Sieht aus wie? Schwierig zu sagen: fettes Acryl, Riemenantrieb – aber dann gibt es eine optische Überwachung der Tourenzahl hinzu und einen Super-Tonabnehmer. Audio-Technica traut sich mit dem AT-LPA2 den teuersten Plattenspieler im Katalog zu. Wir machen den Exklusiv-Test!
Das Schwarze muss aufs Runde
Wer wirklich gut und günstig einen neuen Tonabnehmer haben möchte – der kauft bei Audio-Technica. Nun gut, auch andere Mütter haben schöne Töchter. Aber Audio-Technica ist in diesem Segment Weltmarktführer. Extrem viele andere Hersteller kaufen bei den Japanern an – und drucken ihr eigenes Logo auf. Das nennt man OEM-Geschäft. Die günstigen Tonabnehmer bieten ein Preis-Leistungs-Verhältnis, bei dem sich die Konkurrenten verheben und verschlucken müssten. Das ist der Markenkern. Hier und da gibt es auch teure, mutige Tonabnehmer im Katalog. Die wollen aber nicht die wirklichen Geldbringer für die Firmenkasse sein.
Überleitung und Irritation: Brandneu bringt Audio-Technica einen neuen Plattenspieler – und der ist erstaunlicherweise im höheren Preissegment angesiedelt. Genau einen Euro unter der 2.000er-Marke. Hat sich die Firmenphilosophie geändert? Sagen wir es so: Audio-Technica will nun auch bei Plattenspielern beweisen, was man an eigener Hochtechnologie auf die Waage legen kann.
Technik-Feinkost auf Weltniveau
Was assoziieren wir mit dem Wort „Hochtechnologie“? Sicher nicht Plattenspieler und noch sicherer keinen althergebrachten Riemenantrieb. Aber Audio-Technica legt noch ein paar Details beim AT-LPA2 hinzu. Beispielsweise einen optischen Sensor für die punktgenaue Umdrehungszahl.
Aber nähern wir uns zuerst von außen an und gönnen uns ein wenig Staunen. So bauen nicht viele andere Hersteller derzeit. Es hat den Hauch von Design, dieser Plattenspieler könnte auch im Museum of Modern Art in New York stehen. Optisch ein spannender Mix aus der Plexiglas-Ästhetik der 1970er Jahre und der absoluten Zukunftsgewandtheit. Wir sehen Acryl rundum. Das ist hochverdichtet, das Chassis selbst drei Zentimeter dick. Alles in der Form eines klassischen Vierecks.

Einzig der Tonarm aus Carbonfaser zeigt die Moderne. Was die schöne Transparenz erst möglich macht, ist ein Trick: Die Stromversorgung und die Wahl von 33 oder 45 Umdrehungen per Tippschalter wurden ausgelagert. In eine Extrabox – was auch klangliche Vorzüge bringt, da hier ein echter großer Trafo agiert, kein banales Schaltnetzteil der Günstiganbieter. Zudem ist es immer gut, wenn der Stromfluss möglichst weit weg vom Tonabnehmer liegt.
Geliefert wird der AT-LPA2 weitgehend komplett aufgebaut. Die Betonung liegt auf „weitgehend“. Denn man sollte sich bei der Erstjustage eine gute Viertelstunde Zeit nehmen. Nichts hasst ein Plattenspieler mehr als nervöse Finger.
Der Tonarm ist vormontiert, aber nicht der Tonabnehmer. Das ist in den meisten Fällen ein Drama, wenn mit winzigen Schrauben und vier noch kleineren Steckern hantiert werden muss. Hier kein Thema: Audio-Technica hat den Tonabnehmer betriebsbereit auf einer separaten Headshell hinzugelegt. Also einfach per Schraubverbindung-Bajonett an den Arm montieren, fertig.

Zwei weitere Dinge brauchen aber Nervenstärke, insbesondere die feine Angelschnur, an der das Auslegergewicht für das Anti-Skating hängt. Sieht klasse und kultig aus, lässt sich aber nur in einer ruhigen Minute und bei guten Lichtverhältnissen erledigen. Vergleichsweise einfach gelingt das richtige Auflagegewicht. Einfach das gesondert verpackte Gegengewicht des Armes hinten aufschrauben, die Skala auf Null, dann den Arm austarieren.
Jetzt das Gewicht – inklusive der Skala – auf zwei Gramm und der Job wäre erledigt. Der Rest ist Kinderspiel: Den Plattenteller auf die Achse und den Riemen um den Motor-Pulley links oben. Fertig.
Riemenantrieb mit Extra-Kick
Zuerst dachte ich, das wäre ein Direktantrieb. Warum denn dieses großformatige schwarze Kästchen an der Achse? Darin befindet sich besagter optischer Sensor, mit dem der AT-LPA2 die korrekte Antriebsumdrehung überwacht. Die Stroboskop-Ränder bei anderen Plattenspieler-Herstellern sind nett, aber diese Zugabe ist besser. Vor allem angesichts eines kleinen Moments, den viele Vinyl-Fans vergessen: Wenn ich die Nadel in die Rille setze, liegt ein Widerstand in der Rotation, ein winziger „Bremsklotz“ wenn man so will – der AT-LPA2 gleicht das umfassend aus. Die Soll- und Ist-Informationen werden an die externe Stromversorgung geschickt, die justiert nach, sieht man nicht, merkt man nicht, funktioniert aber perfekt.

Macht das den etwas gehobenen Preis aus? Es ist die Kombination. Ein Sensor kostet wenig, aber die Umsetzung verlang Ingenieurskunst. Hochdichtes Acryl muss aufwendig geformt und poliert werden. Dazu lässt sich Audio-Technica auch bei allen anderen Duftstoffen der edlen Vinyl-Kunst nicht lumpen.
Das Tonarmrohr besteht aus hellem Carbon, gibt es auch nicht im Standardkatalog. Dazu ist der Arm in der Höhe verstellbar (die Kenner nennen es VTA-Anpassung), hier muss die Verbindung von Arm und Chassis flexibel sein, aber in der Stabilität wiederum der höchsten Feinmechanik folgen.
Die zuschraubbare Headshell wird aus dem massiven Stück Aluminium gefräst. Klar greift Audio-Technica bei so einem Sondermodell auf die beste Qualität im hauseigenen Tonabnehmer-Katalog zu. Hier ist es ein AT-OC9XEN. Passt farblich perfekt im hellen Metallgehäuse. Doch um reine Ästhetik geht es nicht. Dieser Abnehmer liegt laut hausinterner Liste bei 369 Euro – schon das ist klar ein Argument für den Gesamtpreis.
Ein MC-Verstärker/Entzerrer muss her
Jetzt müssen alle Profis weghören, sie können den Absatz überblättern. Aber die Einsteiger sollten wissen, dass der AT-OC9XEN ein MC-System ist. Das ist nicht zwingend, aber zumeist die Edelklasse der Tonabnehmer-Architektur. Mit einem Aber: Der Output ist geringer als bei MM-Systemen, es braucht eine MC-Vorvorstufe.

Die hat nicht jeder moderne Stereoverstärker integriert. Aber es gibt gute externe Phonoamps – bei kleinem Geld im Zigarrenschachtelformat, bis zu den Überfliegern im Vollformat, die leicht den gleichen Preis wie der Plattenspieler selbst erreichen können. Muss nicht sein, freie Wahl, der Profi im Fachhandel berät – und baut auf Wunsch auch auf.
Entkopplung
Eine Konstruktion wie diese kann anfällig sein für Trittschall – so nutzt Audio-Technica sein Know-how auch bei den vier Füßen. Diese sind gefedert, wertig, schwer und vormontiert. Etwas vergessen? Ja, die Staubschutzhaube. Aber die sollte man auch vergessen, wenn man mit einem Plattenspieler hören will. Eine Haube im aktiven Betrieb ist ein Graus und ein Einfallstor für Rückkopplungen der Klangwellen von den Lautsprechern, zudem schaukeln sich mitunter die Laufgeräusche hoch. Einfach mal live im Einsatz vergleichen und sich selbst eine Meinung bilden.

Jetzt kommt die seltsame Nachricht und Frage: Wie kommen wir als Endkunden an den AT-LPA2? Derzeit listet Audio-Technica nur „HiFi im Hinterhof“ in Berlin und „Topkaufmusik“ in München als Händler auf. Cito Audio in Osnabrück wird zeitnah folgen. Seltsam, aber mit Sinn: Das Produkt ist so wertig und anspruchsvoll, dass es derzeit nicht über die hauseigene Webseite vertrieben werden soll. Aber der Kreis an Fachhändlern in Europa soll beständig weiter wachsen.
Vinyl: Die Zahlen der Analysten
Wie sieht die Zielgruppe aus? Es sind die Vinyl-Aufsteiger, mehr als die Einsteiger. Oder wenn man einsteigen will, dann gleich richtig. Audio-Technica bedient damit einen Trend, hinter dem zwei unterschiedliche Strömungen stehen. Da wären die Jung-Besitzer, die zum ersten Mal den Rausch des schwarzen Goldes erleben – Vinyl ist für sie Kult, das Musikmaterial der DJs.
Hinzu kommen die Wiederentdecker: All jene, die ihre Schallplattensammlung im Keller verstaut haben und nun wieder zu den Scheiben greifen. Der Verband der Deutschen Musikindustrie hat eine Umfrage gestartet. Demnach besteht die Käuferschaft überwiegend aus männlichen Personen, doch weisen die Sympathiewerte eine nahezu ausgeglichene Geschlechterverteilung auf.

Tests zu Plattenspielern und Vinyl.
www.likehifi.de/gold
Mal eine gewaltige Zahl: Über eine Milliarde Vinyl-Schallplatten werden als „Musikschatz“ in deutschen Haushalten aufbewahrt, so der Verband der Musikindustrie. Diese wurden gesammelt und gehört oder über den Zweitmarkt an Folgebesitzer weiterverkauft. Die Schallplatte ist ein Kulturgut: Vinyl-LPs werden nicht entsorgt, sondern weitergegeben – bei limitierten Editionen aufgrund der Sammelleidenschaft teilweise auch mit Gewinn.
Unterfüttern wir den Trend mit Zahlen. Die hat das Deutsche Musikinformationszentrum ermittelt. Wir sehen einen Trend pro Vinyl – aber die Flamme glimmt auf kleinem Niveau, etwas für die Fans und Connaisseure. Rund 22 Millionen Tonträger wurden 2023 in Deutschland verkauft, darunter 16,2 Millionen CD-Alben und 4,6 Millionen Vinyl-LPs.
Jetzt nicht in Jubel ausbrechen. Das meiste Geld erwirtschaftet die Branche noch und stetig wachsend im Streaming-Sektor. Obwohl die Nachfrage in Deutschland nach physischen Tonträgern um knapp 12 Prozent zurückging, stieg der Umsatz bei Schallplatten im ersten Halbjahr 2024 um 5,4 Prozent. Ein umgekehrtes Bild hingegen in den USA. Analysten gehen davon aus, dass die gestiegenen Lebenshaltungskosten den Trend bremsen. Immer weniger US-Amerikaner waren bereit, über 40 Dollar für eine Langspielplatte auszugeben.
Der AT-LPA2 Hörtest: Drive und Druck mit Elton
Alles gesagt, nun wird gehört. Lasset den Hörtest beginnen. Mit einem alten Meister. Elton John hatte fertig. Mehr noch: Er war kaputt und aufgedreht zugleich. Seine weltweite Abschiedstournee hatte ihr Ende gefunden – und der Mann stand vor seinem persönlichen Horror vacui – dem Nichts in seinem musikalischen Gefühlsleben. Brandi Carlile, eher eine Größe in den Staaten, aber elffache Grammy-Preisträgerin, holte den Briten aus dem Loch.
Es wurde anstrengend in den legendären Sunset Sound Studios in Los Angeles. Innerhalb von nur 20 Tagen entstand aus dem Nichts ein Werk (“Who Believes In Angels?”), bei dem Produzent Andrew Watt die besten Session-Musiker zusammenführte. Zitat Elton John: „Eine der schwierigsten Platten, die ich je gemacht habe“ – und gleichzeitig „eine der großartigsten musikalischen Erfahrungen meines Lebens“.

Das kann man auch beim Klangtest erleben. Das ist Soundtechnik vom Feinsten. Der Titelsong “Who Believes In Angels?” ist laut, hat klassischen Drive. Da sind die Anschlagsfeinheiten beim Klavier und natürlich der stimmliche Wechsel zwischen der Dame und dem Herren. Es gibt Hymnen, aber stärker sind die Momente der Intimität.
Der neue Audio-Technica AT-LPA2 liefert mit genau dieser Bandbreite, er kann das Überwältigende, ist aber vielleicht noch stärker in den feinen Momenten. Wer einmal so richtig tief im Vinyl-Wohlklang und der weltumspannenden Traurigkeit abtauchen will: „When This Old World Is Done With Me“ – der letzte Track, da verabschiedet sich ein alter Mann (Sir Elton „Hercules“ John ist 78 Jahre alt).
Mit Klassik krachen lassen
Mal Klassik so richtig krachen lassen? Geht das überhaupt? Klassik ist doch etwas für ältere Herren vorm Streichquartett. Stimmt nicht, Entschuldigung für die Provokation. Kaum ein Komponist hat so auf Dynamik hin komponiert wie Carl Orff. Seine „Carmina Burana“ kennen alle. Doch unser Tipp: „Die Kluge“. Ein Einakter mit enormem Aufgebot an Rhythmusinstrumenten – Rührtrommel, Tamburin, Triangel, Steinspiel, Sandrasseln, Xylophon, Glockenspiel. Also weit, weit weg vom Streichquartett.
Die japanischen Vinylsammler geben enorme Summen für eine gut erhaltene Pressung aus alten DDR-Tagen aus. Die Amiga-Platten mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig unter Herbert Kegel sind mittlerweile schwer zu bekommen – aber Berlin Classics hat neu nachpressen lassen, die Doppel-LP liegt bei über 60 Euro. Gut investiertes Geld. Unfassbar, hier kann man erleben, wie viel Dynamik in eine Vinyl-Rille geritzt werden kann. Meister im Orchester, unter den Sängern und eben bei den Tontechnikern.

Analytisch und druckvoll
Der Audio-Technica AT-LPA2 ist mehr als nur ein würdiger Mitspieler – er treibt den Klangrausch auf die Spitze. Das ist seine Grundtendenz: Die Analyse ist hoch, das ist kein Kuschelklang, aber zugleich ist da auch die Analyse von musikalischem Druck und Drive. Als wir ihn wieder einpacken – notgedrungen, wir hatten ganz exklusiv das erste Testexemplar in Deutschland, Österreich und der Schweiz – da schwebt Wehmut im Hörraum. Er hätte bleiben sollen. Wie er auch für viele Menschen ein Plattenspieler für lange Hör- und Lebenszeit sein wird.
Audio-Technica AT-LPA2: Preis und Verfügbarkeit
Der Audio-Technica AT-LPA2 Plattenspieler kostet 1.999 Euro (UVP). Erhältlich ist das Gerät in Deutschland bei folgenden Fachhändlern:
- HiFi im Hinterhof
- Topkaufmusik
- Cito Audio
Farbvariante: Transparent, Acryl.
Datenblatt: Audio-Technica AT-LPA2
Allgemein | |||
Geräteklasse | Plattenspieler | ||
Hersteller | Audio-Technica | ||
Modell | AT-LPA2 | ||
Preis (UVP) | 1.999 Euro | ||
Preiskategorie | Mittelklasse | ||
Maße (B/H/T) | 42 x 34 x 13,5 cm | ||
Gewicht | 8,4 kg | ||
Informationen | www.audio-technica.com | ||
Technische Daten* | |||
Tonabnehmer (montiert) | ja, AT-OC9XEN (MC) | ||
Motor | Gleichstrom-Servomotor | ||
Antrieb | Riemen | ||
Steuerung | Manuell | ||
Anschlüsse | Cinch Stereo, Erdung | ||
Phono-Vorverstärker integriert | nein | ||
integrierter DAC | nein | ||
Bluetooth | nein |
*Herstellerangaben
Webseite: www.audio-technica.com
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Bildquellen:
- Audio-Technica-AT-LPA2-Test-Turntable_01: Auerbach Verlag