Es gibt Verstärker und es gibt Verstärker-Träume. Wir haben uns einen Traum zum Test ins Haus geholt, den Dan D’Agostino Progression Integrated Vollverstärker.
Die Unendlichkeit des Klangs
Der US-Amerikaner Dan D’Agostino ist eine echte Legende in der High-End-Audio-Szene. Zum HiFi kam er durch seinen Vater, auf dessen Klipsch-Hörnern er schon als Jugendlicher Jazz hörte. Später arbeitete er in einem HiFi-Laden und damit nahm seine Leidenschaft für High-End-Audio noch weiter zu.
1980 gründetet Dan D’Agostino Krell Industries und arbeitete dort als leitender Ingenieur bis ins Jahr 2009. Unter seiner Führung entstanden der KRC-HR Vorverstärker mit Phonostufe und der KSA250 Verstärker. Beide Modelle sind heute absolute Legenden in der HiFi-Szene.
Der Abschied von Krell im Jahr 2009 war dabei nicht freiwillig. Er wurde von einem Minderheitsinvestor aus seinem eigenen Unternehmen gedrängt. Nachdem Dan D’Agostino alle rechtlichen Optionen ausgeschöpft hatte, entschied er sich, einen Neuanfang zu wagen: geboren war Dan D’Agostino Master Audio Systems. Mit diesem Unternehmen baut er heute Verstärker, die einer eigenen Philosophie folgen. So erzählt Dan D’Agostino in einem Interview mit dem „HiFi Pig“-Magazin, dass er früher stets auf der Suche nach der neuesten und besten Technologie im Audiobereich war. Manchmal war ihm dies sogar wichtiger als das Endergebnis, der Klang.

Jetzt ist D’Agostino zwar immer noch ein technikgetriebenes Unternehmen und verwendet die besten Komponenten, Fertigungstechniken und Schaltkreise, die es finden oder entwickeln kann. Aber das Hauptziel für die HiFi-Geräte von D’Agostino Master Audio Systems ist jetzt das emotionale Erlebnis durch den Klang. Bei solchen Aussagen werden wir als Tester natürlich neugierig und Sie mögen es kaum glauben: es brauchte 100 Ausgaben des AUDIO TEST Magazins, bis wir endlich einmal einen echten Dan D’Agostino Boliden im Hörraum zu Gast haben!
Design
Dann schauen wir uns den Verstärker aus der legendären Audioschmiede einmal genauer an. Der Progression Integrated ist ein integrierter Verstärker aus der Progression-Serie von Dan D’Agostino Master Audio Systems. Das Gerät soll die Fusion von Dan D’Agostinos Expertise in der Verstärkerentwicklung mit moderner Technologie und Design darstellen. Und da das Stichwort Design fällt – das ist wirklich typisch Dan D’Agostino.
Besonders bekannt ist die Marke für die großen runden analogen VU-Meter im Zentrum der Front. Beim Progression Integrated ist es ein wenig anders. Wie auf den Bildern zu sehen ist, gibt es hier in der Frontmitte einen Volume-Regler. Rechts daneben sind zwei analoge Anzeigen zu sehen, die grün leuchten, wenn die Phase normal ist. Aber wir können die Phase auch per Knopfdruck auf der Fernbedienung invertieren. Dann leuchten die Anzeigen rot. Was das bringt, erläutern wir später.
Links neben dem Volumenregler finden wir die Buttons für die Quellenwahl. Diese kleinen Druckknöpfe sind mit einer LED hinterlegt. Jeder Knopf leuchtet farbig, wenn er aktiviert wurde. Das ist eine sehr clevere und schlichte Art das anliegende Quellsignal anzuzeigen. Übrigens gibt es den Vollverstärker in silber eloxiertem oder schwarzem Aluminium. Und wenn wir schon von den Quellen reden, dann schauen wir uns doch mal die Rückseite des Vollverstärkers an.
Anschussmöglichkeiten
Auf der Rückseite fallen uns die vielen XLR-Anschlüsse auf. Diese vier analogen Eingänge sind natürlich – da XLR – symmetrisch geschaltet. Einer dieser Eingänge trägt die Bezeichnung „Theater“. Hierüber kann der Verstärker mit einem Mehrkanal-Heimkino-Audiosystem verbunden werden. Dieser Eingang umgeht die Lautstärkeregelung des Verstärkers und setzt stattdessen auf die Lautstärkeregelung des Surround-Sound-Prozessors. Aber die anderen Eingänge nutzen die interne Lautstärkeregelung. Es gibt auch zwei analoge Cinch-Anschlüsse.
Bei unserem Modell dient einer davon als Phono-Eingang für MC-Systeme. Allerdings hat man diesen nur, wenn das optionale Phono-Modul integriert ist – so wie bei unserem Modell. Das erläutern wir dann im nächsten Abschnitt. Zudem hat unser Proband auch das ebenfalls optionale Digital-Modul verbaut. Damit kann der eigentlich nur analoge Signale verarbeitende Progression Integrated auch digital. Wir finden also auf der Rückseite einen optischen und koaxialen digitalen Eingang, einen USB-Anschluss und für Streaming eine RJ45-Buchse, an die das LAN-Kabel angeschlossen wird. WLAN geht auch. Die entsprechenden Antennen gehören zum Lieferumfang.

Die optionalen Module
Das optionale digitale Modul bietet eine digitale Auflösung von 24bit/192kHz bei PCM-Dateien. Auch die Direct Stream Digital wird unterstützt, und zwar bis zu DSD256. Fürs Streaming können wir Tidal, Qobuz, Deezer sowie Spotify nutzen. Selbst das schon totgesagte High Resolution Audio-Containerformat MQA wird angeboten. Natürlich ist auch Roon mit an Bord. Das gehört ja bei solch einem hochwertigem Gerät praktisch – Achtung, Wortspiel – zum guten Ton.
Weiterhin haben wir wie erwähnt das optionale Phono-Modul im Progression Integrated, welches für MC-Tonabnehmer ausgelegt ist. Es wartet mit unterschiedlichen Anschlusswiderständen auf, die direkt auf der Phonokarte eingestellt werden können. Das freut das Analog-Herz. An die Phonokarte und die entsprechenden Schalter gelangen wir, wenn wir den Verstärker aufschrauben. Dazu müssen wir nur alle Schrauben auf der Oberseite lösen und dann die angenehm schwere Deckplatte aus Metall abnehmen. Wo wir über die optionalen Module reden kurz noch ein Ausflug in die Finanzwelt: In der Grundausstattung rufen Hersteller bzw. Vertrieb 29900 Euro für den Vollverstärker auf. Für die beiden zusätzlichen Module wird noch einmal ein Aufpreis von 2970 Euro (Phono) sowie 9380 Euro (Digital) fällig, womit wir in Gesamtsumme bei einem stattlichen Preis von 42250 Euro landen.

1 (oben rechts) Hier ist das Phono-Modul installiert. Die kleinen, weißen Schalter erlauben das Einstellen der Phono-Lasten
2 (oben rechts) Dank Digital-Modul ist der Progression Integrated Streaming-fähig
3 (großer Ringkern) Der Ringkerntrafo wurde aus der Momentum M400 abgeleitet
Steuerung
Ein Weg um den Progression Integrated zu steuern, ist die Front. Wobei die Bedienung für unseren Geschmack optimaler hätte gelöst werden können. So müssen wir, wenn wir auf die unterschiedlichen digitalen Eingänge zugreifen wollen, immer wieder auf die DAC-Taste drücken. Auf diese doch etwas umständliche Art wechseln wir zwischen Internet, optisch, koaxial oder USB. Dies ist sicher damit zu begründen, dass das DAC-Modul ja nur optional ist und Dan D’Agostino nicht vier Tasten einbauen wollte – USB, optisch, koaxial, Internet – die dann eventuell gar nicht belegt sind.
Weiterhin gibt es natürlich auch eine Fernbedienung, um den Verstärker zu steuern. Ihre Form ist tatsächlich ungewöhnlich. Jedoch macht es Spaß, den Dan D’Agostino Amp mit ihr zu steuern. Zumal die kleinen silbernen Metallknöpfe herrlich haptisch reagieren – so muss eine Fernbedienung arbeiten. Und was wir unbedingt erwähnen wollen: die Fernbedienung arbeitet via Bluetooth. Das bedeutet, wir müssen vom Sofa aus keine Verrenkungen ausführen um den Verstärker anzusteuern. Nein, wir können sie halten, wie wir möchten.
Auch eine Dan D’Agostino App steht uns zur Verfügung. Über diese können wir die Streaming-Dienste an den Progression Integrated weitergeben. Darüber hinaus finden sich innerhalb der App Steuerelemente für das Gerät selbst. Leider gibt es die App nur für iOS-Geräte. Aber das sind wir bereits gewöhnt von Audiotechnik aus den USA. Dort hat die Zielgruppe zumeist immer Apple-Geräte.

Volume-Regler
An dieser Stelle müssen wir kurz auf den Volume-Regler eingehen. Dieser ist, wie geschrieben, das zentrale Element des Gerätes. Doch er ist nicht nur optisch eine Wucht, er ist es auch technisch. So sind im Progression Integrated Verstärker hochpräzise, relaisgesteuerte Stufendämpfer verbaut, über die die Lautstärke geregelt wird. Das sorgt für die bestmögliche Klangqualität in jeder Lautstärke und eine ausgezeichnete links-rechts Verstärkungsgenauigkeit. Diese relaisgesteuerten Stufendämpfer sind auch der Grund, weshalb wir bei der Lautstärkeregelung ein mechanisches Klicken hören. Das Klicken ist der Beweis dafür, wie viel geniale Mechanik und Elektronik allein in die Lautstärke-Regelung einfließt.
Neben dem Volume-Regler finden wir die ikonischen Anzeigen. Sie füllen hier zwei Funktionen aus. Während der normalen Wiedergabe zeigen sie den durchschnittlichen Signalpegel der abgespielten Musik an. Wenn wir Lautstärke oder Balance einstellen, zeigen sie das entsprechend an. Danach kehren sie zur Signalpegelanzeige zurück.
Falls jemand die beleuchteten Anzeigen stören, ist das kein Problem. Es existiert nämlich ein Dark Mode. Dieser deaktiviert die Beleuchtung. Um den Modus zu nutzen, drücken wir die Standby-Taste für einige Sekunden, während das Gerät im Standby-Modus ist. Jetzt ist die Beleuchtung des Gerätes ausgeschaltet. Nur wenn wir eine Änderung vornehmen, leuchtet die entsprechende Funktion kurz auf.

Kopfhörer
Auch wenn es an der Front nicht zu erkennen ist, der Dan D’Agostino Progression Integrated besitzt auch einen Kopfhöreranschluss. Dieser ist allerdings an der Rückseite zu finden. Er ist für die üblichen 6,3 Millimeter-Klinkenstecker ausgelegt. Um die Kopfhörerfunktion zu aktivieren, halten wir die Theater-Taste an der Front für 3 Sekunden gedrückt. Damit schalten wir die Lautsprecherausgänge aus und das Signal wird auf die Kopfhörer umgeschaltet. Um wieder die Lautsprecher zu aktivieren, versetzen wir den Verstärker in den Standby-Modus. Schalten wir den Verstärker dann wieder an, arbeitet er wie zuvor.
Technisches
Der Progression Integrated Verstärker bietet eine Leistungsausgabe von 200 Watt bei 8 Ohm und 400 Watt bei 4 Ohm. Sein Frequenzspektrum ist im Bereich von 20 Hz bis 80 kHz (±0,5 dB) angesiedelt. Das ist mehr als genug für fast alle High-End-Lautsprecher. Daneben liegt seine Verzerrung bei voller Ausgabe unter 0,1% für Frequenzen von 20 Hz bis 20 kHz, und das Gerät erreicht ein beeindruckendes Signal-Rausch-Verhältnis von -95 dB, ungewichtet.
Im Standby-Modus beträgt der Stromverbrauch des Verstärkers 14 Watt. Das ist sicher nicht der beste Wert, aber bei Geräten in dieser Preisklasse ist das meist normal. Das bei uns installierte Phono-Vorverstärker-Modul bietet als Phonolast-Optionen: 47kΩ, 10kΩ, 2kΩ, 1kΩ, 500Ω, 200Ω, 100Ω und 50Ω. Der Phono-Verstärkungsfaktor beträgt dabei 60 dB. Die Ausgangsimpedanz des Verstärkers ist mit 0,10 Ω angegeben.
An dieser Stelle noch ein Hinweis: Der Verstärker klingt bereits ab dem Einschalten sehr gut. Jedoch schadet es nichts, ihn eine halbe Stunde warmlaufen zu lassen, dann holen Sie das absolute Optimum aus dem Dan D’Agostino Progression Integrated heraus.
Klang
Nun gibt es ja diese mehr oder weniger bekannte Regel, wenn es darum geht, zu ermitteln, wie viel Geld man beim Lautsprecher- und Verstärker-Kauf ausgeben sollte. Sie erinnern sich vielleicht, sie lautet: beim Lautsprecher so viel Budget wie möglich und beim Verstärker so viel wie eben nötig. Der Dan D’Agostino Progression Integrated Verstärker macht jedoch deutlich, dass eine Regel durch die Ausnahme bestätigt wird.

Wir hängen nämlich das 42.000 Euro teure Gerät an die nuVero 170 Standboxen für knapp 8.000 Euro das Paar. Sicherlich keine gewöhnliche Kombination. Allerdings macht sie unheimlich viel Spaß. Der Progression Integrated beherrscht die Standlautsprecher als wäre es das leichteste auf der Welt. In jeder Situation machen die Nubert Lautsprecher genau das, was der Dan D’Agostino von Ihnen möchte.
Würde ein HiFi-Experte jetzt mit verbunden Augen in den Raum kommen, er würde nicht im Traum darauf kommen, dass er „nur“ 8.000 Euro teure Lautsprecher hört. Er würde sie definitiv im unteren bis mittleren fünfstelligen Bereich verorten. Derart musikalisch und ausgewogen spielen sie auf. Das zeigt, wie gut Nubert fertigt, aber das zeigt noch mehr, was ein verdammt guter Verstärker aus Lautsprechern herausholen kann.
Von Transientenbeherrschung, Räumlichkeit, Detailreichtum etc. müssen wir bei diesem High End Verstärker gar nicht reden. Es versteht sich von selbst, dass diese Faktoren alle auf dem absoluten Toplevel sind. Und wir wollen es abschließend nicht unterschlagen: der Phase-Invert-Button bringt noch mehr Räumlichkeit in die Musik.
Hier müssen Sie einfach für sich selbst testen, ob Ihnen die richtige oder die „falsche“ Phase besser gefällt. Wir sind schlichtweg begeistert, wie es dem Dan D’Agostino Progression Integrated gelingt, aus jeder Art von Musik und jedem Lautsprecher (wir testeten natürlich noch andere Schallwandler am Verstärker) das Bestmögliche herauszukitzeln. Ein echter Verstärker-Traum aus der Schmiede der HiFi-Legende Dan D’Agostino, vor dem wir uns nur tief verneigen können. Thank you Dan!
Preis und Verfügbarkeit
Der Dan D’Agostino Progression Integrated Vollverstärker ist im sehr gut sortierten 42.250 Euro erhältlich. Der Vertrieb der Dan D’Agostino Geräte läuft in Deutschland über Audio Reference.
Datenblatt Dan D’Agostino Progression Integrated
Allgemein | |||
Geräteklasse | Stereovollverstärker | ||
Hersteller | Dan D’Agostino | ||
Modell | Progression Integrated | ||
Preis (UVP) | 42.250 Euro | ||
Preiskategorie | Luxusklasse | ||
Maße (B/H/T) | 43 x 18 x 43 cm | ||
Gewicht | 26 kg | ||
Informationen | www.audio-reference.de | ||
Technische Daten* | |||
Arbeitsweise | Transistor | ||
Leistung lt. Hersteller | 200 Watt (8 Ohm), 400 Watt (4 Ohm) | ||
Stromversorgung | Stand-by: 14 Watt | ||
Eingänge | 4 Paar XLR (Paar), 2 Paar Cinch (Paar) bzw. 1 x Cinch Aux und 1xPhono (Modul), 1 USB-A, 1 x digital-optisch, 1 x digital-koaxial, 1 x Ethernet RJ45 (Modul) | ||
Ausgänge | 1 x XLR Stereo, 1 x Banane/Klemme (Paar) |
*Herstellerangaben
Webseite: www.audio-reference.de // www.dandagostino.com
Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 02/2024
▶ Lesen Sie hier: Dan D’Agostino Relentless Preamplifier / Vorverstärker für 170.000 Euro

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