B&W 803 D3 Bowers Wilkins Classé Sigma 2200i High End Diamond 800 Series Test Review

Test: B&W 803 D3 Standlautsprecher & Classé 2200i Stereovollverstärker

Dieser Flowport birgt allerdings auch eine Besonderheit. Im Vergleich zu den meisten Bassreflexöffnungen ist dieser Flowport ähnlich einem Golfball mit flachen Kuhlen übersät. Diese Maserung verursacht winzige Luftwirbel, über welche die Luft sanft und vor allem geräuscharm ausströmen kann. Doch das wohl imposanteste technische Schmankerl thront ganz auf der anderen Seite, oben im Nautilus-Kopf eingelassen: der Hochtöner mit Diamant-Kalotte. Wer sich hier einen Diamanten vorstellt, der in einem Stück in das Chassis eingelassen ist, irrt jedoch. Hauchdünne Schichten des überaus leichten, aber gleichzeitig verblüffend harten Materials werden in einem komplizierten Prozess aufgedampft, bis die Kalotte eingesetzt werden kann. Die Eigenschaften dieses Werkstoffs qualifizieren ihn perfekt für die Verwendung als Hochtöner, da Diamant schnell in Bewegung versetzt werden kann, ohne eine Eigenresonanz mitzubringen. Die strikte Trennung der Treibereinheiten anhand der authentischen Bauweise der 800er-Diamond-Serie hat auch einen klangtechnischen Hintergrund. Durch die Entkopplung der Chassis voneinander wird eine Einflussnahme des einen Treibers auf die anderen reduziert. Außerdem kann durch diese „Tweeter-On-Top“-Technologie die Laufzeit des Hochtöners an die des Mitteltontreibers angepasst werden, sodass es nicht zu Verzögerung und folglich Klangverzerrungen kommt. Wahrscheinlich könnte ein ganzes Heft nur mit den findigen Details in der hohen Ingenieurskunst á la Bowers&Wilkins gefüllt werden. Schreiten wir jedoch weiter zur genaueren Betrachtung des Stereovollverstärkers Classé Sigma 2200i.

Ist das alles?

Classé, die wie unter anderem auch Rotel, zur B&W-Firmengruppe gehören, präsentierten 2016 erstmalig ihren neuen Stereovollverstärker Sigma 2200i auf CES in Las Vegas. Seitdem schallen landauf, landab die Lobeshymnen auf das 5000 Euro schwere Gerät. Auf den ersten Blick macht der Sigma eine zurückhaltende und durchaus lässige Figur. Das mattschwarz gebürstete Frontpanel verzichtet auf verspielte Schnörkeleien. Über dem breiten Grill, der wohl der Frischluftzufuhr dient, sitzt zentriert ein Bildschirm, eingelassen in einen hochglanzlackierten Kunststoffrahmen. Zu dessen linken findet man den Einschalter, eine 3,5 Millimeter Kopfhörerbuchse und einen USB-A-Eingang. Am Rechten Ende der Vorderseite ist der schlichte Drehregler für die Lautstärkeeinstellung, der bündig zum Panel im Gerät versenkt ist. Dies schindet schon mal Eindruck. Auch ist der Volumenregler ohne viel Widerstand und „rollt aus“, wenn er einmal in Schwung versetzt wird. Auf der gesamten Oberfläche des Sigma findet sich keine einzige sichtbare Schraube, auch das gibt Pluspunkte in Sachen Verarbeitung. Ein Blick auf die Rückseite informiert über die Einsetzbarkeit des Verstärkers. Ein symmetrischer XLR-Input, zwei analoge Cinch-Eingänge, sowie zwei Koaxial und zwei optische Eingänge bieten mehr als genügend Verwendungsoptionen. Außerdem verfügt das Gerät über eine handvoll HDMI-Eingänge mit HDMI 2.0 und HDCP 2.2, was eine kompetente Eingliederung ins Heimkinosystem ermöglicht. Des Weiteren befindet sich an der Rückseite ein USB-B-Anschluss und eine LAN-Buchse für die Kopplung mit dem heimischen Netzwerk. DLNA und AirPlay sind somit auch keine vom Sigma spielbar. Ausgeben kann der Kanadier das Signal leider nur an ein Lautsprecherpaar und einen Sub-Woofer. Der Sigma 2200i funktioniert von vorne bis hinten Digital.

So sind der DSP-Ausgang der Vorstufe und der DSP-Eingang der Endstufe direkt mit einander verbunden. Das birgt den Vorteil, dass der Signalweg durch Vermeidung von DA- und AD-Wandlern, durch welche die Informationen schleift werden müssten, kurz bleibt und wenig Gefahr läuft, auf dem Weg zum Lautsprecherkabel manipuliert zu werden. Trotz der rein digitalen Arbeitsweise fährt der Sigma stolze 400 Watt an 4 Ohm, bzw. 200 Watt an 8 Ohm pro Kanal. Es steckt also einiges an Power unter der Haube. Dafür schluckt der Sigma großzügige 185 W, mit welchen er jedoch als Gegenwert unabhängig vom Spannungsverlauf durch eine Mischung aus Schaltnetzteil und PFC (Power Factor Correction) versorgt wird. Um genau zu sein, versorgt das Schaltnetzteil den Sigma mit einer konstanten Leistung von mehr als 1 kW – für viele andere Verstärker ein sicherer Nackenschlag. Um herauszufinden, was man noch so alles mit dem Sigma anstellen kann, erwecken wir ihn zum Leben und sind gleich zu Beginn verwundert über die etwas überholt wirkende optische Aufmachung des LCD-Touchscreens, an dessen Seiten jeweils ein Menü- und ein Mute-Button eingelassen sind. Beim Stöbern durchs Menü fühlt man sich direkt an frühe Navigationssysteme erinnert. Behäbig reagiert der Touchscreen auf Berührungen, an den Rändern kommt es sogar zu den LCD-typischen Verfärbungen. Auch die Farbgebung aus hellem blau und grau für angewählte Optionen erscheinen nicht sehr zeitgemäß. Auch nicht ganz auf dem Stand der Zeit ist der Verzicht auf einen Bluetooth-Input. Auf den zwei Seiten im Quellenverzeichnis finden sich viele Eingänge, nur leider kein blauer Zahn. Das ist bei einem Preis von 5000 Euro sehr bedauerlich. Dafür verfügt der Sigma 2200i über die Möglichkeit, per Neunband-EQ Anpassungen des Klangbilds vorzunehmen. Außerdem kann über das Bassmanagement der Subwoofer dem Raum entsprechend feinjustiert werden.

Ein spielfreudiges Duo

Wir beginnen den Test der akustischen Kompetenzen mit einem Klassiker der Popgeschichte: „Personal Jesus“ von Depeche Mode erklingt muskulös und scharf gezeichnet aus den britischen Schallwandlern. Uns fällt schnell der kräftige Tiefgang positiv auf – die zwei Basschassis und der Flowport-Downfire-Woofer verhelfen dem 803 zu deutlich stärkerem Low-End, als wir es von den 805 in Erinnerung haben. Insgesamt zieht sich über das ganze Spektrum eine bemerkenswerte Ausformulierung der einzelnen Frequenzbänder. Die triolisch repetitiven Synthesizer-Klänge fügen sich wunderbar in den Mix, die Drums klingen satt und kantig im Attack. Quellenwahl und Lautstärkeeinstellung lassen sich übrigens bequem vom Sofa aus vornehmen. Der Sigma reagiert dabei ein wenig behäbig auf die beigelegte Fernbedienung, welche aus Kunststoff gefertigt ist und daher einen nicht ganz so wertigen Eindruck macht, wie man es sich in dieser Preisklasse zu erwarten wagt. Wir bewegen uns übrigens um die -27 Dezibel in der Volumenregelung des Sigma und sind schon gut bedient. Von -93 dB bis +14 dB kann die Lautstärke in 0.5 dB-Schritten angehoben werden. Doch im Zusammenspiel mit den 803 D3 ist bei -19 dB bereits die Grenze der Erträglichkeit erreicht. 

Test Classé Sigma 2200i Amp Stereovollverstärker Verstärker Review
Der hochauflösende Bildschirm des Verstärkers ermöglicht eine übersichtliche Bedienung auch aus etwas Entfernung

Lesen Sie weiter auf Seite 3.

Bildquellen:

  • Classé Detail: Bild: Auerbach Verlag
  • B&W 803 D3 und Classé Sigma 2200i: Auerbach Verlag