Interview des Monats - Frank Hagemann - Dali NAD Bluesound

Interview des Monats: Frank Hagemann von Dali Deutschland

Die letzten beiden Jahre waren keine einfachen für die HiFi-Branche. Kurzarbeit, Ladenschließungen, Messeabsagen, Rohstoffmangel oder Explosion der Transportkosten waren nur einige der Probleme, denen sich Hersteller, Vertriebe und Händler stellen mussten. Wir haben daher mit zahlreichen Branchenvertretern gesprochen und gefragt, wie es um die Audiobranche nach zwei Jahren Pandemie bestellt ist. Heute im Interview zu Gast: Frank Hagemann von der Dali GmbH (Vertrieb: Dali, NAD, Bluesound und Elan).

Frank Hagemann, Dali: „Viele Kunden legen wieder mehr Wert auf das Audioerlebnis zu Hause.“

Noch immer hat unsere HiFi-Branche mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Unsere Leser berichten uns vielfach von nicht-lieferbaren Produkten. Lieblings-Lautsprecher, die erst in einem Jahr geliefert werden und Verstärker sowie AV-Receiver, für die keine ausreichenden Chips zur Verfügung stehen. Zudem werden Zulieferpreise in der Industrie teurer, Energie- und Produktionskosten steigen teilweise um ein Vielfaches. Wir fragten Hersteller, Vertriebe und Händler: Wie steht es um die HiFi-Branche 2022*?

Unsere große Interviewreihe zum Zustand der HiFi-Branche 2022 geht nun weiter mit Frank Hagemann, Geschäftsführer der DALI GmbH (Vertrieb: Dali, Bluesound, NAD und Elan).

Herr Hagemann, zunächst einmal: können Sie alles liefern, was Ihre Kunden derzeit nachfragen?

Das wäre zu schön. Zugegeben ist unser Sortiment mit den drei HiFi Marken Dali, NAD und Bluesound und dem Hausautomationssystem Elan nicht gerade klein und daher kann es immer mal vorkommen, dass ein Artikel nicht sofort geliefert werden kann. Wir haben im Laufe der Pandemie einerseits einen starken Nachfragezuwachs des Verbrauchers erlebt und zeitgleich eine eingeschränkte Verfügbarkeit von Bauteilen und Störung der Liefer- und Logistikketten. Somit müssen wir leider feststellen, dass wir auch heute noch mit nicht unerheblichen Lieferproblemen zu kämpfen haben. Das Schlimmste scheint jedoch hinter uns zu liegen.

Wie blicken Sie auf die letzten 2 Jahre Pandemie zurück?

Mit sehr gemischten Gefühlen. Viele Menschen sind mit COVID19 infiziert worden und haben mit gesundheitlichen Langzeitfolgen zu kämpfen, nicht wenige sind zudem an der Krankheit gestorben. Die Pandemie hat uns darüber hinaus aufgedeckt, wie verwundbar unser soziales Gefüge ist und hat die Querdenkerbewegung ans Tageslicht gebracht – alles in allem eine bedenkliche Entwicklung.

Geschäftlich gesehen können wir uns jedoch glücklich schätzen, dass viele Kunden wieder mehr Wert auf das Audioerlebnis zu Hause legen. Denn anders sind die gestiegenen Investitionen in den Heim-Audio-Bereich nicht zu erklären. Bleibt zu hoffen, dass diese Entwicklung auch eine Nachhaltigkeit mit sich bringt und die Menschen auch nach der Pandemie gerne und viel Musik zu Hause erleben wollen.

Hat Corona zu Lieferengpässen von Bauteilen geführt?

Nicht nur Bauteile und Komponenten sind von den entstandenen Lieferengpässen betroffen, sondern auch Rohstoffe, wie z.B. Holz. Zudem haben die Lieferengpässe zu erheblichen Kostensteigerung geführt, die wiederrum Preiserhöhungen mit sich brachte. Alles in allem eine Entwicklung, die so niemand vorhersagen konnte.

Ebenfalls ein Kostentreiber, gerade beim Lautsprecherbau, sind die Preise fürs Holz. Im März 2019 kosteten 2,36 Kubikmeter des Rohstoffs an den internationalen Märkten 370 US-Dollar im März 2022 sind es 1.450 US-Dollar (Quelle: Finanzen.net).

Wie lange muss der Endkunde im Moment auf ein Produkt aus Ihrem Hause warten?

Das kommt ganz drauf an. Glücklicherweise ist der überwiegende Teil unserer Produkte heute wieder sofort lieferbar. Einige haben jedoch auch Lieferzeiten von bis zu 3 Monaten, leider.

Wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoller wieder mehr selbst und vor Ort zu produzieren?

Wir verfolgen in unserem Dali Werk in Dänemark schon immer die Devise eine möglichst große Wertschöpfung im eigenen Haus zu haben. Das „D“ in Dali steht für „Danish“ und somit legen wir sehr großen Wert auf eine hohe Fertigungstiefe in Dänemark. Unabhängig von der Pandemie haben wir unseren Gehäusebau und die Oberflächenveredelung zwischenzeitlich neu aufgestellt und sind somit weniger von Zulieferern aus Fernost abhängig. Doch Abhängigkeit allein ist hier nicht der einzige Beweggrund, denn wir wollen auch schneller und flexibler werden. Somit: Selbstverständlich ist es sinnvoll mehr selbst und vor Ort zu produzieren, wenn damit steigende Kosten durch andere Effekte kompensiert werden können.

Wie ist aus Ihrer Sicht die Preisentwicklung im HiFi-Segment? Haben die Kunden höhere Preise in Kauf nehmen müssen, um ggf. höhere Produktionskosten auszugleichen?

Es sind nicht nur gestiegene Rohstoff- und Komponentenpreise, die hier eine Rolle spielen. Wir haben alle gehört, dass die Halbleiterindustrie mit der gestiegenen Nachfrage nach Computerchips zu kämpfen hat und Produktionsvolumina nicht ausreichen. Da Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, haben wir hier eine deutliche Bewegung nach oben gesehen. Wir dürfen aber nicht außer Acht lassen, dass auch die Logistikkosten explodiert sind und wir zwischenzeitlich beispielsweise bei den Seefrachtcontainern mit den 8-fachen Frachtraten konfrontiert waren. Auch wenn unsere Kalkulationen immer ein wenig Spielraum haben müssen um etwaige Schwankungen auszugleichen (z.B. Währungsschwankungen), reichten diese Vorkehrungen jedoch bei weitem nicht aus und wir mussten Preiserhöhungen an den Handel weitergeben.

Nicht nur der Mangel an Bauteilen und Rohstoffen trifft die HiFi-Branche, auch die globalen Lieferketten sind aufgrund der Coronakrise gestört. Die Transportpreise stiegen teilweise derart, dass sich die Produktion im Inland und der EU wieder lohnt.

Inwieweit tragen die Inflationstreiber Energie und Rohstoffe die Preisgestaltung fertiger Produkte?

Es sind neben anderen Faktoren wichtige Bestandteile der Produktproduktion und somit direkte Kostenfaktoren, die in den vergangenen 12 Monaten stark gestiegen sind. Wir bereits erwähnt wirkt sich diese Kostenexplosion unweigerlich auf die Verbraucherpreisentwicklung aus, da dieses Ausmaß intern nicht kompensiert werden kann. Bei den Logistikkosten haben wir die Höchststände hoffentlich hinter uns, auch wenn wir nicht von wirklich fallenden Frachtraten sprechen können. Bei den Energiekosten sind wir vielleicht noch nicht über den Berg.

Wie hoch könnte ein Preisanstieg ausfallen?

Wir haben bereits im Jahr 2021 diverse Preiserhöhungen von unseren Lieferanten erfahren und auch bei Dali selbst zwei Erhöhungen vornehmen müssen. Die Höhe ist jeweils sehr unterschiedlich ausgefallen und teils modellabhängig. Zwischen 2 % und 20 % haben wir schon alles gesehen.

Könnte damit HiFi für den Kunden neben der Erfüllung persönlicher Bedürfnisse und Wünsche auch eine kluge Geldanlage sein?

Ich gebe zu, dass wir das alle gerne so sehen würden, es aber eher unrealistisch bzw. eine Ausnahme bleibt. Kurzfristig mag es sogar klappen, wenn wir uns an den unverbindlichen Preisempfehlungen orientieren und von steigenden Preisen ausgehen. Mittel bzw. langfristig gehe ich nicht von einer „Rendite“ aus, da die technische Weiterentwicklung den heutigen Stand der Technik einholt und der Hörer sich bei Neuinvestitionen vorwiegend den aktuellen Technikstand ins Haus holt. Anders als bei Sportwagen aus Zuffenhausen werden viele Produkte der Unterhaltungselektronik in größeren Stückzahlen gefertigt und erfüllen somit nicht das Attribut „knapp“ zu sein.

Vermissen Sie den Kontakt zum Kunden auf Messen?

Selbstverständlich ist uns der Kundenkontakt auf einer Messeveranstaltung sehr wichtig und wir haben diesen in den letzten zwei Jahren schmerzlich vermisst. Daher blicken wir hoffnungsvoll auf die Anstrengungen der Messeorganisatoren und würden uns wünschen wieder viele Hörer persönlich sprechen zu können. Wir müssen allerdings auch erkennen, dass wir speziell in Deutschland in den letzten Jahren vor der Pandemie eine (zu) große Anzahl von regionalen Messeveranstaltungen hatten, die wir von der Vertriebsseite nicht alle begleiten konnten. Die Pandemie selbst hat unsere Wahrnehmung in dieser Hinsicht geschärft und wir wählen nun noch kritischer aus, welche Veranstaltung von uns begleitet wird.

Die MDHT, NDHT, DHT und die HIGH END wollen mit Einschränkungen wieder in diesem Jahr für die Kunden die Möglichkeit schaffen, HiFi vor Ort zu erleben ( siehe Interview). Kann das 2022 angesichts hoher Infektionszahlen „schon wieder“ gelingen?

Diese Frage kann ich nicht beantworten, aber ich gehe davon aus, dass von den Messeveranstaltern Gesundheitskonzepte entwickelt werden, die eine Durchführung ermöglichen. Ich bin aufgrund der sich aktuell abzeichnenden „gebrochenen Infektionswelle“ zumindest guter Hoffnung.

Webseite: www.dali-speakers.com/de

*Anmerkung: Zum Zeitpunkt des Interviews war eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts noch in Reichweite. Der fürchterliche Krieg in der Ukraine und die daraus resultierenden Folgen sind daher hier nicht thematisiert worden. Dieses Interview erschien vorab in gedruckter Form in einem großen Leitartikel zum Thema „Corona, Inflation und die HiFi-Branche“ in AUDIO TEST Ausgabe 03/22.

▶ Lesen Sie hier: Test: Dali Rubicon 6 C – Aktive Standlautsprecher – Aus der neuen Welt

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Bildquellen:

  • Holzpreise-Seite-16: Grecaud Paul/stock.adobe.com
  • Bau-und-Rohstoffmangel-Seite-14: ake1150/stock-adobe.com
  • Interview-Frank-Hagemann-DALI-GmbH: Auerbach Verlag / Deemerwha studio/stock.adobe.com / Tryfonov/stock.adobe.com / ake1150/stock-adobe.com / Grecaud Paul/stock.adobe.com / Dali Deutschland