Test: Canton Reference 9 K

Canton Reference 9 K: Wenn ein Hersteller seine Lautsprecher-Serie als „Reference“ betitelt, kann man das getrost als mutig bezeichnen. Denn dieser Zusatz weckt ganz einfach hohe Erwartungen, so auch bei den Reference 9K von Canton.

Der Himmel auf Erden

Wer schon einmal auf der Suche nach einem anständigen Paar Lautsprecher war, ist dabei mindestens einmal auf die im schönen Taunus ansässige Traditionsmarke Canton gestoßen. Sie wurde 1972 gegründet und hat sich im Laufe der Jahre zur größten deutschen HiFi-Lautsprechermanufaktur entwickelt. Angefangen hat alles in einem Schulgebäude in Weilrod, das zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr genutzt wurde. Alle weiteren Gebäude der Hauptniederlassung wurden in den vergangenen Jahren darum gebaut und das Firmengelände damit ständig erweitert. Genauso wurde das Portfolio der Marke ständig vergrößert und verbessert. So gibt es mit der Reference-Serie eine Reihe von Lautsprechern im oberen Preissegment, wo bei anderen Herstellern gerad mal die kleinsten Modelle anfangen. Verstecken braucht sich Canton dabei nicht – im Gegenteil. Chefentwickler Frank Göbl ist schon seit 23 Jahren im Unternehmen, entwirft mit seinem Team die Klanggeber und prägt dadurch seit einer halben Ewigkeit den typischen Canton-Klang.

Frank Göbl ließ es sich nicht nehmen, den High-End-Kompaktlautsprecher 9 K persönlich bei uns im Verlag vorbeizubringen. Der 2-Wege-Schallgeber mit Bassreflexsystem wurde bei uns im Hörraum aufgebaut und tagelang auf Herz und Nieren geprüft. Von leisen Tönen bis hin zu gewaltigen Orchesterwerken. Oft vergaßen wir dabei, dass es auch noch andere Aufgaben für uns gab, als sich nur dem Vergnügen hinzugeben, diesen kraftvollen Lautsprechern zu lauschen. Gelohnt hat sich dabei die Arbeit des Entwicklerteams allemal. Besonders wenn man den Preis bedenkt, für die die Reference 9 K zu haben sind. Gerade mal 2 600 Euro kostet das grandiose Paar in der Grundausstattung. Möchte man diese nicht in Weiß- oder Schwarz-Lack sein Eigen nennen, sondern ein Kirsch-Funier haben, muss man nochmal etwas tiefer in die Tasche greifen. Die optionalen Ständer LS 650 schlagen mit etwa 500 Euro zusätzlich zu Buche. Jedoch erhält man ein Traumpaar für relativ wenig Geld.

Deutlich erkennbar ist die Wellfenform der Sicke des Mittel/Tieftöners

Perfektion

Das Gehäuse der Reference 9K besteht aus einem 50 Millimeter massiven Schichtholzlaminat, das unter Einwirkung von Wärme und Druck in Form gebracht wird. Das Äußere und die Innenverstrebungen wurden mit Hilfe von computergesteuerten Berechnungen optimiert, so dass möglichst viele klangverfälschende Resonanzen reduziert werden konnten. Das Innenvolumen ist gewachsen und schafft genügend Raum für einen großen, energiegeladenen Klang.

Im Gegensatz zu den anderen Modellen der Serie arbeiten im kompakten Schallgeber zwei Treiber. Die größeren funktionieren nach dem 3-Wege-Prinzip. Die verbaute Frequenzweiche trennt Hoch- und Tieftonbereich symmetrisch mit je 24 Dezibel ab. Mit Hilfe des Bi-Wiring-Terminals auf der Rückseite, dessen Klemmen und massive Brücken mit Gold überzogen sind, kann man beide Treiber auch einzeln ansteuern. Das Hochtonsystem besteht aus einer Aluminium-Keramik-Oxyd-Kalotte, die einen üblichen Durchmesser von 25 Millimeter besitzt und schwingungsgedämpft ist. Das Rundstrahlverhalten des Hochtöners wird durch eine Schallführung verstärkt, die in den Treiber integriert wurde. Die computerberechnete „Transmission Front Plate“ optimiert den Übergangsbereich zum Tiefmitteltöner und ermöglicht einen weicheren Übergang und dadurch einen besseren Gesamtfrequenzgang. Die Membranen haben dabei noch eine besondere Kur hinter sich: Rund 40 Minuten verbringen sie in einem Elektrolyse-Bad, um eine stärkere Festigkeit zu erhalten. Dort oxydiert die Oberfläche auf beiden Seiten und bekommt Schwingungseigenschaften, die Chefentwickler Frank Göbl hervorragend umzusetzen weiß. Um den Effekt zu verstärken, wird dem Säurebad noch Wolfram beigemischt. Dadurch erhält die Membran auch ihre beige Farbgebung und ein optimales Verhältnis von Steifigkeit zu Gewicht und Dämpfung.

Frank Göbl erwähnte beim Vor-Ort-Besuch, dass die eingesetzte Alu-Keramik-Wolfram-Membran bis 13 000 Hertz eingesetzt werden könnte und erst bei 8 Kilohertz (kHz) aufbricht und Fehlschwingungen Raum gibt. Der Tief/Mitteltöner übergibt jedoch bereits bei 3 kHz an den Hochtöner, so dass die Membran ausreichend Reserven bietet, ein umfassendes, störungsfreies Klangbild aufzufächern – ähnlich einem gut motorisierten Auto, dass bei der Beschleunigung nicht an seine Grenzen gebracht wird, da der Hubraum einfach die Kraft und das Volumen für die auf dem Papier vorhandenen Werte auch hergibt.

Die präzise und punktgenaue Basswiedergabe wird durch die hauseigene DC-Technologie (Displacement Control) verstärkt. Diese verhindert, dass nichthörbare Frequenzen die Bassmembran unkontrolliert auslenken. Eine weitere Entwicklung von Canton fand beim Mittel-/Tieftöner Anwendung statt: die „Wave-Sicke“. Das Besondere dabei ist, dass die Sicke mehrfach gewölbt wurde. Dies führt zu weniger Resonanzen, weniger Schwingungen und einem größeren Hub. So kann man die Klanggeber lauter aufspielen lassen und es kommt zu weniger Klangverfälschungen.

Der 25 Millimeter Hochtöner mit dem computeroptimiterten Schalltrichter sorgt für eine glasklare Höhenwiedergabe der Reference 9 K

Cantare = Singen

Der Firmenname verspricht viel: Canton besteht nämlich aus dem lateinischen Wort „cantare“ – also singen – und dem deutschen Wort „Ton“. Und genau dass, können wir der Reference-Serie testieren. Im Sommer durften wir schon mal die großen Standlautsprecher 1 K (11 000 Euro pro Stück) hören. Was da an Perfektion, Kraft und Dynamik an unser Ohr klang war unbeschreiblich. Das gleiche Erlebnis schaffen die Reference 9 K. Eine enorme Musikalität wird uns da entgegen gebracht. Selbst als wir die Lautstärke voll aufdrehen und den Hörraum fast erschüttern lassen, war von Verzerrungen nichts zu hören. Das ist pure Freude an der Musik.

Bassreflexboxen haben normalerweise im Gegensatz zu geschlossenen Modellen einen Nachteil: Sie spielen nicht so knackig. Das Klangbild wirkt eher etwas verwaschen. Nicht so die 9 K. Es ist kaum zu glauben, was Chefentwickler Frank Göbl da aus den Lautsprechern herauskitzelte. Das druckvolle Fundament hat eine Tiefe, die wir so nicht erwartet hatten. Noch unglaublicher ist die Ortung. Wer schon in einem orchestralen Konzert war, weiß wie schwierig es sein kann, ein einzelnes Instrument aus einer Gruppe herauszuhören. Den Reference 9 K gelingt dies mit Leichtigkeit. Nicht nur in der Breite sondern auch in der Tiefe. Die Anordnung des Orchesterapparates war so nah, plastisch und realistisch, dass wir befürchteten an einzelne Instrumente anzustoßen. Dieser Effekt ist nicht nur bei einem Stück aufgetreten, sondern wirklich bei jedem. Ob nun bei Mozarts Requiem oder Schumanns Frühlingssinfonie genauso wie bei Albert Roussels „Bacchus et Ariane“, einer Suite für großes Orchester. Besonders bei letzterer Aufnahme schaffen die Lautsprecher eine ungeahnte Räumlichkeit und eine perfekt gestaffelte Bühne. Die Wiedergabe der Einsätze der vier Trompeten ist kernig und vor Kraft strotzend. Bei den Klängen der hohen Streicher läuft uns ein wohliger Schauer über den Rücken. Als dann noch die Bassgruppe bestehend aus Celli, Kontrabässen und Fagotten ihre wirklich schwierigen Läufe bewältigen, geht nicht nur unser Dank an die großartigen Musiker des Orchestre de la Suisse Romande, sondern in besonderen Maße auch an Frank Göbl und sein Entwicklerteam für die überzeugende Leistung bei der Reference-Serie. Auch mit anderen Musikrichtungen gehen die Testmuster bravourös um. Dieses Paar ist nicht auf eine Musikrichtung festgelegt. Ob filigrane Jazzmusik, rockige Gitarrensoli oder glasklare Stimmen, nichts bringt die Reference 9 K ins Wanken.

Das hochwertige Terminal mit den massiven vergoldeten Brücken

Ein kleines „Manko“ haben unsere Klangwunder im Hörraum: sie wollen gehört werden. Nichts kann man nebenbei machen. Sie ziehen jeden Zuhörer sofort in den Bann und zwingen ihn seine volle Aufmerksamkeit der Musikwiedergabe zu widmen – sich hinzusetzen und der eigenen Musikauswahl zu lauschen. Somit tragen die Reference noch zur Entschleunigung bei, denn sie wollen, dass wir Musik bewusst hören und uns dafür auch Zeit nehmen. Was uns ebenfalls begeistert, ist die Tatsache, dass die Kraft und Tiefe der Lautsprecher mit einem herkömmlichen Standlautsprecher locker mithalten kann. Sollte man sich keine großen Standlautsprecher hinstellen können und man deren Klangbild sucht, muss man sich unbedingt einmal die Reference 9 K anhören und selbst sein Urteil fällen. Wir haben es schon: Referenzklasse!

weitere Infos unter: www.canton.de

Fazit
Kompaktlautsprecher mit einem derartigen Tiefgang wie die Reference 9K gibt es selten. Gepaart mit einer unglaublichen Dynamik und Spielfreude hat man gewiss jahrelang Freude an den Lautsprechern. Nur beachtet möchten die Schallgeber werden.
Wiedergabequalität
96
Ausstattung/Verarbeitung
92
Benutzerfreundlichkeit
90
Preis/Leistung
97
Leserwertung205 Bewertungen
7
Vorteile
Dynamik
präzise Basswiedergabe
Nachteile
keine
96

Bildquellen:

  • reference_k_mitteltoener: Bild: Auerbach Verlag
  • IMG_1927: Bild: Auerbach Verlag
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