Wem der Name Mark Levinson bekannt ist, dem kommen schnell viele positive Assoziationen. Kompromisslose Qualität und hochwertigste Materialien, hingebungsvolle, perfektionistische Schaltungen, die Klarheit und Strahlkraft eines Diamanten.
Kaum zu bremsen
Die neue 5000er-Serie von Mark Levinson macht da keine Ausnahme. Sie besteht aus den Modellen No. 5802 und 5805. Beim Mark Levinson No. 5802 (▶ lesen Sie hier unseren Test) handelt es sich sinngemäß um den gleichen Verstärker, wie den von uns getesteten No. 5805, mit dem Unterschied, dass er keine analogen Eingänge besitzt, sondern ausschließlich für Streaming, HiRes und DSD-Quellen optimiert wurde.
Unser “größerer” Mark Levinson No. 5805 Vollverstärker kann zusätzlich noch jede Menge analog, inklusive Phono-Vorstufe mit MM und MC-Unterstützung. Trotzdem möchten wir vorwegnehmen, dass die Stärken des 5805 auf jeden Fall in seiner zeitgenössischen Ausrichtung zu finden sind, inklusive MQA, Bluetooth und vielen weiteren Dingen, die einen „Digitalo“ fühlen lassen. Sofort könnte man meinen, dass der Mark Levinson No. 5805 Verstärker dann bestimmt auch eine Class-D-Endstufe verbaut hat, aber dem ist nicht so.
Class-A/B kommt zum Einsatz und das mit satten 250 Watt pro Kanal an 4 Ohm. Außerdem hat der ML No. 5805 keinen eigenen Streamer bzw. Renderer an Bord. Der verbaute Netzwerkanschluss ist ausschließlich zur Steuerung des Verstärkers über ein Webinterface und für Firmware-Updates gedacht. Mit knapp 9.000 Euro positioniert sich der 5805 als eher kleiner Mark Levinson am unteren Ende des Portfolios.
Was man hier bekommt, ist aber keine abgespeckte Version der legendären 500er-Modelle, sondern eine Übersetzung der bekannten positiven Eigenschaften eines klassischen Mark Levinson Verstärkers. Stark optimiert und wirtschaftlich neu gedacht, sodass auch Normalsterbliche die Hoffnung auf Möglichkeit bekommen eines Tages vielleicht so einen Traumverstärker ihr Eigen nennen zu dürfen.
Signature Style
Der besondere Vorzug des Mark Levinson No. 5805 Verstärkers ist der klare, kraftvolle Sound und seine hervorragende Kanaltrennung. Hier kommen die kurzen Wege und das spezielle Schaltungsdesign Mark Levinsons voll zu Geltung. Und was hat gute Kanaltrennung nun für einen Vorteil? Natürlich eine bessere Stereobühne. Ein Stereosignal kann von einem Verstärker vor allem dann getrübt werden, wenn es innerhalb der Elekronik zu sogenanntem Übersprechen kommt, also wenn Einstreuungen oder Spannungen von einem Kanal auf den anderen übergehen, ganz leise. Von Bauteil zu Bauteil zum Beispiel durch Induktion oder über Kriechströme. Das ist beim No. 5805 mitnichten der Fall. Hier sind die Wege klar vorgegeben, die Platine makellos gefertigt und die Schaltung sehr aufwändig um jedmögliche Fehlerquellen auszuschließen.
So ist es zum Beispiel eine Eigenart von Mark Levinson innerhalb des Gerätes womöglich auf klassische Verkabelung zu verzichten, sondern sich diese Wege durch den Fokus auf das Schaltungsdesign und das Platinenlayout von vornherein zu sparen und kürzere, effizientere Verbindungen der Bauteile zu schaffen. Ein Aufwand, der im ersten Moment etwas übertrieben erscheint, sich bei genauem Hinhören aber mehr als positiv im Gesamtbild der Darstellung ausdrückt.
Je weniger also vom linken Kanal auf dem rechten landet und andersherum, desto originaler ist das Signal, was am jeweils anderen Lautsprecher ankommt. Links bitte nur nach links und rechts bitte nur nach rechts. Der Lautsprecher hat dann leichtes Spiel, wenn es darum geht Hallräume und Tiefenstaffelung perfekt auf den Punkt zu inszenieren.
Mark Levinson Amp im Hörtest
Der erste Hör-Eindruck mit dem Mark Levinson No. 5805 ist gemessen an der Preisklasse erwartbar erleichternd: Selbst in äußerst komplexen Szenarien bleibt der Amp der High-End-Schmiede Mark Levinson liebevoll detailliert und musikalisch. Verzerrungen? Fehlanzeige! Dabei liegen ihm allerdings große Pegelsprünge und heftige Arrangements besser, als zu filigrane Mikrodynamiken.
Wer auf perligen Jazz steht, sollte sich vielleicht einen anderen DAC oder Amp anhören, aber für kernige Musik mit vollem Spektrum ist der 5805 ein Arbeitstier mit der Souveränität eines Präsidenten. Der beste Beweis, dass wir in der High End-Klasse angekommen sind, ist, wenn wir selbst auf Titel die wir bereits seit Jahren zum Testen nutzen und die wir meinen in uns auswendig zu kennen, noch neue Dinge entdecken. So geschehen bei Minute 1:23 des Titels “Eat The Sun Pt. 1” von Oskar Rószas Epos “Under My Spell”.
Hier können wir aufgrund der Klarheit ein dickes, tiefes Wobbeln im Bass hören, das sonst bei allen anderen Verstärkern bisher immer als durchgehender, einfacher Ton dargestellt wurde. Dank Mark Levinson wissen wir nun endlich: Da ist ein Vibrato! All die Jahre wurde es verschluckt und vergessen. Der Mark Levinson No. 5805 hat es wieder freigelegt. Auch wenn der Hauptchor im Tutti etwas kehlig aus den Lautsprechern schrillt, was an der Aufnahme liegt, bleiben die Bassmelodien ohne Anstrengung zu verfolgen.
Da hat jeder Bereich immer genug Energie und die Illusion bricht auch bei großen Dynamiksprüngen und in undurchsichtigen Situationen nicht zusammen. Der Levinson Vollverstärker hat stets die Zügel in der Hand. Der ML 5805 wird zum Dirigenten vom Schlag eines Karajans. Diszipliniert, kraftvoll, streitbar ja, aber nie enttäuschend. Manchmal ist es sogar etwas einschüchternd bis beunruhigend mit welcher Selbstverständlichkeit Instrumente vom 5805 durch die Spulen unserer Treiber gedrückt werden.
So erklingen beim Titel “As Life Found You” des Sängers Tim Neuhaus in der Albumversion von “The Cabinet” markante-drahtige Kapodaster-Gitarren. Ein Sound der im Gemisch mit anderen, frequenziell ähnlichen Klängen schnell beißend klingt oder aber ausgelöscht wird. Der Mark Levinson Verstärker nimmt sich dieses schwierige Timbre, packt es auf eine neue Ebene, lässt ein fettes Schlagzeug darüber spielen und nichts behindert sich, alles bleibt hörbar.
Absurd! Haben wir in diesem Moment laut ausgerufen, denn mit dieser nonchalanten Art und Weise hat das bisher noch kein anderer Verstärker in unserem Testraum geschafft. Und als wäre das noch nicht genug, krönt der 5805 das Finale des Songs mit Hi-Hats, bei denen wir das Öffnen und Schließen plastisch erfahren können, während die gesamte Band darüber hinweg fegt.
Preis und Verfügbarkeit
Den Mark Levinson No. 5805 Stereovollverstärker gibt es zum Preis von 9.000 Euro (UVP) im Fachhandel zu kaufen.
Webseite: www.marklevinson.com
Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 3/2020
▶ Lesen Sie hier: Test vom Mark Levinson No. 5802 – High End Stereo-Vollverstärker
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Bildquellen:
- Mark Levinson No. 5805 Fernbedienung: Bild: © Auerbach Verlag
- Mark Levinson No. 5805 Detail: Bild: © Auerbach Verlag
- Mark Levinson No. 5805 Rueckansicht: Bild: © Auerbach Verlag
- Mark Levinson No. 5805 Innenansicht: Bild: © Auerbach Verlag
- Mark Levinson No. 5805 Vorderansicht: Bild: © Auerbach Verlag