Wenn man an absolute High-End Kopfhörer denkt, werden viele LeserInnen wahrscheinlich direkt an Magnetostaten und offene Konstruktionen denken. Der Hersteller Obravo geht da einen ganz anderen Weg. Oder besser gesagt zwei.
Denn der taiwanesische Hersteller hat sich auf geschlossene 2-Wege-Konstruktionen spezialisiert. Ja, Sie lesen richtig. Neben einem Modell von Technics und den neuen Nuraphone Modellen, die nochmal in ganz anderer Hinsicht herausstechen, gehen einem da schnell die Beispiele an Firmen aus, die sich an solche Konstruktionen heranwagen. Nicht ohne Grund. Schließlich ist unter anderem der Platz, um mehrere Treiber plus Frequenzweiche in einem Kopfhörer unterzubringen sehr stark begrenzt. Wie das beim Obravo HAMT-1 gelöst wurde und wie das ganze dann klingt haben für Sie hier im Test untersucht.
Retro-Chic
Der Obravo HAMT-1 kommt in einer stabilen grünen Transporttasche irgendwo zwischen Soft- und Hardcase gut geschützt daher. Darin befinden sich neben dem Kopfhörer selbst sicher in einem Haltenetz verstaut auch gleich zwei Kabel. Diese werden beidseitig geführt und können vorbildlicherweise ohne Probleme getauscht und sicher mit verschraubbaren Anschlüssen am HAMT-1 befestigt werden. Hier gibt es gleich eine kleine Überraschung. Neben dem obligatorischen 3,5 Millimeter (mm) Miniklinke-Kabel findet sich hier auch eine Ausführung mit 4-poligem XLR-Stecker zwecks symmetrischer Verbindung des Kopfhörers zum Verstärker. Wenn dieser denn einen solchen Anschluss anbietet. Der ebenfalls kürzlich von uns getestete Sennheiser HDV 820 fällt zum Beispiel in diese Kategorie und wird deshalb auch kurzer Hand beim Test mit eingespannt.
Unser Testkandidat selbst fällt zunächst vor allem durch seine extravagante Erscheinung auf. Die sonst fast komplett aus Metall bestehende Konstruktion mit ihren Holzseitenteilen versprüht viel Charme, irgendwo zwischen Steampunk und 70er Jahre Retro-Chic. Die Ohrpolster, sowie das dicke Polster des Bügels sind mit Alcantara bezogen. Das Material trägt sich wirklich fantastisch. Die Muscheln sind auf allen Achsen frei beweglich und stellen so zusammen mit dem weiten Einstellbereich des Kopfbandes einen perfekten Sitz bei einem Vertrauen erweckendem aber nicht unangenehmen Anpressdruck sicher. So schön das alles ist, haben wir dennoch immer noch nicht über das eigentliche Highlight des HAMT-1 gesprochen. Ja genau, es geht um den 2-Wege-Aufbau. Obravo kombiniert hier einen Tiefmitteltöner mit Neodym-Magneten mit einem – und hier muss man sich kurz mal festhalten – AMT-Hochtontreiber. AMT steht wie geneigte Leser vielleicht wissen für Air Motion Transformer. Sie ist besonders für ihre hohe Impulstreue und den ausgezeichneten Wirkungsgrad bekannt. Und als ob das nicht alles beeindruckend genug wäre, handelt es sich bei unserem Testprobanden um ein Koaxiales-System. Vor der hier gebotenen Ingenieursleistung kann man schlichtweg nur den Hut ziehen.
Kräftig und präzise
Der Obravo HAMT-1 stellt auf jeden Fall einen nicht gerade häufigen, aber dafür uns umso mehr erfrischenden Klangcharakter zur Schau. Er gehört weder zu den langweilig, analytischen Vertretern seiner Art, noch versucht er durch übertriebene Anhebungen von Frequenzen zu blenden. Vielmehr werden hier sämtliche Bereiche kräftig aber präzise ausgeleuchtet, ohne dass der Hörspaß verloren geht. Besonders die Höhenwiedergabe stellt sich als absolut klar und sagenhaft brillant heraus, wie auch ob der AMT-Bauweise des Hochtöners zu erwarten war. Der Bassbereich steht den Höhen in Nichts nach. Sonor und impulstreu sind die passenden Adjektive. Letzteres gilt übrigens für die gesamte Wiedergabe. Transienten werden spritzig und flink aus den Treibern gefeuert und befördern so ein natürlichen Höreindruck und in Verbindung mit der grandiosen Dynamikreproduktion sind Produktionstechniken wie Kompression so leicht herauszuhören wie selten.
Brian Blade mit der Fellowship Band im Gepäck und dem Track „Landmarks“ vom gleichnamigen Album möchten wir beispielhaft erwähnen. Brian Blade ist ein begnadeter Schlagzeuger und der Obravo wird seinem nuancierten Spiel mehr als gerecht. Der Kontrabass klingt wunderbar holzig und man hört förmlich die Arbeit, die in seiner Darbietung steckt. Das breite Klavier und die warmen und luftigen Bläser komplementieren das Klangbild perfekt und es ist eine wahre Freude zu lauschen. Wer auch unterwegs höchste Ansprüche an den Klang seiner Musik stellt, sollte sich mal eine Testrunde mit den Obravos gönnen.
Weitere Infos unter: www.obravo.de
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Bildquellen:
- IMG_4295: Auerbach Verlag
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- AUDIO TEST 3/20: Auerbach Verlag
- Obravo HAMT-1: Auerbach Verlag