Mit dem X-i1100 hat Advance Paris einen neuen Premium-Verstärker auf den Markt gebracht. Er soll „die neue Speerspitze“ im Portfolio des französischen Herstellers sein. Ob das stimmt und wie überhaupt eine Speerspitze klingt, finden wir nun heraus.
Seit 2013 werden in Frankreich High End-Produkte unter dem Label Advance Paris veröffentlicht und in Deutschland von Quadral aus Hannover vertrieben. Vielen ist die Marke vielleicht noch als Advance Acoustic bekannt. Zu den Neuheiten von Advance Paris zählt auch der brandneue X-i1100 Amp. Mit seinem UVP von knapp 3.500 Euro ist er der teuerste Stereo-Vollverstärker im Angebot der Franzosen. Das macht uns natürlich neugierig.
Er hat Gewicht
Schon das Auspacken des Advance Paris X-i1100 Verstärkers ist erwähnenswert, denn der Verstärker mit seinem Gewicht von 24,8 Kilogramm will erst mal aus dem Karton gewuchtet werden. Die Masse allein flößt uns schon eine gewisse Ehrfurcht ein. Und die wird noch verstärkt durch seine Größe. Immerhin misst der Bolide 21×43×47cm und sollte unbedingt an einer gut belüfteten Stelle stehen. Er kann nämlich recht hohe Abwärme produzieren, wenn er ausschließlich im Class A-Modus läuft. Aber dazu gleich mehr.
Sehen wir uns vorher das gelungene Design an. Da sind natürlich die zwei blau leuchtenden Analog-Anzeigen für Watt/dB-Stärke für jeden der beiden Stereo-Kanäle. Darunter verführen uns die digitalen Displays mit weiteren Informationen wie Quelle, Lautstärke oder Balance. Der mittig angebrachte Drehregler passt nicht nur optisch hervorragend ins Bild, er ist ein echtes Universalgenie über den wir bis auf den Standby, alle Funktionen aufrufen. Alles fügt sich wunderbar zusammen. Der typische Advance Paris-Style ist sofort zu erkennen.
Fernbedienung im Hochglanz
Damit wir nicht jedes Mal aufstehen müssen, um Quelle oder Lautstärke zu wechseln, liegt noch eine hochglänzende Fernbedienung bei. Die besitzt mehr Knöpfe als der Verstärker Funktionen, da wir sie auch für kompatible CD-Player nutzen können. Leider lässt sich mit ihr nicht zwischen zwei Lautsprecher-Paaren (A und B) wechseln – das geht nur über den Drehregler. Eine Funktion, die sicher Anwender*innen vermissen, die etwa für den Fernsehton andere Lautsprecher nutzen wollen als für den Schallplattengenuss.
Richtig clever hingegen ist die Bypass-Taste auf der Fernbedienung. Mit ihr umgehen wir die Soundeinstellungen des Verstärkers im Bereich Bass und Treble. Somit greifen wir, wenn es nötig ist, auf das neutrale Soundprofil zurück. Und noch eine Taste wollen wir erwähnen, den Display-Button. Er dient dazu, die sich bewegenden Zeiger der Watt/dB-Stärke-Anzeige auszustellen. Wenn deren rhythmische Bewegung also zu sehr ablenkt, dann einfach auf den Knopf gedrückt.
Advance Paris X-i1100 – Volle Ladung digital
Richtig erstaunt hat uns der Blick auf die Rückseite des Verstärkers, denn es gibt wirklich viele digitale Anschlüsse. Wir können allein per optischem Kabel vier Geräte einspeisen. Koaxial sind es zwei und eines per USB. Und es ist sogar eine AES/EBU-Schnittstelle vorhanden. Wer also seine digitalen Signale über richtig weite Strecken in den Verstärker schicken will, kann es damit tun.
Daneben gibt es vier AUX-Anschlüsse und einen Phono-Eingang für MM-Systeme. Erwähnenswert ist zudem der XLR-Eingang für symmetrische Signale etwa von einem entsprechenden CD-Player. Fans des Bi-Wirings haben mit dem X-i1100 richtig große Freude, denn er stellt die entsprechenden Ausgänge für das Lautsprecherpaar A zu Verfügung. Das B-Paar kann nur „normal“ betrieben werden. Nicht vergessen wollen wir den Kopfhörer-Ausgang an der Front. Hier schließen wir mit der üblichen 6,3 mm-Klinke hochwertige Kopfhörer an.
Und hochwertig sollten die Kopfhörer wirklich sein, da der Kopfhörer-Verstärker des X-i1100 überragend gut arbeitet. Er eröffnet wunderschöne Klangräume, ohne auch nur ein Element der Musik zu überzeichnen oder wegzulassen. Wer vorher auf externe Kopfhörer-Verstärker schwor, wird diesen Schwur brechen müssen. Der Advance-Verstärker macht diese im Wohnzimmer überflüssig.
Viel Leistung und Class A
Richtig opulent sind die Leistungsdaten des Advance Paris X-i1100. Bei 8 Ohm kommt er immerhin auf eine Ausgangsleistung von 2×220 Watt. Bei 4 Ohm sind es 2×400 Watt. Eine Party mit bis zu 200 Personen kann der Nobelverstärker also durchaus beschallen. Aber wer will schon so viele Menschen in seinem Wohnzimmer haben und besonders in der Nähe eines solch edlen Stücks Technik? Der Übertragungsbereich ist ebenfalls Oberklasse. Frequenzen zwischen 10 Hz und 70kHz kann der blau leuchtende Bolide ausgeben. Das ist absolutes High Res-Niveau, was natürlich auch die entsprechenden Lautsprecher notwendig macht.
Bei der Wandlung der digitalen Signale ins Analoge setzt der Advance Paris auf Burr Brown-Wandler (192kHz /24-Bit), die ja bekannt für ihre audiophile Klangverarbeitung sind. Grundsätzlich arbeitet der X-i1100 als Class A-Verstärker. Er setzt also auf die audiophilste Art der Signalverstärkung. Nur wenn er wirklich an seine Grenzen stößt, schaltet er Class B dazu.
Wer das nicht will, kann den Amp auch als reines Class A-Gerät betreiben. Dazu gibt es auf der Rückseite den High Bias-Schalter. Der muss einfach auf „ON“ gestellt werden. Nur darf dann nicht vergessen werden, dass der X-i1100 wirklich viel Abwärme produziert, die entsprechend abtransportiert werden muss. Doch wir hatten ja schon erwähnt, dass der Aufstellort gut belüftet sein sollte.
Harfenmusik
Nachdem wir uns an Design, Anschlüssen und Leistungsdaten ergötzt haben, schalten wir den X-i1100 endlich ein, um damit Musik zu hören. Wir haben CDund Netzwerkplayer sowie Plattenspieler angeschlossen. Zuerst wollen wir ein paar zarte Töne spielen. Dazu wählen wir das Album „Zauber der Harfe“. Warum wir damit starten?
Laut kann fast jeder Verstärker aber leise Töne perfekt darzustellen, darin liegt eine große Kunst. Und diese Kunst beherrscht der Advance Paris aus dem FF. Er zeichnet jedes noch so feine Zupfen der Harfe mit liebevoller Leichtigkeit. Der Hallraum wird super sauber, ungeheuer tief und herrlich ausgewogen auf die Hörbühne gebracht. Selbst wer nicht unbedingt ein Freund von Harfenmusik ist, wird es allein dadurch, wie hoch filigran und dabei durchsetzungsstark der Advance Paris diese Musik präsentiert.
Dabei ist auffällig, dass egal wie leise wir den Verstärker drehen, die Töne ihre Dynamik behalten. Immer stimmt der Abstand zwischen leisesten und lautesten Tönen. Das gilt natürlich auch, wenn wir am Volume-Regler die entgegengesetzte Richtung einschlagen. Der Advance Paris X-i1100 kann richtig laut und brilliert dabei immer mit einer überragenden Dynamik.
Feuervogel
Nach unserem kleinen Harfenmusik-Ausflug fahren wir schwere Kaliber auf. Wir bemühen den Feuervogel von Strawinsky. Der bedrohlich klingende Anfang des Balletts ist quasi ein Gänsehautgarant, wenn er richtig präsentiert wird. Und wie zu erwarten präsentiert der X-i1100 diesen Anfang genau richtig. Dabei fällt wieder die Tiefe des Klangraums auf.
Die schon tausendmal gehörte Aufnahme bekommt eine bis dahin kaum bekannte Tiefe und Kraft. Die Töne wirbeln wie wohlmeinende Geister durch den Raum und klingen weich und präzise. Alles steckt – Ja, wie sollen wir es anders sagen – voller Liebe. Jawohl, auch wenn es schwülstig klingt, dieser Verstärker liebt, was er da tut und das hören wir bei jedem Ton, den er wiedergibt.
Beherzt in jeder Situation
Die letzten Strawinsky-Klänge sind verstummt. Wir durchstöbern unser Musikarchiv und wechseln zum Jazz. Von räumlicher Tiefe und Präzision des Klangs haben wir bereits geschwärmt. Nun zeigen sich noch andere Qualitäten. So wird die Stimme der Sänger oder der Sängerinnen bei verschiedenen Jazz-Standards praktisch 3-dimensional vors Sofa gezaubert, selbst wenn die Aufnahme nicht überragend ist.
Die Jazzgrößen der Vergangenheit erscheinen deutlich vor uns und wir können sie fast mit der Hand berühren. Die Begleitung füllt dazu den Raum mit ihren Akkorden und Rhythmen perfekt aus, dass wir uns in einem Jazz-Club wähnen. Und wieder kommt diese Art von Musikliebe des Verstärkers zum Ausdruck, von der wir bereits schwärmten. Er verstärkt nämlich nicht nur einfach die Signale, er bereitet sie, wie ein 3-Sterne-Koch liebevoll auf. Das hören wir bei jedem Ton, jeder Note, jeder gesungenen Silbe.
Doch nicht nur die feinen Klänge bereiten Freude, wenn der Advance Paris X-i1100 arbeitet. Wir machen Ausflüge in Techno-Gefilde, besuchen rockige Höhen und Drum-and-Bass-lastige Tiefen. Und jetzt nimmt auch diese Speerspitze Form an, mit der die Marketing-Abteilung von Advance Paris den neuen Verstärker beschreibt. Er durchstößt nämlich die Begrenzungen, die wir von vielen Amps kennen. Sei es bei Dynamik, Räumlichkeit oder Detailreichtum. Im Endeffekt arbeitet er wie ein Toningenieur, der für jedes Musikstück die genau richtige Abmischung in Echtzeit für uns bereitstellt.
Webseite: www.advance-paris.de
Anmerkung: Dieser Testbericht erschien erstmalig in der Printausgabe von AUDIO TEST Ausgabe 5/2020.
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Bildquellen:
- AUDIO TEST Ausgabe 8/20: Auerbach Verlag
- advance paris x-i1100: Auerbach Verlag