Sony war in den 1970er- und 80er-Jahren eine feste Größe im HiFi-Olymp. Heute glänzen die Japaner vor allem mit Kopfhörern – und zeigen mit den brandneuen Headphones WH-1000XM6, warum sie bei Noise-Cancelling-Fans Kultstatus haben.
Völlig abgeschirmt
Kaum ein neuer Kopfhörer mit Active Noise Cancelling (ANC) wird von Head-Fi-Fans so gespannt erwartet wie die Modelle aus Sonys WH-1000XM-Serie. Seit Jahren setzen sie den Maßstab, wenn es um die wirksame Unterdrückung von Umgebungsgeräuschen geht – ein Feld, in dem Sony kaum ein Konkurrent das Wasser reichen kann.
Erst ein bis zwei Jahre nach dem Erscheinen einer neuen Generation der Sony-Modelle gelingt es Herstellern wie Apple, Bose, Bowers & Wilkins, Sennheiser oder Sonos mit vergleichbaren ANC-Leistungen aufzuschließen. Bemerkenswert ist dabei, dass viele andere Anbieter – selbst mit Kopfhörern jenseits der 1.000-Euro-Grenze – mit ihrem ANC nicht einmal das Niveau älterer WH-1000XM-Modelle erreichen.
Für diesen Tester ist das ein erfreulicher Befund: In einer Branche, in der hohe Preise sonst gerne mit Qualität gleichgesetzt werden, zeigt sich hier einmal umgekehrt, dass Spitzenleistung nicht immer mit Luxus-Preisen gleichgesetzt werden kann.
Knickbar

Gegenüber ihren Vorgängern offenbaren die neuen Sony-Kopfhörer auf den ersten Blick einen Vorteil: Die Ohrmuscheln sind jetzt einklappbar. Das war schon bei den WH-1000XM4 so, wurde aber bei dem WH-1000XM5 abgeschafft. Eine unkluge Entscheidung, denn dadurch nahm das Case der Kopfhörer viel Platz im Rucksack oder der Tasche ein.
Das neue Hardcase ist jetzt wieder kompakter, denn die Sony WH-1000XM6 lassen sich zusammenklappen. Zudem hat es statt eines Reißverschlusses nun eine magnetische Lasche. Erscheint albern, das zu erwähnen, aber der Kopfhörer ist nun dreimal so schnell hervorgeholt bzw. weggepackt. Die Kopfhörer wiegen nun 254 Gramm (4 Gramm mehr als beim Vorgänger), aber dem Tragekomfort tut das keinen Abbruch. Sie sitzen sehr sicher auf dem Kopf und drücken nie.
Im Vergleich bieten Sonos Ace (► hier im Test) oder die PX7-Modelle von B&W einen Hauch mehr Tragekomfort. Das Gefühl mag von Kopf zu Kopf aber variieren.
Steuerung

Die Steuerung der WH-1000XM6 ist Sony-typisch geblieben. Das bedeutet, es gibt nur zwei Buttons – fürs Einschalten und das ANC – der Rest wird über Wisch- und Tippgesten an der Außenseite des rechten Ohrhörers gesteuert. Das ist kein unkritischer Weg, denn nicht ungern interpretiert der Sony die Wischgeste für „lauter“ als „vorwärts“ (Titelsprung) – gerade in einem spannenden Hörspiel oder Hörbuch ist das mehr als ärgerlich.
Da lobt man sich doch die guten alten Buttons. Kleine Änderung in puncto Bedienkomfort: der Powerbutton ist nun rund. Damit verwechseln wir diesen nicht mehr so schnell mit dem ANC-Button wie noch beim Vorgängermodell.
App

Die App „Sound Connect“ der neuen Sony funktioniert übrigens auch mit den anderen kabellosen Kopfhörern des Herstellers. Sie ist die Zentrale, in der wir alle Features einstellen können – wichtig wie unwichtig. Moment mal, unwichtige Features? Ja, der WH-1000XM6 und auch andere Sony-ANC-Kopfhörer möchten dem Nutzer die Adaptive Geräuschunterdrückung „aufschwatzen“. Sie soll das ANC an den jeweiligen Ort bzw. Umgebungslärm anpassen. Was bringt es aber, wenn das ANC in einem ruhigen Zimmer schwächer arbeitet als an einer lauten Straße? Falls das aktivierte ANC wie bei preiswerten Kopfhörern zu Rauschen führen würde oder zu einer Klangveränderung, dann hätte die Funktion Sinn: Weniger ANC, weniger Soundbeeinflussung. Doch das ANC der Sony-WH-1000XM-Kopfhörer ist seit der 4. Generation so gut, dass es weder den Klang beeinflusst noch wahrnehmbares Grundrauschen aufweist. Die Funktion ist klangtechnisch also völlig nutzlos, ausgenommen für Sony. Wenn nämlich das Feature aktiviert ist, kann der Kopfhörer auf diverse Dienste, unter anderem die Ortung des Handys zugreifen und damit jede Menge Nutzerdaten erfassen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…
Doch die App enthält auch sinnvolle Features. Wir können unsere Ohrmuscheln vermessen und der Kopfhörer erstellt daraufhin ein für 360-Reality-Audio-Apps angepasstes Hörprofil. Oder wir ermitteln die auf unsere Hörgewohnheiten optimal zugeschnittenen Equalizer-Einstellungen. Zudem sind andere Hörmodi möglich, wie „Kino“: Klang wirkt räumlicher. Oder auch „Hintergrundmusik“: es klingt, als ob die Musik nur Ambiente ist (im Hintergrund eines Cafés läuft). Gerade wer die ANC-Kopfhörer zur Abschirmung gegenüber der Außenwelt nutzt, wird diesen Klangmodus sicher zu schätzen wissen.
ANC-Test
Im ANC-Test überzeugen die Kopfhörer vollends. Beim Spaziergehen blenden sie das Geräusch einer sehr befahrenen Straße nahezu perfekt aus. Im Zug hören wir vom typischen Fahrgeräusch praktisch nichts mehr und auch im Café werden wir hervorragend von den meisten Geräuschen abgeschirmt. Lautes Lachen oder eine auf den Boden fallende Tasse hören wir immer noch, aber insgesamt wird der Umgebungslärm wirklich herrlich zurückgeschoben.
Im Vergleich zum XM5 ist das ANC ungefähr 5 bis 10 Prozent besser. Generell stellen wir fest: Die ANC-Leistung hat sich verbessert und übertrifft alle aktuellen Modelle der Konkurrenz. Die Anfälligkeit für Windgeräusche ist identisch zum Vorgängermodell – und die war ja wirklich gut. Es musste schon ganz schön stürmen, um den Soundgenuss zu stören.
Klangtest
Hier hat Sony ebenfalls nochmal eine Schippe im Vergleich zum Vorgänger draufgelegt. Das Klangbild wirkt harmonischer und weniger direkt. Dafür arbeiten die Treiber jetzt Details besser aus, was für ein noch plastischeres Hören sorgt. Man könnte sagen: Sony ist jetzt klanglich wirklich erwachsen. Zwar klingen zum Beispiel die Sonos Ace musikalischer, aber dafür arbeiten die WH-1000XM6 bei leiseren Lautstärken die Details einen Hauch besser heraus. Zudem ist ihr trockener, fetter Bass wirklich fein abgestimmt. Er erscheint nie aufdringlich und ist dabei aber wirklich bemerkenswert kraftvoll.
Upgrade kaufen?

Stellt sich jetzt die Frage: lohnt sich der Umstieg? Für Besitzer des XM5 eher nicht – der Unterschied rechtfertigt die 200 Euro Aufpreis kaum. Wer aber noch einen XM4 oder XM3 nutzt, sollte den XM6 unbedingt antesten. Und Neueinsteiger, die bestes ANC wollen, kommen am Sony WH-1000XM6 ohnehin nicht vorbei.
Preis und Verfügbarkeit
Die Sony WH-1000XM6 Over-Ear Kopfhörer sind im Fachhandel und Online erhältlich. Sie kosten laut UVP 449 Euro. Farbausführungen: Platin-Silber, Schwarz und Midnight Blue
Datenblatt Sony WH-1000XM6
Allgemein | |||
Geräteklasse | Kopfhörer | ||
Hersteller | Sony | ||
Modell | WH-1000XM6 | ||
Preis (UVP) | 449 Euro | ||
Preiskategorie | Mittelklasse | ||
Maße (B/H/T) | 21 x 6 x 18 cm (Case) | ||
Gewicht | 254 kg | ||
Informationen | www.sony.de | ||
Technische Daten* | |||
Arbeitsweise | aktiv | ||
Bauform | geschlossen | ||
Frequenzverlauf | 20 – 20.000 Hz (Bluetooth), 4 – 40.000 Hz (Kabel) | ||
Codecs | SBC, AAC, LDAC, LC3 | ||
Verbindung zum Kopfhörer | BT 5.3 | ||
Noise-Cancelling | ja | ||
Eingänge | USB C, 3,5 mm Klinke |
*Herstellerangaben
Webseite: www.sony.de
► Lesen Sie hier: Test: Sony WF-1000XM5 – In-Ear Kopfhörer mit Noise Cancelling

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Bildquellen:
- Sony WH-1000XM6 – im Case: Auerbach Verlag
- Sony WH-1000XM6 – App: Auerbach Verlag
- Sony WH-1000XM6: © Auerbach Verlag (alle)