Canton Reference 1
© Canton

Test: Canton Reference 1 – High End Standlautsprecher (3-Wege)

Nach knapp vierzig Tests in der Historie vom AUDIO TEST Magazin und Likehifi.de möchte man meinen, man kennt einen Hersteller in- und auswendig. Doch Canton gelingt es mit dem Reference 1 Standlautsprecher, uns einmal mehr aus den Socken zu hauen.


Simulierte Kopräsenz

Es ist so weit, wir haben die Canton Reference 1 Standbox im Test. Nach 100 Ausgaben der AUDIO TEST und der Besprechung von 39 Testmustern haben wir endlich das zweitgrößte Flaggschiff der neuen Reference Kollektion des Weilroder Traditionshauses Canton zu Gast. Anlass genug, um einmal kurz zurückzuschauen auf die 100 Hefte, in welchen Canton rund alle zweieinhalb Ausgaben gastierte.

Der Referenzstandard

Die erste Auszeichnung mit dem Siegel „Referenzklasse“ bekam Canton in Ausgabe 08/2016 von uns verliehen, als die Canton Reference 9 K dem Kollegen Erik Schober den „Himmel auf Erden“ zu Füßen legte. Der stromlinienförmige Kompaktlautsprecher im eleganten schwarzen Pianolack überzeugte nicht nur ob seines hochklassigen Designs, sondern vor allem durch seinen dynamischen und für sein kompaktes Format herausragenden Tiefgang.

Nur wenige Ausgaben später durfte ich selbst der Canton Reference 3 K gleich die nächste „Referenzklasse“ attestieren. Die beinahe greifbare Plastizität dieses monolithischen Standlautsprechers blieb vor allem in dessen Preisklasse lange unangetastet. Insgesamt ist das Preis-/Leistungsverhältnis bei Cantons Lautsprechern immer wieder ein Attribut, mit welchem sich kaum konkurrieren lässt.

Im Mittelwert kosten alle bisher von uns getesteten Geräte Cantons gerade mal knapp 2.400 Euro! Und dass bei einem durchschnittlichen Testergebnis von 90 Prozent. Wirklich phänomenal. Dabei knackten 21 Testmuster die 90 Prozentmarke, von denen wir bisher sieben Geräten die „Referenzklasse“ attestieren durften.

Zuletzt war das in Ausgabe 08/2023 die neue Reference 7 Standbox. Neben dem auch hier exzellenten Preis-/Leistungsverhältnis war Redaktionskollege Artur Evers vor allem von der perfekten Abstimmung des Speakers und dessen beinahe dreidimensionalen Sound begeistert.

Mit sehr viel Freude haben wir uns in den vergangenen 13 Jahren und 100 Ausgaben AUDIO TEST durch alle Kollektionen Cantons durchgehört. Karat, Vento, Ergo, Reference und und und… Nur einen Standlautsprecher haben wir uns dabei ganz bewusst für diese zweite Jubiläums-Ausgabe AUDIO TEST mit der Heftnummer 101 aufgehoben.

Canton Reference 1 Test Standlautsprecher
Tief- und Mitteltöner sind aus einer überarbeiteten, schwarzen Variante Cantons hauseigener Keramik-Wolfram-Komposition gefertigt und somit überaus impulsschnell bei geringsten Verzerrungswerten. (Bild: Canton)

Das Flaggschiff: Canton Reference 1

Am Empfang der Alten Handelsdruckerei zu Leipzig, wo unsere Redaktion in direkter Nachbarschaft der Mitteldeutschen HiFi-Tage beheimatet ist, rollt unter höchster Konzentration des Spediteurs eine große Palette aufs Parkett. Darauf: zwei mannshohe Kartons. Diese ziert ein Aufkleber mit einer verheißungsvollen Aufschrift. Gesamtgewicht: 175 kg. Wow!

Da stellt sich freilich immer erstmal die Frage, wie zur Hölle man solche monumentalen Schallwandler denn bitte jemals aus dem Karton gehievt bekommen soll? Eine Frage, welche sich der Hersteller dankenswerterweise bereits selbst gestellt hat. Denn die einzige echte Schwierigkeit besteht darin, die Kartons einzeln von der Palette zu heben.

Ist dies gelungen, entschälen sich die beiden Speaker jedoch fast wie von selbst! Ist der Deckel des Kartons abgenommen, lässt sich die Verpackung um den stehenden Lautsprecher herum auseinander bauen. Freilich keine Beschäftigung an der man sich ohne ein helfendes Paar Hände versuchen sollte, jedoch lässt sie sich zu zweit ohne Schweiß und Tränen bewerkstelligen.

Zum Vorschein kommt ein Lautsprecher von durchaus ambivalenter Gestalt. Einerseits zeugt seine hünenhafte, beinahe wuchtige Figur mit den sehr präsenten und ausladenden Front-Chassis von großem Selbstbewusstsein. Zum anderen ist das nahtlos ausgeführte geschwungene Gehäuse aus Mehrschichtlaminat in seiner Schnörkellosigkeit von deutlich bescheidenerem Ton als bei vielen Wettbewerbern dieses Ranges.

Seidenmattes Weiß oder schwarzes Piano Finish wie in unserem Fall – beide Varianten sind von zeitloser Eleganz und formulieren ein unmissverständliches Statement: Canton geht es in erster Linie um die Musik und erst nachfolgend um die Selbstdarstellung. Was nicht heißen soll, dass die Canton Reference 1 nicht – wie auch die Kollektionsgeschwister – äußerst fotogen daherkommt.

Canton Reference 1 Test Standlautsprecher

Reference 1: Ausstattung

Zum Auftreten der Canton Reference 1 tragen die fünf prominenten Treiber an der geschwungenen, aus einem Stück gefrästen und stolze 60 Millimeter dicken Gehäusefront bei. Diese geben zunächst einen augenscheinlichen Hinweis auf die Arbeitsweise des Lautsprechers als 3-Wege-System. Dabei kommen im Tiefton gleich drei Chassis mit Membranen von 219 Millimeter Durchmesser zum Einsatz. Gefasst sind diese in sehr geschmeidigen Sicken und neu gestalteten Bass-Guides, wodurch die Reference 1 hinab bis zu unglaublichen 18 Hertz aufzuspielen vermag.

Abgerundet wird der Tiefgang durch den Down-Fire-Bassreflex, welcher zudem eine freistehende Positionierung des Speakers erlaubt. Besonders ist hier jedoch die asymmetrische Ausformung der Reflexöffnung. Denn während nach vorn nur ein schmaler Spalt einen Austritt ermöglicht, vergrößert sich der Kanal nach hinten, um die Performance im Frequenzkeller nach vorne hin nicht zu übersättigen.

Bei 170 Hertz übernimmt ein Mitteltöner von 174 mm Durchmesser die Arbeit. Dieser ist am oberen Gehäuseende montiert und ebenfalls aus Cantons überarbeiteter Werkstoffkomposition gefertigt. Sicherlich sind uns Keramik und Wolfram als Grundmittel dieser Verbindung bereits bekannt, jedoch hat Canton die genaue Zusammensetzung nochmals überarbeitet und schwarz eingefärbt. Daher rührt auch die neue Bezeichnung BCT (Black Ceramik Tungsten).

Von 3.100 Hz bis in die schwindelerregenden – und lange nicht mehr hörbaren – Höhen von 40 kHz kommt der zwischen Tief- und Mitteltönern lokalisierte Hochtöner zum Einsatz. Dieser ist aus Aluminium-Keramik-Oxyd gefertigt und verspricht ob seiner Unterbringung in einem ausladenden Wave-Guide ein raumfüllendes Abstrahlverhalten. Wie auch bei Tief- und Mitteltönern kommt hier Polyoxymethylen (POM) als Werkstoff zum Einsatz, welcher sich durch seine hohe innere Dämpfung auszeichnet.

Treiber der Canton Reference 1
Die Treiber der Reference 1. Links der Hochtontreiber aus Keramik, in der Mitte der Mitteltontreiber (160 mm) und ganz rechts der Tieftontreiber (310 mm). (Bild: Canton)

Ein Lautsprecher von höchster Güte

Alle fünf Treiber lassen sich einzeln hinter kreisrunden, leicht geschwungenen Textilblenden verstecken. Eine vortrefflich aussehende Entscheidung der Abteilung für Produktdesign. Statt eines fetten Zensurbalkens fügen sich die einzelnen Schutzgrills nahtlos in die Chassis ein, wo sie magnetisch gehalten werden.

Ebenso anspruchsvoll und gleichzeitig stilsicher ist das rückseitig montierte Anschlussterminal der Reference 1 gefertigt. Die vergoldeten und ebenfalls mit POM ummantelten Anschlüsse machen einen hochwertigen Eindruck und zeugen von den hohen Fertigungsansprüchen der Weilroder. Freilich lässt sich der Schallwandler auch im Bi-Wiring– beziehungsweise im Bi-Amping-Betrieb einsetzen. Zudem offeriert Canton ein minimales Feintuning der Reference 1 durch den Kunden. Über ein robust ausgeführtes Schraubsystem lassen sich die Pegel von Hoch- und Mitteltöner ein wenig hervorheben oder dämpfen.

Darüber hinaus gibt sich die Reference 1 von Canton durchaus belastbar. Knapp zehn Watt pro Kilogramm – also bis zu 820 Watt Musikbelastbarkeit dürfen diesem Lautsprecher zugemutet werden. Dafür muss man erstmal ordentlich PS auf die Strecke bringen!

Canton Reference 1 Test Rückseite
Die mit POM ummantelten vergoldeten Kontaktflächen sind von höchster Qualität. Außerdem lassen sich der Hoch- und Mitteltonbereich minimal feintunen. (Bild: Canton)

Start vom Klangtest

Wir werden also aus Audionets Stereovollverstärker WATT alles herausholen müssen. Zunächst lassen wir es jedoch erstmal ruhig angehen. Über Qobuz streamen wir eine Einspielung von Schuberts „Winterreise“ aus dem Jahre 1985 von Gerald Moore und Dietrich Fischer-Dieskau. Wir haben es ja geahnt, aber dennoch überrollt es uns unversehens, wie holografisch, beinahe taktil erfahrbar jeder einzelne Ton aus den Chassis der Reference 1 zu perlen beginnt.

Das zarte Piano manifestiert sich klar umrissen in etwa zwei Metern Abstand vor unserem Sitzplatz. Direkt davor steht Fischer-Dieskau. Richtig gelesen, direkt davor. Tiefenstaffelung der Extraklasse. Dabei verwandelt sich unser – eigentlich staubtrockener – Hörraum in einen Kammermusiksaal mit entsprechend dezenter Hallfahne. Unfassbar! Gleichzeitig kommt jedes noch so feinste Detail der komplexen Obertonstrukturen von Klavier und Stimme so strahlkräftig zur Geltung, wie wir es wirklich nur von Live-Musik kennen.

Wir spulen knapp anderthalb Jahrhunderte vor und legen „The Black Saint and the Sinner Lady“ auf den Plattenteller des Musical Fidelity M8xTT (hier im Test), dessen Ausgangssignal wir über eine Kette aus Phonoverstärker M6x Vinyl und Stereovollverstärker M8xi von Musical Fidelity auf Temperatur bringen.

Hier schrauben wir noch bei den ersten Takten des Titels „Solo Dancer“ ein gutes Stück auf. Snare und Hi-Hat geben den Einstand. Bis sich nach vier Takten und einem knappen Kontrabass-Auftakt die Bläsersektion dazugesellt und uns in ein Wohlgefühl beinahe pränataler Behaglichkeit hüllt.

Frequenzweiche für die Reference 1
Blick auf die Frequenzweiche für die Reference 1. Links für die Mitten, rechts für den Bass. (Bild Canton)

Maßgeber

Was für ein Sound. Pure Immersion. Zum Dahinschmelzen. Als wären wir ein Blatt im Wind, gleiten wir von Ereignis zu Ereignis. Werden zum Spielball der Wellen. Diese Bläser muss man erstmal so übersetzen! Von allen Seiten umschmeicheln uns die butterweichen Timbres, bis wir im Break auf dem Walking Bass herum bouncen wie ein Gummiball.

Das Sopranosax-Solo versucht uns frech hintenüber zu schubsen. Aber der samtweiche Bass fängt uns immer wieder auf. Vor allem, als wir den Pegel Mid-Range über die Schraubklemmen etwas anheben, gewinnen die Transienten des Basses an Plastizität und die Bläser gewissermaßen an Luft. Was für eine beinahe außerkörperliche Erfahrung. Was für ein Trip.

Eine klangspirituelle Reise

Wir könnten jetzt noch halbes Heft damit füllen, auf welche klangspirituelle Reise uns Cantons Reference 1 geschickt hat. Aber das wäre nicht nur ungerecht den anderen Testmustern dieser Ausgabe gegenüber, sondern auch der Performance dieses Lautsprechers selbst. Denn was die Weilroder in diesem monumentalen Lautsprecher zustande gebracht haben, lässt sich nicht in Worte fassen, ohne das Gehörte in seiner Exzellenz zu schmälern. Von daher machen Sie sich am besten selbst ein Bild.

Vielleicht haben Canton-Chefentwickler Frank Göbl und Co. die Reference 1 ja wieder bei der HIGH END in München mit dabei. Auf jeden Fall aber finden Sie in der Nähe einen Fachhändler, der Sie bestimmt einen kurzen Abstecher in die Sphären dieses wunderbaren Speakers unternehmen lässt und die Möglichkeit womöglich selbst gern nutzen wird, einmal mehr selbst mit abzutauchen. Wir sehen uns dann auf der anderen Seite.

Reference 1: Preis und Verfügbarkeit

Die Canton Reference 1 Standlautsprecher gibt es zum Preis von 20.000 Euro (Paarpreis, UVP) im Fachhandel zu kaufen. Farbvarianten: Weiß Seidenmatt, Schwarz Piano und neuerdings auch in Nussbaum.

Canton Reference 1 Test Standlautsprecher
Die Reference 1 in den Farbvarianten: Weiß Seidenmatt, Nussbaum und Schwarz Piano. (Bild: Canton)

Datenblatt Canton Reference 1

Allgemein
GeräteklasseStandlautsprecher
HerstellerCanton
ModellReference 1
Preis (UVP)20.000 Euro (Paar)
PreiskategorieLuxusklasse
Maße (B/H/T)39 x 133 x 63 cm
Gewicht81 kg
Informationenwww.canton.de
Technische Daten*
Arbeitsweisepassiv
Bauform3-Wege-Bassreflex
Frequenzverlauf18 Hz – 40 kHz
Leistung< 820 W
Raumempfehlung20 – 60 m²
individuelle Klangeinst.dreistufiger 2-band EQ
EingängeBi-Amping, Bi-Wiring

*Herstellerangaben

Webseite: www.canton.de

Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in der Printausgabe von AUDIO TEST Ausgabe 03/2024

► Lesen Sie hier: Test: Canton Reference 7 – Standlautsprecher (3-Wege)

AUDIO TEST Ausgabe 07/2025 HiFi Review kaufen Magazin

+++ Die neue AUDIO TEST Ausgabe ab 8. September 2025 im Handel oder ganz einfach und bequem nach Hause bestellen:www.heftkaufen.de/audio-test

Oder gleich ein Abo abschließen und das Heft pünktlich und direkt frei Haus liefern lassen:
www.heftkaufen.de/abo-audio-test +++

Fazit
Wie machen die das?! Wie schafft es Canton immer wieder, Lautsprecher zu präsentieren, die Wettbewerbervom dreifachen Marktwert locker an die Wand spielen?! Wir werden es wohl nie erfahren. Jedenfalls hält die Canton Reference 1, was der Name verspricht: absolute Referenzklasse.
Wiedergabequalität
100
Ausstattung/Verarbeitung
100
Benutzerfreundlichkeit
90
Preis/Leistung
80
Leserwertung80 Bewertungen
53
Vorteile
holografische Performance
herausragende Verarbeitung
Nachteile
keine
97
Gesamtergebnis

Bildquellen:

  • Canton Reference-1_Test_03: Auerbach Verlag
  • Canton_Reference_1_Test: Bild: © Canton (alle)