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Test: Pro-Ject Debut Carbon EVO Plattenspieler für audiophile Einsteiger

Plattenspieler müssen richtig viel Geld kosten, sonst bringen sie nichts. Pro-Ject macht sich an, dieses gängige Vorurteil zu beseitigen. Ob das gelingt, haben wir für Sie im ausführlichen Test herausgefunden.

Warum teuer, wenn es auch so geht?

Pro-Ject – die Plattenspieler des österreichischen Herstellers gehören seit 30 Jahren zu den beliebtesten auf dem Markt. Warum? Die Antwort ist komplex. Da haben wir zunächst die ausgezeichnete Qualität der Geräte. Dann sei das faire Preis-Leistungsverhältnis erwähnt. Und es ist sicher auch die Philosophie des Unternehmens, die den Erfolg ausmacht. Immerhin gründete es Heinz Lichtenegger im Jahr 1991. Wer sich erinnert – Anfang der 1990er galt Vinyl als überholt und jede Frau und jeder Mann lechzte nach der CD. Doch Lichtenegger glaubte an die Schallplatte und sollte Recht behalten.

Vinyl kann sogar steigende Verkaufszahlen in Zeiten melden, in denen die CD stirbt und Spotify, Amazon Music, Tidal und Co. den Markt erobern. Die Menschen sehnen sich eben nach diesem ursprünglichen Musikerlebnis. Und das ist nicht nur bei den alten Hasen so, die Platten noch aus ihrer Jugend kennen.

Gerade die 20-Jährigen sind fasziniert vom Analogen, von einer Musik, die sich anfassen lässt. Diese Zielgruppe hat sicher auch Pro-Ject mit ihrem neuen Debut Carbon EVO im Auge. Immerhin ist das „junge Port­mo­nee“ meist kaum in der Lage, mehrere 1.000 Euro für einen Plattenspieler hinzublättern. Da muss das Preis-Leistungsverhältnis stimmen.

Wobei Pro-Ject nicht einfach Billigware aus Fernost auf den Markt schmeißt und dann sein Label darauf klebt. Nein, die Österreicher wissen genau, was Sie bauen und wie es klingen muss. Damit ermöglichen sie Vinyl-Genuss für nicht einmal 500 Euro. Wie groß der Genuss ist, sehen wir uns jetzt an.

Pro-Ject Debut Carbon EVO Test Plattenspieler Turntable Review ATR Haube Staubschutz Abdeckung
Auch bei geschlossener Staubabdeckung haben können wir der Schallplatte lauschen. Praktisch, wenn nebenbei eine ausgelassene Party im Gang ist.

Am Anfang steht die Bastelei

Anders als CD-Player, Verstärker oder Lautsprecher lassen sich Plattenspieler nicht einfach auspacken, hinstellen und es geht los. Das Gehäuse muss justiert werden, der Plattenteller aufgesetzt und vorher den Transportriemen nicht vergessen. Der Azimut benötigt seine Justierung und für den Tonabnehmer ist die richtige Auflagekraft unverzichtbar. Das sind alles Arbeitsschritte, die gerade Einsteiger überfordern können.

Doch Pro-Ject macht es Anfängern einfach. Zum Debut Carbon EVO gibt es ein Poster mit allen Arbeitsschritten in Bildern. Zwar sind die Texte dazu in Englisch und nicht jedes Bild hat die gewünschte Aussagekraft, aber mit ein wenig Verstand kann damit selbst ein Neuling den Plattenspieler aufbauen. Ja, es ist nicht einmal eine Waage notwendig, um die Auflagekraft einzustellen. Dafür hat der Pro-Ject Debut Carbon EVO eine Zahlenskala am Gewicht des Tonarms integriert. Wir denken, ein Plattenspieler-Kenner hat das Gerät in gut 5 Minuten ausgepackt und aufgebaut. Beim Einsteiger sollten es maximal 15 Minuten sein. Das ist wirklich kurz.

Pro-Ject Debut Carbon EVO – Besonderheiten und Neues

Wie das „EVO“ als Zusatz zu „Debut Carbon“ schon vermuten lässt, ist dieser Pro-Ject eine Weiterentwicklung des Dauerbrenners „Pro-Ject Debut“. Den konnten die Österreicher schon sehr gut absetzen und er gehört wohl zu den meistverkauften Plattenspielern von Pro-Ject. Der Pro-Ject Debut Carbon EVO soll diese Erfolgsgeschichte weiterschreiben. Und dafür gibt es gute Gründe.

Da haben wir etwa die drei höhenverstellbaren und dabei gedämpften Metallfüße. Dank dieser lässt sich der Plattenspieler schnell in die Waagerechte bringen und federt dabei sogar stärkere Erschütterungen ab. Der Motor wurde nun noch besser aufgehangen, um keine Vibrationen weiterzuleiten. Zudem besitzt er eine sehr präzise Motorsteuerung, die stabile Drehzahlen von 33, 45 und sogar 78 Umdrehungen die Minute gewährleistet. Der Wechsel von 33 auf 45 geht per Knopfdruck. Wer auf 78 hoch will, muss den 78-RPM-Riemen auf die Antriebswelle legen und natürlich die entsprechende Nadel montieren. Doch Fans von Schellack-Platten wissen das natürlich.

Der Plattenteller ist ebenfalls eine Neu- bzw. Weiterentwicklung. Er bringt stolze 1,7 Kilogramm auf die Waage. Für ein Gerät dieser Preisklasse ist das schon was. Wer nun aber glaubt, Pro-Ject hat einfach einen schweren Metallteller gegossen, der irrt. Reines Metall hat nämlich einen Nachteil: Resonanzen. Die Plattenspieler-Bauer haben sich deshalb etwas anderes überlegt. Zum Einsatz kommt eine Verbindung aus Stahl und thermoplastischen Elastomer. Dieser Kunststoff mindert mögliche Resonanzen. Zudem wurde er am Außenring montiert, was zum bekannten Schwungradeffekt führt. Damit wird die Laufruhe des Plattentellers merklich erhöht.

Pro-Ject Debut Carbon EVO Test Plattenspieler Turntable Review ATR Unterseite Motor
Antrieb und Elektronik sind sozusagen unsichtbar unter dem Gehäuse angebracht. Mit dem gut fühlbaren Kippschalter kann der Motor ein uns ausgestellt sowie die Geschwindigkeit reguliert werden.

Peripherie des neuen Schallplattenspielers von Pro-Ject

Damit wir gleich mit dem neuen Pro-Ject Plattenspieler loslegen können, ist natürlich ein Tonarm montiert. Hier haben sich die Österreicher für einen 8,6 Zoll-Modell aus Carbon entschieden. Der Tonarm ist damit angenehm leicht und extrem steif. Am Tonarm befestigt ist der Ortofon 2M Red. Dieser Moving-Magnet Tonabnehmer ist ein echtes Allround-Talent.

Egal, welchen Musikstil wir damit wiedergeben wollen, er passt immer. Außerdem verzeiht er auch, wenn die Schallplatte schon ein paar Tage auf der Rille hat. Dank des MM-Tonabnehmers kann der Debut Carbon EVO auch an den „normalen“ Phono-Eingang des Verstärkers angeschlossen werden. Wer nur den Aux-Anschluss hat, der sollte sich einen guten Phono-Entzerr-Vorverstärker zulegen. Immerhin bestimmt der – neben Tonabnehmer und Laufruhe, maßgeblich den Klang eines Plattenspielers. Das passende Anschlusskabel legt Pro-Ject übrigens bei.

Es ist ein semi-symmetrisches Cinch Kabel und macht einen hochwertigen Eindruck. Laut Hersteller soll dessen Abschirmung hervorragend sein. Was wir an dieser Stelle ebenfalls erwähnen wollen, ist die Farbenvielfalt, die Pro-Ject dem Debut Carbon EVO spendiert. Neben Stahlblau, Gelb, Dunkelgrün oder Weiß und Schwarz gibt es ihn in Rot sowie Echtholz.

Des Weiteren ist die Verarbeitung des gesamten Gerätes über jeden Zweifel erhaben. Wir sind sicher, wer sich diesen Plattenspieler zulegt, wird damit noch in 30 Jahren Schallplatten hören können. Zudem ist der Stromverbrauch des Plattenspielers genial. Gerade einmal 4 Watt nimmt er im Betrieb auf. Im Standby sind es 0 Watt.

Nicht vergessen wollen wir außerdem, dass eine klappbare Staubabdeckhaube am Gerät montiert ist. Es lassen sich damit auch bei geschlossenem Deckel Vinylschätze abspielen. Falls der Plattenspieler bei einer feuchtfröhlichen Party zum Einsatz kommt, dann ist dieser zusätzliche Schutz sicher nicht zu verachten.

Pro-Ject Debut Carbon EVO Test Plattenspieler Turntable Review ATR Ortofon 2M Red Tonabnehmer
Werksseitig wird der Debut Carbon EVO mit dem Ortofon 2M Red ausgeliefert. Der zeigt sich als echter Allrounder und bringt wirklich tolle Klangerlebnisse zu Gehör.

Lebendig, klar und dynamisch

Zum Klangtest schließen wir den Pro-Ject Debut Carbon EVO an den Marantz Model 30 (► lesen Sie hier unseren Test) an. Dieser Vollverstärker hat eine wahrhaft traumhafte Phono-Vorstufe integriert. Als Test-Schallplatte legen wir zunächst das Album „Take Me To The Alley“ von Gregory Porter auf. Treuen AUDIO TEST-Lesern wird das sicher bekannt vorkommen. Der Verfasser dieser Zeilen nutzt es nämlich fast für jeden seiner Plattenspieler-Tests.

Was uns beim Einschalten des Plattenspielers sofort auffällt, ist seine Ruhe. Damit meinen wir nicht die Laufruhe, sondern den Motor. Der ist praktisch nicht zu hören. Der Plattenteller setzt sich in Bewegung, ohne irgendeine Art Geräusch von sich zu geben. Das kennen wir normalerweise von Plattenspielern, die locker das Dreifache kosten. Hier können wir also ProJect schon einmal einen dicken Pluspunkt geben. Diesen Pluspunkt geben wir ihm auch für die Laufruhe des Plattentellers. Sie ist phänomenal. Schwankungen sind nicht wahrnehmbar. Hier zeigt sich die kluge Kombination von Motorsteuerung und Schwungradmasse. Damit macht Pro-Ject teureren Plattendrehern – auch aus eigenem Haus – wirklich echte Konkurrenz.

Aber nun kommen wir zum Highlight des Debut Carbon EVO – seinem Klang. Er ist mit einem Wort zu beschreiben. Und das Wort ist: atemberaubend. Wir wissen selbst nicht, wie es Pro-Ject hinbekommt. Aber irgendwie schaffen es die Österreicher, eine Kombination aus Tonabnehmer, Tonarm und Antrieb zusammenzustellen, die einfach atemberaubend klingt. Wir sind vom ersten Ton an direkt in der Musik. Die Instrumente, die Stimme Porters alles erscheint so lebendig und real. Dabei bleiben Bass, Schlagzeug, Saxophon oder Klavier immer bestens im Raum positioniert.

Gerade in den tiefen Tönen zeichnet sich der Plattenspieler durch eine angenehme Kraft mit herrlicher Wärme aus. In den Mitten ist er sehr klar und poliert ohne merkbare Patzer die einzelnen Klangprofile. Und selbst in den Höhen fühlt er sich wohl. Dabei wird er nie zu einem analytischen CD-Player, sondern bleibt sich immer treu analog. Auch beim Album „Depeche Mode Greatest Hits“ – einer DDR-Pressung – kommt dieses Klangerlebnis zum Tragen. Wir sind begeistert, mit welcher Kraft und Ruhe er die LP wiedergibt und dabei doch so detailliert bleibt. Gerade dem elektronischen Sound von Depeche Mode tut das gut.

Es ist einfach großes analoges Kino in Form eines Schallplattenspielers. Angesichts des Preises ist das fast schon zu schön, um wahr zu sein. Doch es ist wahr und wir können Pro-Ject ohne Einschränkungen zu einem der besten Plattenspieler in dieser Preisklasse gratulieren.

Deshalb raten wir auch alten Hasen, sich dieses Sound-Schmuckstück anzuhören. Und wir sind sicher, der ein oder andere wird ins Grübeln gelangen, hohe Summen für einen Plattenspieler auszugeben, sondern sich womöglich eher auf diesen Vinylwiedergabe-Künstler stürzen.

Weitere Informationen: www.audiotra.de

Anmerkung: Dieser Testbericht erschien erstmalig in der Printausgabe von AUDIO TEST Ausgabe 8/2020.

► Lesen Sie hier: Die besten Plattenspieler des Jahres 2020

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Fazit
Quasi einen vollkommenen Plattenspieler in einer extrem attraktiven Preisklasse liefert Pro-Ject mit dem Debut Carbon EVO ab. Für 500 Euro ist mehr analoger Klang und ein besseres Musikerlebnis für uns aktuell nicht vorstellbar. Zudem ist er sehr einsteigerfreundlich und damit ideal für Vinyl-Liebhaber der neuen Generation geeignet. Doch auch Kenner wird dieser Schallplattenspieler 100-prozentig überraschen.
Wiedergabequalität
98
Ausstattung/ Verarbeitung
100
Benutzerfreundlichkeit
87
Preis/ Leistung
90
Leserwertung0 Bewertungen
0
Vorteile
einfacher Aufbau
detaillierter und sehr musikalischer Sound
Motor praktisch nicht hörbar
Nachteile
nur englische Aufbauanleitung
96
Gesamtergebnis

Bildquellen:

  • Pro-Ject Debut Carbon EVO Test: Auerbach Verlag