Rotel Michi X3 Test Review Front Display

Test: Rotel Michi X3 – High End Vollverstärker

Rotels Flaggschiff-Produktserie Michi ist zurück und verspricht Erhabenheit in Klang und Design. Wir haben uns das kleinere Vollverstärkermodell der Reihe, den Michi X3 näher angeschaut und lassen Sie uns eines vorwegnehmen: Rotel verspricht nicht zu viel.

Rückkehr der Legende

In den 1990er Jahren führte das bereits 1957 gegründete japanische Familienunternehmen Rotel eine High-End-Produktreihe namens Michi ein. Ungefähr 30 Jahre später erblickt Michi erneut das Licht der Welt und verspricht wie damals Audioerfahrungen mit allerhöchstem Anspruch. Sowohl klanglich als auch optisch sind die Geräte der Rotel Michi-Serie ein wahrer Genuss für geneigte Audiophile. Wir freuen uns also, den kleineren Rotel Michi-Stereovollverstärker, den X3 in der AUDIO-TEST-Redaktion begrüßen zu dürfen.

Wenn wir vom kleineren Vollverstärker der Michi-Reihe sprechen, sei angemerkt, dass der X3, zwar in Relation zu seinem größeren Bruder, dem Rotel Michi X5 tatsächlich etwas kleiner ist. Im Vergleich mit anderen Vollverstärkern seiner Preisklasse und den meisten anderen HiFi-Geräten beansprucht der Rotel Michi X3 dennoch ziemlich viel Platz. Mit einer Abmessung von 48,5 x 15,0 x 45,2 Zentimetern und 28,9 Kilogramm Nettogewicht ist der Rotel Vollverstärker also keineswegs ein kleines Gerät. Das ist jedoch absolut nicht als Kritikpunkt zu verstehen, da der X3 mit gutem Gewissen als hifidele Allroundlösung zu bezeichnen ist. Und sind wir mal ehrlich, die meisten von Ihnen lieben doch diese amtlichen HiFi-Boliden. 

Eine Vielzahl an Ein- und Ausgängen tummeln sich auf der Rückseite des Verstärkers. Der Rotel Michi X3 Amp verfügt über einen Kopfhörervorverstärker, eine Digital/Analog-Wandlersektion, Bluetooth und eine Phonoverstärkung. Kaum ein Wunsch sollte also offenbleiben, dazu aber später mehr. Gehen wir zunächst auf Design, Verarbeitung und Bedienung des Vollverstärkers von Rotel ein. 

Aussehen

Der Rotel Michi X3 Vollverstärker befindet sich im gleichen Gehäuse, wie sein Michi-Bruder, der Stereo-Vorverstärker P5. Das massive Metallgehäuse mit verspiegelter Front und abgerundeten Seitenkanten ist nicht nur edel und schön anzusehen, sondern auch millimetergenau gefertigt. Als Bedienung fungieren zwei große Drehregler, die Quellenauswahl und Volumenanpassung übernehmen.

Zwischen den beiden Reglern befindet sich das aufgeräumte, hochaufgelöste Display. Dieses zeigt nicht nur Menüpunkte und Werte an, sondern kann auch zum VU-Meter oder Frequenzspektrum in verschiedenen Skalierungen geschaltet werden. Viele Menüpunkte und Funktionen lassen sich ausschließlich mit der dazu gelieferten Fernbedienung erreichen beziehungsweise aktivieren. So können zum Beispiel alle Eingänge umbenannt, ihre Lautstärke angepasst oder ganz deaktiviert werden. 

Die schicke Fernbedienung mit Metallgehäuse liegt schwer in der Hand und ermöglicht eine simple, selbsterklärende Steuerung. Lediglich das Klickgefühl der Tasten fällt im Vergleich mit dem haptischen Feedback der Drehregler des X3 etwas ab. Neben dem bereits erwähnten Display und Reglern, befindet sich auf der Frontseite ein Power-Schalter, der den X3 aus den Standby-Modus erwachen lässt oder ihn in diesen versetzt und eine 6,3 Millimeter Klinkenbuchse für Kopfhörer. Die sonstigen Ausgänge und Eingänge tummeln sich auf der Rückseite des Gerätes und sollten kaum Wünsche offenlassen.

Obwohl kleiner als sein größerer Bruder X5 ist der Rotel Michi X3 kein Minimalist, sondern ein Verstärker, der als echter HiFi-Bolide durchgeht. (Bild: Rotel)

Neben drei Paar Line-In, die als CD-, Tuner- und Aux-Inputs gedacht sind, verfügt der Michi X3 über jeweils drei optische und koaxiale Digitaleingänge und zwei symmetrische XLR-Eingänge. Außerdem gibt es einen USB-Anschluss für den PC, wobei der passende, auf dem mitgelieferten USB-Stick befindliche Treiber installiert werden sollte. So spielen wir Dateien mit bis zu 384 kHz Abtastrate ab. Ohne Treiber sind nur 96 kHz möglich. 

Darüber hinaus gibt es eine Phonostufe, die jedoch nur für „Moving Magnet“, kurz MM-Tonabnehmer geeignet ist. Die Empfangsempfindlichkeit von 5,1 mV ist für Moving Coil-Abnehmer nicht geeignet, weil diese deutlich leiser sind. Diese Einschränkung in der Flexibilität des Rotel Michi X3 finden wir etwas schade, da es für einen Vollverstärker dieser Preisklasse zu erwarten wäre, dass auch MC-Abnehmer nutzbar sind.

Wer auf eine MC-Phonostufe nicht verzichten will, muss also entweder ein externes Gerät zwischenschalten oder den größeren Michi-Vollverstärker X5 in Erwägung ziehen. Letzterer bietet dann auch mit 600 Watt Ausgangsleistung an 4 Ohm ein Plus an Power im Vergleich zum X3.

Zur Verbindung mit mobilen Endgeräten verfügt der X3 Amp über Bluetooth. Wer aufgrund des verbauten Netzwerkanschlusses die Hoffnung hat, der X3 könnte auch als Netzwerkplayer verwendet werden, wird enttäuscht. Dieser Anschluss dient lediglich zum Laden von Softwareupdates. Zum Anschließen von Lautsprechern besitzt der X3 acht hochwertige, rhodiumbeschichtete Anschlüsse. Diese sind, wie das Gerät im Allgemeinen, von höchster Verarbeitungsqualität und sitzen felsenfest.

Die acht Lautsprecheranschlüsse sind für Bi-Wiring gedacht. Ausgangsseitig bietet der X3 neben Lautsprecheranschlüssen jeweils zwei ein Paar Cinch-Buchsen für Mono Sub-Out und Pre-Out. Das Anschlussterminal des Rotel Michi X3 fällt großzügig aus und ermöglicht diverse Anbindungsoptionen. Lediglich die Wahl ausschließlich einer MM-Phonostufe scheint uns da inkonsequent.

Rotel Michi X3 Verstärker Innen Chips Kondensator
Acht rhodiumbeschichtete Lautsprecherklemmen erlauben Bi-Wiring. Das Ansteuern von zwei Paar Lautsprecher ist jedoch nicht vorgesehen. (Bild: Rotel)

Rotel Verstärker: Innere Werte

Der Rotel Michi X3 Verstärker bringt naturgemäß ordentlich Power mit. Er beruht auf Class-AB-Verstärkung und kommt so auf 350 Watt pro Kanal an 4 Ohm. Zur Verarbeitung digitaler Eingangssignale kommt ein Premium Wandler-Chip des japanischen Herstellers Asahi Kasei Microdevices (kurz AKM) zum Einsatz.

Wer das Kürzel AKM hört, verbindet dieses wohl unausweichlich mit dem Brand, der im Herbst 2020 in den Fabriken des Mikrogeräteherstellers ausgebrochen ist und die Herstellung der geschätzten D/A-Wandler-Chips bis auf weiteres lahmlegte. Nach unserem Kenntnisstand liegt der Herstellungskomplex für die begehrten Wandlerchips bis heute brach. Umso tragischer, beachtet man die Performance des im X3 verbauten AKM AK4495SEQ Wandler-Chips.

Mit unfehlbarer Präzision wandelt der Michi X3 digitale Eingangssignale in analoge um, ohne dabei flach und kalt zu klingen. Lediglich Bluetooth-Signale werden dem eigentlichen Können des X3 nicht gerecht. Gestreamte Musik über Bluetooth wirkt etwas dezent, was wohl kaum am Wandler-Chip, sondern vielmehr an der nicht immer idealen Bluetooth-Technologie an sich liegt. Bleiben wir also bei der kabelgebundenen Anwendung und lassen uns vom Michi X3 zeigen, was klangliche Erhabenheit bedeutet.

Ein feistes Netzteil in abgeschirmten Gehäuse, streng symmetrische Schaltungstopologie
und handverlesene Bauteile – alles deutet bereits optisch auf Technik höchster Güte hin
. (Bild: Rotel)

Michi X3 im Klangtest

Den Anfang unseres Klangtests machen The Strokes mit ihrem sechsten Studioalbum „The New Abnormal“ aus dem Jahre 2020. Die Indie-Rockkompositionen, die teilweise ein wenig in Richtung New Wave und Electronica driften, lassen den Michi X3 aufzeigen, was unter seiner Haube steckt. Besonders schön beweist der Rotel Amp bei „Selfless“ seine Spielfreude. Mit wunderbar sattem Tieftonfundament, filigranen Höhen und ordentlich Power gleitet der Song aus unseren Triangle Antal 40th Standlautsprechern (▶ hier im Test).

Überraschen tut uns dabei vor allem die Spielwärme des Michi X3. Er verstärkt die Signale mit einer sehr geschmackvollen Sättigung, die nicht zuletzt die Digitalsignale äußerst musikalisch macht. Doch auch analoge Signale profitieren von der Musikalität des X3. Allgemein glänzt er am stärksten bei analogen Eingangssignalen. Hier blüht er besonders auf.

Als wunderbar trennscharf erweist sich der Rotel Michi X3 Verstärker bei unserem nächsten Musikstück. Im fiebertraumhaften Intro von „These Walls“ von Kendrick Lamar aus dem Jazz-Rap Album „To Pimp a Butterfly“ schweben die geisterhaften Stimmen, Instrumente und das Schnipsen sehr plastisch durch den Raum. Als nach knapp 35 Sekunden der Beat beginnt, hat uns der X3 mit seiner kraftvollen, aber kontrollierten Performance gebannt.

Jedes Element transportiert sich sehr greifbar und standfest zwischen die Lautsprecher und es zeichnet sich eine schöne Tiefenstaffelung ab. Überhaupt überzeugt uns der Michi X3 durch seinen satten Grundton und den warmen Klang. Auch die Höhenwiedergabe ist sehr offen und luftig. Sogar bei etwas schrillen Signalen gibt es im Klangbild des X3 keinen spitzen Ton. Der Rotel Michi X3 klingt rund und angenehm.

Die Fernbedienung ist – wie auch der Verstärker – absolut hochwertig und edel gefertigt. (Bild: Rotel)

Dies wird auch bei „You Ain’t the Problem“ von Michael Kiwanuka deutlich. Der Neo-Soul Song charakterisiert sich nicht nur durch seinen infektiösen Groove, sondern auch durch seine Klangfarbe. Die Gesangsstimme ist in den hohen Mitten relativ stark angezerrt, was so manche Anlage aus der Komfortzone locken kann. Doch der Michi X3 bleibt gelassen.

Die retroeske Verzerrung in Kiwanukas Stimme kitzelt keine pieksige Spitze aus dem Klangbild des Vollverstärkers heraus. Wunderbar natürlich und verspielt zaubert er den Song durch die Triangle Antal 40th Lautsprecher. Der X3 ist nicht aus der Ruhe zu bringen. Er spielt mit einer derart ausdrucksstarken Kontrolliertheit, die einfach Spaß macht. Kraftvolle, satte Tiefen, verspielte Höhen und warme Mitten – so hört sich klangliche Erhabenheit an. 

Der Rotel Michi X3 ist von seinem Wesen aus eine Komplettlösung, die das Herz der Anlage darstellen soll. Dank einer hohen Anzahl an analogen und digitalen Ein- und Ausgängen, einer simplen, bedienungsfreundlichen Menüstruktur und einem ebenso schicken, wie widerstandsfähigen Gehäuse scheint der Michi X3 der nahezu perfekte Verstärker zu sein. Auch die klangliche Performance spricht für sich. Es gibt wenig auszusetzten am X3. Einzig eine MC-Phonoverstärkung hätten wir uns noch gewünscht. Wir sind begeistert und bauen den Michi X3 nur schweren Herzes wieder ab. ■ Text: Simon Mendel, Stefan Goedecke

Preis und Verfügbarkeit

Der Rotel Michi X3 High End Stereovollverstärker ist zum Preis von 5.500 Euro (UVP) im autorisierten Rotel Fachhandel erhältlich.

Webseite: www.rotel.com/de

Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 04/2022

▶ Lesen Sie hier: Test: Rotel RA-1592 Stereovollverstärker – Klangliches Schwergewicht

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Fazit
Der Rotel Michi X3 ist ein Vollverstärker, an dem es wenig zu beanstanden gibt. Er sieht unglaublich schick aus, ist edel gefertigt, bietet eine Vielfalt an Ein- und Ausgängen, verfügt über eine D/A-Wandlersektion, ermöglicht Bi-Wiring und am wichtigsten: er klingt hervorragend.
Wiedergabequalität
98
Ausstattung/Verarbeitung
95
Benutzerfreundlichkeit
90
Preis/Leistung
80
Leserwertung49 Bewertungen
39
Vorteile:
wohlig warmer Klang & sehr kraftvolle Performance
lüfterloses Design
hochauflösendes Display
Nachteile
Nur MM-Phonostufe
95
Rotel Michi X3

Bildquellen:

  • Rotel Michi X3 Test Review Front Display: Rotel