Test: Opera Callas – Die Rückkehr der Primadonna

Opera Callas: Viele tummeln sich auf dem Parkett der HiFi-Bühnen. Ein Lautsprecher benötigt technische Individualität und Formsprache, um sich von der Konkurrenz zu lösen. Der Kompaktlautsprecher Callas von Opera weiß in beiden Aspekten mit Stil aufzuwarten.

Die Rückkehr der Primadonna

Konzert- und Opernsäle werden bekanntermaßen mittels vielerlei physikalischer Berechnungen entworfen, um dem Publikum später klanglich optimale Darbietungen gewährleisten zu können. Die Raumakustik ist ein hoch komplexes Feld, welches sich bemüht, auch unverstärkte Klänge von der Bühne gleichmäßig im Saal zu verteilen und dabei unerwünschte Resonanzen zu vermeiden. Opera, eine Lautsprecher-Manufaktur aus der italienischen Provinz, setzt daher schon mit ihrem bloßen Namen ein Statement. Das Ohr eines HiFi-Liebhabers erwartet von einem Lautsprecher aus dem Hause Opera zurecht ein klanglich ausgewogenes Frequenzspektrum mit räumlicher Tiefe. Wir wollen hören, ob der Schallwandler hält, was sein Name verspricht. Opera, übrigens Mitglied des US-Amerikanischen Wirtschaftsverbandes CEA, hat uns den neuen Kompaktlautsprecher der Callas-Reihe für einen ausgiebigen Test zur Verfügung gestellt. Callas, ganz genau.

Auch dieser Name schürt hohe Erwartungen an den Schallwandler. Zurückzuführen ist dieser nämlich auf Maria Callas, die als eine der bedeutsamsten Sopranistinnen des zwanzigsten Jahrhunderts gehandelt wird. Somit gilt die Callas-Reihe als die „Primadonna“ des italienischen Herstellers, der seit den Achtzigern den Anspruch stellt, wahre Liebhaberstücke zu fertigen.
Als eine Hommage an den wohl berühmtesten Opernsänger des frühen zwanzigsten Jahrhunderts erhielt das erste Modell aus der italienisch-britischen HiFi-Manufaktur den Namen Caruso. Operas „Einstiegsklasse“ – die Classica-Line – verfügt über eine handvoll verschiedener Lautsprecher, wohingegen unter dem Namen Callas nur ein Kompakt- und ein Standmodell geführt werden. Ersteres wurde bereits 2014 zur High End in München der Öffentlichkeit vorgestellt. Somit handelt es sich bei unserem Testmodell nicht mehr um eine echte Marktneuheit, dennoch um ein exklusives und allemal erwähnenswertes Erzeugnis italienischen HiFi-Handwerks.

Formschön und robust

Die Kompaktvariante ist mit ihren 15 Kilogramm auf 42 Zentimeter (cm) Höhe und 42 cm Tiefe schon ein kleiner Brocken. Das Gehäuse aus Echtholz-Furnier ist deutlich stärker aufgebracht als bei den Classica-Schwestern und im Gegensatz zu deren gradwandiger Verarbeitung nach hinten zulaufend geschwungen. Außerdem verleiht die Hochglanz-Lackierung der angebrachten Seitenpanels (erhältlich in Mahagoni oder Walnuss) der Callas zusätzlich Eleganz. Auf der ebenfalls hochglanz-lackierten Oberseite prangt in goldenen kaligrafischen Lettern der Name Callas. Die verbleibende Oberfläche des Zwei-Wege-Lautsprechers ist – wie bei Opera üblich – mit einem speziellen Kunstleder bezogen. Dass traditionell kein echtes Leder zum Einsatz kommt, hängt dabei nicht mit einem finanziellen Mehraufwand zusammen, sondern ist schlicht auf die bessere Verarbeitbarkeit von Kunstleder zurückzuführen. Akustisch unterscheiden sich beide Materialien kaum.

Schon lange setzt Opera auf Treiber von SEAS (Norwegen) und Scan Speak (Dänemark)

Wie bereits erwähnt, arbeitet der Kompaktlautsprecher Callas als Zwei-Wege-System. Der Sieben-Zoll-Tiefmitteltöner aus einer Polypropylenmembran entstammt der Prestige-Reihe des Norwegischen Hersteller Seas und bringt allein beinahe zwei Kilogramm auf die Waage. Nicht zuletzt ob des schweren Kupferrings, welcher die verbauten Komponenten in Linie hält, um etwaigen Verzerrungen vorzubeugen. Der Ein-Zoll-Hochtöner wird von Scan Speak in Dänemark produziert. Modell 9700 arbeitet ohne Ferrofluid, dafür mit einer

Windschnittig in ihrer Form und elegant durch Hochglanz und Kunstleder erinnert Callas schon fast an einen Sportwagen

Dekompressionskammer, welche dem Druckabbau im Treiber dient. Die beiden Komponenten erlauben dem Lautsprecher einen Frequenzgang von beachtlichen 40 Hertz (Hz) bis 25 Kilohertz (kHz) Auch bei anderen Modellen vertraut Opera bereits seit einigen Generationen auf die beiden skandinavischen Partner. Die Treiber können bei Bedarf natürlich auch hinter einem Verdeck verborgen werden.

Im direkten Vergleich mit dem Kompaktmodell Callas der vorangegangenen Generation ist zu bemerken, dass auf die Verwendung eines zweiten Hochtöners an der Front und eines zweiten Bassreflexrohrs verzichtet wurde. Darüber hinaus sucht man bei der Callas 2014 vergeblich nach der Dipol-Anordnung, welche der Vorgängerin durch drei rückseitig montierte Hochtöner eine exzellente räumliche Performance ermöglichte. Schade eigentlich. Eingeführt wurde wiederum die Möglichkeit, beide Treiber separat von einander anzusteuern. Alles kann, nix muss. Natürlich besteht auch die Option über das sehr solide verarbeitete Bi-Wiring-Terminal beide Treiber simultan zu bespielen.

Eingebauter EQ

Wo wir schon mal bei der Betrachtung der Rückseite des Schallwandlers sind – auffällig ist ein vergoldeter Kippschalter mit der simplen Bezeichnung „EQ“. Wählbar sind + und − . Es handelt sich dabei um einen integrierten Equalizer, welcher bei Bedarf das Frequenzband zwischen 300 und 3 000 Hz um 2 Dezibel (dB) verstärkt. Innerhalb dieser Spanne bewegt sich, nebenbei bemerkt, die menschliche Stimme. Ein schönes Feature der Callas und wohl auch Tribut an die Namensgeberin, die so virtuos mit ihrer Stimme auftrumpft.

Der Name ist Programm

Widmen wir uns des praktischen Teils dieses Tests. Nun wird sich zeigen, ob die Kompaktversion der Callas 2014 eine echte Künstlerin ist, oder bloß die Diva gibt. Im Paar wird die Callas mit unserem Referenzverstärker, dem RA-1592 von Rotel, gekoppelt. In circa 70 cm Entfernung zur Wand und leicht auf den Hörplatz eingewinkelt, versprechen die beiden Speaker eine optimale klangliche Darbietung. Optisch fügen sich die beiden äußerst gut ins Ambiente ein. Das geschmackvolle Design ist definitiv ein Hingucker.

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Den Anfang der musikalischen Präsentation übernimmt die Namensgeberin höchstselbst. Maria Callas gibt als die gallische Oberpriesterin Norma in der gleichnamigen Oper von Vincenzo Bellini ihre (vielleicht berühmteste) Arie „Casta Diva“ zum Besten. Es handelt sich dabei übrigens um eine in den berühmten Abbey Road Studios auf Lautsprechern der 800er Serie von Bowers & Wilkins neu gemasterte Aufnahme mit einer Auflösung von 96 kHz auf 24 Bit. Warm und und klar definiert erklingt das Pizzicato der Bässe. Die repetitiven Achtelläufe der Bratschen sind im Stereobild präzise platziert. Etwas rechts vom Zentrum ertönt ihre leicht rauchige Tönung gestochen scharf.

Mit dem Einsatz der Hörner und der den Gesang im Unisono untermalenden Klarinette unterstützt der Lautsprecher den positiven ersten Eindruck seiner räumlichen Qualitäten einmal mehr. Spätestens nach der Hälfte der Arie geben der Chor und das leichte Crescendo von Bläsern und Streichern, welches äußerst sensibel wiedergegeben wird, dem Hörer endgültig das Gefühl, den Mailänder Opernsaal greifbar gezeichnet zu hören. An einer Stelle vernimmt man sogar ein leichtes Knarzen, welches von den Bühnenbrettern herzurühren scheint. Für den direkten Vergleich gönnen wir uns die Aufnahme ein zweites Mal – Nun mit der dezenten Verstärkung des Frequenzbandes zwischen 300 und 3 000 Hz durch den integrierten EQ. Das ganze Stück erklingt etwas bauchiger, natürlich werden nicht nur die Stimme der Maria Callas, sondern auch vereinzelte Stimmgruppen etwas in den Vordergrund gerückt. Durchaus kräftiger ist nun auch der Chor vernehmbar. Jedoch muss vermerkt werden, dass das Fortissimo in Minute fünf, einhergehend mit dem tonalen Klimax der Sängerin etwas überambitioniert aus den Treibern schallt. Dem Höhepunkt der Arie tut dies jedoch keinen Abbruch, umso mehr fühlt sich der Hörende in das Werk und die einzigartige Leistung der Primadonna hineingesogen.

Die Sopranistin

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Nun werben jedoch die wenigsten einen Lautsprecher für den Genuss einer einzigen musikalischen Disziplin. Wir wollen hören, ob sich die Callas 2014 mit der Wiedergabe komprimierter Musik genau so brüsten kann, wie mit ihrem Steckenpferd. „Limit to Your Love“ von James Blake fußt auf einem gnadenlos tiefen Subbass. Nach Verhallen der ersten Echofahne des Gesangs setzt dieser ein, durchpflügt von einem scharfen Sechzehntel-Tremolo. Ganz überzeugt die Italienerin an dieser Stelle nicht. Klavier, Becken und vor allem Stimme werden (wieder) sehr emanzipiert und klangstark präsentiert. In den Bässen fehlt es etwas. Aber um fair zu bleiben: Dafür fehlt der Sopranistin auch schlichtweg die Ausstattung. Ein Siebenzoller ist eben nicht der Treiber, bevorzugt man das Hören arg basslastiger Stücke.

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Nun ziehen wir den leider kürzlich verstorbenen Leonard Cohen zurate, um mit „You Want it Darker“ den perfekten Kompromiss aufzuzeigen. Den EQ wieder auf „+“ zieht Cohens musikalische Auseinandersetzung mit seinem Lebensende sofort in den Bann. Der Chor klingt sehr elegisch und dennoch kräftig. Die leicht angezerrte Bassgitarre spielt prägnant und mit Biss. Die Stimme des Altmeisters selbst erteilt dann der Darbietung den Ritterschlag.

Mit einer ausgezeichneten Detailliertheit und brillanter Schärfe besingt der Kanadier ohne viel Melodik seine baldige Konfrontation mit dem Tod, dass es einem kalt den Rücken runter läuft. Um es mit den Worten des Künstlers zu sagen: „Lord, I’m ready!“

Preis: 3800 Euro

 

Fazit
Die Kompaktausführung der Opera Callas erweist sich als eine sehr klangstarke Akteurin, die mit viel Detailreichtum und Räumlichkeit aufzuspielen weiß. Ihr authentisch-elegantes Design ist dabei repräsentativ für ihr musikalisch selbstbewusstes Auftreten, das auch zarte akustische Nuancen nicht zu kurz kommen lässt.
Wiedergabequalität
93
Ausstattung/Verarbeitung
89
Benutzerfreundlichkeit
90
Preis/Leistungsverhältnis
85
Leserwertung8 Bewertungen
84
Vorteile
integrierter EQ zur Hervorhebung eines Frequenzbandes
Räumlichkeit
Brillanz
Nachteile
Bassboden
89

Bildquellen:

  • IMG_2354: Bild: Auerbach Verlag
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