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Album des Monats: Whitney Houston – Whitney Houston (1985)

Whitney Houstons selbst betiteltes Debütalbum wird in diesem Monat stolze vierzig Jahre alt. Eine Platte, die stilprägend war und einige Rekorde brach. Wir blicken im Rahmen unseres Album des Monats zurück auf das Werk und das viel zu kurze Leben der Soul-Diva.

Es ist ein warmer Frühlingssonntag in den späten 1970er Jahren, als in der New Hope Baptist Church in Newark, New Jersey ein Teenager namens Nippy vor die Gemeinde tritt und „Guide Me O Thou Great Jehovah“ anstimmt. Nach nur wenigen Augenblicken hat sie alle Anwesenden in ihren Bann gezogen. Ihre sonore Stimme ist beeindruckend reif, ihre technisch komplexen Melismen sind selbstbewusst und kunstvoll. Die Hingabe, mit der die Jugendliche in der Musik versinkt, ist schier mitreißend. Man könnte meinen, dass Nippy eine ausgiebige und hochprofessionelle Ausbildung genossen hat. Dabei wurde ihr dieses offensichtlich selten hohe Talent in die Wiege gelegt.

Denn Nippys Mutter Cissy ist ihrerseits eine begnadete Sängerin, stand früher als Mitglied der Band Sweet Inspirations mit Legenden wie Elvis Presley und Jimi Hendrix auf der Bühne. Dementsprechend oft ist sie auf Tournee. Nicht selten sitzen Nippy und ihre Brüder Gary und Michael auf der Bordsteinkante vor ihrem Haus und winken der geliebten Mutter hinterher. Wenn Cissy auf Tour ist, sind die Kinder bei Freunden untergebracht. Mal hier, mal dort. Und Nippy singt und singt und singt. Dass sie den Erfolg ihrer Mutter einmal um Lichtjahre übertreffen sollte, ließ sich nicht mal erträumen. Auch heißt Nippy eigentlich nicht Nippy. Ihr Vater gab ihr diesen Spitznamen. Ihr bürgerlicher Name: Whitney Houston.

Whitney

Den Namen Whitney, so erinnert sich ihr älterer Bruder Gary Garland, verdankt sie der Sitcom „Hazel“ aus den 1960er Jahren, in der die Protagonistin Dorothy Bexter von Whitney Blake personifiziert wurde. Obwohl Whitney Houston schon mit 14 Jahren erste Erfahrungen im Tonstudio sammelte, professionalisierte sie sich zunächst in einer ganz anderen Branche. So wurde sie als eine der ersten schwarzen Models für die Vogue abgelichtet. Als sie da ihren ersten Manager Danny Gittelman kennenlernt, ist sie jedoch alles andere als begeistert von diesem Geschäft. Zu sehr ist sie eben Sängerin. Zu sehr will sie auch als eine solche Rang und Namen erarbeiten. Gittelmans Sohn Steve, der in den 1980er Jahren ebenfalls in Whitneys Management tätig war, bezeugt, sie habe das inhaltsleere Posieren vor den Kameras gehasst. Auf die Frage, was Whitney neben der Musik Freude gemacht habe, antwortet er im 2018 erschienenen Dokumentarfilm „Whitney“: „Sie schlief gern, sie machte gern Party, verbrachte viel Zeit mit Robyn und liebte ihre Katze ‚Misty Blue’“.

Robyn Crawford, eine Freundin aus Kindheitstagen, sollte in Whitneys viel zu kurzem Leben bis zum Ende eine bedeutende Rolle spielen. Als beste Freundin, als rechte Hand und auch als Liebhaberin. Eine Liebesbeziehung, die damals noch streng geheim gehalten werden musste. Vielleicht ist auch das ein Grund, warum sich Whitney Houston hervorragend mit Hape Kerkeling verstand, der diesbezüglich ein ähnliches Schicksal durchlebte. Kerkeling und Houston lernten sich einmal bei einer Fernsehaufzeichnung kennen. Eine Begegnung, von der der Comedian noch heute schwärmt. Aber das nur am Rande.

Robyn Crawford war auch dabei, wenn Whitney durch die R&B-Keller New Yorks tingelte und dort die ersten Labelbosse auf sich aufmerksam machte. Bruce Lundvall von Elektra und Clive Davis von Arista Records gaben sich bei jedem Gig Whitneys die Klinke in die Hand, übertrafen sich gegenseitig in der Großzügigkeit der ausgesprochenen Angebote und Gefälligkeiten.

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Zwischen schwarz und weiß

Schließlich entschied sich Whitney Houston im Jahre 1983 für Arista. Eine Entscheidung, die sie wohl zumindest aus professioneller Sicht nicht bereut haben dürfte. Denn im Februar 1985 haben einige Plattenladenpraktikanten „Whitney Houston“ noch nicht mal in die Regale geräumt, da steht die Platte schon auf Platz eins der US-Billboard-Charts. Der Einstieg auf der Spitzenposition ist zuvor noch keiner Sängerin gelungen. Nur einer von vielen Rekorden in der steilen Karriere Whitney Houstons. Insgesamt sollten drei der ausgekoppelten Singles („Saving All My Love for You“, „How Will I Know“ und „Greatest Love of All“) die Spitze der US-Charts erreichen, das Album verkaufte sich allein in den USA etwa 13 Millionen Mal, weltweit überstiegen die Verkäufe sogar die 22 Millionen. Außerdem erhielt Houston für das Stück „Saving All My Love for You“ ihren ersten Grammy als beste Popsängerin – sechs weitere sollten im Laufe der schillernden Karriere folgen.

Wohlverdienter Lohn für jede Menge Arbeit. Denn insgesamt arbeiteten Whitney Houston und ihre Produzenten, allen voran Jermaine Jackson, ganze drei Jahre an diesem Werk. Insgesamt sind über fünfzig Personen in den Credits des Albums zu finden, darunter sieben Gitarristen, fünf Drummer und insgesamt zehn Produzenten und Toningenieure. Und natürlich auch mit dabei: Whitneys Mutter Cissy Houston. Ein gewaltiger Teamleistung also, der sich jedoch auch in nicht weniger als einem absoluten Kult-Release der 1980er Jahre manifestieren sollte.

Dabei berichten alle, die ihr nahestanden, dass Whitney Houston stets als Nippy nachhause kam, vor dem Fernseher auf der Couch einschlief. Dennoch kam mit dem Ruhm auch große Aufmerksamkeit und immer geriet Whitney unter Beschuss der Öffentlichkeit. Die in der Sexualität des Shooting Stars und der Beziehung zu ihrer geheimnisvollen besten Freundin einen gut verkäuflichen Skandal witterte.

Whitney war ein Familienmensch. Als der ältere Bruder Gary seine Karriere in der US-Profibasketballliga NBA aufgrund eines positiven Drogentests beenden musste, engagierte Whitney ihn im Background-Chor. Der jüngere Brüder Michael, stets den Schalk im Nacken, arbeitete im Unternehmen als Tour-Manager. Jedoch auch immer mit dabei: Drogen.

Price of Fame

In den Magazinen und Late Night Shows inszenierte man Whitney Houston als die Unschuld aus der Vorstadt. Anti-Drogen-Kampagnen warben mit ihrem Gesicht. Backstage lebte sie die freie Liebe, liebte die rauschenden Partys und war auch den hier einschlägigen Rauschmitteln sehr zugeneigt.

Am 11. Februar 2012, fast auf den Tag genau unheimliche 27 Jahre nach dem Release von „Whitney Houston“ und einen Tag vor der Verleihung der Grammy Awards dann die schreckliche Nachricht. Whitney „Nippy“ Houston wurde tot in der Badewanne ihres Hotelzimmers in Beverly Hills aufgefunden. Ertrunken. Jedoch unter Einwirkung von Kokain und einer Herzkrankheit. Ein ähnliches Schicksal sollte drei Jahre später ihre Tochter Bobbi Kristina ereilen, die ebenfalls in einer Badewanne ertrank.

Whitney Houston war eine Figur der Ambivalenzen, zweifellos. Aber allem voran war sie eines: eine herausragende Musikerin, zu der Hunderttausende, gar Millionen junger Menschen aufsahen. Sie war eine Identifikationsfigur der schwarzen und der queeren Community, als die Weltgesellschaft eine diesen Gruppen noch viel feindlicher gestimmte war. Sie hat Musikgeschichte geschrieben und nachhaltig beeinflusst.

Das 40. Jubiläum ihres Debütalbums „Whitney Houston“ ist da nur ein längst überfälliger Anlass, Danke und Rest in Power zu sagen.

Whitney Houston Album Vinyl Back Cover
Insgesamt 113 verschiedene Vinylpressungen finden sich von „Whitney Houston“. Die US-Originalpressung aus dem Jahr 1985 ist recht günstig zu haben, der Durchschnittspreis auf Discogs beträgt 6,94 Euro. (Bild: Auerbach Verlag)

Whitney Houston – Whitney Houston – Tracklist

1. You Give Good Love

2. Thinking About You

3. Someone For Me

4. Saving All My Love For You

5. Nobody Loves Me Like You Do (ft. Jermaine Jackson)

6. How Will I Know

7. All At Once

8. Take Good Care Of My Heart (ft. Jermaine Jackson)

9. Greatest Love Of All

10. Hold Me (ft. Teddy Pendergrass)


Erscheinungsdatum: 14. Februar 1985

Label: Arista

Spielzeit: 46:54 Minuten

Formate: CD, LP, MC, Digital (Download / Stream), DVD

Webseite: www.whitneyhouston.com/de

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Bildquellen:

  • Whitney_Houston_Vinyl_01: Auerbach Verlag