Obwohl Adam Audio mit seinen Studiomonitoren im Pro-Audio-Segment einzuordnen ist, finden sie regelmäßig ihren Weg zu uns ins HiFi-Hörlabor. Adams Lautsprecher erfreuen sich schließlich auch im Heimbereich großer Beliebtheit. Diesmal dürfen wir die Mittelfeld-Studiomonitore A77H näher kennenlernen.
Nicht nur für Profis
Das Berliner Unternehmen Adam Audio wurde vor nun beinahe 25 Jahren gegründet und mischte damals den Studiomonitor-Sektor ordentlich auf. Ein Newcomer, der auf AMT-Hochtöner zur Klangreproduktion setzt: das war damals nicht ganz unumstritten. Heutzutage hat sich die Formel etabliert und Adam Audio international einen Namen gemacht. Nicht nur ihre Flaggschiffe der S-Serie, sondern auch die günstigere AX-Serie sind in vielen Tonstudios im Praxiseinsatz.
Seit Sommer 2022 ist die AX-Serie passé, sie wurde von der modernisierten A-Serie ersetzt. Auch diese verspricht einen präzisen, transparenten Klang und ist dank ihres guten Preis-Leistungs-Verhältnisses für professionelle als auch private Studios aller Bereiche interessant. Die Adam Audio A-Serie brachte dabei eine ganze Reihe Neuheiten mit sich. Am interessantesten ist dabei die A-Control, eine Software, mit der sich der Frequenzgang des Lautsprechers vom Computer aus steuern lässt.
Was ist ein Studiomonitor?
Nun sind AUDIO TEST und Likehifi.de bekanntlich HiFi-Magazine. Ausflüge in den Bereich Pro-Audio und Studiotechnik erlauben wir uns eher selten. Warum also stellen wir Studiolautsprecher vor? Davon abgesehen, dass unter den HiFi-Fans sicher auch Musiker und Tontechniker zu finden sind, können Studiomonitore ebenso für den Musik-Genuss zu Hause interessant sein.
Für AUDIO TEST Ausgabe 2/2023 und likehifi.de durften wir bereits einen Lautsprecher der A-Serie in der Redaktion begrüßen. Der Regallautsprecher Adam Audio A7V wusste unseren Kollegen Valentin Möller damals sehr zu überzeugen und kam auf eine ausgezeichnete Wertung von 90 %.
Für diesen Test findet ein Paar A77H den kurzen Weg aus Berlin zu uns nach Leipzig. Beim Adam Audio A77H handelt es sich um einen aktiven Midfield (bzw. Mittelfeld) Studiomonitor. Wer hier nur Bahnhof versteht: es folgt eine Begriffserklärung. Ist ein Lautsprecher aktiv, bedeutet es, dass er nicht von einem externen Verstärker angetrieben werden muss. Die Verstärkerstufe ist direkt im Lautsprecher verbaut. Diese Technik erfreut sich auch im HiFi-Bereich großer Beliebtheit, zuletzt konnte uns z. B. Nubert mit seiner aktiven nuZeo Serie überzeugen. Midfield bedeutet, dass der Lautsprecher einen Abstand zur Hörposition von circa 1,5 bis 3 Metern haben sollte.
Nearfield bzw. Nahfeld
Das Gegenteil sind Nearfield-Lautsprecher, welche auch direkt auf dem Schreibtisch stehen können. Zum grundsätzlichen Unterschied zwischen HiFi-Lautsprechern und Studiomonitoren, hatten wir in Ausgabe 6/2022 bereits einen längeren Hintergrundartikel veröffentlicht. Kurz zusammengefasst: Studiomonitore sind als Werkzeug konzipiert.
Die Musik soll im Studio nicht in erster Linie bestmöglich klingen, sondern die Monitore sollen ungewünschte Klänge wie eine Lupe aufdecken. Dies birgt Potenzial für den HiFi-Bereich. Schließlich zeichnen sich gute Studiomonitore als sehr präzise, trocken und nicht klangfärbend aus. Wer ein solches Klangbild schätzt, wird mit ausgewiesenen Studiomonitoren im eigenen Heim sicherlich auch sehr glücklich.

Adam Audio A77H
Der Adam Audio A77H besitzt den umfangreichsten Frequenzbereich der A-Serie und reicht von 37 Hz bis 41 kHz. Hierzu nutzt er zwei 7 Zoll große Tieftöner, einen X-Art Hochtöner und einen 3,5 Zoll großen Mitteltöner. Letzterer ist auch aus der S-Serie von Adam Audio bekannt. Zur Unterstützung der Tiefen verfügt der A77H über zwei frontseitige Bass-Reflexöffnungen. Dieses Ensemble sitzt in einem recht großen MDF-Gehäuse mit Vinyl-Beschichtung.
Die Frontplatte ist lackiert. Die Tieftöner hat eine Multi-Layer Mineral Membran, welche aus mehreren Schichten Mineralfaser besteht. Der Treiber wird von einem Class D-Verstärker mit 250 Watt angetrieben. Für die Höhen kommt der firmeneigene X-Art Hochtöner zum Einsatz. Dieser sitzt in einem HPS-Waveguide. Man kann ihn drehen, damit der A77H hochkant positioniert werden kann – sofern das gewünscht ist. Hoch- und Mitteltöner werden jeweils von Class A/B-Amps angetrieben. Der Mitteltöner bekommt dabei 70 Watt, während dem Hochtöner 20 Watt ausreichen.

Klanganpassung
Auf der Rückseite des Adam Audio Lautsprechers befinden sich die Anschlüsse, Regler und Knöpfe. Für die Verbindung mit der Quelle steht dem A77H der Studiostandard XLR für symmetrische, und Cinch für unsymmetrische Signale zur Verfügung. Mittels Knopfdruck lässt sich der Eingang schnell wechseln. Für die bereits erwähnte Fernsteuerung hat der Lautsprecher einen Ethernet-Anschluss, womit er mit dem Computer verbunden werden kann.
Zur rudimentären Klangeinstellung verfügt der Adam Audio A77H über vier Knöpfe, welche jeweils einen anderen Frequenzbereich entweder absenken, oder anheben. Dieser Room Adaption EQ, wie ihn Adam Audio nennt, hat die vier Bereiche: Bass, Desk (also Tisch oder Mischpult), Presence und Treble. Wie stark die Tonanpassung der einzelnen Bereiche ist, lässt sich der Bedienungsanleitung entnehmen. Für die meisten Homestudio-Anwendungen wird diese Klanganpassung reichen.
Wer jedoch ein Dolby-Atmos-System besitzt oder im Raum starke akustische Probleme hat, wird sich über A-Control erfreuen. Mit dieser Software lässt sich nicht nur der Room Adaption EQ anpassen, sondern auch die Raum-Einmessung von Sonarworks SoundID Reference direkt auf den Lautsprecher speisen. SoundID Reference ist eine kostenpflichtige Einmessungssoftware, mit der sich Raummoden und andere akustische Unschönheiten kompensieren lassen. Doch auch hier gilt: Studiomonitore sind nur so gut, wie es die akustischen Eigenschaften des Raumes zulassen. Wer mit Lautsprechern abmischen möchte, sollte auch seinen Raum akustisch optimieren.
Voicings
Neben der Korrektur des Frequenzverlaufs, ermöglichen die Lautsprecher der A-Serie die Auswahl eines „Voicings“. Eines ist „EXT“, welche die eben erwähnte Fernsteuerung ermöglicht. Die anderen lauten „Pure“ und „UNR“. Pure bietet die linearste, neutralste und genaueste Wiedergabe. Dieses Klangprofil ist für Mixing, Mastering und kritisches Hören im Studio ausgelegt. UNR steht für „Uniform Natural Response“ und ist ein leicht gefärbter Frequenzgang, der auch in vielen klassischen Adam Audio Lautsprechern, wie der AX-Serie zu finden ist.
Neben all diesen Knöpfen und Anschlüssen findet sich natürlich noch ein Lautstärkeregler. Wie bei Studiomonitoren üblich ein klassischer Trim-Regler. Das heißt, er verändert die Lautstärke um maximal ±12 dB. Generell ist die Verarbeitung des A77H wirklich makellos. Der massiv wirkende Lautsprecher strahlt eine erstaunliche Langlebigkeit und herausragende Qualität aus.

Positionierung
Studiomonitore sollten in den allermeisten Fällen in einem gleichseitigen Dreieck zur Hörposition platziert werden. Diese sollten dabei um 30 Grad eingedreht sein, sodass sie direkt auf die Hörposition zeigen. Diese Positionierung führt auch mit den A77H in unserem Test zum besten Ergebnis. Wir verbinden die Lautsprecher mittels XLR-Kabel mit dem CXN100 Streamer von Cambridge Audio. Dieser hat symmetrische XLR-Ausgänge, womit er sich als perfekter Zuspieler eignet. Den ausführlichen Test zum CXN100 finden sie übrigens hier.
A77H im Klangtest
Zunächst wählen wir das linearste Profil „Pure“ aus. Wir drücken auf Play und uns präsentiert sich beim Song „Not Strong Enough“ der dreifach Grammy-prämierten Indierock-Band Boygenius eine wunderbar präzise und druckvolle Klangdarstellung. Der Song der Supergroup hat eine gewisse LoFi-Ästhetik, die der A77H mit einer extremen Sauberkeit darstellt.
Der lupenartige Charakter der A77H untersucht förmlich jede klangliche Nuance des Stücks. Das beeindruckt und kann auch im HiFi-Kontext faszinieren. Dennoch steht hier die Musikalität nicht unbedingt im Vordergrund. Der A77H spielt das Stück ganz ungefärbt ab und nicht, wie es vielleicht am gefälligsten erscheint.
Im Anschluss schalten wir auf „UNR“, das leicht färbende Klangprofil. Hier findet schon etwas mehr Klangbildung statt. Die Höhen und Tiefen werden leicht angehoben, wodurch der Lautsprecher etwas mitreißender wirkt. Wir streamen uns weiter durch unsere TIDAL- und Qobuz-Bibliothek und landen schließlich bei „Completely Half“ des belgischen Musikers Bolis Pupul.
Das exzentrische Synthpop-Stück wird vom A77H äußerst dynamisch dargestellt. Die elektronischen Klänge tanzen förmlich aus dem Studiomonitor und die runde, aufgeweckte Mischung verbreitet in unserem Hörraum richtige Freude. Positiv zu erwähnen ist ebenfalls die Pegelfestigkeit des Studiomonitors. Ob laut oder leise – der Klang ist stets vollwertig und ausbalanciert. Ebenso lobenswert finden wir die impulstreue Darstellung der Transienten. Diese sind herrlich knackig und präsent.
Wie unter der Lupe
Allgemein überzeugt der Adam Audio A77H dank seiner kompetenten, fokussierten Klangdarstellung. Klanglich haben wir absolut nichts am A77H auszusetzen. Eine derart analytische Wiedergabe zu einem Preispunkt von 1299 Euro pro Lautsprecher ist nicht nur für Homestudios interessant.
Blicken wir aus HiFi-Sicht auf den A77H, fällt auf, dass sich die klangliche Qualität des Studiomonitors nicht nur positiv auf den Musikgenuss auswirkt. Schließlich fallen Unstimmigkeiten in Aufnahme und Mischung hier eher auf, als bei anderen Lautsprechern. Wem das beim Kauf bewusst ist, freut sich beim A77H über einen analytischen Lautsprecher, der absolut keine Geheimnisse verbirgt.
In puncto Formfaktor empfehlen wir Heimanwendern sich im Vorfeld über die ideale Integration des Lautsprechers ins Wohnambiente Gedanken zu machen. Denn der A77H ist aufgrund seiner Abmessungen eher weniger dezent und für einen Regallautsprecher doch recht groß dimensioniert. Wer sich auf das Experiment einlässt, Studiomonitore auch als HiFi-Lautsprecher zu nutzen, wird sich über die Vor- und Nachteile im Klaren sein.
Mit den Adam Audio A77H stehen aufgeschlossenen Freunden des guten Klangs jedenfalls sehr kompetente und akribische Lautsprecher zur Verfügung.
Preis und Verfügbarkeit
Adam Audio A77H Studio-Monitore / Aktivlautsprecher gibt es zum Paarpreis von 2.599,98 Euro (UVP) im Fachhandel oder direkt bei Adam Audio zu kaufen.
Datenblatt Adam Audio A77H
Allgemein | |||
Geräteklasse | Aktivlautsprecher | ||
Hersteller | Adam Audio | ||
Modell | A77H | ||
Preis (UVP) | 2.600 Euro (Paar) | ||
Preiskategorie | Mittelklasse | ||
Maße (B/H/T) | 53,1 × 23,6 × 35 cm | ||
Gewicht | 17,1 kg | ||
Informationen | www.adam-audio.de | ||
Technische Daten* | |||
Arbeitsweise | aktiv | ||
Bauform | 3-Wege, Bassreflex | ||
Frequenzverlauf | 37 Hz − 41 kHz | ||
Leistung lt. Hersteller | max. 500 W | ||
Raumempfehlung | von 25 m² bis 60 m² | ||
individuelle Klangeinst. | ja | ||
Eingänge | XLR, Cinch |
*Herstellerangaben
Webseite: www.adam-audio.com/de/a-serie/a77h/
Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 03/2024
► Lesen Sie hier: Test: Adam Audio A7V – Kompakte Aktivlautsprecher / Studio-Monitore

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