Test: Quad Vena und S-1 – Die feine englische Art

Das britische Unternehmen Quad verschreibt sich der größtmöglichen Annäherung an originalen Klang. Ob ihnen das bei dem Verstärker Vena und den Lautsprechern S-1 gelungen ist? Wir machen den Test.

Mit den Kompaktlautsprechern S-1 und dem Stereovollverstärker Vena erreichen uns zwei Produkte eines Herstellers, den man durchaus als einen „alten Hasen“ der Hi-Fi-Branche betiteln darf. Im Jahre 1936 gründete der damals 19-jährige Peter Walker, seinerzeit Student an der polytechnischen Universität London, die Firma Acoustical Manufacturing Company. Jedoch musste sich mit der Veröffentlichung erster vertriebsreifer Geräte bis zum Jahr 1949 in Geduld geübt werden, da das junge Unternehmen während des Krieges zur Herstellung militärischen Zubehörs angehalten war. Weitere zwei Jahre später präsentierte die Acoustical Manufacturing Co. die erste getrennte Vor-Endverstärkerkombination Quality Unit Amplifier Domestic, welche auch als Anlass dienen sollte, den Betrieb – den Anfangsbuchstaben des Geräts entsprechend – in Quad umzutaufen. Von da an sollte der Manufaktur, welche seit Kriegsende im englischen Huntingdon ansässig ist, dank wachsender Erfolge eine rasche Expansion beschieden sein. Heute ist Quad Teil der International Audio Group, und somit ein Schwesterunternehmen von Firmen wie unter anderem Luxman oder Wharfedale. Mit Letzteren gab es übrigens schon Mitte der 50er Jahre gemeinsame Projekte.

Ein wenig knifflig

Beim Entpacken der S-1 Kompaktlautsprecher bekommt man schon eine Ahnung, woher das Paket wohl kommen könnte. Man empfängt die Speaker in dünnen Beuteln verpackt.Nach feiner englischer Art werden außerdem weiße Baumwollhandschuhe mitgeliefert, mit deren Hilfe die fabrikneue Erscheinung auch mit der ersten Inbetriebnahme erhalten bleiben soll. Und diese besticht in der Tat durch britisch-eleganten Chic. Die Lautsprecher fügen sich dank unaufdringlicher Optik der mattschwarzen Holzverkleidung gut ins Ambiente des Hörraumes ein, abgerundete Kanten an Ober- und Unterseite verleihen den „Kleinen“ der S-Reihe zusätzlich Zurückhaltung. Alternativ auch in hellem Mahagoni-Finish erhältlich, eignen sich die beiden somit gut fürs heimische Regal. Natürlich machen die S-1 auch freistehend eine gute Figur. So im Falle unseres Tests. Auf Stativen drapiert sind die Speaker im Handumdrehen mit je einem Bananenstecker versehen – an dieser Stelle eine lobende Erwähnung der massiv verarbeiteten rückseitig angebrachten Bi-Wiring-Terminals. Ein wenig umständlicher erweist sich jedoch der Anschluss an den Vollverstärker Vena. Buchsen für Bananenstecker und Öffnungen für Litze-Kabel sind in einem Output zusammengefasst. Dies ist zwar durchaus praktisch, allerdings sind zweitere zu schmal für den reibungslosen Anschluss von Litze-Kabeln mit einem Durchmesser von mehr als einem Millimeter (mm). Die Bananensteckerbuchsen sind zudem mit kleinen Kunststoffstiften versiegelt. Des Weiteren empfiehlt sich bei der Benutzung der Ausgänge ein wenig Vorsicht, da diese etwas wackelig an der Rückseite des Verstärkers angebracht sind.

Solide verbaut ist das Bi-Wiring-Terminal allemal
Solide verbaut ist das Bi-Wiring-Terminal allemal

Jede Menge Input

Auch dieser kommt in dezenter, dennoch sehr schicker Aufmachung daher. Das Metallgehäuse ist im Quad kennzeichnenden Lancaster Grey lackiert und macht einen durchaus robusten Eindruck. Abgesehen vom Standby-Schalter findet man an der Vorderseite lediglich den motorisierten Volumenregler, einen Kopfhörerausgang und die Schaltmöglichkeiten für die Auswahl der jeweiligen Wiedergabequelle. Davon bietet der Vena ganze acht. Neben zwei Cinch-Eingängen kann der Benutzerzwischen zwei asynchronen USB-3.0-Anschlüssen (A und B, für die Verwendung von Tablets, Smartphones oder Computern), zwei optischen Eingängen und einem Koaxial-Eingang auswählen. Für Freunde der kabellosen Bedienung ist außerdem die Möglichkeit zur Verbindung eines Endgeräts über Bluetooth gegeben. Einige Geräte erfordern aufgrund der Verkleidung des Vena in Aluminium das Anbringen einer Antenne, welche im Zubehör enthalten ist. Diese kann jedoch eingeklappt werden, so dass kein sie keinen Einfluss auf das Erscheinungsbild des Verstärkers nimmt. Bei den neuen Modellen (Vena piano black, piano white und mahagoni) kann darauf gänzlich verzichtet werden. Für die optimale Wiedergabequalität ist im Verstärker ein Crystal CS4398 D/A-Wandler verbaut, der das Abspielen hochauflösender Formate von bis zu 24-bit/192kHz erlaubt. Optisch auf das Nötigste reduziert, buhlt das Gerät nicht um Aufmerksamkeit, sondern belässt den Fokus des Hörers beim Wesentlichen – der Musik.

Eine breite Auswahl an Klangquellen ermöglicht ein vielseitiges Einsetzen des Vena. Es gibt zwei analoge Cinch-Eingänge und sogar zwei optische Eingänge. Deutlich sieht man auch die zwei verschiedenen USB-Anschlüsse. Vorbildlich!
Eine breite Auswahl an Klangquellen ermöglicht ein vielseitiges Einsetzen des Vena. Es gibt zwei analoge Cinch-Eingänge und sogar zwei optische Eingänge. Deutlich sieht man auch die zwei verschiedenen USB-Anschlüsse. Vorbildlich!

Bändchenhochtöner

Schon mit den ersten Tönen Max Regers symphonischer Fantasie und Fuge d-moll, op.57 „Inferno Fantasie“ stellt das britische Duo seine Qualität unter Beweis. Sehr klar erklingen die oberen Register, welche sich selbst im infernalischen Getose von den anderen Frequenzbändern abheben, ohne zu klirren. Jedoch gibt sich der Verstärker beim Einstellen der Lautstärke ein wenig zaghaft – erst mit der Zwölf-Uhr-Stellung des Volumenreglers gewinnt der Klang an Kraft. Die im Lieferumfang enthaltene Fernbedienung schafft allerdings bequem vom Sofa aus Abhilfe. Nun präsentieren die Quad S-1 ihr ganzes Können. Die 12 mal 45 Millimeter (mm) Bändchenhochtöner, mit den stilisierten Noten versehen ein Markenzeichen des Herstellers, garantieren auch bei hoher Lautstärke wahren Hörgenuss. So schwingen die Crash-Becken bei „Sleeping Ute“, dem Einstieg ins Album „Shields“ der US-Amerikanischen Band Grizzly Bear, zwar hintergründig, dennoch in Gänze vernehmbar und ohne im Ausklingen in die oberen Mitten abzutauchen. In Sachen klanglicher Transparenz und Räumlichkeit brilleren die Schallgeber auf ganzer Linie. Die druckvolle Darbietung noch so kleiner Nuancen versetzt den Hörer schlichtweg ins Staunen.

Der außergewöhnliche Hochtöner glänzt durch Detailtreue. Stolz prangt das Logo darüber
Der außergewöhnliche Hochtöner glänzt durch Detailtreue. Stolz prangt das Logo darüber

Kevlarmembran

Wer von der durchaus handlichen Größe der S-1 Schlüsse auf die Leistung ziehen zu können glaubt, wird beim Ausfahren des Pegels überaus positiv überrascht. Selbst kurz vorm Maximum verliert die Kombo nicht nicht an Detailtreue, sondern glänzt auch bei einem spektral umfangreichen Stück, wie Fuck Buttons „Prince’s Prize“ mit einer sehr fein emanzipierten Wiedergabe der einzelnen Frequenzbänder. An diesem Punkt stellen die beiden Geräte unter Beweis, dass sie unter Beibehaltung klanglicher Originalität ein wenig mehr in Petto haben, als das menschliche Gehör auf Dauer zu ertragen vermag. Zwar lässt sich ein leichtes Schwinden der Kräfte in den Bässen verzeichnen, dies ist aber aufgrund der Verbauung von Kevlarmembran-Tieftönern mit lediglich 100 mm Durchmesser durchaus zu verzeihen. Das Volumen wieder in angenehmere Gefilde zurückgeschraubt, ist beim Hören von Christian Helms „Aporee 2011“ eine weitere Stärke der S-1 vermerkbar: Räumlichkeit. Zwar verfügen die Speaker über eine recht geringe Auslenkung (was für Regallautsprecher nicht untypisch ist), doch ist beim Hören im sogenannten „Sweet Spot“ an der räumlichen Darstellung des Stückes nichts auszusetzen. Gegenteiliges ist der Fall: Bei der Wiedergabe dieser elektroakustischen Komposition sind akzenthafte Klänge äußerst präzise im Panorama positioniert, Bewegungen im Raum hingegen flüssig und sehr gut nachvollziehbar. Man glaubt, in alle Richtungen hören zu können – vor dem inneren Auge formt sich die in diesem Werk thematisierte Schönheit Hiddensees. Wie sowohl S-1, als auch Vena die Erprobung ihrer Belastbarkeit mit Bravour zu meistern wussten, so offenbart sich ein kleines Manko bei umgekehrter Vorgehensweise. Bei geringer Lautstärke erklingt Brad Mehldaus „Oasis“, eine Interpretation des Pop-Hits „Wonderwall“, mit deutlich vernehmbaren Schalldruckschwankungen. Der Pegel kippt in leisen Momenten des Jazztrios zu sehr nach unten, das Spiel mit der Dynamik wirkt deshalb ein wenig hastig. In Benutzung ist mittlerweile der Bluetooth-Eingang, welcher dank der Unterstützung von aptX Codecs keinen nennenswerten Qualitätsverlust verzeichnen lässt. Die Kopplung funktioniert ohne Umstände und bei Verbindung mit einem Laptop, ist außerdem das Anbringen der Antenne überflüssig. Wer den Quad Vena mit einer Vielzahl verschiedener Endgeräte bespielen möchte, kann auf eine einfache Handhabung der Eingänge vertrauen. Ob USB, TOSLink oder Koaxial – alles funktioniert ohne Komplikationen und ist bequem per Fernbedienung umschaltbar. Den Test beschließen soll Johann Sebastian Bachs „Cello Suite 1 in G-Dur, BWV 1007“ gespielt von Misha Maisky. Auch hier zeichnet sich die ironische Charakteristik der Quad S-1 ab, eben keine eigene Charakteristik aufzuzeigen, sondern die Musik nahezu unverfälscht zu transportieren. Maiskys Finger tanzen hörbar wendig über den Hals seines Instruments, die etwas verzögerten Anfänge der Achtelläufe erhalten eine rauchige, fast schon menschliche Färbung.

Der Mittel- und Tieftöner ist klassisch unten angeordnet und überzeugt in komplett schwarz wie der gesamte Lautsprecher
Der Mittel- und Tieftöner ist klassisch unten angeordnet und überzeugt in komplett schwarz wie der gesamte Lautsprecher

 

Fazit

Mit den Kompaktlautsprechern S-1 und dem Stereovollverstärker Vena ist die britische Hi-Fi Manufaktur Quad dem eigenen Anspruch, originalgetreue Musikwiedergabe zu ermöglichen, zweifellos gerecht geworden. Die Lautsprecher überzeugen sofort durch exzellente Brillanz in den Höhen, eine sehr gute Frequenzstaffelung und nicht zuletzt durch die herausragende Darstellung klanglicher Feinheiten. Der Vena besticht durch die breite Auswahl an Klangquellen, welche dank dem verbauten D/A-Wandler großen Hörgenuss versprechen. Überraschend kraftvoll gibt die Kombination aus Vena und S-1 ein durchweg kompetentes Duett, das wegen seiner Erschwinglichkeit absolut zu empfehlen ist.

Fazit
Wiedergabequalität
90
Ausstattung/Verarbeitung
85
Benutzerfreundlichkeit
90
Preis/Leistung
90
Leserwertung0 Bewertungen
0
89