Um diesen Lautsprechern wirklich gerecht zu werden, haben wir sie seziert. Mit Skalpell, Diktiergerät und Enthusiasmus.
Klangzauberer
Erste Notiz. Die Membranen der Dynaudio Focus 30 XD sind im Vergleich zur Contour- Serie schmaler, haben eine weichere Sicke, haben einen geringeren Hub. Als Hochtöner verbaut: Dynaudios Esotec. Die Bassreflexöffnung befindet sich an der Rückseite des Gerätes, es handelt sich allerdings im Vergleich zur Contour-Serie um eine große Öffnung und nicht zwei. Die Verarbeitung des Gehäuses ist sehr hochwertig. Der Lack glänzt und erinnert an Klavierlack. Erster Eindruck: sehr positiv. Die Focus machen eine tolle Figur und unsere Vorfreude auf den Test ist groß. Unser Testmuster kommt mit einer Grey Oak-Holzmaserung daher, dessen Färbung in Verbindung mit der Lackierung schon fast an Naturstein erinnert und sich perfekt in die puristische Einrichtung einer Designer-Wohnung einfügt. Dynaudio bietet für die Focus noch eine breite Palette verschiedener Optiken. Für jeden ist etwas dabei. Auffällig: An der Oberkante der Dynaudio Focus 30 XD befinden sich kleine Punkt-Displays, die über verschiedene LEDs anzeigen, in welchem aktuellen Zustand sich das Aktiv-System befindet. In unserem Fall eindeutig in einem positiv aufgeregten Zustand. Es blinkt, es macht Musik, wir wollen es ausprobieren.
Zwischen den beiden Lautsprechern funkt’s. Die Übertragung per Wireless-Technologie limitiert den Klang auf 96 Kilohertz bei 24 Bit, was aber immer noch High-Res-Standards erfüllt
Die Lautsprecher stehen auf verstellbaren Füßen mit Spikes. Dabei können die Spikes auch eingeschraubt werden, sodass der Boden mit Gummifüßen geschützt wird. Das ermöglicht eine entspannte Positionierung auf Teppich, Stein, Parkett oder Laminat. Die Lautsprecher sind ungefähr hüfthoch und das Gewicht ist so, dass es von einer Person noch bequem getragen werden kann. Ergänzung zum Protokoll: Ein nettes Detail, was wir mit einem Extrapunkt in der Bewertung würdigen wollen, ist die aufgrund des verwendeten Materials sehr gelungene Transportverpackung. Anstelle von günstigem Styropor, das sich beim Auspacken unerwartet wie Schnee an Ostern in allen Ecken des Raumes sammelt, sind die Focus in gummiartigem Kunststoff gelagert, was die Transportsicherheit extrem hochwertig macht. Das bedeutet nicht nur, dass die Lautsprecher heil und sicher beim Hörer ankommen, sondern spiegelt das Bewusstsein für die Wertigkeit der Lautsprecher. Es ist Ausdruck für die gewissenhafte Arbeit bei Dynaudio und unterstreicht das Werteverständnis des eigenen Produkts. Interessantes Feature ist, dass man sich DSP-Software-Updates für die Lautsprecher von der Firmenseite herunterladen kann. Vielleicht öffnet man sich an dieser Stelle sogar auch mit einer API für Drittanbieter. Das wäre ein Sahnehäubchen des digitalen High-End-Lautsprecherbaus.
Setup
Die Verkabelung der Dynaudio Focus 30 XD-Lautsprecher erfolgte in unserem Test aus dem koaxialen Digitalausgang unseres Cambridge Audio CXN Netzwerk- Players direkt in den linken Lautsprecher, der als Master konfiguriert wurde. Von dort gelangt das Signal über die integrierte Funkstrecke in digitaler Auflösung zum rechten Lautsprecher, dem Slave. Kinderleicht und intuitiv werden hier komplexe Technik und Jahre der Forschung und Erfahrung unmittelbar nutzbar. Es ist keinerlei Vorstufe, Preamp oder Endstufe vonnöten. Einfach direkt aus dem Zuspieler-Ausgang in den Lautsprecher – so fühlen sich die Lautsprecher der Zukunft an. Das bedeutet aber natürlich gleichzeitig auch, dass wenn man mehrere digitale Quellen ohne umzustecken nutzen möchte, das heimische Setup um eine externe digitale Vorstufe ergänzt werden sollte, denn die Lautsprecher haben nämlich nur einen digitalen Eingang. Bei Dynaudio gibt es dafür einen passenden Wireless-Hub im Shop, der ideal auf die Focus abgestimmt ist – perfekt! Die Eingänge prädestinieren die Lautsprecher gleichzeitig für extrem minimalistische Setups. Nur bestehend aus einem Musikserver wie zum Beispiel dem xo-one von x-odos oder moderne Streamer/ NAS-Kombinationen. Wer also keine Lust auf klobige und staubfangende Racks hat, ist hier genau richtig. Mehr Platz für Musik.
Die Anschlussvielfalt beschränkt sich auf das Wesentliche: Die wahren Werte verbergen sich bei diesen Lautsprechern in der verbauten Funktechnologie
Die Ersteinrichtung der Lautsprecher bedarf eines Momentes Geduld, bis sich Master und Slave gefunden haben. Das Koppeln erfolgt dabei automatisch, entsprechend der Schalterstellung auf der Rückseite des Gehäuses. Nach einem Moment der Findung lassen sich beide Focus über eine Fernbedienung steuern. Ein bisschen Berührungsangst schwebt kurzzeitig im Raum, aufgrund dieser vollautomatisierten und wegweisenden Funk-Technologie, aber nach ein paar Minuten und den ersten berauschenden Tönen verwandelt sich die erste Skepsis in wohltuende Entspannung.
Klang
Der erste Höreindruck mit „Oh Baby I Love You“ von AC Jones And The Atomic Aces zeigt, dass die Obertöne um die 4 bis 10 Kilohertz wunderbar klar und deutlich wiedergegeben werden. Vermutlich ist in dieser Abstimmung auch der Grundstein der Serienbezeichnung Focus zu suchen. Die Sprachverständlichkeit ist enorm und der Klang außergewöhnlich dicht und haptisch. Dieser erste Eindruck bestätigt sich auch im folgenden Beispiel von Adeles „Hello“.
Dynaudio verbaut in der Focus 30 XD seinen Esotec Hochtöner. Dieser zeichnet sich verantwortlich für glasklare Konturen und kontrastreiche Transienten
Die etwas unterpräsenten unteren Mitten sind übrigens kein Hindernis für deftige Gitarrenmusik. Selbst „Homesick“ von Pennywise aus dem Album „Unknown Road“ klingt typisch druckvoll. Dabei helfen vor allem auch wieder die zarten Höhen, die die Transienten unterstützen. Stimme und Gitarre fehlt es jedoch etwas an Differenz. Es fehlt an Schärfe, wie man das normalerweise von einem Brett an Rockmusik erwartet. Aus unserer Sicht sind die Dynaudio Focus 30 XD keine Gitarrenmusik-Lautsprecher, wir probieren sie daher lieber mit Jazz und Klassik aus. Wie zu erwarten können sie hier ihre Stärken voll ausspielen. Am Beispiel einer Aufnahme von Carl Orffs „Die Geschichte vom König und seiner Frau“ gespielt vom Rundfunksinfonieorchester Leipzig, wird sehr schnell deutlich, wo die Stärken der Lautsprecher liegen: Das Schlagwerk-Intro in Kombination mit dem Rezitativ gefolgt vom Paukenschlag ist sehr detailliert abgebildet. Abermals überzeugt uns die räumliche Tiefe und in diesem Beispiel auch die Feinzeichnung der Hallfahne.
Im Fokus
Über Kanaltrennung braucht man bei einem aktiven Lautsprechersystem eigentlich nicht reden, dennoch sei erwähnt, dass das Stereopanorama spektakulär abgebildet wird. Man hört quasi jede Kopfbewegung im leichten Wandern der Stimme außerhalb der Mitte des virtuellen Panoramas vor sich. Man kann hervorragend nachempfinden und nachvollziehen, wie sich der Sänger in diesem Titel vor den Mikrofonen im Raum bewegt hat. Die deutliche Kanaltrennung gepaart mit einer sauberen Stereoaufnahme führt akustisch also unweigerlich zu einer virtuellen Realität, ganz ohne Brille.Während dieses Klassik-Titels haben wir den Equalizer der Lautsprecher ausprobiert und ein wenig die Höhen reduziert. Gefühlt arbeitet diese Korrektur wirklich nur im luftigen Hochtonbereich. Die Präsenzen bleiben erhalten. Auch im Bereich der Klassik sind wir angetan vom gefühlten Tiefbass, den die Boxen darstellen. Dieser kommt zwar nicht mehr so sehr aufgelöst, dafür mit einem reichhaltigen, sonoren und gesättigten Ton. Wem dieser Bass zu sehr aufgetragen ist, der kann die Raumkorrektur nutzen und mit einem Kuhschwanzfilter die Tiefen an die Position im Raum anpassen, wenn die Lautsprecher zum Beispiel in der Ecke eines Raumes stehen. Vorteilhaft ist natürlich, dass wir hier mit diskreten Kanälen arbeiten können und nicht in die Stereosumme eingreifen müssen. Der Fokus des Lautsprechers liegt entsprechend der Typenbezeichnung auf der Klarheit und Brillanz der Wiedergabe. Das kann alten Aufnahmen von Tonbändern und Schallplatten durchaus eine Aufwertung verschaffen. So zum Beispiel bei „My Foolish Heart“ vom Holly Cole Trio. Es fehlt dafür ein bisschen die Wärme der Zeit, aber dafür erleben alte Aufnahmen trotz Knistern und Rauschen ein fulminantes Remastering und eine Politur der Extraklasse.
- Klarheit
- Transparenz
- Tiefgang
- schwache, untere Mitten
- nur ein Digitaleingang
Bildquellen:
- Punkt-Display: Bild: Auerbach-Verlag
- Anschlusspanel: Bild: Auerbach Verlag
- Esotar-Hochtöner: Bild: Auerbach Verlag
- Dynaudio Focus 30 XD: Bild: Auerbach Verlag