Läutet Marantz mit dem Vollverstärker Model 30 und dem Netzwerk/SACD-Player SACD 30n wirklich ein neues Zeitalter des Klangs ein oder ist das nur ein Werbeversprechen?
Symbiose aus analog und digital
Am ersten September 2020 stellte Marantz zwei neue Modelle vor, welche die „Zeitlosigkeit, Musikalität und Leidenschaft, die die Marke seit nahezu 70 Jahren verkörpert, in Zukunft fortschreiben“ sollen. So drückte es jedenfalls Marantz in seiner damaligen Pressemitteilung aus.
Das wichtigste Element bei dieser Neuausrichtung ist sicher die Designsprache. Sie lehnt sich an jene der legendären Marantz-Produkte aus den 1950er, 60er und 70er Jahren an. Zeitloses, klassisches HiFi-Design mit Technologie der Neuzeit. Ob der Marantz Model 30 Verstärker und SACD 30n Netzwerk/SACD-Player nicht nur optisch Hingucker sind und technisch wirklich topaktuell ausgestattet, das wollen wir jetzt gemeinsam mit Ihnen herausfinden.
Marantz Model 30 Vollverstärker
Bereits beim Aufstellen macht der Marantz Model 30 Freude. Es ist egal, wo wir ihn im Testraum platzieren, immer verströmt er diese ihm eigene Eleganz. Das runde Displayfenster in der Mitte oder die indirekt beleuchtete Frontplatte machen Lust darauf, ihn einfach anzustellen und anzusehen. Richtig schick ist es dann, die Quelle zu wählen. Wie in der analogen Zeit wird dazu nämlich am „Rad gedreht“. Auf dem Display erscheint dann sofort, welchen Eingang wir nutzen. Und davon gibt es sechs Stück – allesamt analog.
Highlight ist dabei sicher der Phono-Eingang. Bekanntlich ist der ja bei den meisten Verstärkern, sofern sie überhaupt einen PhonoAnschluss haben, für MM-Tonabnehmer ausgelegt. Marantz setzt aber noch einen drauf. Neben MMkommuniziert der Model 30 auch mit MC-Tonabnehmern. Dabei dürfen wir sogar die Eingangsimpedanz wählen: 33, 100 oder 390 Ohm.
Beim Klangtest verraten wir dann, ob sich dieser Eingang für Vinyl-Fans eignet oder sie doch lieber bei einem separaten Entzerr-Vorverstärker bleiben sollten. Übrigens bietet Marantz auch Freunden der Fernbedienung Grund zur Freude. Die ist nämlich wirklich hochwertig gemacht und der Verstärker reagiert sofort auf alle Befehle.
Sehr gut finden wir dabei, dass sie für die Steuerung von Model 30 und SACD 30n ausgelegt ist. Wer also beide Geräte kauft, hat immer eine Fernbedienung in Reserve.
Leistung und Schaltung
Bei der verbauten Technik hat sich Marantz nicht lumpen lassen. Der Model 30 arbeitet nämlich vollkommen analog. Es gibt zwei separate Netzteile für Vorverstärker und Endstufenkanäle. Im Inneren des Gehäuses ist dazu ein wirklich großer Ringkerntrafo für den Vorverstärker untergebracht. Der Trafo ruht in einem Stahlgehäuse. Das soll Streufluss unterdrücken, damit in den umgebenden Schaltkreisen kein elektrisches Rauschen entsteht.
Die Endstufe wird von einem Netzteil versorgt, das sehr hohe Spannungen bereitstellt. Damit will Marantz eine schnelle Stromversorgung der angeschlossenen Lautsprecher gewährleisten. Die ist notwendig, damit die Schallwandler die feinen Details der Höhen genauso gut darstellen können wie die anspruchsvollsten Drum- und Bassläufe.
Besonders stolz ist Marantz beim Model 30 auf die HDAM-SA3-Technologie. Die geheimnisvolle Abkürzung steht für Hyper-Dynamic Amplifier Module. Die Japaner haben dabei Dutzende Teile handverlesen und für den Model 30 ausgesucht. Jedes ist danach selektiert, reinen und detaillierten Klang wiederzugeben. Die Teile wurden dann auf einer Platine mit diskreten Schaltkreisen untergebracht.
Dürfen wir den Versprechungen der Japaner glauben, dann sollte damit der Model 30 auch noch in 20 Jahren so gut klingen wie heute. Das lässt sich in unserem Test leider nicht feststellen, weil wir keine Zeitmaschine haben, um mal schnell ins Jahr 2040 zu reisen. Aber wir können hören, wie er im Jahr 2020 klingt.
Klangtest Model 30
Wir bespielen den Model 30 zunächst mit dem SACD 30n, auf den wir gleich näher eingehen. Außerdem schließen wir einen Schallplattenspieler von Linn (MC-Tonabnehmer) und einen von Pro-Ject (MM-Tonabhehmer) an die Phono-Vorstufe an. Beide Plattenspieler-Tests finden Sie auch in dieser Ausgabe der AUDIO TEST.
Mit dem Zuspieler SACD 30n arbeitet der Model 30 perfekt zusammen. Die Soundausgabe ist wunderbar klar und dabei immer absolut harmonisch. Die Details werden in jeder Lautstärke und bei jeder Musikrichtung perfekt abgebildet. Auffällig ist dabei die Positionierung der einzelnen Stimmen, Instrumente oder auch Geräusche im Raum. Diese plastische Wiedergabe des Sounds macht uns richtig viel Freude, besonders in Kombination mit seinem harmonischen Gesamtklangeindruck.
Natürlich trägt dazu auch der Zuspieler seinen Anteil bei. Doch schon an dieser Stelle können wir sagen, der Model 30 ist ein Marantz-Verstärker der neuen Art. Zwar arbeitet er immer noch mit der typischen „marantzschen“ Wärme bei der Musikwiedergabe, aber er setzt noch einiges drauf: mehr Tiefe, mehr Raum und mehr Plastizität. Insgesamt wirkt das Klangbild frischer, aufgeräumter und luftiger als bei Vorgängern der Marke.
Beim Test des Model 30 mit den genannten Schallplattenspielern kommt ebenfalls pure Freude auf. Ob bei Air mit „Moon Safari“ oder „Depeche Mode Greatest Hits“ (Amiga-Pressung) oder diversen Wagnerstücken – immer klingen die Scheiben voll und detailreich. Dabei liefern MM- und MC-Vorverstärker eine so perfekte Leistung ab, dass wir wirklich sagen können: Kaufen Sie einen Model 30 und Sie haben nicht nur exzellenten Verstärker. Und der wird Ihnen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit noch im Jahr 2040 Freude machen.
Marantz SACD 30n
Die Bezeichnung SACD 30n kann etwas verwirren. Immerhin führt das Medium SACD, trotz seiner die perfekte Phono-Vorstufe, sondern bekommen auch noch einen super Klangeigenschaften, seit Beginn ein Nischendasein. Oder können Sie fünf Menschen aufzählen, die SACDs nutzen? Doch keine Sorge, der SACD 30n kann normale CDs wiedergeben und er ist vor allem ein extrem hochwertiger Netzwerkplayer, Streamer und DAC.
Zudem ist HEOS integriert. Damit haben wir Zugriff auf Spotify, Amazon HD, TIDAL und viele weitere MusikstreamingDienste und natürlich kann der Player seinen Platz im MultiroomSystem einnehmen. Klar ist damit ebenso: Wir können den SACDPlayer per HEOS-App steuern.
Das macht richtig Freude, denn ein Internet-Radiosender mit der Fernbedienung zu suchen, ist schon etwas fummelig. Die App hingegen reagiert schnell und hat, da sie schon eine Weile auf dem Markt ist, keine Kinderkrankheiten mehr. Neben den Streaming-Diensten greifen wir mit dem SACD 30n auch schnell und unkompliziert auf unsere internen Musikserver zu. Wer dabei nicht unbedingt die HEOS-App nutzen will, kann ebenso seinen Lieblingsplayer auf dem Smartphone aktivieren und damit die Musikwiedergabe auf dem Marantz auslösen.
Anschluss digital und analog
Die Anschlussvielfalt des SACD 30n ist für einen „normalen“ Netzwerk-CD-Player wirklich ordentlich. Wir können zweimal per optischem Kabel in den Player gehen und einmal digital coaxial. Hier rüber unterstützt der Marantz Signale mit maximal 24 Bit und 192kHz.
Außerdem besitzt er neben dem klassischen USB-A-Anschluss für Festplatten oder Speichersticks einen USBB-Eingang. An dem können wir unseren PC oder Laptop anschließen, um direkt PCModer DXD-Musikdateien mit bis zu 384 kHz bei 32 Bit abzuspielen. Auch gibt er DSD mit 11,2MHz wieder. Der HiRes-Freund sollte von dieser Anschlussart auf jeden Fall mal Gebrauch machen.
Daneben lässt er sich mit den üblichen kabellosen Verbindungen bespielen, also Bluetooth, WLAN und AirPlay 2. Und natürlich ist ein Netzwerkanschluss (LAN) vorhanden, denn wir wissen alle, wer hochwertigen Streaminggenuss will, der setzt nicht gern auf kabellose Lösungen.
Klangdimension
Wir haben bereits viele Netzwerkplayer in unseren Testräumen beherbergt. Ein wirklich schlecht klingender Kandidat war niemals dabei. Fast alle schlagen sich auf sehr hohem Niveau durch unsere Tests. Der SACD 30n schafft es allerdings, dieses Niveau noch weiter anzuheben.
Er tritt nämlich nicht wie ein digitaler Klangmeister mit dieser typischen Kühle oder DSP Soundspielereien auf. Er tritt wie in großer Dirigent auf – ein Dirigent, der live vor uns steht und loslegt. Es ist wirklich beeindruckend, wie natürlich der Klang ist, den wir hier hören. Digitale Reinheit und analoges Gefühl zeugen im SACD 30n miteinander ein Kind und dessen Klang bleibt wirklich in Erinnerung.
Beim Song „I’ll Be“ von Sivan Talmor klingen beispielsweise die Gitarren richtig schön lebensecht und die Stimme der Sängerin so wirklich. Und in der 10. Sekunde, wenn die leichten Glockenklänge einsetzen, dann schweben diese durch den Raum. So perfekt ist die Soundkulisse, die der SACD 30n aufbaut. Das ist ein wahrhafter Traum. Natürlich testen wir den Player mit diversen CDs, so etwa mit Club des Belugas & Thomas Siffling „Ragbag“.
Neben dem schon beschriebenen phänomenalen Klang wollen wir hier noch auf eine andere Sache eingehen: die Laufwerksgeräusche. Läuft eine CD, sind keine zu hören. Wir müssen schon das Ohr direkt vor die Lade halten, damit wir überhaupt ein leichtes Surren vernehmen können. Das erlaubt es uns, selbst sehr, sehr leiser Musik in absoluter Ruhe zu lauschen. Die Aussage absolute Ruhe bezieht sich natürlich nur auf das Gerät.
Und, da wir schon beim Lobgesang auf den SACD 30n sind, wollen wir nicht das Internet-Radio vergessen. Gut – dass es vorhanden ist, ist keine große Sache. Vielmehr hat uns verblüfft, wie der Marantz selbst aus stark komprimierten Streams noch so viel Musikalität herausholt. Das ist wirklich ein Genuss und zeigt: Ein wirklicher gut abgestimmter Player kann tatsächlich aus „Sch*** Gold machen“.
Allein mit Aktivboxen
Da wir den Model 30 und den SACD 30n in Kombination testen, wollen wir noch überprüfen, ob der Klangeindruck, den der SACD 30n hinterlässt, auch ohne den Model 30 bleibt. Das machen wir einfach, indem wir einmal Kopfhörer an den Player anschließen und einmal Aktivboxen.
Der Kopfhörerausgang des SACD 30n ist an ein eigenes Verstärkermodul angeschlossen. Es erlaubt hoch- und niederohmige Kopfhörer daran zu betreiben, dafür kann der Verstärkungsfaktor in drei Stufen eingestellt werden. Klanglich haben wir auch hier unsere helle Freude. Über unsere Kopfhörer werden solch feine Details in der Musik hörbar, dass wir eine Weile nur lauschen.
Beim Betrieb über die Aktivboxen sind wir ebenfalls begeistert. Der Sound ist voluminös, luftig, detailliert und richtig ehrlich musikalisch. Ein Tester meint sogar, er würde sich nur den Marantz SACD 30n holen und dazu ein paar gute Aktivlautsprecher – wäre für ihn absolut ausreichend. Auf jeden Fall eine überlegenswerte Idee. Es lässt sich abschließend festhalten, dass sich Marantz hier mal wieder selbst übertroffen hat.
Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst im Printmagazin AUDIO TEST 08/2020.
Weitere Informationen: www.marantz.com/de-de/30-series
► Lesen Sie hier unseren Test vom Marantz PM7000N Stereo-Vollverstärker
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Bildquellen:
- AUDIO TEST Magazin Ausgabe 1/21 2021: Auerbach Verlag
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