Die Ortofon Tonabnehmer-Serie 2MR ist ein Udpate zum Dauerbrenner, der 2M-Serie. Wir haben einen umfangreichen Vergleichstest unternommen, um zu erfahren, was die neuen Ortofon Systeme wirklich können. Vorhang auf für: Die MM-Tonabnehmer Ortofon 2MR Red, Blue, Bronze und Black LVB 250
Phono-Verkostung
Wichtigster Unterschied der neuen Ortofon 2MR-Serie im Vergleich zur vorherigen 2M-Serie ist das reduzierte Gehäuse, deshalb steht das R im Namen. Es ist schmaler und richtet sie sich an alle jene, die Plattenspieler besitzen, deren Tonarm niedrig ausgerichtet ist, wie etwa bei Rega-Modellen. Es ist nun also auch möglich sie an Systeme zu montieren, wo sonst beispielsweise der Tonarm durch einen Abstandshalter angehoben werden müsste, wenn ein normal hoher Tonabnehmer genutzt wird.
Genau wie bei der 2M-Serie sind die 2MR-Modelle allesamt MM-, also Moving-Magnet-Systeme. Zudem finden wir in jedem ein Hochleistungs-Vierspulen-Motorsystem mit geschlitzten Polstiften sowie proprietäre Ortofon Premium- / High-End-Gummidämpfer. Doch das Beste ist: die Nadeln sind voll kompatibel mit den Ersatznadeln der Ortofon 2M-Serie. Und auch untereinander lassen sich die Nadeln der verschiedenen Tonabnehmer austauschen, was die Sache nochmal interessanter macht. Moment! Nadeln tauschen? Wie das?
Vorteil von MM-Tonabnehmern
Generell funktionieren MM-System wie folgt. Die Nadelspitze – in aller Regel ein Diamant – tastet die Schallplattenrille ab. Diese Abtastbewegung wird auf den Nadelträger übertragen, an dem die Nadelspitze befestigt ist. Am Ende des Nadelträgers ist ein Magnet. Dieser bewegt sich zwischen mehreren Spulen.
Bei der Ortofon 2MR-Serie sind es vier. Dabei wird eine elektrische Spannung in den Spulen erzeugt. Diese elektrischen Signale sind im Endeffekt schon die Musik, die wir dann hören. Gut, das Signal ist ziemlich schwach und etwas verzerrt. Deshalb geben die Spulen ihr Signal an den Ausgang des Plattenspielers ab und der ist mit einem Phono-Entzerrvorverstärker verbunden. Von dort geht es dann in den Verstärker und von diesem in die Lautsprecher.
Der Vorteil von MM-Systemen ist dabei, dass deren Ausgangsspannung relativ hoch ist. Die Phonovorstufe muss also das Signal viel weniger verstärken als bei MC-Systemen. Was schon allein wegen eventuell auftretender Fehler bei der Signalverstärkung ein Vorteil ist. Weiterhin ist die Nadel eines MM-Tonabnehmers austauschbar, da sich am Ende des Nadelträgers ja nur der winzige Magnet befindet.
Und dieser schwingt frei zwischen den Spulen. Wir können sie einfach abziehen und eine andere einsetzen. Bei einem MC-System geht das nicht. Dort hängt am Nadelträger eine Spule, die sich zwischen Magneten bewegt – also Moving Coil. Diese Spule erzeugt das Signal und gibt es an den Ausgang des Plattenspielers aus. Wir können also bei einem MC-System die Nadel nicht einfach herausziehen, da dann die Verbindung zum Ausgang gekappt wäre.
Ortofon hat die Sache mit der Nadel nun ganz einfach gemacht. Wir ziehen nur den vorderen Teil des Tonabnehmers ab und haben dann die Nadel inkl. ein wenig Plastikhülle in der Hand. Das macht den Austausch einer abgenutzten Nadelspitze gegen eine neue super einfach. Sie müssen also keinen neuen Tonabnehmer kaufen, nur weil die Nadel springt oder nicht mehr rund läuft.
Außerdem sind alle Nadeln der Ortofon 2M- und 2MR-Serie untereinander kompatibel und lassen sich deshalb tauschen. Was das bringt haben wir im Test herausgefunden. Allerdings wollen wir vorher etwas zu Nadelschliff und Nadelträger sagen. Diese beiden Punkte müssen klar sein, um unseren Test zu verstehen.
Nadelspitzenschliff
Generell bestehen die Nadelspitzen bei Ortofon, wie bei den meisten anderen Tonabnehmer-Herstellern, aus Diamant. Aus diesem Grund wird oft nur vom Diamant gesprochen, wenn es um die Nadelspitze geht. Es gibt auch Saphir- oder Rubin-Nadelspitzen, welche sich eher bei Oldtimer-Modellen finden, da sich diese doch recht schnell abnutzen.
Jedenfalls kann der Diamant in verschiedene Formen geschliffen werden. Als Standards gelten der sphärische Schliff und der elliptische Schliff.
Der sphärische Schliff bedeutet, dass die Nadel eine runde Spitze hat. Sie dringt nicht sonderlich tief in die Rille und erzeugt nur eine kleine Kontaktfläche. Dadurch werden Signale weniger fein aufgelöst übertragen. Der Vorteil ist aber, dass die Abnutzung des Vinyls aufgrund der kleinen Kontaktfläche recht gering ist. Zudem ist dieser Schliff für DJs ideal, die gern mit ihren Platten scratchen. Dank des rundum gleichen Schliffes wird der Tonabnehmer beim Rückwärtsdrehen nicht beschädigt.
Der elliptische Schliff erzeugt eine ovale Spitze, die tiefer in die Rille kommt sowie links und recht für mehr Berührungspunkte mit der Rillenseite sorgt. Damit ist die Kontaktfläche mit der Schallplatte größer. Oberflächliche Kratzer auf der Schallplatte sind weniger dominant hörbar. Generell ist der Klang aufgrund der größeren Kontaktfläche detailreicher. Das macht sich besonders bei den höheren Frequenzen bemerkbar. Leider nutzen sich elliptische Nadel schneller ab und sind empfindlicher als ihre sphärischen Kollegen.
Dann wird in der Vinyl-Szene auch noch von Fine-Line- und Line-Contact-Schliffen geredet. Bekanntestes Beispiel für einen Line-Contact-Schliff ist der Shibata-Schliff. Hier finden wir eine sehr spitze, dreieckige Form vor. Die Nadel dringt also noch tiefer in die Rille ein und hat auch links und rechts viel mehr Berührung mit den Rillenseiten.
Es wird eine noch größere Kontaktfläche mit der Schallplatte realisiert. Dadurch hören wir mit ihr einen noch detailreichen und genaueren Klang als beim elliptischen Schliff. Zudem haben oberflächliche Kratzer auf dem Vinyl kaum Einfluss auf den Klang. Aber die Abnutzung von Vinyl und Nadel ist hier natürlich höher.
Nadelträger
Neben dem Schliff des Diamanten hat die Befestigung des Diamanten am Nadelträger Einfluss auf den Klang. So kann der Diamant nur eine kleine Spitze sein, die auf einem Metallstück sitzt, was dann wiederrum am Nadelträger befestigt ist. Das nennt sich „tipped“. Oder die Spitze besteht insgesamt aus Diamant und ist direkt mit dem Nadelträger verbunden. Das heißt dann „nude“.
Das Material des Nadelträgers ist ebenfalls maßgeblich für den Klang verantwortlich. Oft ist es Aluminium, weil das nahezu perfekt die Schwingungen überträgt. Aber auch Bor oder Saphir werden als Nadelträger eingesetzt und sollen für noch mehr Genauigkeit sorgen. Zudem kann der Nadelträger aus Diamant bestehen. Dann sind Spitze und Träger praktisch aus „einem Guss“.
Ortofons Nadelansatz
Sie merken, es gibt viele Möglichkeiten eine Nadel zu gestalten. Ortofon kombiniert bei seinen verschiedenen 2MR-Modellen immer den „Motor“ des Tonabnehmers, also die Einheit, in welcher die Spulen sitzen, mit einer passenden Nadel. Aber wir können, wie vorhin erwähnt, die Nadel des einen Modells auf den Motor des anderen Modells setzen.
Kombinieren wir beispielsweise die blaue Nadel mit dem roten Motor verändert sich das Klangbild, da die Nadel des 2MR Blue anderes gestaltet ist, als die des 2MR Red. Wie sich das Klangbild verändert und wie die Tonabnehmer generell klingen, erfahren Sie jetzt.
Ortofon 2MR Red

Der Ortofon 2MR Red ist mit einem Preis von 99 Euro (UVP) der preiswerteste MM-Tonabnehmer der Serie. Er wird als Einstiegs-Tonabnehmer beworben, wobei wir hier schon warnen müssen. Denn Einstieg bedeutet für viele Menschen nur das Minimum von dem, was möglich ist. Aber das ist im Fall des 2MR Red absolut falsch. Doch schauen wir uns den Tonabnehmer zunächst ein wenig genauer an.
Das MM-System liefert eine Ausgangsspannung von 5,5 mV. Damit ist es selbst an weniger guten Phonovorverstärkern, die meist in preiswerten All-In-One-Plattenspielern zu finden sind, ausreichend kraftvoll. Das bedeutet: selbst wenn Sie nicht die hochwertigste Phono-Elektronik verwenden, wird der Ortofon 2MR Red so viel liefern, dass Sie ein volles Klangerlebnis erhalten.
Seine empfohlene Auflagekraft liegt bei 1,8 Gramm und das Spulendrahtmaterial ist aus Kupfer. Der gesamte Tonabnehmer wiegt 6 Gramm. Und wichtig: der 2MR Red nutzt einen Aluminium-Nadelträger mit einen elliptischen Nadelspitzenschliff. Der Diamant ist tipped, also auf einen kleinen Metallzylinder aufgesetzt.
Insgesamt vermittelt der 99 Euro teure Tonabnehmer ein wirklich angenehm volles und detailreiches Klangbild. Es ist warm und kommt mit einer angenehmen Ausgewogenheit zwischen den Frequenzen daher. Sicherlich ist er kein Feingeist unter den Tonabnehmern, aber er geht beherzt zur Sache. Tatsächlich macht das Schallplattenhören mit ihm immer richtig Spaß. Dabei ist es egal ob wir Pop, Jazz oder Klassik hören. Und ja, auch Techno und harten Rock kann er unverblümt wiedergeben. Im besten Sinne ein kleiner Universalist.
Nun machen wir aber das Experiment und schieben die Nadel des 2MR Blue auf den Red. Im Gegensatz zum Red hat der Blue eine „nude“ Diamantspitze. Hier besteht demnach die gesamte Spitze aus Diamant. Und allein dieser minimale Unterschied ist hörbar. Der Klang wird präziser und die Bühne wirkt aufgeräumter. Adeles Stimme im Lied „Strangers By Nature“ wirkt wesentlich präsenter und alle Instrumente haben mehr Plastizität. Dieses verblüffende Ergebnis haben wir nur erreicht, in dem wir die Nadel gewechselt haben: tipped Diamant gegen nude.
Wir stecken die Nadel des 2MR Bronze an den Red-Motor. Der Diamant ist hier im Fine-Line Schliff geschliffen und zudem nude. Und ja, auch jetzt wird das Klangerlebnis nochmals verbessert. Alle Töne erhalten mehr Präsenz, was wir besonders gut bei den Hallfahnen hören. Sie wirken voller und besser wahrnehmbar. Zudem sind Knacker, die bei Red und Blue zu hören waren, nicht mehr da. Die Nadel sitzt einfach besser in der Rille. Sehr genial.
Der Höhepunkt unseres Versuchs ist die Nadel des 2MR Black LVB (Ludwig van Beethoven) am 2MR Red. Es handelt sich hier um eine Nadel mit nude Diamanten im Shibata-Schliff auf einem Brom-Nadelträger. Das ist fast das Beste, was möglich ist. Jetzt aber wirkt der Red-Motor schon überfordert. Wir hören, dass die Feinheiten nochmals gesteigert wurden, aber spüren, dass die Spulen des Red die Informationsfülle nicht mehr voll herüberbringen können.
Ortofon 2MR Blue

Der Ortofon 2MR Blue schlägt preislich mit 199 Euro zu Buche und hat zumindest von den rein technischen Daten her, die gleiche Ausstattung wie der 2MR Red. Nur eben, dass wir hier die erwähnte nude Diamantenspitze haben. Doch der Teufel steckt wie so oft im Detail. Neben der besseren Spitze kann der Blaue auch im Tieftonbereich auftrumpfen.
Er besitzt hier mehr Kraft und wirkt dadurch bei der Plattenwiedergabe voller und energischer. Überhaupt überrascht uns der Sprung, den Ortofon hier macht. Für gerade einmal 100 Euro Aufpreis erhalten wir doch deutlich mehr Klangvolumen und Feinheit. Da lassen wir den Plattenteller sehr gerne seine Runden drehen.
Den Effekt, den wir bereits vom 2MR Red kennen, können wir durch das Austauschen der Nadeln, sehr einfach reproduzieren. Bronze oder gar LVB holen noch mehr Detailreichtum aus dem Blauen. Wobei auch er mit der LVB-Nadel leicht überfordert wirkt.
Ortofon 2MR Bronze

Der 2MR Bronze wird von Ortofon zu einem Preis von 399 Euro angeboten. Sein Motor hat eine leicht geringere Ausgangsleistung von 5 Millivolt. Dafür kommt in dessen Spulen versilbertes sauerstofffreies Kupfer zum Einsatz. Zudem beträgt die Auflagekraft des Tonabnehmers nur 1,5 Gramm, aber sein Gewicht ist wie bei den anderen 6 Gramm.
Wir merken gleich beim ersten Anspielen mit dem 2MR Bronze, dass sein Sound ein Hauch leiser ist, doch mit ein zwei Stufen mehr Verstärkung ist das sofort ausgeglichen. Und jetzt hören wir, was alles in den schon vorher so oft abgespielten Schallplatten noch drinsteckt. Den phänomenalen Klang, den allein die Nadel realisiert, hatten wir bereits beschrieben.
Doch jetzt stellen Sie sich vor, dass sich zu dieser fantastischen Nadelabtastung der perfekt darauf abgestimmte Motor gesellt. Jedes Lied, was wir hören, wirkt realistischer als mit allen Systemen, die wir vorher gehört haben. Der Spruch „Hören wie von den Musikern gewollt“ trifft hier vollumfänglich zu.
Wir fragen uns wirklich, was der Black LVB mehr leisten kann? Aber erst stecken wir dessen Nadel an den 2MR Bronze. Tatsächlich wird der Sound dadurch noch ein wenig detailreicher. Bei richtig leisen Tönen hören wir jetzt einen Hauch mehr Feinheiten und generell wirkt das Klangbild schimmernder. Das klingt vielleicht etwas esoterisch, allerdings fällt uns keine treffendere Beschreibung ein. So sind wir jetzt natürlich gespannt, wie sich der 2MR Black LVB schlägt.
Ortofon 2MR Black LVB 250

Mit dem Ortofon 2MR Black LVB 250 stoßen wir jetzt in höchstmögliche Preisregion der Serie vor. Er kostet immerhin 999 Euro. „1000 Euro für einen MM-Tonabnehmer?“, wird sich da sicher der ein oder andere Leser entsetzt fragen. Immerhin gibt es für das gleiche Geld hervorragende MC-Systeme, die ja allgemein als besser klingend angesehen werden. Doch diesem Vorurteil wollen wir hiermit klar widersprechen. Der 2MR Black LVB (Anm. d. Red.: das LVB steht für Ludwig van Beethoven) beweist nämlich das Gegenteil.
Mit seinen 6 Gramm Gewicht und seiner Auflagekraft von 1,6 Gramm sowie einer Ausgangsspannung von 5 Millivolt, realisiert er eine Klanggewalt, wie wir sie selten bei einem Tonabnehmer gehört haben. Selbst sehr hochwertige und viel teurere MC-Systeme können sich davon einen dicke Scheibe Soundfinesse abschneiden. Der Stereoraum ist immer perfekt ausbalanciert und jedes Instrument steht an seinem Ort.
Und wenn dann die Stimme der Sängerin oder des Sängers einsetzt, dann ist es vollkommen um uns geschehen. Immerhin nimmt das menschliche Ohr die Stimme besonders sensibel wahr. Doch der 2MR Black LVB 250 kann diese Wahrnehmung im besten Sinne des Wortes austricksen und lässt uns glauben, Sänger oder Sängerin stehen mit uns im Raum. Damit haben wir nicht gerechnet. Wir sind wirklich ehrlich überrascht, wieviel Kraft, Feuer und Finesse dieses MM-System realisiert. Vielen Dank Ortofon.
Ortofon 2MR Serie: Preis und Verfügbarkeit
Die MM-Tonabnehmer Ortofon 2MR Red, Blue, Bronze und Black LVB 250 gibt es im Fachhandel zu kaufen. Der Preis für den 2MR Red liegt laut UVP bei 99 Euro, der 2MR Blue bei 199 Euro, der 2MR Bronze bei 399 Euro und der 2 MR Black LVB 250 liegt preislich bei 999 Euro (UVP).
Datenblatt: 2MR Red, Blue, Bronze, Black LVB 250
Allgemein | |||
Geräteklasse | Tonabhnehmer | ||
Hersteller | Ortofon | ||
Modelle | 2MR Red, Blue, Bronze, Black LVB 250 | ||
Preis (UVP) | 2 MR Red: 99 Euro 2MR Blue: 199 Euro 2MR Bronze: 399 Euro 2MR Black LVB 250: 999 Euro | ||
Maße (B/H/T) | 18,5 × 14 × 24 mm | ||
Gewicht | 6 g | ||
Informationen | www.ortofon.com | ||
Technische Daten* | |||
System | MM | ||
Auflagekraft | 1,5 – 1,8 g | ||
Ausgangsspannung | 5 mV | ||
Nadelschliff | 2 MR Red: Ellipse 2MR Blue: Ellipse 2MR Bronze: Fine Line 2MR Black LVB 250: Shibata | ||
Nadelträger | 2 MR Red: Aluminium 2MR Blue: Aluminium 2MR Bronze: Aluminium 2MR Black LVB 250: Brom |
*Herstellerangaben
Webseite: www.ortofon.com/collections/2m-series
► Lesen Sie hier: Vinyl-Workshop: 10 einfache Tipps für mehr Klangqualität beim Plattenspieler

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