Egal ob passender Tonabnehmer, der ideale Nadelschliff, eine optimale Plattenspieler-Justage oder eine penible Nadel-Pflege – mit dem richtigen Know-how lässt sich viel mehr Klangqualität aus dem eigenen Plattenspieler und der analogen HiFi-Anlage herausholen. In unserem Vinyl-Workshop mit dem ausgewiesenen Analog-Experten Armin Kern verraten wir die 10 besten Tipps und Tricks für die optimale Vinyl-Wiedergabe.
1. Tonarm aus der Waagerechten bringen

Absolut korrekt, der Tonarm des Schallplattenspielers sollte immer waagerecht ausgerichtet sein. Doch wenn Ihr Plattenspieler die Möglichkeit bietet, einfach die Höhe der Tonarmbasis zu ändern, dann probieren Sie mal folgendes:
Achtung, dieser Trick funktioniert mit Tonabnehmern, die entweder einen Kegelschliff, Rundschliff, elliptischen Schliff oder hyperelliptischen Schliff haben. Bei Shibata-Schliff oder Mikroline- und Line-Contact-Schliff raten wir davon ab, da das Vinyl Schaden nehmen könnte.
Drehen Sie die Tonarmbasis etwas höher. Das müssen nur ein oder zwei Millimeter sein.

Der Tonarm ist also nicht mehr ganz waagerecht, sondern neigt sich jetzt etwas nach vorn. Das führt in der Regel zu einem aufgefrischten Klangbild. Bei uns klang beispielsweise das Album „Take Me To The Alley“ von Gregory Porter heller. Die Differenzierung der Instrumente und der Stimmen wurde verbessert. Bei höhenbetonten Alben kann es etwas bringen, wenn der Tonarm leicht nach hinten abfällt, um beispielsweise mehr Bass aus dem Vinyl zu kitzeln.
2. Der teuerste Tonabnehmer ist nicht automatisch der Beste
Wahr ist, ein teurer Tonabnehmer klingt in der Regel noch ausgeglichener und differenzierter als ein preiswerterer Vertreter. Allerdings heißt teurer nicht automatisch, dass es der beste Tonabnehmer für Ihre Anlage ist.

So erzählt uns Armin Kern, dass er auf einer HiFi-Messe einen Kollegen mit einem Tonabnehmer aushelfen wollte. Die beiden Herren probierten verschiedene neue Modelle einer Serie aus und bemerkten schließlich, dass nicht das teuerste Tonabnehmer-Modell der Serie am besten performte.
Es war ein preiswerterer Tonabnehmer, welcher mit der dortigen Anlage perfekt harmonierte. Sie müssen also nicht immer tief in Ihren Geldbeutel greifen, um den bestmöglichen Vinylklang aus Ihrem HiFi-Ensemble zu holen. Probieren Sie wirklich etwas herum – es kann Sie überraschen.
3. Die Plattentellerauflage macht den Sound
Die Plattentellerauflage beeinflusst den Klang der Schallplatte mehr als man ahnt. Wir haben in der Redaktion für unsere Plattenspieler-Tests schon viele unterschiedliche Plattentellerauflagen erhalten. Viele Hersteller liefern nämlich mindestens eine Auflage mit und einige Hersteller sogar mehrere. Wie weit der Einfluss geht, haben wir im Folgenden zusammengestellt:

1. Filzauflage: Der Klang wirkt insgesamt wärmer. Gerade bei Studio-Jazz kann Filz für das gewisse Etwas sorgen.
2. Gummiauflage: Hier werden die mittleren und tiefen Frequenzen voller und ausgewogener, auch erscheint der Bassbereich „straffer“ und kontrollierter. Allerdings kann die „Luftigkeit“ einer Pressung verloren gehen – natürlich nur, wenn diese vorhanden ist.
3. Korkauflage: Der Klang ist ausgewogen und präzise, aber dabei auch wärmer. Insgesamt wirkt der Sound lebendig und angenehm, wie eine gekonnte Mischung der besten Eigenschaften von Gummi- und Filzauflage.
4. Lederauflage: Das Klangbild wird klarer, detaillierter und weist eine angenehme Transparenz auf. Auch kommt ein Hauch Wärme hinzu, der nicht so stark ist wie bei Filz, aber im Vergleich zum „puren“ Plattenteller wahrnehmbar.
5. Acryl-Auflage: Die macht den Klang vor allem präziser, aber auch schlanker. Gerade bei komplexen Musikstücken ist das wichtig, um Überlappung und Verwaschung der Töne zu minimieren.
6. Composite-Materialien: Hier kommen wir in den High-End-Bereich der Plattenteller-Auflage. Diese Material-Mixe können 500 Euro und mehr kosten. Dabei bringen die Hersteller nach eigenen Formeln ihr „ideales“ Material zusammen. In der Regel sorgt das für eine sehr detailgetreue Klangwiedergabe, die für den typischen High-End-Sound steht.
4. Plattentellerauflagen kombinieren
Richtig interessant wird es, wenn Sie Plattentellerauflagen kombinieren. So lassen sich die verschiedenen Klangeigenschaften zusammenstellen und noch mehr Sound aus dem Vinyl kitzeln. Nur sollten Sie dabei darauf achten, dass die kombinierten Auflagen die Platte nicht zu weit erhöhen. Der Tonarm sollte beim Abspielen in der Waagerechten sein – ausgenommen Sie probieren Tipp 1 aus. Und Gummimatten sind für solche Experimente ungeeignet.
5. MM-Tonabnehmer sind besser als MC
Wenn Sie dieser Aussage widersprechen wollen, dann verstehen wir das. Immerhin sind MC-Systeme als die Klangexperten schlechthin bekannt. Doch unser „besser“ speist sich nicht nur aus dem Sound. Wir meinen vor allem die Praktikabilität von Tonabnehmern. MC-Systeme haben eine Ausgangsspannung zwischen 0,2 bis 0,7 mV. MM-Systeme kommen aus 3 bis 5 mV.
Dieser Unterschied bedeutet, dass MC-Tonabnehmer ungefähr 20 dB leiser sind als MM-Tonabnehmersysteme. 20 dB heißt, dass das MC-Signal um das Zehnfache verstärkt werden muss, um auf die gleiche Lautstärke wie das MM-Signal zu kommen. Das bedeutet wiederum, dass der Phono-Vorverstärker eines MC-Systems wirklich sehr gut sein muss, damit dieser möglichst rauschfrei diese Leistung vollbringt. Und sehr gut heißt im HiFi-Bereich eigentlich immer: teuer. Richtig hochwertige MM-Verstärkung ist preiswerter zu haben.
Weiterhin können Sie bei MM-Tonabnehmern einfach die Nadel wechseln. Etwa erlaubt die Ortofon 2M-Serie sogar das simple Umstecken der Nadel von einem Tonabnehmer der Reihe auf einen anderen. Damit haben Sie die Möglichkeit, schnell mal eine teure Nadel mit hyperelliptischem Schliff an einen preiswerteren Abnehmer zu stecken, um von einer besseren Abtastung zu profitieren.

Zudem haben MM-Tonabnehmer klanglich in den letzten Jahren extrem zugelegt. So stecken etwa der 2MR Black LVB 250 von Ortofon oder der ND7 von Rega viele MC-Systeme, die deutlich teurer sind, locker in die Tasche.
6. Trocken-Reinigung des Diamanten
Das wir über die Schallplatte beim Auflegen nochmal mit der Kohlefaserbürste rübergehen, um Staub zu entfernen, wissen wir.

Aber auch der Diamant, wie Fachleute die Nadelspitze nennen, verlangt Aufmerksamkeit. Diese sollten wir mit einer Nadelbürste (gute gibt es ab 10 Euro im Handel) nach jeder längeren Hörsession reinigen. Der Klanggewinn ist deutlich. Die Details nehmen zu und die Bühne wird wieder plastischer.

7. Armin Kerns Top-Tipp: Diamant feucht reinigen
In unserem Vinyl-Workshop erleben wir, dass sich ein noch stärkerer Reinigungseffekt erhalten wir, wenn wir den Diamanten mit einer Reinigungsflüssigkeit säubern. Diese gibt es ab ca. 30 Euro im Handel. (Bitte nutzen Sie nur diese spezielle Nadelreinigungsflüssigkeiten und keine Haushaltsmittel.) Zur Flüssigkeit wird ein kleiner Pinsel geliefert, mit dem Sie etwas auf den Diamanten streichen, um wirklich alle Schmutzpartikel von diesem zu entfernen.
Bitte nehmen Sie wirklich nur sehr wenig Flüssigkeit. Sie sollte nicht in das Tonabnehmergehäuse gelangen. Gerade bei MC-Tonabnehmern kann das fatal sein. Zudem kann der unsachgemäße Einsatz von Diamantreinigungsflüssigkeiten die Verklebung an der Nadel lösen. Beachten Sie deshalb unbedingt die Hinweise des Herstellers.

Der Effekt dieser Maßnahme ist verblüffend. Die Schallplatte klingt nach der Feuchtreinigung, als hätten wir die Nadel ausgetauscht oder gar einen besseren Tonabnehmer montiert. Der Sound wird wesentlich klarer und strukturierter. Kein Wunder, denn die Nadel ist ja wieder frisch und keine Verkrustungen kleben an ihr. Die Feuchtreinigung sollten Sie ungefähr nach 30 bis 40 Stunden Spielzeit durchführen.
8. Tonabnehmer 20 Stunden einspielen

Tatsächlich entfalten die meisten Tonabnehmer erst nach mehreren Stunden Spielzeit ihr volles Potenzial. Wir empfehlen gute 20 Stunden Einspielzeit.
9. Testschallplatte nutzen

Eine gute Testschallplatte hat mehrere Spuren mit einem kontinuierlichen Ton. Bei diesen kann die Antiskating-Kraft eingestellt wird, und zwar wie folgt: Kommt der Ton gleichmäßig aus beiden Lautsprechern ist alles in Ordnung. Klingt es aber links oder rechts wabernd oder leicht verzerrt, dann müssen wir das Antiskating leicht erhöhen oder verringern bis der Ton aus beiden Lautsprechern ohne Beeinträchtigung erschallt.
Hinweis: Auch ein nicht völlig waagerecht ausgerichteter Schallplattenspieler führt zu beschriebenen Verzerrungen. Deshalb immer vor dem Einstellen des Antiskatings erstmal die Wasserwaage holen, um zu schauen, ob der Plattenspieler auch wirklich in der Waagerechten ist.
10. Subsonic aktivieren

Der aktivierte Subsonic-Schalter am Phono-Vorverstärker eliminiert tieffrequente Signale unterhalb von 20 Hz. Die liegen bekanntlich außerhalb des hörbaren Bereichs. Solche Frequenzen sind nicht direkt ins Vinyl gepresst, sondern entstehen durch mechanische Vibrationen, wie Trittschall oder Resonanzen vom Plattenteller.
Bei zerkratzten, stark verschmutzten Platten können sie auch direkt im Vinyl sein. Logisch ist, dass sie den Sound beeinträchtigen. Der Subsonic-Filter führt also zu einer klareren Wiedergabe des Vinyls. Zudem belasten tieffrequente Rumpelgeräusche die Lautsprecher unnötig, da deren Membran heftig arbeiten müssen, um diese tiefen Frequenzen abzubilden, jedoch ohne hörbares Ergebnis.
Fazit unseres Vinyl-Workshops:
Mit unseren zehn Tipps und Tricks können Sie noch mehr Klangqualität aus Ihrer Vinyl-Sammlung holen. Dabei geht es nicht darum, die teuersten Geräte oder Zubehörteile zu besitzen. Vielmehr bewirken oft kleine, durchdachte Anpassungen und regelmäßige Pflege einen klaren, detailreichen und ausgewogenen Sound.
Ob Sie Ihren Plattenspieler auf neue klangliche Details hin optimieren oder die Nuancen Ihrer Lieblingsmusik besser zur Geltung bringen möchten – die Liebe zum Vinyl erfordert Zeit und Hingabe, doch sie belohnt den Audiophilen mit einem Hörerlebnis, das in der Welt der analogen Musik einzigartig bleibt.
Anmerkung: Wir haben die Tipps dieses Vinyl-Workshops im Auerbach Verlag zusammen mit dem Analog-Experten Armin Kern (u.a. Dual, Ortofon) ausprobiert bzw. erarbeitet. Als Plattenspieler nutzten wir einen Technics SL-1200GR2. Dieser Artikel erschien auch in AUDIO TEST Ausgabe 01/2025, wo wir 8 aktuelle Plattenspieler – vom Einstiegsmodell unter 500 Euro bis hin zum anspruchsvollen High-End-Plattenspieler für knapp 8.000 Euro – im Test vorgestellt haben. Sie können das Heft hier bei uns im Onlineshop bestellen: www.heftkaufen.de
► Lesen Sie hier: Test: Pro-Ject X8 SE Plattenspieler & Phono Box DS3 B Phonovorverstärker

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Bildquellen:
- Pro-Ject_Phono_Box_DS3_B_Test_02: Auerbach Verlag
- VinylWorkshop_Armin Kern mit Schallplatte: Auerbach Verlag