„Musik trifft Klangmystik“: Interview mit Mitsch Kohn

Die von Mitsch Kohn ausgewählten Stücke sind nicht nur kompositorisch überaus interessant, sondern zeigen auch seinen Anspruch an hochwertige Produktionen auf. Gerade hochklassige Anlagen legen die zahlreichen Facetten und die Hingabe offen, mit der Mitsch Kohn seine musikalischen Werke entstehen lässt. Tauchen Sie ein in sphärisch-einhüllende Klangerlebnisse und meditative Collagen, die eine neue Welt des Hörens eröffnen. Mitsch Kohns Arbeiten zeigen die Vielfalt seines musikalischen, künstlerischen und spirituellen Schaffens von der Film- bis hin zur Entspannungsmusik.

Mitsch, du spielst selber Klavier und Geige. Gibt es einen Unterschied zwischen dem Produzenten und dem Musiker Mitsch Kohn?

Unterschiede gibt‘s natürlich in der Art und Weise zu arbeiten, aber „Musiker“ von Herzen bin ich in allen Fällen. Wenn ich als Produzent arbeite, ist es natürlich auch nötig, einen gemeinsamen Weg mit dem Autor / Künstler zu finden. Allerdings muss ich das bei Filmmusik auch, nur dann halt mit dem Filmproduzenten. Live spiele ich fast ausschließlich intuitiv, da entsteht jedes Mal etwas völlig Neues und ich habe die meiste Freiheit. Alles hat seinen eigenen Reiz.

Deine Arbeiten im Rahmen deines Labels „Soulfruit-Connection“ legen inhaltlich Wert auf Entspannungsklänge. Was unterscheidet deine Musik vom Mainstream?

Der Mainstream ist weitestgehend nach außen gerichtet, also darstellend, und es geht um Aktion. Bei Produktionen meines Labels geht es eher darum, die Selbstwahrnehmung zu unterstützen, bei sich anzukommen, still zu werden und nach innen zu lauschen. Jedes Stück unterstützt dabei bestimmte Prozesse zum Beispiel in der Meditation.

Die Leser der Audio Test interessiert natürlich, wie du das Material aus der vorliegenden CD aufgezeichnet hast.

Die vorliegende CD ist ja ein Mix aus mehreren CDs vom Label. Da jede Produktion ihre eigene Geschichte hat, kann man das schwer pauschalisieren. Technisch gesehen arbeite ich in meinem Studio mit Logic und neben „echten“ Aufnahmen auch mit jeder Menge softwarebasierter Instrumente, mit denen ich zum Beispiel komplexe Klang-Texturen zaubern kann.

Dabei kommt es bei dir im Studio im Gegensatz zu vielen anderen Produktionen auf einen raumfüllenden Klang an – wie erreichst du das?

Viele Produzenten aus meinem Genre begnügen sich mit einem Flächensound, den sie das ganze Stück über verwenden und auch nicht großartig modulieren. Das klingt für meine Ohren oft ziemlich statisch und unmusikalisch. Mein Anspruch in der Produktion ist, dass es möglichst organisch klingt, als ob diese Flächen durch wundersame „echte“ Instrumente entstanden wären. Ich arbeite viel mit Controllern, die bestimmte Klangparameter eines Sounds beeinflussen, mit dynamischen Kurven, unterschiedlichen Einschwing- und Ausklingzeiten und mische verschiedene Flächen ineinander. Das Ganze äußert sich mit stetig leicht veränderten Klangfarben und wirkt weniger technisch, obwohl es überwiegend synthetische Klänge sind. Allerdings nehme ich auch immer ein paar echte Klänge mit auf, zum Beispiel Kristallklangschalen, Sansula, Klangröhren und natürlich auch Stimmen.

Du hast bereits Musik für diverse Kinofilme, Dokus und Trailer wie z.B. für PlanetHD geschrieben. Was ist bei Fernsehproduktionen anders als bei deinen Audioproduktionen fürs Label?

Bei einer Filmmusik geht es darum, das Gefühl im Bild zu verstärken, sie ist also eher emotional und weniger tiefenentspannt. Der Einsatz von virtuellem Orchester ist dort sehr viel stärker, und da macht es mir auch Spaß, es richtig krachen zu lassen. Technisch gesehen gibt es ein paar weitere Ansprüche im Film, wie etwa die Surround-Produktion und ein anderes Verhältnis von Sprache zur Musik.

Du hast eine eigene Sinfonie komponiert – das ist schon ungewöhnlich – für Musiker wie Produzenten. Allgemein gilt das ja als eher brotlose Kunst…?

Die Sinfonie war ein riesiges Projekt für mich, das mich eineinhalb Jahre beschäftigt hat. Es war eine großartige Zeit, in der ich sehr viele Erfahrungen sammeln konnte, nicht nur musikalisch. Reich werden kann man mit Sinfonien heutzutage wohl eher nicht, das stimmt, aber darum ging es mir auch nicht. Es ist einfach ein grandioses Gefühl, ein großes Projekt ins Leben zu rufen, mit allen Hürden und Widerständen umzugehen, und es zu letztendlich zu vollenden. Wenn dann am Ende ein Orchester und drei Chöre mit insgesamt 240 Musikern auf der Bühne das eigene Werk aufführen, ist das einfach unbeschreiblich.

Warum orientierst du bei der Aufzeichnung und Produktion weniger auf punktgerichtete Schallquellen?

Im Studio benutze sogenannte 3D-Klangsysteme von Ombiente aber habe natürlich auch klassische Abhörsysteme, in meinem Fall zwei Westlake Nearfield Boxen und ein Surround-System von Blue Sky. Die Ombiente unterscheiden sich komplett von anderen Systemen, weil sie nicht direkt abstrahlen, sondern nach oben gerichtet auf einen Konus abstrahlen. Der Schall verteilt sich dann in 360 Grad im Raum. Es gibt viele Diskussionen darüber, ob dies sinnvoll ist oder nicht, für mich ist dieses Klangsystem allerdings unersetzlich geworden. Live spiele ich nur noch über meine Ombiente PA. Die indirekte Beschallung hat den Vorteil, dass die Schallquelle – also die einzelnen Lautsprecher – kaum noch zu orten sind und der Raum viel mehr mit einbezogen wird. Der Zuhörer hat den Eindruck, dass er ganz eingebettet ist im Klang. Darüber hinaus hat es auch den Vorteil, dass ich zumindest auf kleineren Veranstaltungen bis ca. 200 Leuten keinen Monitor auf der Bühne mehr brauche, da sich der Schall gleichmäßig im Raum verteilt. Darüber hinaus erzeugt man mit wesentlich weniger Schalldruck die gleiche empfundene Lautstärke, was dazu führt, dass die Ohren wesentlich länger entspannt zuhören können.

Vielen Dank für das Gespräch.