R.E.M REM Band Group Photo Chris Bilheimer
© Chris Bilheimer / Warner Music

Album des Monats: R.E.M. – Automatic For The People (1992)

Eines der einflussreichsten und erfolgreichsten Rock-Alben der 1990er feierte Anfang Oktober sein 30. Jubiläum. Wir blicken zurück auf „Automatic for the People“ von R.E.M. – unser Album des Monats Oktober.

Wohl kaum eine andere Band konnte sich über so eine lange Zeitspanne stetig weiterentwickeln wie R.E.M. Doch Weiterentwicklung wäre angesichts der enormen Erfolge, die R.E.M. in den späten Jahren nach ihrer Gründung feierte, etwas untertrieben. Musikalisch liegen zwischen dem Band-Gründungsjahr 1980 und 1992, dem Erscheinungsjahr von „Automatic for the People“ Welten. Der mit Nirvana aus Seattle aufkommende Grunge veränderte in den Neunzigern alles. R.E.M. wurden auf dieser Welle zu Superstars, obwohl sie den sanften Gegenentwurf zu Bands wie Nirvana oder Pearl Jam darstellten. Die Superstars sind R.E.M. bis heute geblieben.

„Automatic for the People“ ist das achte Studioalbum der US-amerikanischen Rockband und gleichzeitig ihr erfolgreichstes. Es erschien im Oktober 1992 über das Majorlabel Warner Bros. Records und wurde im darauf folgenden Jahr prompt für den Grammy Award in den Kategorien Album des Jahres und Bestes Alternative-Album nominiert. „Automatic for the People“ übertraf den Erfolg des Vorgängers „Out of Time“ um einiges. Die Platte kletterte bis auf Platz 2 der US-amerikanischen Billboard-Charts und verkaufte sich bis heute über 18 Millionen Mal. Das Album wurde auch von der Kritik hoch gelobt und gilt heute unter Experten als der Höhepunkt des Schaffens der US-amerikanischen Rockband aus Athens, Georgia.

Kontrastprogramm

Und das, obwohl „Automatic for the People“ ganz im Kontrast zum schon erfolgreichen „Out of Time“ eindeutig in die schwermütige Ecke gehört. Die Songs erzählen vom Altern, Tod und Verlust. Sie sind vielschichtig und besonders emotional arrangiert. Üppige Streicher überlagern sich mit schimmernden Keyboards und akustischen Instrumenten. „Die Welt, in der wir groß geworden waren, war auf einmal verschwunden“, erklärt Peter Buck die düstere Stimmung. „Hüsker Dü und The Replacements gehörten der Vergangenheit an. Wir waren nun an einem anderen Ort, und dies wirkte sich ebenso musikalisch wie auch in unseren Texten aus.“

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Hitmaschine R.E.M.

R.E.M. waren in den frühen 1990ern nicht zu bremsen. Anstatt auf Tournee ging es gleich nach Erscheinen von „Out of Time“ wieder ab ins Studio und frisch ans Werk für die neuen Songs. Für die Aufnahmen reisten R.E.M. quer durch die USA. In New Orleans machten sie im Kingsway Studio halt, in New York City im Bearsville Studio, sowie in den Criteria Recording Studios, Miami und in den Bobby Brown Studios, Atlanta. Schließlich wurde alles in den Bad Animal Studios in Seattle abgemischt. Als letzter Song wurde „Man on the Moon“ fertiggestellt.

So entstanden unvergleichliche Klassiker wie „Drive“, „Everybody Hurts“ oder eben „Man on the Moon“, zwei der bis heute bekanntesten Titel der Band. Die Songs entstanden aus Jam-Sessions der Band in deren Heimatstadt Athens. Ursprünglich hatte man geplant, nach dem vergleichsweise poppigen „Out of Time“, das den kommerziellen Durchbruch markiert hatte, ein raues Rockalbum zu produzieren.

Die Band stellte aber während der Aufnahmen fest, dass die meisten Kompositionen melancholisch geraten waren und daher nach entsprechenden Arrangements verlangten. Der ehemalige Bassist von Led Zeppelin, das Multitalent John Paul Jones, übernahm für orchestrierte Titel wie „Drive“ daher die Streicherarrangements. Erst das 1994 erschienene R.E.M. Album „Monster“ sollte dann tatsächlich erheblich rockiger ausfallen.

Kleine Geschichten zu großen Songs

Eine kleine Anekdote zum Titel des Albums gibt es natürlich auch. So bezieht sich die Phrase „Automatic for the people“ auf das Motto von Weaver D’s Delicious Fine Foods Restaurant im Clarke County, Georgia. Im Begleittext des Albums ist eine Danksagung für „Weaver D und seinen tollen Laden“ zu finden. Für Dexter Weaver veränderte sich damit alles. Er trat in TV-Shows auf und schrieb ein Kochbuch. Sein Soulfood soll trotz der erlangten Popularität noch immer unübertroffen sein. Und so hat auch jeder Titel seine Hintergrundgeschichte.

Mit einem melancholischen Piano-Motiv, Violinen, Cello und einer Oboe verzaubert uns „Nightswimming“. Der Song erscheint wie eine flüchtige Erinnerung an die Jugend. Eine idyllische Ode an unsere Sturm- und Drangphase, an unsere Zeit der Entdeckungen. Damit verbunden ist der Verlust der Leichtigkeit und Unbekümmertheit. Der verzweifelte Versuch, sich an dieser Jugend festzukrallen, scheitert kläglich. „The fear of getting caught / The recklessness of water / They cannot see me naked / These things they go away / Replaced by every day.“

(Bild: Chris Bilheimer / Warner Records)

„Früher haben wir uns auf das Grundstück eines Kerls in Athens geschlichen und sind in seinem Wasserloch geschwommen“, erinnert sich Peter Buck. „Es war großartig. Wir waren gut 30 Jugendliche, und alle liefen nackt herum. Es war noch vor AIDS, und was passierte, passierte.“ So erging es also den Jungs von R.E.M.

„Man On The Moon“ gehört wie „Nightswimming“ und dem bisher noch gar nicht erwähnten „Find The River“ zu Stücken, die R.E.M. unsterblich gemacht haben. Der mächtige Song könnte als Lehrstück dieser Epoche für nachkommende Generationen von Musikern zum Thema Aternative-Rock dienen. Im Mittelpunkt steht die melancholische Hommage an den amerikanischen Entertainer und Performance-Künstler Andy Kaufman, der mit seinen anarchistischen Auftritten und Wrestling-Kämpfen gegen Frauen im Amerika der 1970er und 1980er für Aufsehen und Kopfschütteln sorgte. 1999 verhalf „Man On The Moon“ dem Spielfilm über Andy Kaufmans Leben mit Jim Carrey in der Hauptrolle zu seinem Namen.

Das Album beschließt „Find the River“. Damit endet die Story des Albums mit einem hoffnungsvollen Text. „Pick up here and chase the ride / The river empties to the tide / All of this is coming your way.“ Nirvana Frontman Kurt Cobain bekannte in seinem letzten Interview: „Ich weiß, dass in uns noch mindestens ein Album steckt und ich habe eine ziemlich genaue Idee, wie es klingt. Sehr ätherisch, akustisch, wie das letzte R.E.M-Album ‚Automatic For The People‘. Wenn ich nur ein paar Songs schreiben könnte, die so gut wie ihre wären … Ich weiß nicht, wie die Band das macht, was sie tut. Gott, sie sind die Größten. Sie gehen mit ihrem Erfolg wie Heilige um, und sie schreiben weiterhin großartige Musik.“

Am 5. April 1994, auf den Tag genau vierzehn Jahre nach dem ersten R.E.M.-Auftritt, starb Kurt Cobain unter den allgemein bekannten tragischen Umständen. Als der Elektriker Gary Smith Cobains leblosen Körper findet, liegt im CD-Player neben ihm „Automatic For The People“.

R.E.M. Cover Automatic For The People
„Automatic For The People“ ist das erfolgreichste Album von R.E.M. Bis heute verkaufte es sich über 18 Millionen mal. Das Album gilt unter Fans und Kritikern als Höhepunkt der Diskografie.

R.E.M. – Automatic For The People – Tracklist

1. Drive – 4:31

2. Try Not to Breathe – 3:49

3. The Sidewinder Sleeps Tonite – 4:05

4. Everybody Hurts – 5:16

5. New Orleans Instrumental No.1 – 2:12

6. Sweetness Follows – 4:19

7. Monty Got a Raw Deal – 3:16

8. Ignoreland – 4:24

9. Star Me Kitten – 3:15

10. Man on the Moon – 5:12

11. Nightswimming – 4:15

12. Find the River – 3:49

Erscheinungsdatum: 5. Oktober 1992

Label: Warner Bros. Records

Spielzeit: 47 Minuten

Formate: CD, LP, MC, DVD-A, Download, Streaming

Webseite: www.warnermusic.de // www.remhq.com

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Bildquellen:

  • CD Cover Automatic For The People: Auerbach Verlag
  • REM Band Group Photo Chris Bilheimer: Chris Bilheimer / Warner Music