch mit seinem stolzen Preis von knapp 12.750 Euro aufwärts noch immer so manchen Standlautsprecher in den Schatten – Für den Lautsprecher-Ständer ruft der Wilson nochmal weitere zweieinhalb Scheine auf. HiFi-Extraklasse also. Somit ist es gar nicht mal so unerklärlich, dass Wilson erst heute das erste mal in der AUDIO TEST und hier auf Likehifi.de gastiert. Denn willst du gelten, mach dich selten.

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Auch Wilsons TuneTot erinnert in seinem kantigen und gleichzeitig windschnittigen Design an die Aufmachung eines Sportwagens. Durch die angeschrägte Frontseite und die dezent angeschnittenen Seitenteile verzichtet das bewusst asymmetrisch gehaltene Gehäuse konsequent auf parallele Wände und geht somit optimal gegen das Aufkommen stehender Wellen im Inneren des Korpus vor. Mit seinen Maßen von knapp 38 Zentimetern (cm) Höhe auf eine Grundfläche von knapp 22 cm auf circa 26 cm bringt der TuneTot mit seinen beinahe 13,15 Kilogramm (kg) jedoch ein stolzes Gewicht auf die Waage. Der High End Speaker arbeitet als offenes Zwei-Wege-System und verbirgt hinter der abnehmbaren Textilblende einen 5,75-Zoll-Tiefmitteltöner und einen 1-Zoll-Hochtöner.

Dieser ist in einem Wave Guide eingelassen, welcher als sternförmige Aussparung einer markanten Filz-Applikation ausgestaltet ist. Gefertigt sind die Treiber zum einen aus einer Seidenkalotte (Tweeter) und einer Papierzellstoff-Membran, welche zusätzlich mit asymmetrischen Verstärkungen versehen ist, um das „Aufbrechen“ der Membran zu kontrollieren. Der Bassreflex des Wilson TuneTot ist als Slot-Kanal ausgeführt und findet nach schräg unten gerichtet in der Aussparung des robust verarbeiteten Anschlussterminals Platz. Ein signifikanter Anteil des Marktwertes eines TuneTot geht übrigens, wie bei allen Speakern aus dem Hause Wilson Audio, in die zeitaufwändige Abstimmung des Schallwandlers. So werden alle Materialien handverlesen und das Gehäuse mittels eines Laser-Vibrometrie-Systems analysiert, um zum einen die Wandstärken zu optimieren und zum anderen den bestmöglichen Einsatz hauseigener Verbundwerkstoffe zu gewährleisten. Kennzeichnend für Wilson-Speaker ist außerdem die Möglichkeit, den Lautsprecher den eigenen Vorstellungen entsprechend anzupassen. Zwar bieten hier vor allem die größeren Modelle eine ganze Reihe von Optionen, doch auch der TuneTot kann nicht nur ob der sechs verschiedenen Farbausführungen individuell gestaltet werden. So offeriert der Hersteller die Möglichkeit, einen massiven Aluminiumring in verschiedenen Farben zu erstehen, welcher die Montageteile des Tief-Mitteltöners bei Bedarf versteckt, wenn man gerne auf die Verwendung der Blende verzichten möchte.

Test: Wilson Audio TuneTot
Die verstärkten Streben auf der Membran des Tief-Mitteltöners unterstützen die kontrollierte Performance der Membran, indem sie für ein kontrolliertes Aufbrechen sorgen.

ISOBase und Stand

Besonders hervorzuheben ist in einer Review des TuneTot Kompaktlautsprechers Wilsons ISOBase, sowie der TuneTot Stand. Ersteres bezeichnet ein massiver mehrschichtiger Sockel, auf welchem der TuneTot mit Spikes platziert werden kann, um ihn von äußeren Erschütterungen zu isolieren. Die entkoppelte Standfläche der ISOBase funktioniert hier quasi wie eine Federung, wenn der TuneTot Lautsprecher beispielsweise auf einem Sideboard oder ähnlichem platziert werden soll. Mithilfe der ISOBase lässt sich außerdem die vertikale Ausrichtung des TuneTot für eine optimale Ausrichtung auf den Hörplatz feinjustieren. Für eine freistehende Aufstellung des Kompaktlautsprechers bietet Wilson Audio den TuneTot Stand feil. Aus massiven Aluminium gefertigt kommt das Stativ bei einer Höhe von knapp 63 cm auf ein Gewicht von fast 32 kg und bietet somit ein an Stabilität kaum zu übertreffendes Fundament für den preisintensiven Schallwandler. Der Sockel des Ständers ist aus 6061-T6 Aluminium gefertigt und somit eine Aluminium-Silicium-Magnesium Legierung. Daher nahezu unkaputtbar. Auch der Ständer kann für eine bessere Entkopplung Umwelteinflüssen auf Spikes montiert werden. Natürlich kann auch die ISOBase für eine bestmögliche Performance mit dem Stand verschraubt werden. Für unseren Test im akustisch optimierten Hörlabor verzichten wir jedoch auf diese Maßnahme und montieren den TuneTot ohne ISOBase auf dem TuneTot Stand.

Test: Wilson Audio TuneTot
Für den Wilson Audio TuneTot Stand und die ISOBase muss ein Aufpreis gezahlt werden

Boxenstopp

Wir koppeln unser TuneTot-Pärchen mit unserem Referenzverstärker von Rotel und dem CXN Silver von Cambridge Audio. Passend zu Wilson Audio starten mit einem der extravagantesten Komponisten des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Igor Stravinskis „Le Sacre du Printemps“ gespielt von den New Yorker Philharmonikern unter der Leitung von Jaap Van Zweden in einer Aufnahme von 2019. Stravinskis detailreiche Klanghexerei trifft mit dem TuneTot auf einen kongenialen Übersetzer. Mit einer faszinierend detailreichen Auflösung gibt dieser sowohl exzentrische Konvolute aus Bläsern und Schlagwerk zum Besten, wie auch die von Flöten zart gesponnen melodischen Fäden. Dabei stellt der Kompaktlautsprecher ein mikrodynamisches Feingefühl unter Beweis, wie wir es eigentlich nur von Live-Aufführungen kennen. Bedrohlich anschwellende Crescendi von Percussion und Blechbläsern werden vom TuneTot einwandfrei reproduziert, genau so wie im fortepiano akzentuierte Violinen. Währenddessen brilliert das Stereopaar durch eine ausgezeichnete Räumlichkeit. Die akustische Bühne verfügt über ein weites und luftiges Panorama, in dem alle Akteure präzise verortet und deutlich zu lokalisieren sind. Auch bei deutlich schwungvollerer Musik weiß der TuneTot im Test zu gefallen.

Test: Wilson Audio TuneTot
Die Ein-Zoll-Seidenkalotte ist in eine sternförmige Aussparung eingelassen, welche dem Tweeter als Waveguide dient und gleichzeitig zum extravaganten Look des Speakers beiträgt.

So hören wir das Romano Ricciardi Quintet mit einer Interpretation von Charlie Parkers „Ko-Ko“. Parker selbst war übrigens begeisterter Anhänger Stravinskis, welcher einmal auf einem Konzert Parkers in New York vor Begeisterung seinen Scotch verschüttet haben soll, als Parker ein Motiv aus Stravinskis „Feuervogel“ in seinen „Ko-Ko“ einbaute. In der Aufnahme des Ricciardi Quintets ist dies natürlich nicht zu hören, dafür ist diese natürlich deutlich audiophiler als eine Einspielung Parkers. Der Wilson TuneTot lässt sich jedenfalls von den gar nicht mal so leicht zu differenzierenden Überspielungen von flinkenTrompeten-, Saxophon- und HiHat-Momenten nicht aus der Ruhe bringen. Auch hier legt der Speaker eine haarscharfe räumliche Trennung der einzelnen Instrumente vor, welche sich sogar in der dritten Dimension hervorragend von einander abheben. Wir sind schlichtweg begeistert, mit welch einer Lebendigkeit der TuneTot die rasanten Sechzehntel der Besen auf der Snare reproduziert. Nach unserem Erfahrungs- und Kenntnisstand müssen wir Wilson Audio ohne Abstriche bestätigen, dem eigenen Anspruch, Musik so lebensecht wie möglich zu reproduzieren, voll und ganz gerecht zu werden.

Preis und Verfügbarkeit vom Wilson TuneTot

Der Wilson Audio TuneTot High-End Kompaktlautsprecher ist im HiFi Fachhandel zum Preis von ca. 12.000 Euro (Paarpreis) erhältlich. Für den Vertrieb in Deutschland ist Audio Reference aus Hamburg zuständig.

Weitere Informationen: www.audio-reference.de/wilson-audio

Anmerkungen: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Magazin Ausgabe 07/2020.

► Lesen Sie hier: Wilson Audio Alexx V: Neuer High-End Super-Lautsprecher für 158.000 Euro

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Fazit
Nicht nur optisch erinnert Wilsons TuneTot an einen Luxus-Sportwagen, auch klanglich weiß der Amerikaner eine rasante Performance auf die Strecke zu bringen. Die herausragende handverlesene Ausstattung des Speakers macht sich in einer absolut detailgetreuen und spritzigen Performance bemerkbar, wie sie manch ein ausgewachsener Standlautsprecher nicht zu bewerkstelligen weiß. Nicht zuletzt die optionale Entkopplung via ISOBase oder TuneTot Stand macht ihn außerdem zu einem echten Hingucker.
Wiedergabequalität
96
Ausstattung/Verarbeitung
100
Benutzerfreundlichkeit
70
Preis-/Leistungsverhältnis
40
Leserwertung1 Bewertung
100
Vorteile
Lebensechte Performance
Bestmögliche Entkopplung via Sockel und Stativ
Nachteile
etwas unzureichender Subbass
88
Gesamtergebnis

Bildquellen:

  • Wilson-Audio-TuneTot-Test-Review-High-End-Speaker-Lautsprecher-01: Auerbach Verlag
  • Test: Wilson Audio TuneTot: Auerbach Verlag
  • Wilson-Audio-TuneTot-Test-Review-High-End-Speaker-Lautsprecher-02: Auerbach Verlag
  • Test: Wilson Audio TuneTot: Auerbach Verlag
  • Test: Wilson Audio TuneTot: Auerbach Verlag
  • Test: Wilson Audio TuneTot: Auerbach Verlag
  • AUDIO-TEST-0621: Auerbach Verlag
  • Test: Wilson Audio TuneTot: Auerbach Verlag