Lyngdorf TDAI-1120 High End Streaming Verstaerker Amp 01

Test: Lyngdorf TDAI-1120 – High End Streaming‑Verstärker mit Raumkorrektur

Bei Geräten, die augenscheinlich in die Kategorie „eierlegende Wollmilchsau“ gehören, sind wir von Haus aus immer besonders skeptisch. Konnte Lyngdorf uns mit dem kleinen Streaming-Verstärker TDAI-1120 davon überzeugen, dass wir voreingenommen sind?

Einer für alle!

Lyngdorf ist uns kein Unbekannter. Schon in der Vergangenheit konnten wir uns von den Qualitäten der “großen Lyngdorfs” überzeugen. Die Dänen können vor allem zwei Dinge besonders gut: Gutes Design und gute Integration. Mit dem Streaming-Verstärker Lyngdorf TDAI-1120 sollen aber nicht die alten Hasen angesprochen werden, sondern die, denen die Marke eventuell neu ist, und die man für die größeren Modelle zu begeistern versucht. Dabei müssen aber kaum Abstriche gemacht werden, denn beim TDAI-1120 ist für jeden Anspruch und jede Situation die passende Lösung dabei, denn der Smarte Streaming Amp ist mit allen Wassern gewaschen und kann mehr, als viele andere Mitbewerber in dieser Preiskategorie.

Lyngdorf Verstärker: Alles drin, alles dran

Der Lyngdorf TDAI-1120 Streaming-Amp lässt im Hinblick auf Konnektivität keine Wünsche offen. Von analogen und digitalen Eingängen, einem ausgewachsenen MM-Phono-Pre mit RIAA-Entzerrung und auch Netzwerk-Anbindungen an die üblichen verdächtigen von Apple und Co, ist wirklich an alles gedacht. Analoge und digitale Vorstufe bis 384 kHz (AIFF) und 32 Bit (WAV), 192 kHz/24 Bit Standard via Lichtleiter oder Koaxial-Kabel, Streamer, DSP, Verstärker, lokaler USB-Player – zum Beispiel für Festplatten – Roon Ready, Chromecast, Airplay, Spotify, Bluetooth. Lyngdorf hat sich nicht lumpen lassen.

Fangen wir mit dem Kern an. Ein Verstärker mit zwei Mal 120 Watt an 4 Ohm oder 60 Watt an 8 Ohm. Das klingt zunächst wenig, reicht aber aufgrund der Autorität und Geschwindigkeit, um ordentlich Punch und Makrodynamik darzustellen. Bis zu 30 Ampere könnte der Lyngdorf TDAI-1120 kurzfristig ausspucken. Und das bei vorbildlich linearen 20 Hz bis 20 kHz (± 0,5 dB). Gemittelt über den Frequenzgang ergibt sich zudem ein THD von 0,05 Prozent.

Lyngdorf TDAI-1120 High End Streaming Verstaerker Amp Rückseite Back Anschlüsse
Aufgeräumt gestaltet und hochwertig konstruiert – Das Anschlussterminal des TDAI-1120 gibt sich sehr gesellig und stellt zur genüge analoge und digitale Einfänge zur Verfügung. Mit dabei ist auch eine integrierte Phono-Vorstufe mit RIAA-Entzerrung.

Dieser Wert für sich genommen ist ein Statement, an dem sich viele Mitbewerber in dieser Produktkategorie schnell die Zähne ausbeißen. So clean können nur wenige. Und wir alle wissen, desto weniger Störung, umso mehr Musik. Und wenn die ganze Leistung nicht für Verzerrungen und Rauschen verbraten wird, bleibt auch wieder mehr Kontrolle für das Quellsignal. Die überschaubare Leistung des TDAI-1120 macht so wiederum doppelt Sinn. Wer trotzdem noch mehr möchte, dem bietet Lyngdorf einen Zone-Ausgang mit Line-Pegel.

Daran können weitere Endstufen hängen, oder vielleicht auch Aktivlautsprecher, viele haben mittlerweile Sekundärlautsprecher und nicht nur ein Set. Und viele wollen auch immer mehr Bild und Ton kombinieren, also verwundert es ebenso wenig, dass Lyngdorf hier noch einen HDMI-ARC-Eingang beipackt, damit der Fernseher direkt mit eingebunden werden kann. So langsam wird der Funktionsumfang gruselig. Können Sie noch, oder wird es schon zu viel?

Da geht noch mehr

Ein wirklicher Mehrwert, den Lyngdorf seinem kleinen Einsteiger spendiert, ist die wirklich exzellente Room Perfect Einmess-Funktion. Sogar ein hochwertiges Messmikrofon inklusive Halterung, Stativ und Kabel werden mitgeliefert. Full Service! Das Verfahren des Einmessens sollte den meisten Lesern vertraut sein. Ähnlich den Sweep- und Testsignalen bei AVRs und anderen Prozessoren, werden auch hier mehrere Messungen mithilfe eines Software-Guides im Raum vorgenommen um Resonanzen zu erkennen und zu bedämpfen.

Die Room Perfect-Funktion arbeitet dabei eher sparsam, sodass es zu keiner unnatürlichen Verfremdung kommt. Besonders gut fanden wir, dass mehrere verschiedene Zonen und Messungen gespeichert werden können. So ist es zum Beispiel möglich, eine Fokus-Messung anzulegen, idealerweise direkt im Sweet-Spot. Es können aber auch allgemeinere, weniger spezifische Korrekturen vorgenommen werden, damit der Klangeindruck auch im Rest des Raumes optimiert wird. Wo Sie dabei Ihre Messpunkte setzen, bleibt Ihnen überlassen.

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Auf unserem YouTube-Kanal finden Sie auch ein ausführliches Testvideo zum größeren Modell, dem Lyngdorf TDAI-3400 Verstärker.

App und Interface

Für den schnellen Überblick und die Quellanwahl empfiehlt sich hierfür die Lyngdorf Remote-App zur einfachen, schnellen und übersichtlichen Nutzung. Natürlich lässt sich der Lyngdorf TDAI-1120 Vollverstärker zeitgemäß über Netzwerk ansteuern und konfigurieren. Die App sollte auf dafür genügen. Wer etwas tiefer einsteigen möchte, für den gibt es ein umfangreiches Web-Interface zur individuellen Konfiguration für die Profis und die, die es ganz genau wissen wollen.

Der TDAI- 1120 ist so netzwerkaffin, dass er sich komplett via IP ansteuern lässt. Eventuell also auch für Installationslösungen und Smart Home interessant? Eine klassische Fernbedienung liegt dem Standard-Lieferumfang jedenfalls nicht bei, das kommt erst bei den großen Modellen. Sie können aber eine als optionales Zubehör dazu kaufen, wenn Sie da eher der haptische Typ sind.

Und bevor Sie sich mit der Familie um die Settings und die Einstellung streiten, weil der eine mit App, der andere im Web und der nächste mit der Fernbedieung spielt, empfehlen wir Ihnen: Legen Sie sich auf dem Lyngdorf TDAI-1120 einfach personalisierte Presets ab oder speichern Sie Ihre Lieblingseinstellungen direkt auf einem USB-Stick, sodass sie zu jeder Zeit in windeseile wieder hergestellt werden können. Ein komplettes Verstärker-Backup ziehen: Sieht man auch nicht alle Tage!

Lyngdorf TDAI-1120 High End Streaming Verstaerker Amp
Der Mini-Lyngdorf ist ein echtes Platzwunder. Im Jahr 2022 muss sich niemand mehr ein verstaubendes Rack ins Wohnzimmer stellen, um HiFi zu genießen.

Metaphorischer Brunnen

Wer einen Garten oder Grundstück mit Brunnen hat, wird den folgenden Vergleich vielleicht nachvollziehen können. Allen anderen sei gesagt: Es gibt Geräte, die nennen sich Hauswasserwerke. Im Prinzip eine kleine Pumpe, die Wasser aus einem Brunnen anzieht. Dieses in einen Tank leitet, unter Druck setzt und dann jederzeit abgeben kann. So muss nicht jedes Mal Wasser gezogen werden, wenn man den Wasserhahn aufdreht, sondern der Druck liegt bereits auf der Leitung an. Erst wenn ein bestimmter Tankdruck unterschritten wird, tankt das Hauswasserwerk automatisch nach, ganz ohne zutun.

Ein langer Absatz, aber er beschreibt ganz gut, wie wir den Lyngdorf TDAI-1120 Streaming-Amp wahrgenommen haben. Er nimmt einem viel Arbeit ab, liefert auf Knopfdruck die spezifische Performance, die man erwartet und arbeitet dabei sehr effizient. Keine mühsamen Workarounds, kein Tamtam, sondern klare, gerade Führung und saubere, zuverlässige Umsetzung. Das heißt natürlich nicht, dass aus Abwasser plötzlich wieder Trinkwasser wird.

Ein Verstärker und Streamer ist schließlich auch kein Klärwerk. Aber so eine gewisse Grundreinigung findet schon statt. Zumindest die „schweren Sedimente“ werden entfernt. Der Lyngdorf spielt vor allem in der Mikrodynamik seine Vorzüge aus. Hier hört man die Verwandtschaft zu den großen Verstärkern des Herstellers und wir ahnen, dass aufgrund dieser Nähe viele tatsächlich Blut lecken könnten und eventuell auf ein großes Modell umsteigen.

Nicht, dass der TDAI-1120 nicht ausreichend fidel wäre, aber vielleicht könnte er bei Lautsprechern mit schlechtem Wirkungsgrad ein bisschen zu unterdimensioniert sein. Da haben andere Verstärker ein bisschen die Nase vorn. Dafür kompensiert der Lyngdorf mit bezaubernden EQ-Optionen, die nach Individualisierung schreien. Feine, grundtonreiche Noten und crispe Obertöne, wie wir sie sonst nur jenseits der 2.000 Euro-Marke zu hören bekommen.

Den Lyngdorf TDAI-1120 daher als Einsteiger-Verstärker zu bezeichnen, würde dem Gerät nicht gerecht. Wir glauben, er spricht die Menschen an, die Wert auf Qualität und Individualität legen, die sich mit Standards nicht zufrieden geben, und die bei einem “geht nicht” nachts nicht schlafen können. Er ist zudem super als Multi-User-System geeignet, da es einfach unglaublich viele Wege gibt sich diesem Gerät zu nähern. Da findet jeder sein Setting. Aber wir versprechen ebenso: Auch akustisch gesehen, erfüllt der digitale Vollverstärker TDAI-1120 die süßesten Träume.

Lyngdorf TDAI-1120 im Klangtest

Besonders hat uns die Laufruhe des Lyngdorf Verstärkers begeistert. Trotz des überbordenden Funktionsumfangs ist es Lyngdorf gelungen die empfindlichen, signalführenden Leitungen so abzuschirmen, dass hier nichts rauscht, nichts brummt und nichts knistert. Das ist mehr als erwähnenswert. Selbst der Phono-MM ist erstaunlich ruhig. Natürlich kann er einen dedizierten Vorverstärker nicht ersetzen, aber wir alle wissen, was eine ruhige Vorstufe wert ist: Mehr Farben.

So verwundert es kaum, dass die kleine Kiste ziemlich satt klingt. Damit meinen wir aber nicht eine abgeriegelte Dynamik, sondern tatsächlich die Strahlkraft, die einzelne Instrumente zuweilen erzeugen. So klingen Gitarren-Soli eher nach Humbucker, denn nach Single Coil. Toms bekommen Power und Knall, Stimmen einen lebendigen, persönlichen Touch und selbst Streicher die extra Portion Kolophonium. Wenn man dann noch mit den verschiedenen Raummessungen experimentiert, kann man sogar das Stereobild und die Tiefenstaffelung nach seinen Wünschen verschieben.

Lyngdorf TDAI-1120 High End Streaming Verstaerker Amp
Ungewöhnlich aber doch sehr schick ist das interne User-Interface visualisiert. Nach einer kurzen Eingewöhnung finden wir uns recht schnell und unkompliziert in der weit verzweigten Menüführung des Lyngdorf zurecht.

Im Focus-Modus zum Beispiel ist der Hörkanal relativ eng gerichtet. Dafür ist die Ortbarkeit sehr gut. Sobald man aber den Kopf aus dem Sweet-Spot bewegt, bricht das Bild ein wenig zusammen. Für dauerhaft soliden Hörgenuss haben wir uns daher eines breiteren Messpunkts bedient, wodurch zwar die Ortbarkeit ein wenig gelitten hat, aber der Klang sich dafür sehr sauber von den Lautsprechern löste, sodass auch beim Herumlaufen im Raum die Energien des Frequenzspektrums erhalten blieben.

Für uns die optimale Lösung. Und wir sind uns sicher, der TDAI-1120 hat auch für Sie die richtigen Settings parat, damit es am Ende genau so klingt, wie Sie sich das gewünscht haben. Die eierlegende Wollmilchsau ist ein Mythos, meinen Sie? Wir müssen Ihnen an dieser Stelle widersprechen!

Preis und Verfügbarkeit

Den Lyngdorf TDAI-1120 Streaming-Verstärker gibt es zum Preis von 1.999 Euro (UVP) im HiFi-Fachhandel zu kaufen. Vertrieben und vermarktet werden die Produkte von Lyngdorf in Deutschland von Drei H aus Hamburg.

Webseite: www.3-h.de/lyngdorf

Anmerkung: Dieser Testbericht erschien zuerst in AUDIO TEST Ausgabe 05/2021

▶ Lesen Sie hier: Test: Lyngdorf Audio TDAI-2170 Vollverstärker – Die digitale Direktheit

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Fazit
Der Mini-Lyngdorf ist kein abgespecktes System, wo nur noch der Name übrig bleibt, sondern das Kondensat langjähriger Entwicklungsarbeit, die das beste aus zwei Welten verbindet: Guter Klang und gute Bedienung. Preislich ist der vierstellige Betrag gemessen an der Performance absolut gerechtfertigt. Schnallen Sie sich an. Diese Kiste wird Sie jeden Tag aufs Neue begeistern.
Wiedergabequalität
97
Ausstattung/Verarbeitung
98
Benutzerfreundlichkeit
81
Preis/Leistung
90
Leserwertung101 Bewertungen
50
Vorteile
hohe Konnektivität
tiefgreifende Konfigurationsmöglichkeiten inkl. Room Perfect Raumkorrektur
exzellente Ausführung und Verarbeitung
Nachteile
nicht besonders für Lautsprecher mit schlechter Energieverwertung geeignet
95
Lyngdorf TDAI-1120

Bildquellen:

  • Lyngdorf-TDAI-1120-High-End-Streaming-Verstaerker-Amp-02: Auerbach Verlag
  • Lyngdorf-TDAI-1120-High-End-Streaming-Verstaerker-Amp-03: Drei H / Lyngdorf
  • Lyngdorf-TDAI-1120-High-End-Streaming-Verstaerker-Amp-04: Drei H / Lyngdorf
  • Lyngdorf TDAI-1120 Test: Auerbach Verlag